Verpachtung einer Apotheke im Ganzen und die Erklärung der Betriebsaufgabe

Ein zur zwangsweisen Aufgabe einer zuvor im Ganzen verpachteten Apotheke führendes Ereignis liegt weder vor, wenn der Steuerpflichtige das Inventar an den Pächter veräußert, noch falls die apothekenrechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Verpachtung infolge des Todes des Verpächters nicht mehr vorliegen.

Übersieht der Steuerpflichtige, dass er die Aufgabe seines im Ganzen verpachteten Betriebs nicht rückwirkend erklären kann, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob er hilfsweise die Aufgabe für den Zeitpunkt des Zugangs beim FA erklären wollte. Hierzu bedarf es der Feststellung positiver Umstände, die auf einen entsprechenden Willen schließen lassen.

BFH Urteil vom 03.04.2014 – X R 16/10 (BFHNV 2014 S. 1038)

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte bis zum Jahr 2008 eine eigene Apotheke (A-Apotheke).

Die Eltern der Klägerin waren ebenfalls Apotheker. Der Vater (V) betrieb zunächst in dem ihm gehörenden Gebäude in der S-Straße die X-Apotheke. Ab Januar 1987 verpachtete er die X-Apotheke einschließlich der dazu gehörenden Räume und übertrug in diesem Zusammenhang auch sein “Apothekenrecht”. Die X-Apotheke war als Firma im Handelsregister eingetragen. Für die Dauer des Pachtverhältnisses firmierte der Pächter unter der Firma “X-Apotheke <Name des V>, Pächter <Name des Pächters>”. Nach dem Tod des V veräußerten die Klägerin und ihre Mutter (M) als Gesamtrechtsnachfolgerinnen das Inventar der X-Apotheke zum 31. Dezember 1994 an den Pächter; die Räumlichkeiten vermieteten sie ab Januar 1995 an ihn.

M hatte ihrerseits ebenfalls eine Apotheke, die Y-Apotheke in G, zunächst selbst geführt und seit Oktober 1992 samt den zugehörigen Räumen verpachtet. Mit dem Tod der M wurde die Klägerin Alleineigentümerin der Grundstücke in der S-Straße und in G.

Entscheidungsgründe

Das angefochtene Urteil ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG hat über den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 30. August 2006 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2007 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids ist während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 11. November 2011 getreten. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand haben kann.

Der Bescheid vom 11. November 2011 wurde nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens. Da sich durch den Änderungsbescheid der bisherige Streitstoff nicht verändert hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind. Der erkennende Senat entscheidet in der Sache selbst. Die Klage ist begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2000 ist dergestalt zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die bisher angesetzten Aufgabegewinne in Höhe von insgesamt 5.801.674 DM gemindert werden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem FA übertragen.

Zwar ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass eine zwangsweise Betriebsaufgabe der verpachteten Apotheken vor Abgabe der Einkommensteuererklärung 1998 nicht erfolgt ist (dazu unter 1.). Seine Würdigung, die Klägerin habe mit ihrer Einkommensteuererklärung 1998 eine Aufgabeerklärung auf den 22. September 2000 abgegeben, hält demgegenüber einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Entgegen der Ansicht der Klägerin haben die Verpachtungen der X-Apotheke durch V im Jahr 1987 und der Y-Apotheke durch M im Jahr 1992 nicht zu Zwangsaufgaben geführt (unter a). Zu einer solchen ist es bei der X-Apotheke auch nicht infolge der Veräußerung des Inventars zum 31. Dezember 1994 gekommen (unter b).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die Verpachtung eines Gewerbebetriebs nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Ein Gewerbetreibender braucht vielmehr die in seinem Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven dann nicht aufzudecken, wenn er zwar selbst seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden nicht (klar und eindeutig) die Aufgabe des Betriebs erklärt. Wird keine Aufgabeerklärung abgegeben, so geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter dies ermöglichen.

Für die Anerkennung der gewerblichen Betriebsverpachtung reicht es nach diesen Grundsätzen aus, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden. Dabei kommt es für die Beantwortung der Frage, was unter den wesentlichen Betriebsgrundlagen zu verstehen ist, auf die Verhältnisse des verpachtenden, nicht auf diejenigen des pachtenden Unternehmens an.

Eine Betriebsverpachtung setzt danach u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige dem Pächter einen Betrieb zur Nutzung überlässt, den der Pächter im Wesentlichen fortsetzen. Dem Verpächter muss objektiv die Möglichkeit verbleiben, den “vorübergehend” eingestellten Betrieb als solchen wieder aufzunehmen und fortzuführen.

Danach haben die Verpachtung der X-Apotheke durch V sowie der Y-Apotheke durch M nicht zu zwangsweisen Betriebsaufgaben geführt.

Unstreitig haben sowohl V als auch M ihre Apotheken als solche, d.h. die dem Apothekenbetrieb dienenden Räume einschließlich der Geschäftseinrichtung, verpachtet. Für die Dauer des Pachtverhältnisses überlassen war bei der X-Apotheke ausdrücklich auch die Firma. Damit waren die wesentlichen Betriebsgegenstände, mittels derer die Pächter den Apothekenbetrieb jeweils fortsetzen konnten, auf Zeit überlassen.

Der Hinweis der Klägerin, V habe mit Beginn des Pachtvertrags sowohl die Firma als auch sein “Apothekenrecht” auf den Pächter übertragen, vermag an der Fortführungsmöglichkeit nichts zu ändern.

Die Fortführung der Firma war dem Pächter laut den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ohnehin nur vorübergehend für die Dauer der Pachtverträge gestattet.

Unerheblich ist weiter, dass eine Wiederaufnahme des Apothekenbetriebs durch V und M selbst –wie von der Klägerin geltend gemacht– nach Ablauf der vereinbarten Pachtzeiten infolge deren Alters undenkbar gewesen sei. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muss der Verpächter eines Gewerbebetriebs die Betriebsfortführung nicht in eigener Person planen. Es reicht aus, wenn seinem Rechtsnachfolger –einem Gesamtrechtsnachfolger oder einem unentgeltlichen Einzelrechtsnachfolger– objektiv die Möglichkeit verbleibt, den “vorübergehend” eingestellten Betrieb wieder aufzunehmen. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung aus Nachweisgründen so lange von einer Fortführungsabsicht auszugehen, bis der Steuerpflichtige klar und eindeutig erklärt, er werde die gewerbliche Tätigkeit nicht wieder aufnehmen.

Auch der Tod der Eltern hatte selbst dann nicht die Aufgabe des jeweiligen Apothekenbetriebs i.S. des § 16 Abs. 3 EStG zur Folge wenn –wie die Klägerin im Revisionsverfahren vorträgt– die apothekenrechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Verpachtung der X-Apotheke nach dem Tod des V im Jahr 1994 bzw. der Y-Apotheke nach dem Tod der M nicht mehr vorgelegen haben sollten.

Zum einen war die X-Apotheke nach den Feststellungen des FG jedenfalls noch im Jahr 1998 verpachtet, obwohl V bereits 1994 verstorben ist. Zum anderen hatte die Klägerin die Möglichkeit, sowohl die X-Apotheke als auch die Y-Apotheke durch einen Rechtsnachfolger weiter führen zu lassen (s. oben), wenn sie die A-Apotheke nicht hätte aufgeben wollen. Dass der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolger eine neue apothekenrechtliche Erlaubnis braucht (auf die nach § 2 ApoG in der vom 9. August 1980 bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung auch in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts bei Vorliegen verschiedener Voraussetzungen ein Rechtsanspruch bestand) mag eine gewisse Hürde bedeuten, steht aber einer steuerlich anzuerkennenden Verpachtung eines Apothekenbetriebs nicht entgegen.

So wie die Verpachtung einer Apotheke durch die Erben eines verstorbenen Apothekers oder denjenigen, der im Vermächtniswege einen Nießbrauch daran erworben hat, mangels Betriebsaufgabeerklärung nicht zur Betriebsaufgabe führt, wenn weder die Erben noch der Vermächtnisnehmer die für die Fortführung des Apothekenbetriebs erforderliche Qualifikation besitzen, führt auch der Tod des verpachtenden Apothekers nicht zur Aufgabe dieses Apotheker-Verpächterbetriebs.

Der Annahme einer Betriebsverpachtung im Ganzen steht nach der neueren Rechtsprechung nicht entgegen, dass die die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Unternehmens verkörpernden Immobilien branchenfremd verpachtet werden. Selbst ein Wettbewerbsverbot hindert eine Betriebsverpachtung nicht notwendigerweise.

All diesen Entscheidungen liegt die Erwägung zugrunde, dass der Betriebsverpächter demnach nach Beendigung des Pachtverhältnisses nur die Möglichkeit haben muss, einen ähnlichen Gewerbebetrieb zu eröffnen. Die Gleichartigkeit des neuen Betriebs mit dem ursprünglich verpachteten Betrieb ist nicht erforderlich und kann auch bei einer Apotheke nicht gefordert werden.

Entgegen der Auffassung der Klägerin führte auch die Veräußerung des Inventars mit Vertrag vom 29. Dezember 1994 nicht zu einer zwangsweisen Betriebsaufgabe der X-Apotheke. Veräußerungen in Zusammenhang mit der Y-Apotheke hat das FG nicht festgestellt.

Zwar führt nach der Rechtsprechung des BFH die Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens auch ohne ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe mit der Folge, dass dann nur noch die einzelnen, von diesem Zeitpunkt an dem Privatvermögen zuzurechnenden Gegenstände verpachtet sind. Die Veräußerung des Inventars war jedoch kein solcher Fall.

Die Rechtsprechung des BFH geht indes mittlerweile davon aus, dass jedenfalls bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen sowie bei Hotel- und Gaststättenbetrieben –im Gegensatz zum produzierenden Gewerbe– die gewerblich genutzten Räume regelmäßig den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden, die dem Handelsgeschäft das Gepräge geben.

Vor diesem Hintergrund lagen die Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung im Ganzen auch nach Veräußerung der Einrichtung der X-Apotheke zum 31. Dezember 1994 weiterhin vor. Die Lage der Apothekenräume in der S-Straße und der durch diese Lage bestimmte Kundenkreis sowie der Apothekenname, die Firma, waren von entscheidender Bedeutung.

Die Veräußerung der Einrichtung war für eine künftige Wiederaufnahme des Apothekenbetriebs durch die Klägerin oder einen Rechtsnachfolger infolgedessen ohne maßgebliche Bedeutung, da die hierfür geeigneten Räumlichkeiten nach wie vor vorhanden waren. Ladeneinrichtung und Warenbestand hätten jederzeit kurzfristig wiederbeschafft werden können.

Die isolierte Ablösung der Einrichtung reichte auch deshalb nicht zur Übernahme der Apotheke durch den Pächter aus, weil dieser hierfür jedenfalls die Verfügungsgewalt über die Firma benötigt hätte. Das Recht zur Firmenfortführung (vgl. § 22 des Handelsgesetzbuchs) hatte der Pächter –wie oben ausgeführt– indes nur für die Dauer des Pachtverhältnisses erlangt, und zwar nur mit der Verpflichtung, das Pachtverhältnis zu kennzeichnen. Es war zudem nicht Gegenstand des Kaufvertrags vom 29. Dezember 1994. Damit blieb zunächst die Erbengemeinschaft und später die Klägerin auch über den 31. Dezember 1994 hinaus Inhaberin der X-Apotheke.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 2072. Anders als im Streitfall veräußerte die dortige Steuerpflichtige nicht nur die Einrichtung, sondern gerade auch den Firmenwert und den Firmennamen und damit letztlich “die Apotheke”, wenn auch ohne Veräußerung der zugehörigen Räumlichkeiten.

Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass die Einkommensteuererklärung 1998 eine Aufgabeerklärung zum Zeitpunkt des Erklärungseingangs beim FA im September 2000 darstellt.

Nach ständiger Rechtsprechung muss die Erklärung der Aufgabe eines im Ganzen verpachteten Betriebs wegen ihrer erheblichen Bedeutung klar und eindeutig sein, d.h. sie muss unmissverständlich erkennen lassen, dass sich der Steuerpflichtige für eine Betriebsaufgabe entschieden hat . Anders als die Klägerin offenbar meint, liegt eine ausdrückliche Aufgabeerklärung deshalb nicht ausschließlich dann vor, wenn

Als Gestaltungserklärung kann die Erklärung der Betriebsaufgabe indes nicht mit rückwirkender Kraft abgegeben werden. Bezieht sich die Aufgabeerklärung auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, teilt der Steuerpflichtige dem FA mit, er habe seinen Betrieb zu einem früheren Zeitpunkt als dem, in dem seine Mitteilung dem FA zugeht, aufgegeben. Hierbei handelt es sich –jedenfalls primär– um die Äußerung einer Rechtsansicht. Dies gilt nicht nur, wenn der Steuerpflichtige auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit verweist, zu dem seiner Ansicht nach eine zwangsweise Betriebsaufgabe stattgefunden hat, sondern auch wenn er übersieht, dass er die steuerrechtliche Gestaltungserklärung “Erklärung der Betriebsaufgabe” nicht mit rückwirkender Kraft abgeben kann. Es ist in so einem Fall im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob sich der Steuerpflichtige auf die Äußerung einer Rechtsansicht beschränken wollte oder tatsächlich den Willen hatte, hilfsweise die Aufgabe für den Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung abzugeben.

Die von der Klägerin abgegebene Erklärung ist auslegungsbedürftig. Eine auf den Veranlagungszeitraum 1998 zurückwirkende Aufgabe der bislang verpachteten Apotheken konnte sie bei Abgabe ihrer Einkommensteuerklärung 1998 im September 2000 nicht mehr erklären. Sie hat aber auch nicht ausdrücklich geäußert, dass die Aufgabe der Apotheken unabhängig von der Einbettung in die Einkommensteuererklärung 1998 in jedem Fall, also auch mit Wirkung für September 2000, erklärt werden sollte.

Im Streitfall entspricht die Auslegung des FG nicht den anerkannten Auslegungsgrundsätzen und entfaltet für den Senat deshalb ausnahmsweise keine Bindungswirkung i.S. des § 118 Abs. 2 FGO.

Das FG hat maßgeblich darauf abgestellt, aus dem von der Klägerin Erklärten, ihrem Gesamtverhalten und allen Nebenumständen sei aus Sicht des FA hervorgegangen, dass es ihr um die endgültige Entnahme der X-Apotheke sowie der Y-Apotheke und nicht lediglich um einen Hinweis des Inhalts gegangen sei, es sei bereits in der Vergangenheit bei den Rechtsvorgängern zu einer zwangsweisen Betriebsaufgabe gekommen.

Diese Würdigung wäre zwar zutreffend, wenn man die Betriebsaufgabe auf einen Zeitpunkt im Veranlagungszeitraum 1998 beziehen würde. Insbesondere hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Erklärung der Entnahme klar und eindeutig auf die Aufgabe der beiden verpachteten Apotheken gerichtet war.

Entgegen der Ansicht des FG kann aus der Einkommensteuererklärung 1998 aber nicht (auch) auf eine Betriebsaufgabeerklärung auf den 22. September 2000, dem Zeitpunkt des Zugangs der Steuererklärung beim FA, geschlossen werden.

Das FG ist zunächst in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, angesichts der Einkleidung in die Einkommensteuererklärung 1998 und der Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für das gesamte Jahr 1998 habe die Aufgabeerklärung auf den Beginn des Jahres 1998 abgezielt. Es war jedoch weiter der Ansicht, die Angaben in der Steuererklärung 1998 hätten aus Sicht des FA erkennen lassen, dass die beiden verpachteten Apotheken auf jeden Fall entwidmet sein sollten. Das FA habe keinen Anhaltspunkt für eine Auslegung in der Weise gehabt, dass bei nicht eintretender Rückwirkung keine Entwidmung habe stattfinden sollen.

Diese Würdigung hält einer Nachprüfung nicht stand. Wie das FG selbst ausführt, zielte die Erklärung der Klägerin ersichtlich auf einen Zeitpunkt im Jahr 1998 ab. Dies war aber im September 2000 nicht mehr möglich. Gerade deshalb kann nicht geschlossen werden, die Aufgabe der gewerblichen Unternehmen “Verpachtung der X-Apotheke” und “Verpachtung der Y-Apotheke” solle dem erklärten Willen entgegen auf jeden Fall, ggf. also zum 22. September 2000 erfolgen. Dies ergibt sich –entgegen der Auffassung des FG– gerade nicht aus dem Fehlen von Anhaltspunkten dahingehend, dass bei nicht eintretender Rückwirkung keine Entwidmung habe stattfinden sollen. Das FG hätte vielmehr positive Umstände feststellen müssen, aus denen auf einen hilfsweise fortbestehenden Willen der Klägerin zur Realisierung der stillen Reserven auch noch im September 2000 geschlossen werden könnte. Zudem hat das FG bei seiner Auslegung nicht bedacht, dass zum Jahresende 1998 die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen i.S. des § 16 EStG mit einem ermäßigten (halben) Steuersatz entfiel und die Fünftel-Regelung ab dem Folgejahr eingeführt wurde. Diese einschneidende Rechtsänderung war ein gewichtiger Umstand, den das FG zur Erforschung des wirklichen Willens der Klägerin hätte heranziehen müssen. Da es dies nicht getan hat, hat es anerkannte Auslegungsgrundsätze verletzt.

Zwar gehört die Auslegung einer Aufgabeerklärung zu den vom FG zu treffenden tatsächlichen Feststellungen, so dass der BFH als Revisionsgericht die Auslegung grundsätzlich nicht selbst vornehmen darf. Sind –wie im Streitfall– die anerkannten Auslegungsregeln aber verletzt, so kann das Revisionsgericht, soweit weitere tatsächliche Feststellungen nicht mehr erforderlich sind, Erklärungen selbst auslegen.

Im Streitfall war der Wille der Klägerin aus den unter c) genannten Gründen nicht auf eine Erklärung der Betriebsaufgabe der X-Apotheke und der Y-Apotheke (auch) im Zeitpunkt des Eingangs ihrer Einkommensteuererklärung 1998 beim FA am 22. September 2000 gerichtet.