Zahlungen aus Aufhebungsverträgen als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen

Zahlungen aus Aufhebungsverträgen als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen.

FG München Urteil vom 27.06.2014, 2 K 596/12

Begründung:

Das Finanzamt hat den streitgegenständlichen Vorsteuerabzug zu Unrecht abgelehnt. Den von der Klägerin an die Hopfenbauern gezahlten Vergütungen liegt jeweils ein steuerbarer und steuerpflichtiger Leistungsaustausch zugrunde. Die Klägerin kann die hierfür geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuerbeträge abziehen.

Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.

Demgegenüber sind Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen grundsätzlich kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. In diesen Fällen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung.

Ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet, bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist.

Die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch liegen insbesondere dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm, sei es auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage, zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet. Auch der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben, ist gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG eine sonstige Leistung.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die streitgegenständlichen Vergütungszahlungen der Klägerin Entgelt für steuerpflichtige Leistungen der Hopfenbauern gewesen. Die Hopfenbauern haben mit ihrem entgeltlichen Verzicht auf ihre Rechte aus den Hopfenlieferverträgen eine steuerbare sonstige Leistung erbracht.

Aufgrund der in 2007 abgeschlossenen Lieferverträge sind die Hopfenbauern berechtigt gewesen, in den Jahren 2009 bis 2011 Hopfen der Sorte X an die Klägerin zu liefern. Nach den Allgemeinen Vereinbarungen zum Hopfenlieferungsvertrag (AVHL), die gemäß Pkt. I. b) der Hopfenlieferungsverträge Vertragsbestandteil geworden sind, ist die Klägerin (Käufer) verpflichtet gewesen, den nach den Verträgen zu liefernden Hopfen bis spätestens 31. Oktober des jeweiligen Erntejahres abzunehmen (vgl. Pkt. IV. 2. der AVHL). Die Klägerin sollte für die jeweils vereinbarte Menge einen Preis von … €/kg zahlen.

Nach den von der Klägerin mit den Hopfenbauern einvernehmlich abgeschlossenen Aufhebungsvereinbarungen haben diese gegen die vereinbarte Vergütung darauf verzichtet, ihre Lieferungen der Klägerin anzubieten und das dafür vereinbarte Entgelt einzufordern und ggf. gerichtlich geltend zu machen.

Die Hopfenbauern haben danach eine aufgrund ihrer mit der Klägerin abgeschlossenen Hopfenlieferungsverträge erworbene Rechtsposition und die rechtliche Möglichkeit, darüber zu disponieren, zum Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages.

Die Klägerin hat dadurch einen Vorteil erlangt, weil sie ohne weitere Streitigkeiten aus den für die Jahre 2009 bis 2011 geschlossenen Lieferverträgen entlassen worden ist. Steuerbare Verzichtsleistungen können auch insoweit vorliegen, als sich der Verzicht auf das Erbringen von Leistungen für Zeiträume nach Abschluss der Verzichtsvereinbarung bezieht (vgl. BFH in BStBl II 2007, 66). Die Aufhebungsvereinbarungen stellen als vertragliche Vereinbarungen einen unmittelbaren Zusammenhang der jeweiligen Leistung der Hopfenbauern (Verzicht auf Lieferung) mit dem von ihnen empfangenden Gegenwert (Vergütung) her. Das genügt für die Annahme eines Leistungsaustausches