Offenbare Unrichtigkeit bei einer gesonderten Veranlagung von Ehegatten.

Offenbare Unrichtigkeit bei einer gesonderten Veranlagung von Ehegatten.

BFH Urteil vom 21.1.2010, III R 22/08

Begründung:

Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist, der Fehler auf bloßes mechanisches Versehen zurückzuführen und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist. Ob jede Möglichkeit eines Rechtsirrtums, eines Denkfehlers oder einer unvollständigen Sachaufklärung bzw. fehlerhaften Tatsachenwürdigung auszuschließen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles, vor allem nach Aktenlage.

Eine oberflächliche Behandlung des Steuerfalles durch die Finanzbehörde hindert eine Berichtigung nach § 129 AO nicht. Denn die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist nicht von Verschuldenserwägungen abhängig und damit auch nicht von einem eventuellen Organisationsverschulden. Das FG ist aufgrund der Vermerke auf der Einkommensteuererklärung zu der Überzeugung gelangt, dass der Sachbearbeiter das Kreuz übersehen hat, mit dem die Klägerin eine besondere Veranlagung für das Jahr der Eheschließung beantragt hatte. Es hat dieses Übersehen als eine nicht auf rechtlichen Überlegungen oder Schlussfolgerungen beruhende bloße Unachtsamkeit beurteilt. Anhaltspunkte dafür, dass andere Gründe für die Nichtbeachtung des Kreuzes ausschlaggebend gewesen sein könnten, lagen nach Auffassung des FG nicht vor.

Zu Unrecht hat das FG eine Korrektur des Bescheids nach § 129 AO deshalb abgelehnt, weil die fehlerhafte Festsetzung auch darauf beruhe, dass der Bearbeiter darüber hinaus seine Sorgfaltspflichten bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung verletzt habe. Insoweit übersieht das FG, dass § 129 AO nicht von Verschuldenserwägungen abhängig ist und es für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht darauf ankommt, ob der Bearbeiter bei gehöriger Sorgfalt sein Versehen hätte erkennen und die offenbare Unrichtigkeit bei der Steuerfestsetzung hätte vermeiden können.