Organisatorische Eingliederung als Voraussetzung für eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft

Die Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft bestimmen sich allein nach
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
Die aktienrechtliche Abhängigkeitsvermutung nach § 17 AktG hat insoweit keine Bedeutung.
Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass der Organträger eine von seinem Willen abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft verhindern kann.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 5.12.2007, V R 26/06

Begründung:
Für die Annahme einer Organschaft ist es nicht erforderlich, dass sich alle drei in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung gleichermaßen deutlich feststellen lassen. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist.
Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht. Von der finanziellen Eingliederung kann daher z.B. nicht auf die wirtschaftliche Eingliederung geschlossen werden. Ebenso wenig folgt aus der finanziellen die organisatorische Eingliederung.
Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird.
Es kommt darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist.
Die organisatorische Eingliederung kann sich aus einer personellen Verflechtung über die Vertretungsorgane von Organträger und Organgesellschaft wie z.B. bei einer Personenidentität in den Leitungsgremien ergeben. Personenidentität liegt z.B. dann vor, wenn ein Einzelunternehmer als Organträger bei der abhängigen juristischen Person über eine organschaftliche Vertretungsberechtigung verfügt.
Im Streitfall liegt keine Personenidentität in den Vertretungsorganen vor, da die Klägerin über zwei Geschäftsführer verfügte. Im Hinblick auf die für beide Geschäftsführer bestehende Einzelvertretungsbefugnis war es dem Mehrheitsgesellschafter B auch nicht möglich, eine von seinem Willen abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft zu verhindern.