Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen

Rückstellungen wegen Erfüllungsrückstandes sind zu bilden, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält .

Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und den Regelungen des EStG lässt sich keine Beschränkung der Pflicht zur Bildung von Rückstellungen auf wesentliche Verpflichtungen entnehmen.

Für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist nicht auf die künftigen Betreuungsaufwendungen für den einzelnen Vertrag, sondern auf die im Unternehmen des Steuerpflichtigen künftig insgesamt anfallenden Aufwendungen für die Betreuung abzustellen.

Eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen setzt voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich verpflichtet ist.

Die Nachbetreuungsverpflichtung ist eine Sachleistungsverpflichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG; sie ist mit den Einzelkosten und den Gemeinkosten zu bewerten und gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG abzuzinsen.

Einbezogen werden dürfen nur Leistungen für die Betreuung bereits abgeschlossener Verträge. Werbeleistungen mit dem Ziel, Kunden (auch Bestandskunden) zu neuen Vertragsabschlüssen zu veranlassen (Einwerbung von Neugeschäften), sind nicht rückstellbar.

Für die Höhe der Rückstellung ist der jeweilige Zeitaufwand für die Betreuung pro Vertrag und Jahr von entscheidender Bedeutung; der (voraussichtliche) Zeitaufwand ist im Einzelnen darzulegen.

Die Aufzeichnungen müssen so konkret und spezifiziert sein, dass eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen möglich ist; die Aufzeichnungen sind "vertragsbezogen" zu führen.

Die Richtigkeit der vorgenommenen Aufzeichnungen kann im Einzelfall verprobt werden durch eine Gegenüberstellung von Verträgen ohne Bestandspflegeprovision mit Verträgen mit Bestandspflegeprovision.

Der Steuerpflichtige trägt im Fall eines "non-liquet" die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die von ihm behaupteten Aufwendungen für nachträgliche Betreuungsleistungen.

BFH Urteil vom 19.07.2011 – XR 8/10 BFHNV 2011 S. 2035