Vorsteuerabzug bei Totalverlust der Rechnungen

Den Nachweis darüber, dass ein anderer Unternehmer Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der Unternehmer mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen.

Einem Beweisantrag auf Vernehmung von Zeugen muss das FG nur dann nachkommen, wenn dieser hinreichend substantiiert ist. Dies setzt voraus, dass er sich auf das Vorliegen von Originalrechnungen für konkret bezeichnete Eingangsleistungen bezieht.

BFH Urteil vom 23.10.2014, V R 23/13

Sachverhalt:

Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren (1998 bis 2001) geltend gemachten Vorsteuerbeträge nach dem Totalverlust der Buchführungsunterlagen zu Recht um 40 % gekürzt hat.

Unter Berücksichtigung der Betriebsprüfungen der Vorjahre und der allgemeinen Lebenserfahrung ging der Prüfer davon aus, dass zumindest ein Teil der Originalrechnungen zum Zeitpunkt der Buchungen und der Geltendmachung des jeweiligen Vorsteuerabzugs vorgelegen hätten. In den beiden vorherigen Betriebsprüfungen sei der Vorsteuerabzug aus den verschiedensten Gründen und im Einzelfall bis zu 25 % des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nicht anerkannt worden. Da diese Prüfungen immer nur auszugsweise und punktuell erfolgt seien und bei genauerer und umfassender Prüfung vielleicht noch weitere Beträge nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen worden wären, sei die Nichtanerkennung von 40 % des jährlich geltend gemachten Vorsteuerabzugs angemessen.

Begründung:

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge hat. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Das entstandene Recht auf Vorsteuerabzug kann erst dann ausgeübt werden, wenn der Steuerpflichtige im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist.

Deshalb musste eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung zwar nicht sämtliche der in § 14 Abs. 1 UStG aufgeführten Merkmale aufweisen. Erforderlich waren jedoch Angaben tatsächlicher Art in der Rechnung, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, der Rechnungsaussteller habe Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Leistungs-empfänger erbracht, für die die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt wurde. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung musste dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Ermittlung dieser Voraussetzungen erforderlich war, richtete sich nach den Umständen des Einzelfalles

Es ist daher regelmäßig Sache des Leistungsempfängers darzulegen und nachzuweisen, dass der Vorsteueranspruch entstanden ist, er also Leistungen von einem Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat. Weiterhin hat der Unternehmer darzulegen und nachzuweisen, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung in Besitz hatte. § 15 Abs. 1 UStG erfordert dagegen nicht, dass das Abrechnungspapier auch noch in einem späteren Zeitpunkt vorhanden ist..