Keine AfaA auf den Grund und Boden bei schlechter Vermietbarkeit eines Gebäudes

Zu erwartende Nutzungsvorteile einer Immobilie sind keine Vermögensgegenstände.

Die schlechte Vermietbarkeit von Absetzungen für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzungen (AfaA) auf den Grund und Boden.

.BFH Urteil vom 10.05.2016 – IX R 33/14 BFH/NV 2016, 1446

Begründung:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Schluss des FG, der zur Vorfinanzierung von Mieten geleistete Betrag in Höhe von 42.000 EUR führe nicht zu Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern zu Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB), ist nicht von ausreichenden Feststellungen getragen (dazu unter 1.). Demgegenüber ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass eine Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten AfaA auf den Grund und Boden im Streitfall nicht in Betracht kommt.

Nach den vom FG im Tatbestand des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der nach den Bestimmungen in § 4 des notariell beurkundeten Vertrages vom 16. Oktober 2009 zur Vorfinanzierung von Mieten geleistete Betrag in Höhe von 42.000 EUR zu Sonderwerbungskosten des Klägers bei den gesondert festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder zu Anschaffungskosten auf den erworbenen Grundstücksanteil führt.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden Werbungskosten grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Was demgegenüber zu den Anschaffungskosten einer Immobilie rechnet, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können (§ 255 Abs. 1 Satz 1 HGB). Zu den so definierten Anschaffungskosten gehören auch nachträgliche Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Im Streitfall ist das FG davon ausgegangen, dass die vom Kläger erbrachte Leistung dem lastenfreien Erwerb des Grundstücks gedient habe und deshalb den Anschaffungskosten zuzurechnen sei. Denn die an die Verkäuferin der Grundstücksanteile gerichtete Zahlung sei –unter anderem– Voraussetzung dafür gewesen, dass die H-Bank die Löschungsbewilligung für eine zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld abgab. Überdies habe der Kläger mit der Vorfinanzierung der Mieten eine Schuld der K-GmbH erfüllt, die jene als Grundstückseigentümerin gegenüber der finanzierenden H-Bank gehabt habe. Vor diesem Hintergrund sei die Zahlung des Klägers durch die Erfüllung einer fremden Schuld und die Erlangung des lastenfreien Eigentums –und nicht durch den bloßen Erwerb einer Mietforderung– veranlasst gewesen.

Dieser Schluss des FG berücksichtigt nicht, dass neben den oben geschilderten –unzweifelhaft vorhandenen– Veranlassungszusammenhängen ein weiterer Veranlassungszusammenhang tritt: Denn der Kläger hat den maßgeblichen Betrag zur Vorfinanzierung der im Innenverhältnis von der K-GmbH geschuldeten (abgetretenen) Mietzahlungen auch deshalb geleistet, um für das Objekt eine (durch erstrangige Grundbuchstelle gesicherte) Nachfolgefinanzierung bei einem anderen Kreditinstitut zu erlangen und damit mittelbar sichergestellt, dass das maßgebliche Immobilienobjekt weiterhin der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen konnte. Da das FG diesen Umstand nicht weiter geprüft hat, ist das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.

Das FG wird im 2. Rechtszug zu prüfen haben, ob die Veranlassung der maßgeblichen Zahlungen durch die Anschlussfinanzierung geeignet ist, die (gleichzeitig vorhandene) Veranlassung durch den lastenfreien Erwerb des Grundstücks in steuerrechtlich erheblicher Weise zu überlagern und damit zu dem Schluss führt, dass der geleistete Betrag in Höhe von 42.000 EUR –als Finanzierungskosten– zum Werbungskostenabzug zuzulassen ist.

Eine Zuordnung der Zahlung zu einem anderen Vermögensgegenstand (wie etwa einem gesonderten immateriellen Wirtschaftsgut “Anspruch auf Mietzinszahlung”) ist im Streitfall nicht möglich. Zwar ist der Begriff des Wirtschaftsguts weit zu fassen; zu erwartende Nutzungsvorteile einer Immobilie sind indes keine Vermögensgegenstände. Soweit das FG aufgrund der im Streitfall zu beurteilenden Vertragsgestaltung zu dem Schluss gelangt ist, dass der Kläger die Zahlung nicht auf ein eigenständiges Wirtschaftsgut, insbesondere auch nicht auf ein “Vermietungsrecht” gezahlt habe, begegnet dies nach dem Maßstab revisionsrechtlicher Überprüfung keinen rechtlichen Bedenken.

Zutreffend hat das FG eine Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten AfaA auf den Grund und Boden abgelehnt. Zwar gehören zu den Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG auch AfaA. Diese setzen entweder eine Substanzeinbuße eines bestehenden Wirtschaftsgutes (technische Abnutzung) oder eine Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit (wirtschaftliche Abnutzung) voraus. Die außergewöhnliche “Abnutzung” geschieht durch Einwirken auf das Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung.

Nach diesen Grundsätzen kann eine AfaA etwa dann zu berücksichtigen sein, wenn bei Beendigung eines Mietverhältnisses erkennbar wird, dass ein abnutzbares Gebäude wegen einer auf den bisherigen Mieter ausgerichteten Gestaltung nicht oder nur eingeschränkt an Dritte vermietbar). Bei einem nicht abnutzbaren Wirtschaftsgut wie dem Grund und Boden kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einer möglichen Wertminderung nicht durch eine AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG Rechnung getragen werden.

Der Senat kann offenlassen, ob bei einem nicht abnutzbaren eine AfaA — – bei irreparablen Umweltschäden oder bei einer dauerhaften Minderung der Bodenqualität in Betracht kommen könnte denn der Kläger hat keine derartigen außergewöhnlichen Umstände vorgetragen. Die bloße schlechtere Vermietbarkeit des aufstehenden Gebäudes rechtfertigt in keinem Zusammenhang die Vornahme von AfaA auf den Grund und Boden.