Zulässigkeit und Grenzen einer tatsächlichen Verständigung

Eine tatsächliche Verständigung der Beteiligten darüber, in welchem Umfang ein Unternehmer Umsätze zum Regelsteuersatz und Umsätze zum ermäßigten Steuersatz ausgeführt hat, ist zulässig, wenn diese Aufteilung geschätzt werden muss. Eine Verständigung über einen vom Gesetz abweichenden Steuersatz, die unzulässig wäre, liegt darin regelmäßig nicht.

BFH Beschluss vom 22.02.2014 –XI B 85/13 BFHNV 2014 S. 828 ff.

Begründung:

Der Kläger hält folgende Rechtsfrage für klärungsbedürftig: “Geht ein in einer tatsächlichen Verständigung aufgeführter Steuersatz dem rechtlich zutreffenden Steuersatz vor, so dass es zulässig ist, eine tatsächliche Verständigung über den Steuersatz zu treffen?” Alternativ und kürzer formuliert der Kläger: “Kann im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung eine bindende Regelung über den Steuersatz getroffen werden, ohne dass es auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt ankommt?”

Diese Rechtsfrage ist im Streitfall nicht klärbar; denn das FG hat die tatsächliche Verständigung dahin gehend gewürdigt, dass keine Verständigung über Rechtsfragen, sondern über Tatfragen vorliegt.

Dies ist hier der Fall; denn das FG hat die tatsächliche Verständigung auf Seiten 9 bis 11 seines Urteils dahin gehend ausgelegt, die Beteiligten hätten sich über Fragen des Sachverhalts einigen wollen und sich hierüber auch tatsächlich geeinigt. Das FG verstehe den Inhalt der tatsächlichen Verständigung vom 7. November 2008 dahin gehend, dass sich die Beteiligten über die tatsächlichen Umstände, die die Grundlage der rechtlichen Entscheidung über die steuerliche Behandlung der Umsätze darstellten, verständigt haben.

Insbesondere ist geklärt, dass der BFH die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkennt. Die Bindungswirkung einer derartigen Vereinbarung setzt u.a. voraus, dass sie sich auf Sachverhaltsfragen –nicht aber auf Rechtsfragen– bezieht  und dass die tatsächliche Verständigung nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

Diese Grenzen wurden im Streitfall eingehalten. Die Beteiligten haben keine  “tatsächliche Verständigung über den Steuersatz” in der Weise getroffen, dass sie in der von ihnen getroffenen tatsächlichen Verständigung einen vom Gesetz (§ 12 des Umsatzsteuergesetzes –UStG–) abweichenden Steuersatz festgelegt hätten. Sie haben sich vielmehr (lediglich) darüber verständigt, in welchem Umfang Umsätze ausgeführt worden sind, auf die der Regelsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) anwendbar ist, und in welchem Umfang Umsätze ausgeführt worden sind, die dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG) unterliegen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.