Steuerfreiheit von Trinkgeldern

Freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an die Saalassistenten einer Spielbank für das Servieren von Speisen und Getränken können steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG sein.

Die Steuerfreiheit entfällt nicht dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.

BFH Urteil vom 18.6.2015, VI R 37/14

Begründung (BFH):

Mit Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 37/14 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an die Saalassistenten einer Spielbank für das Servieren von Speisen und Getränken steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sein können. Die Steuerfreiheit entfällt nicht dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.

Im Streitfall war der Kläger als eine Art Kellner mit dem Bedienen der Spielbankkunden betraut. Er war nicht Teil des spieltechnischen Personals, wie etwa die Croupiers (Kassierer). Im Gehaltstarifvertrag wurden die freiwilligen Zuwendungen von Besuchern der Spielbank an die Saalassistenten als Trinkgelder bezeichnet, die arbeitstäglich zu erfassen und ausschließlich zugunsten der Saalassistenten zu verwenden sind. Die Saalassistenten erhielten aus dem Aufkommen monatlich vorab einen pauschalen Anteil, der Restbetrag wurde nach einem festgelegten Punktesystem von der Spielbank auf diese verteilt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, es handele sich dabei nicht um steuerfreies Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG. Das Finanzgericht schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab.

Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz hinsichtlich der Behandlung der freiwilligen Zahlungen der Spielbankkunden aufgehoben und entschieden, dass es sich hierbei um steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG handelt. Mit der Entscheidung knüpft der VI. Senat des BFH an seine bisherige Rechtsprechung zum Trinkgeldbegriff an. So stellt er darauf ab, dass es sich bei den von den Spielbankkunden neben dem Rechnungsbetrag gegebenen Geldern um freiwillige Zahlungen handelt, auf die kein Rechtsanspruch bestand. Denn der Tarifvertrag regelte lediglich die Verteilung und Auskehrung der bereits geleisteten Trinkgelder durch die Spielbank. Der BFH urteilte, dass der Streitfall nicht mit den bereits vom VI. Senat des BFH entschiedenen, das spieltechnische Personal betreffenden, sog. Tronc-Fällen vergleichbar ist. Denn, anders als in den Tronc-Fällen, liegt im Streitfall eine typische persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung zwischen den Saalassistenten und den Spielbankkunden vor. Es besteht gerade kein gesetzliches Trinkgeldannahmeverbot, wie es für Croupiers gilt, vgl. § 11 Abs. 1 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin. Zudem sei auch die Zuwendung eines Dritten gegeben, wie es der Trinkgeldbegriff voraussetzt. Die Einschaltung der Spielbank als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Gelder stehe dem nicht entgegen, vielmehr sei dieses Verteilungssystem vergleichbar mit einer “Poolung von Einnahmen”.

Digitale Betriebsprüfung in der Gastronomie

Eine Buchführung ist formell ordnungsgemäß, auch wenn neben den täglichen Aufzeichnungen und den Z-Bons keine weiteren Registrierkassenstreifen aufbewahrt werden.

Eine Aufzeichnung der Trinkgelder ist nicht erforderlich.

Es liegt keine schädliche Aufzeichnung vor, wenn die täglich geführten Kassenaufzeichnungen durch den Eigentümer erst nach dem Urlaub erfolgen.

Ein von dem Finanzamt durchgeführte wöchentlichen Zeitreihenvergleich rechtfertigt keine Zuschätzung wenn die Buchführung ordnungsgemäß ist.

 Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 27.1.2009 (6 K 3954/07).

Erläuterungen:

Wer seine Geschäfte ordentlich führt und korrekt verbucht, hat auch im Rahmen der sog. digitalen Betriebsprüfung vom Finanzamt wenig zu befürchten. Zu diesem Ergebnis kommt der  6. Senat des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 27.1.2009 (6 K 3954/07). Das Finanzamt hatte bei der Prüfung einer Gaststätte im Rahmen eines sog. „Zeitreihenvergleiches“ die Ein- und Verkäufe aller Speisen und Getränke wochenweise gegenübergestellt und Schwankungen beim Rohgewinnaufschlagsatz festgestellt. Es nahm dies neben kleineren Beanstandungen der Kassenführung zum Anlass, die Buchführung der Gaststätte zu verwerfen und deren Einnahmen zu schätzen. Das führte für die drei Streitjahre zu einer Steuernachforderung in Höhe von rund 89.000 €. Der Senat hat der Klage des Gastwirts in vollem Umfang stattgegeben. Er wies darauf hin, dass nach dem Gesetz eine formell ordnungsmäßige Buchführung die Vermutung der Richtigkeit für sich habe und das Finanzamt diese Vermutung erst erschüttern müsse, bevor es Steuern im Schätzungswege festsetzen dürfe. Die einzelnen Beanstandungen bei der Kassenführung hielt er im Urteilsfall für unwesentlich. Durch den Zeitreihenvergleich sah es der Senat nicht als erwiesen an, dass die Buchführung unrichtig sei.

Der 6. Senat hat die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH in München die Entscheidung des Finanzgerichts Köln bestätigt und den Beweiswert eines Zeitreihenvergleiches entsprechend beurteilt.

Seit einigen Jahren führt die Finanzverwaltung die Betriebsprüfung „digital“ durch. Die Betriebsprüfer können über die IT eines Unternehmens unmittelbar Einsicht in die Buchführung ab dem Jahr 2002 nehmen und die gewonnenen Daten mit moderner Hard- und Software noch vor Ort auf ihre Plausibilität hin analysieren. Davon ist vor allem die Gastronomiebranche betroffen, in der die Einnahmen ganz überwiegend in bar erzielt werden. Beim Zeitreihenvergleich werden die Ein- und Verkäufe aller Speisen und Getränke wochenweise gegenübergestellt und Schwankungen beim Rohgewinnaufschlagsatz sichtbar. Mit dem Chi-Quadrat-Test wird die Verteilung der Ziffern 0 bis 9 in einem großen Zahlenwerk – hier in den Aufzeichnungen aller Kasseneinnahmen in drei Jahren – geprüft und festgestellt, ob das Ergebnis mathematisch-statistisch signifikant ist oder nicht. Dazu kann es bei manipulierten Aufzeichnungen kommen, wenn unbewusst eine „Lieblingszahl“ häufiger eingegeben wird als andere. Dieses Verfahren hatte im entschiedenen Fall keine Auffälligkeiten gezeigt.