Auftragsprüfung nach § 195 Satz 2 AO

Die Prüfungsanordnung des beauftragten Finanzamts ist hinreichend begründet, wenn sie die für die Ermessensausübung auch des beauftragenden Finanzamts maßgebenden Erwägungen enthält.

Eine Prüfungsanordnung ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit nichtig, wenn für den Steuerpflichtigen der Regelungsgehalt nicht ernsthaft zweifelhaft sein kann.

Das vorübergehende Bestehen von zwei Prüfungsanordnungen, die sich inhaltlich nicht widersprechen, führt nicht zu deren Nichtigkeit.

BFH Urteil vom 6.8.2013, VIII R 15/12

Begründung:

Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO). Die beauftragte Finanzbehörde darf anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen; sie ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt, aus der sich die Ermessenserwägungen für den Auftrag ergeben müssen, wozu es auch gehört, über einen Einspruch zu entscheiden. Die maßgebenden Erwägungen für eine Auftragsprüfung ergeben sich aus den §§ 13 bis 18 BpO. Danach finden Prüfungen zusammenhängender Unternehmen unter einheitlichen Gesichtspunkten und einheitlicher Leitung statt.

Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Prüfungsanordnung nicht zu beanstanden. Sie enthält die für die Ermessensausübung auch des beauftragenden Finanzamts –des Finanzamts A– maßgebenden Erwägungen der einheitlichen Prüfung des Klägers im Konzernbereich des Z-Konzerns. Aus der Prüfungsanordnung ergeben sich der Steuerpflichtige (der Kläger), der Prüfungsumfang (Einkommensteuer und gesonderte Feststellungen sowie Umsatzsteuer 2002 bis 2004) und die tragenden Ermessenserwägungen für die Auftragsprüfung (einheitliche Prüfung des Z-Konzerns). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz bedurfte es keiner weiteren Ausführungen, "aus welchem Grund diese unternehmerische Betätigung" des Klägers einen Bezug zum Z-Konzern aufweist. Dieser Bezug war nämlich für alle Beteiligten klar und vom FA überdies nochmals in seiner Einspruchsentscheidung ausgeführt: Die Aufsichtsratstätigkeit im Zusammenhang mit den sonstigen Firmen der "Z-Gruppe".

Es kommt entgegen der Vorentscheidung nicht auf die Formulierung der Bitte des FA um Erteilung des Prüfungsauftrags an. Abgesehen davon suggeriert dieses behördeninterne Schreiben, anders als die Vorinstanz meint, kein gemeinsames Unternehmen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau. Die Ausführungen in diesem Schreiben sind im Kontext der Akten und der Vorprüfungen so zu verstehen, wie sie schließlich in der Prüfungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung umgesetzt wurden. Auch der entscheidende Akt des Prüfungsauftrags nimmt keinen Bezug auf ein gemeinsames Unternehmen der Eheleute, sondern überträgt die Befugnis zur Prüfung beider Steuerpflichtiger –der Eheleute (des Klägers und seiner Ehefrau)– auf das FA.

 Die Prüfungsanordnung ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit nach § 125 AO nichtig. Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht gemäß § 119 AO so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird. Der Regelungsinhalt einer Prüfungsanordnung (§ 196 AO) besteht darin, dass dem Steuerpflichtigen aufgegeben wird, die Prüfung in dem in der Anordnung näher umschriebenen Umfang zu dulden. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt der Prüfungsanordnung aus der Sicht des Klägers als dem Empfänger dieses Verwaltungsakts.

 Danach konnte für den Kläger der Regelungsgehalt der Prüfungsanordnung vom 1. Dezember 2009 nicht ernsthaft zweifelhaft sein. Prüfungsgegenstand war Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen und Umsatzsteuer 2002 bis 2004 mit Ausnahme der "Sachverhalte …, welche durch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens vom 06.03.2009 abgedeckt" wurden. Dass das FA in der Prüfungsanordnung in diesem Zusammenhang den Begriff der "Tat im prozessualen Sinne" verwendet hat, konnte bei dem Kläger, der aufgrund seiner Selbstanzeige und dem Schreiben der Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamts C den Umfang des eingeleiteten Steuerstrafverfahrens kannte, keine wirklichen Verständnisschwierigkeiten auslösen, da für alle Beteiligten klar ersichtlich war, dass es sich um die vom Kläger bis zur Selbstanzeige nicht erklärten Kapitaleinkünfte ausländischer Herkunft handelte.