Umsatzsteuer beim Erwerb zahlungsgestörter Forderungen

Ein Unternehmer, der aufgrund der Vorgaben des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 737 zahlungsgestörte Forderungen unter "Vereinbarung" eines vom Kaufpreis abweichenden "wirtschaftlichen Werts" erwirbt, erbringt an den Forderungsverkäufer keine entgeltliche Leistung.

Liegt beim Kauf zahlungsgestörter Forderungen keine entgeltliche Leistung an den Forderungsverkäufer vor, ist der Forderungserwerber aus Eingangsleistungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt.

Eine Rechnungsberichtigung lässt die Steuerschuld nach § 14c UStG nicht mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung entfallen.

BFH Urteil vom 26.1.2012, V R 18/08

Erläuterung BFH:

Kein Vorsteuerabzug bei Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen

Das Urteil vom 26. Januar 2012 V R 18/08 verneint den Vorsteuerabzug bei Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen („non-performing loans“). Auf Vorlage durch den BFH hatte der EuGH in diesem Fall entschieden, dass der Forderungserwerber beim Kauf der Forderungen gegenüber dem Forderungsverkäufer keine entgeltliche Leistung erbringt, wenn der Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderung entspricht. Diese Voraussetzungen hat der BFH im Streitfall als gegeben erachtet, so dass im Zusammenhang mit dem Erwerb der Forderungen kein Abzug der Vorsteuer möglich ist. Daraus hat der BFH weiter abgeleitet, dass der Forderungserwerber auch aus den Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Einziehung der erworbenen Forderungen entstehen, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2009 V R 18/08 hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Klärung der Umsatzsteuerpflicht beim Verkauf zahlungsgestörter Forderungen gerichtet.

In der Sache geht darum, ob der Käufer mit dem Erwerb zahlungsgestörter Darlehensforderungen ("non-performing loans") an den Verkäufer der Forderungen, eine Bank, umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt. Die Finanzverwaltung bejaht dies unter Berufung auf die sog. Factoring-Rechtsprechung des EuGH.

Der V. Senat hat demgegenüber Zweifel, ob die Grundsätze dieser Rechtsprechung auch zu einer Umsatzsteuerpflicht beim Verkauf zahlungsgestörter Darlehensforderungen führen. Zwar werden auch hier – wie beim Factoring – Forderungen durch den Erwerber eingezogen, so dass eine steuerpflichtige Inkassoleistung vorliegen könnte. Fraglich ist aber, ob der Erwerber an die veräußernde Bank eine Leistung gegen Entgelt erbringt. Im Hinblick auf die hohe Differenz zwischen Kaufpreis und Nennwert der Forderungen und die damit verbundene Risikoübernahme könnte auch eine "nicht steuerbare" oder "steuerfreie" Tätigkeit des Forderungserwerbers vorliegen. Zweifel bestehen auch hinsichtlich der Frage, wie – bei unterstellter Steuerpflicht – das Entgelt für eine Leistung des Erwerbers an die Bank zu bestimmen ist.

Der EuGH-Vorlage kommt für die Praxis große Bedeutung zu, da Banken in den letzten Jahren zahlungsgestörte Darlehensforderungen in großem Umfang verkauft haben. Dies hat bereits in der Vergangenheit zahlreiche zivil- und datenschutzrechtliche Rechtsfragen aufgeworfen.

Sollte der EuGH die von der Finanzverwaltung angenommene Steuerpflicht bestätigen, wäre die Bank aus der für die Leistung des Forderungserwerbers entstehenden Umsatzsteuer wohl nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die ursprüngliche Kreditvergabe – wie im Regelfall – umsatzsteuerfrei erfolgte. Hierüber ist aber in dem nun dem EuGH vorliegenden Streitfall nicht zu entscheiden.