Dem Großen Senat des BFH wird gemäß § 11 Abs. 4 FGO die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Wie ist im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln?
BFH Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12
Begründung:
Nach der allgemeinen für Fälle des Betriebsvermögensvergleichs geltenden Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG); sie sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten.
Davon abweichend ordnet § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG an, dass –sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist– bei der Übertragung der Wert anzusetzen ist, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird. Bei dem “Wert, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt,” handelt es sich um den Buchwert im Zeitpunkt der Überführung, der bei Beachtung der Grundsätze der handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlung anzusetzen ist.
Die Finanzverwaltung teilt in Fällen der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften den Vorgang in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft auf und ordnet den Buchwert anteilig den beiden Teilen des Geschäfts zu (im Folgenden als “strenge Trennungstheorie” bezeichnet). Durch diese Berechnungsweise ergibt sich aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts stets ein gewisser Gewinnrealisierungsbetrag.
Die wohl am häufigsten vertretene Form der modifizierten Trennungstheorie ist dadurch gekennzeichnet, dass in Fällen, in denen das Teilentgelt nicht nur unter dem Teilwert, sondern auch unter dem Buchwert des Wirtschaftsguts liegt, der Buchwert dem entgeltlichen Teil des Geschäfts nur bis zur Höhe des Teilentgelts zugeordnet wird vom BMF als “modifizierte Trennungstheorie mit anteiliger Zuordnung des Buchwerts bis zur Höhe des Teilentgelts” bezeichnet.
Die Vertreter dieser Variante der modifizierten Trennungstheorie stellen in einem Fall wie diesem darauf ab, dass die Gegenleistung den gesamten Buchwert des Wirtschaftsguts nicht übersteigt und verneinen aus diesem Grund eine Gewinnrealisierung. Allerdings werde –obwohl die Gegenleistung unterhalb des Buchwerts liegt– weder aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts noch aus dem Gesamtvorgang ein Verlust realisiert. Vielmehr wird der Buchwert des Wirtschaftsguts –wie das BMF zutreffend analysiert– von dieser Variante der modifizierten Trennungstheorie dem entgeltlichen Teil des Geschäfts nur bis zur Höhe des Teilentgelts zugeordnet, im Übrigen aber dem unentgeltlichen Teil des Geschäfts.
Der Große Senat des BFH wird hierüber entscheiden