Anschaffung eines Grundstücks bei Besitzübergabe vor dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt

Ein bebautes Grundstück ist in dem Zeitpunkt angeschafft, in dem Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten auf den Käufer übergehen. Maßgebend ist nicht der vertraglich vorgesehene, sondern der tatsächliche Übergang.

BFH Urteil vom 17. Dezember 2009 III R 92/08

Begründung:

Geliefert ist das Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien darüber wirtschaftlich verfügen kann. Das ist bei der Übertragung eines Grundstücks in der Regel der Zeitpunkt, zu dem Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen.

Das FG ist zutreffend hiervon ausgegangen, hat den Zeitpunkt der Anschaffung aber zu Unrecht danach bestimmt, wann der Kläger aufgrund des notariellen Kaufvertrages die Übergabe beanspruchen konnte. Maßgeblich ist dagegen, wann Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten tatsächlich übergingen.

Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben (§ 854 Abs. 1 BGB). Dies kann geschehen, indem der bisherige Besitzer die Sache übergibt; gleichgestellt ist die einseitige Besitzergreifung durch den Erwerber mit Einverständnis des Übergebenden.

Der Besitz an Grundstücken kann auch durch die Übergabe der Schlüssel übertragen werden.

Die Übergabe einer verkauften Sache –auch eines Grundstücks bewirkt gemäß § 446 BGB, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer übergehen; von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten. Der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs ist insoweit unerheblich.

Übertragung eines Unternehmen im Ganzen

Der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfrage, “ob bei mehreren zeitlich versetzten Kausalgeschäften über sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen an verschiedene Erwerber eine Betriebsveräußerung im Ganzen ausgeschlossen ist, wenn zwischen den Kausalgeschäften ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht”, kommt auf der Grundlage des vom Finanzgericht (FG) festgestellten Sachverhalts und der zu § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ergangenen Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung zu.

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 18.8.2008, XI B 192/07

Sachverhalt:
Vor dem FG war streitig, ob es sich bei dem Erwerb von vier Beschriftungslasern durch die Klägerin um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gehandelt hat und der Klägerin deshalb gemäß § 1 Abs. 1a UStG kein Recht zum Vorsteuerabzug zusteht.

Das FG ist zu dem Ergebnis gelangt, die die Maschinen veräußernde KG habe mit dem Verkauf ihren Geschäftsbetrieb auf die Klägerin übertragen und diese habe an Stelle der KG die Geschäftstätigkeit aufgenommen. Den Umstand, dass eine von ursprünglich fünf Beschriftungsmaschinen nicht von der Klägerin übernommen wurde, sondern kurz zuvor an die X-GmbH verkauft worden war, hat das FG als für die Frage einer Geschäftsfortführung nicht maßgeblich angesehen, weil eine Geschäftsfortführung auch mit den vier Geräten möglich gewesen sei.

Begründung:
Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Die Vorschrift erfasst daher die Übertragung der Geschäftsbetriebe und der selbständigen Unternehmensteile, die jeweils materielle und immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der Erwerber muss darüber hinaus die Absicht haben, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben.

Im Hinblick auf die nach der EuGH-Rechtsprechung erforderliche Absicht des Erwerbers, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben, kommt es maßgeblich darauf an, ob die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit zu ermöglichen, und der Übernehmer diese Tätigkeit ausübt. Um dies zu ermitteln, sind der Vorgang und seine Begleitumstände einer Gesamtbewertung zu unterziehen, bei der insbesondere die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen sind.

Danach steht es der Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG nicht entgegen, wenn im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Geschäftsaufgabe durch den Veräußerer und der Fortführung der Geschäftstätigkeit durch den Erwerber einzelne Betriebsgrundlagen nicht mit übertragen werden.