Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Mietereinbauten

Ein Mieter, der an einem gemieteten Gebäude auf eigene Kosten Ausbauten, Umbauten oder Einbauten (hier: Photovoltaikanlage) vornimmt und für Zwecke seines Unternehmens nutzt, verschafft die Verfügungsmacht hieran dem Vermieter jedenfalls dann, wenn er ihm nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar vom Vermieter tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet.
BFH Urteil vom 16.11.2016 – V R 35/16
Begründung:
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt seit 2010 mehrere Photovoltaikanlagen. Seine Umsätze versteuert er nach vereinnahmten Entgelten. Im Streitjahr (2011) erwarb er eine weitere Anlage. Die Anlage wurde auf einer im Eigentum einer GbR stehenden Reithalle errichtet; Gesellschafter der GbR waren je zur Hälfte der Kläger und seine Schwester. Die Reithalle wurde neben zwei weiteren Hallen von der GbR ab 15. Oktober 2010 zum Zwecke der Pferdehaltung und zur Erteilung von Reitunterricht für monatlich 250 EUR an einen Dritten vermietet. Dabei vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Mängel der Hallendächer nicht zur Kürzung des Mietzinses berechtigten.
Begründung:
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Kläger mit der Dachsanierung keine Leistung an die GbR erbracht hat. Der Senat kann aber aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht erkennen, ob die Leistung entgeltlich erfolgt ist.
Ein Mieter, der Ausbauten, Umbauten und Einbauten auf eigene Kosten vornimmt oder auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude errichtet, führt ebenso wie der Unternehmer, der auf einem ihm nicht gehörenden Grundstück ein Gebäude errichtet und das Gebäude dem Grundstückseigentümer übergibt, grundsätzlich eine Werklieferung gemäß § 3 Abs. 4 UStG aus
Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger mit der Sanierung des Daches der für ihn fremden Reithalle eine Werklieferung i.S. von § 3 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an die GbR erbracht. Zwar besteht kein allgemeiner Rechtssatz, dass ein Mieter, der auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude auf eigene Rechnung errichtet und für Zwecke seines Unternehmens nutzt, die Verfügungsmacht an dem Gebäude weiter überträgt. Maßgeblich ist vielmehr eine Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls.
Vorliegend hat der Kläger der GbR aber nicht nur das Eigentum an den durch die Dachsanierung erstellten Dachteilen verschafft (§ 946 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–), was allein auch noch nicht zu einer Lieferung führen muss, weil der zivilrechtliche Eigentumsübergang nicht zwingend die von § 3 Abs. 1 UStG und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie –MwStSystRL–) vorausgesetzte Verschaffung eigentümerähnlicher Verfügungsmacht bewirkt . Vielmehr hat der Kläger darüber hinaus –was das FG nicht hinreichend berücksichtigt hat– der GbR unmittelbar einen von dieser auch tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zugewandt. Denn neben dem Kläger, der das Dach zum Betrieb der Photovoltaikanlage benötigt, nutzt auch die GbR das Dach im Rahmen der Vermietung der Reithalle. Ob sie ihrerseits ihrem Mieter gegenüber zu den Sanierungsmaßnahmen verpflichtet war, spielt insoweit keine Rolle.
Der Senat kann aber nicht entscheiden, ob die Werklieferung entgeltlich ausgeführt wurde.
Der DNV sieht unmittelbar kein von der GbR für die Dachsanierung zu zahlendes Entgelt vor. Es ist auch weder vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich, dass die GbR tatsächlich ein Entgelt gezahlt hat.
Da aber das im DNV vereinbarte, vom Kläger für die Nutzung des Daches zu zahlende Entgelt von 1 EUR jährlich einen eher symbolischen Charakter hat, kommt ein tauschähnlicher Umsatz (§ 3 Abs. 12 UStG) in Betracht, der auch auf gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung beruhen kann. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt für einen Leistungsaustausch einen unmittelbaren, nicht aber einen inneren (synallagmatischen) Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt voraus; das gilt auch für Tausch und tauschähnliche Umsätze Das FG wird deshalb feststellen müssen, ob die GbR dem Kläger die Nutzung des Daches (nahezu) kostenlos überlassen hat und ob diese Überlassung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Dachsanierung steht.