Ungeklärte Geldmittel bei Ehegatten in der Betriebsprüfung

Bei Mitbenutzung eines privaten Kontos des Ehegatten für betriebliche Zahlungen ist entscheidend, aus welchen Gründen dies geschieht. Ergibt sich, dass der Betriebsinhaber dafür die Veranlassung gibt, dass Betriebseinnahmen auf dem privaten Konto eingehen, liegt es in seinem Risiko- und Verantwortungsbereich die Herkunft dort eingehender Mittelzuflüsse zu erläutern. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Betriebsinhaber das private Konto seines Ehegatten “mitnutzt”.

BFH Urteil vom 28.01.2009 – X R 20/05 BFH NV 2009 S. 912 ff.

 Begründung:

Das Finanzgericht (FG)G hat eine eigene Schätzungsbefugnis. Ein ungeklärter Geldzuwachs im Privatvermögen oder eine ungeklärte Einlage in das Betriebsvermögen rechtfertigen unter weiteren Voraussetzungen auch bei einer formell ordnungsmäßigen Buchführung die Annahme, dass höhere Betriebseinnahmen erzielt und höhere Privatentnahmen getätigt als gebucht wurden.

Zeigt sich, dass höhere Einkünfte erzielt worden sind, ist die Buchführung sachlich unrichtig, so dass ein eigenständiger Schätzungsgrund und ein ausreichend sicherer Anhalt für die Höhe der Zuschätzung gegeben sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. für ungeklärte Zuflüsse auf Privatkonten, ungeklärte Einlagen in das Betriebsvermögen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH führen Einzahlungen auf betriebliche Bankkonten aus dem Privatvermögen, die als Einlagen verbucht werden, zu einer verstärkten Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, weil dieser durch die Mittelzuführung selbst eine Verbindung zwischen seinem Privat- und Betriebsvermögen herstellt.

 Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten, bleibt die Mittelherkunft ungeklärt und kann das FA höhere Betriebseinnahmen nicht nachweisen, führt dies nicht zwangsläufig dazu, nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten des FA zu entscheiden. Vielmehr wird im finanzgerichtlichen Verfahren dann, wenn der Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt werden kann, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht verletzt hat, nach den Umständen des Einzelfalls die Sachaufklärungspflicht begrenzt und das Beweismaß für die vom FA nachzuweisenden steuerbegründenden Tatsachen gemindert. Das Finanzgericht kann den Sachverhalt dahin würdigen, dass unklare Einlagen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhen, ohne dass es weiterer Verprobungsmethoden wie einer Geldverkehrsrechnung bedarf.

 Ungeklärte Mittelzuflüsse auf einem privaten Konto des Steuerpflichtigen widerlegen die sachliche Richtigkeit einer formell ordnungsgemäßen Buchführung hingegen noch nicht vollständig. Ein Steuerpflichtiger muss für seine privaten Sparkonten weder eine Buchführung einrichten noch einen Nämlichkeitsnachweis führen, weshalb nicht angenommen werden kann, dass alle Einzahlungen, für die kein Buch- oder Nämlichkeitsnachweis erbracht wird, aus einkommensteuerpflichtigen Einkunftsquellen stammen. 

 Kann die Herkunft bestimmten Vermögens eines Steuerpflichtigen nicht aufgeklärt werden, so ist, wenn die Buchführung des Steuerpflichtigen ordnungsmäßig ist, nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast (Feststellungslast) darüber zu befinden, wer den Nachteil der Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes zu tragen hat. Ein Geldzuwachs kann in der Regel dann den steuerpflichtigen Einkünften zugerechnet werden, wenn mit einer dem Einzelfall angepassten Vermögenszuwachs- oder Geldverkehrsrechnung ein ungeklärter Vermögenszuwachs oder Ausgabenüberschuss aufgedeckt wird, mithin feststeht, dass die auf einem Privatkonto eingezahlten Beträge nicht aus den sog. ungebundenen Entnahmen oder aus anderen versteuerten oder steuerfreien Einkunftsquellen stammen können.

 Von einem (gemischten) betrieblichen Konto im Sinne der vorstehenden Grundsätze statt von einem Privatkonto ist bei einem Steuerpflichtigen auszugehen, der ein nicht in der betrieblichen Buchführung erfasstes Konto nutzt, um neben privaten auch betriebliche Geschäftsvorfälle abzuwickeln. Er führt dann nicht nur eine Vermischung zwischen privatem und betrieblichem Bereich herbei, sondern verfügt als Kontoinhaber über die notwendigen Kenntnisse, die es ihm erlauben, Bewegungen auf diesem Konto erläutern zu können. Es ist dann sachgerecht, von ihm hinsichtlich des gemischtgenutzten Kontos eine verstärkte Mitwirkung zu verlangen.

Umgekehrt kann nicht jede Überweisung von Geldbeträgen eines solchen Kontos auf ein betriebliches Bankkonto dazu führen, dass nunmehr auch das private Bankkonto des Steuerpflichtigen als betriebliches Konto behandelt wird und deshalb verstärkte Darlegungspflichten des Betriebsinhabers bestehen.

 Entscheidend ist, aus welchen   Gründen   betriebliche Vorgänge im Einzelfall über ein privates Konto abgewickelt werden. Stellt sich heraus, dass hierfür nachvollziehbare Gründe existieren oder versehentliche Zahlungseingänge vorliegen, kann der Vorwurf entkräftet sein, der Betriebsinhaber vermische betriebliche und private Sphäre. Ergibt sich demgegenüber, dass der Betriebsinhaber dafür die Veranlassung gibt, dass Betriebseinnahmen auf dem privaten Konto eingehen, liegt es in seinem Risiko- und Verantwortungsbereich, die Herkunft dort eingehender Mittelzuflüsse zu erläutern.

 Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Betriebsinhaber das private Konto seines Ehegatten "mitnutzt". Es ist anhand der Umstände des Einzelfalls vom FG zu würdigen, welche Gründe für die Kontenvermischung maßgeblich sind. Kann der Betriebsinhaber keine nachvollziehbaren und belegbaren Gründe für die Vermischung anführen, trifft ihn eine erhöhte Mitwirkungspflicht, ungeklärte Zahlungseingänge auch auf dem Konto des Ehegatten aufzuklären, weil dann Kontobewegungen beim Ehegatten in seine Risikosphäre fallen. Diese erhöhte Mitwirkungspflicht ist sowohl gegeben, wenn –wie im Streitfall– einzelne Zahlungseingänge des Betriebsinhabers auf dem Konto des Ehegatten anschließend als Betriebseinnahmen verbucht werden und sich daneben unaufklärbare Mittelzuflüsse finden, als auch in Fällen, in denen die ungeklärten Mittelzuflüsse auf dem Ehegattenkonto auf das betriebliche Konto überwiesen und als Einlagen verbucht werden.

 Hat der Betriebsinhaber-Ehegatte hingegen nachvollziehbare Gründe für die Kontomitbenutzung, trifft ihn die erhöhte Mitwirkungspflicht nicht und das FA hat die ungeklärten Mittelzuflüsse als solche des Kontoinhaber-Ehegatten zu behandeln. Ob und in welchem Umfang Mitwirkungspflichten des Betriebsinhabers zur Aufklärung der Herkunft von Geldmitteln auf dem Konto des Ehegatten im Einzelfall durch Zumutbarkeitserwägungen zu begrenzen sind, bedarf im Streitfall keiner weiteren Konkretisierung.