Nachträgliche Anschaffungskosten bei Auflösung einer Kapitalgesellschaft

Ergibt sich die buchmäßige Überschuldung der Betriebskapitalgesellschaft vor allem aus der Aufspaltung des Betriebs in zwei rechtlich selbständige Unternehmen, so ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Krise des Betriebsunternehmens verneint wird, solange das Besitzunternehmen noch kreditwürdig ist und seinen Kredit vereinbarungsgemäß und nach Bedarf dem Betriebsunternehmen zur Verfügung stellt.

BFH Urteil vom 11.10.2017 – IX R 51/15

Sachverhalt:

Streitig ist die Höhe des Verlusts aus der Auflösung einer GmbH. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute im Streitjahr zusammenveranlagt.

Im Dezember 1988 gründete der Kläger als Alleingesellschafter die A-GmbH (im Folgenden: GmbH). Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Die GmbH betrieb die Herstellung und den Handel mit X. Das Anlagevermögen pachtete sie von dem Kläger als Einzelunternehmer in Firma… (im Folgenden: Einzelunternehmen). Das Einzelunternehmen gewährte der GmbH zudem Darlehen. In der Bilanz der GmbH zum 31. Dezember 1998 sind unter der Bezeichnung “Verrechnung Fa….” kurzfristige Verbindlichkeiten von 471.057,10 DM ausgewiesen.
Mit Vertrag vom 9. November 1998 veräußerte der Kläger als Einzelunternehmer das (vormals an die GmbH verpachtete) Anlagevermögen zum Preis von 700.000 DM an einen Dritten und erzielte daraus einen Veräußerungsgewinn von 306.180 DM. Die Forderung gegen die GmbH überführte er in sein Privatvermögen. Die GmbH veräußerte mit Vertrag vom selben Tag ihr gesamtes Umlaufvermögen (zum 31. Dezember 1998) an denselben Erwerber und stellte den Betrieb (Herstellung und Handel mit X) mit Ablauf des 31. Dezember 1998 ein. 1999 änderte sie die Firma und den Gegenstand des Unternehmens. Der Kläger gewährte der GmbH auch im Folgenden weitere Kredite in laufender Rechnung.

Am 30. November 2000 erklärte der Kläger gegenüber der GmbH den Rangrücktritt mit seinen Forderungen in Höhe von 483.930,54 DM (= 247.429,76 EUR) und erneuerte diese Erklärung entsprechend noch einmal nach dem 31. Dezember 2008.
Am 18. November 2009 beschloss der Kläger die Auflösung der GmbH. Sie wurde am 12. Januar 2011 im Handelsregister gelöscht. In ihrer Liquidationseröffnungsbilanz wies die GmbH auf der Aktivseite lediglich Vermögen im Wert von unter 2.000 EUR aus. Dem standen Verbindlichkeiten von 422.345,83 EUR gegenüber, davon gegenüber dem Kläger 395.876,23 EUR.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger einen Verlust aus der Auflösung der GmbH von 400.500,79 EUR geltend (Stammkapital 25.564,59 EUR./. Darlehen 426.065,38 EUR), den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–), zunächst mangels Nachweises unberücksichtigt ließ (Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 7. September 2011 unter Vorbehalt der Nachprüfung). Im Einspruchsverfahren änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2009 und berücksichtigte nun die nach dem 30. November 2000 vom Kläger hingegebenen Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung. Den darüber hinaus geltend gemachten Darlehensausfall berücksichtigte das FA nicht und wies den Einspruch zurück.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, der Auflösungsverlust sei 2009 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nicht mehr mit Rückzahlungen von der GmbH rechnen können. Ein Finanzplandarlehen sei nicht gewährt worden. Das Darlehen sei von beiden Seiten kündbar gewesen. Deswegen liege auch kein krisenbestimmtes Darlehen vor. Vor dem 1. Januar 2000 habe sich die GmbH auch nicht in der Krise befunden. Davon sei der Senat aufgrund der Gesamtwürdigung der Umstände überzeugt. Der vorübergehende Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur ein Indiz für die Krise. Im Streitfall sprächen andere gewichtige Indizien gegen die Krise, wobei in Fällen der Betriebsaufspaltung für die Frage der Krise eine Gesamtbeurteilung von Besitz- und Betriebsunternehmen vorzunehmen sei. So habe die GmbH bis zur Aufgabe des Betriebs (Herstellung und Handel mit X) Ende 1998 jedes Jahr hohe Erlöse und in allen Jahren mit Ausnahme des Jahrs 1995 ein positives Gesamtergebnis erzielt. Daraus ergebe sich eine positive Fortführungsprognose. Ansonsten hätte ein Dritter das Geschäft nicht für 700.000 DM erworben. Bei den vor dem 1. Januar 2000 gewährten Darlehen handele es sich deshalb um Darlehen, die beim Eintritt der Krise mit dem gemeinen Wert zu bewerten seien, den das FA zutreffend mit 0 EUR angenommen habe. Die nachträglich geltend gemachten weiteren Aufwendungen seien nicht nachgewiesen. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Kläger sie übernommen habe.
Mit der Revision erheben die Kläger die Sachrüge (Verletzung von § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes –EStG–).
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben, den Verlust aus Gewerbebetrieb um 167.979 EUR höher anzusetzen und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung entsprechend zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Der Senat geht davon aus, dass im Revisionsverfahren nur noch streitig ist, ob die vor dem 30. November 2000 gewährten Darlehen eigenkapitalersetzend waren.

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn oder Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 % beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG). Der Gewinn oder Verlust ist stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Ein Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist entstanden, wenn der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens einerseits (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG) und die Liquidations- und Anschaffungskosten des Gesellschafters andererseits (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) feststehen.
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass dem Kläger aus der Auflösung der GmbH ein nach § 17 EStG steuerbarer Verlust entstanden ist, der im Jahr 2009 berücksichtigt wird.

Auflösungsgewinn i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten sowie seine Anschaffungskosten übersteigt. Auflösungsverlust ist der Betrag, um den die vom Gesellschafter getragenen Anschaffungs- und Auflösungskosten den gemeinen Wert des dem Gesellschafter zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens übersteigen.

Zwar ist mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl I 2008, 2026) die gesetzliche Grundlage für die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen entfallen. Der Senat hat insofern neue Grundsätze formuliert. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wendet der Senat jedoch die bislang geltenden Grundsätze weiter an, wenn der Gesellschafter (nach seinem Vortrag) eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27. September 2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters (nach seinem Vortrag) bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören nach den unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts entwickelten Grundsätzen u.a. auch Aufwendungen des Gesellschafters, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind.
Zu in diesem Sinne funktionellem Eigenkapital werden Finanzierungshilfen oder Finanzierungsmaßnahmen, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise der Gesellschaft ein Darlehen gewährt und dieses eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Davon ist auszugehen, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens entweder insolvenzreif ist oder, sofern Insolvenzreife noch nicht eingetreten ist, wenn die Rückzahlung des Darlehens angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in einem Maße gefährdet erscheint, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko der Kreditgewährung nicht mehr eingegangen wäre, d.h., wenn die Gesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem Dritten einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen nicht mehr erhalten hätte. Fällt der Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft mit einem in der Krise gewährten Darlehen aus, führt das zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung in Höhe des Nennwerts des Darleh

Ob und zu welchem Zeitpunkt die Krise eingetreten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist im Wesentlichen Tatfrage. Die revisionsrechtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt darin ein Fehler der Rechtsanwendung, der ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann.
Die Würdigung des FG, wonach sich die GmbH bis zur Aufgabe des Betriebs (Herstellung und Handel mit X) und vor der Rangrücktrittserklärung des Gesellschafters nicht in der Krise befunden habe, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Sie berücksichtigt sämtliche im Streitfall festgestellten Umstände und ist im Ergebnis zumindest möglich. Daran ist der BFH gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Zwar ist nach der Rechtsprechung der Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals insbesondere dann, wenn das Anlagevermögen nicht über erhebliche stille Reserven verfügt, ein Indiz dafür, dass die Gesellschaft nicht mehr kreditwürdig ist. Damit ist die Annahme der Krise jedoch nicht zwingend vorgegeben. Insbesondere ist diese Rechtsprechung nicht zu Fällen einer Betriebsaufspaltung ergangen, die typischerweise dadurch gekennzeichnet sind, dass das Betriebsunternehmen infolge der Aufspaltung nicht über das notwendige Anlagevermögen verfügt und deshalb von vornherein mangels Sicherheiten nur eingeschränkt kreditwürdig wäre. Im Übrigen kann jedes Indiz im Einzelfall durch andere Umstände entkräftet werden.

Insofern hat das FG zu Recht berücksichtigt, dass der Verlust des Stammkapitals nur vorübergehend war. Außerdem hat das FG die gleichbleibend hohen Umsatzerlöse der GmbH und die stets (bis auf eine Ausnahme) positiven Jahresergebnisse dahin gewürdigt, dass jedenfalls eine positive Fortführungsprognose bestand. Dabei hat es auch die tatsächliche Entwicklung berücksichtigt, und dass der Kläger das Unternehmen, bestehend aus Besitz- und Betriebsunternehmen, im Jahr 1998 mit Gewinn veräußern konnte.
Die darin zum Ausdruck kommende und vom FG auch ausdrücklich bejahte Einheitsbetrachtung von Besitz- und Betriebsunternehmen begegnet, entgegen der Ansicht der Kläger, ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Ergibt sich die buchmäßige Überschuldung der Betriebskapitalgesellschaft vor allem aus der Aufspaltung des Betriebs in zwei rechtlich selbständige Unternehmen, so ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Krise des Betriebsunternehmens verneint wird, solange das Besitzunternehmen noch kreditwürdig ist und seinen Kredit vereinbarungsgemäß und nach Bedarf dem Betriebsunternehmen zur Verfügung stellt. So liegt nach den tatsächlichen Feststellungen des FG der Streitfall. Ohne das zum Betrieb (Herstellung und Handel mit X) erforderliche Anlagevermögen, das dem Besitzunternehmen zugeordnet war, verfügte die GmbH von Anfang an über keine eigenen Sicherheiten und war nach dem Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals –für sich betrachtet– kaum noch kreditwürdig. Hingegen konnte das Einzelunternehmen den zum Betrieb der GmbH erforderlichen Kreditbedarf bis zum Schluss gewährleisten und hat dies auch getan. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG eine Krise der GmbH trotz buchmäßiger Überschuldung verneint hat.

Veranlassung der Kosten durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei einer Dauertestamentsvollstreckung

Kosten für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung können bei den aus der Verwaltung des Nachlasses erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.
Werden aus der Verwaltung des Nachlasses noch andere Einkünfte erzielt, kommt eine Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers nach dem Nachlasswert bemisst.

Für die Aufteilung der einheitlichen Kosten der Testamentsvollstreckung auf verschiedene Einkunftsarten kommt es auf die Zusammensetzung des Nachlasses im jeweiligen Veranlagungszeitraum an.

BFH Urteil vom 11.10.2017 – IX R 51/15 (NV)

Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin ihrer im Juni 2002 verstorbenen Mutter. Im Nachlass befanden sich zwei vermietete Mehrfamilienhäuser und umfangreiches Kapitalvermögen. Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung für die Dauer von 20 Jahren angeordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker als Vergütung für jedes Jahr 1,5 % vom Bruttonachlass erhalten solle. Der Nachlass hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Bruttowert von über 5 Mio. EUR. Davon entfielen 19,33 % auf den Grundbesitz und 80,67 % auf das Kapitalvermögen. Der Testamentsvollstrecker berechnete der Klägerin von Anfang an monatlich 5.000 EUR zuzügl. Umsatzsteuer und bestimmte selbst den Zeitpunkt der Fälligkeit. Dadurch kam es zu unterschiedlich hohen jährlichen Belastungen.
Die Klägerin und ihr Ehemann, der Kläger und Revisionskläger (Kläger), machten die Vergütung des Testamentsvollstreckers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend und teilten sie zunächst (bis 2008) nach dem Verhältnis der Nachlasswerte im Zeitpunkt des Erbfalls auf. So verfuhren sie auch im Streitjahr 2009. In ihren Einkommensteuererklärungen für 2010 und 2011 machten die Kläger 90 % der Aufwendungen für die Testamentsvollstreckung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend (jeweils 45 % bei den beiden Objekten).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) veranlagte die Kläger im Streitjahr 2009 erklärungsgemäß. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und begehrten die Berücksichtigung von 90 % der Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. 90 % der vom Testamentsvollstrecker aufgewandten Zeit entfielen auf die Verwaltung der Mehrfamilienhäuser. In den Streitjahren 2010 und 2011 wich das FA von der Erklärung insofern ab, als es die Gebühren für die Testamentsvollstreckung nach dem ursprünglichen Schlüssel verteilte und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung lediglich 19,33 % berücksichtigte. Dagegen legten die Kläger Einsprüche ein.

Mit Teileinspruchsentscheidung vom 14. Juli 2014 wies das FA alle drei Einsprüche als unbegründet zurück vorbehaltlich der Verfassungsmäßigkeit von § 20 Abs. 9 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Vergütung für die Testamentsvollstreckung führe zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. Sie sei deshalb aufzuteilen. Der Höhe nach richte sie sich nach dem Wert des Bruttonachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Maßgeblich seien deshalb die damaligen Wertverhältnisse. Weder komme es auf den Zeitaufwand noch auf die Entwicklung der Nachlasswerte an.
Das Finanzgericht (FG) hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Aufwendungen, die mit mehreren Einkunftsarten in Zusammenhang stünden, seien “nach der Veranlassung der Aufwendungen” zuzuordnen. Bei Anwendung dieses Grundsatzes entfielen 19,33 % der Vergütung für die Testamentsvollstreckung auf die Vermietungseinkünfte, denn die Vergütung des Testamentsvollstreckers richte sich allein nach dem Wert des Nachlasses und den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls.
Mit der Revision erheben die Kläger die Sachrüge.

Sie beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Abänderung der angefochtenen Bescheide auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn jeweils 90 % der Gesamtvergütung für den Testamentsvollstrecker bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung zu Unrecht nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls aufgeteilt und eine davon abweichende Aufteilung abgelehnt.
Ohne Rechtsfehler ist das FG davon ausgegangen, dass die Vergütung für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung (§ 2209 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei den aus dem Nachlass erzielten steuerbaren Einkünften führen kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehören Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erbfall und dem Übergang des Vermögens des Erblassers auf den Erben stehen, grundsätzlich zum steuerlich unbeachtlichen privaten Vermögensbereich. Bei den Kosten der Testamentsvollstreckung kommt es auf die Art und den Zweck der Tätigkeit an, die der Testamentsvollstrecker im Einzelfall ausführt. Aufwendungen für eine auf Auseinandersetzung angelegte Testamentsvollstreckung führen grundsätzlich nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Dagegen stehen die Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung mit den aus dem Nachlass zu erzielenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang und können je nach Einkunftsart entweder als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

Im Streitfall war Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers bestand im Hinblick auf die hier allein streitigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (vgl. § 2216 Abs. 1 BGB). Der Testamentsvollstrecker hatte insofern ähnliche Aufgaben wie ein Hausverwalter. Die dafür anfallenden Kosten führen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu Werbungskosten. Soweit dem Hausverwalter auch die Erhaltung der Substanz obliegt, dient dies vor allem der im Vordergrund stehenden Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Eine Aufteilung findet insofern nicht statt.

Entsprechendes gilt für die Veranlassung der Vergütung durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Auch insofern führen die Gebühren für eine Dauertestamentsvollstreckung zu Werbungskosten, die allerdings seit 2009 nicht mehr abgezogen werden dürfen (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG). Davon ist das FG ebenfalls zu Recht ausgegangen.
Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG). Maßgeblich ist insoweit der Veranlassungszusammenhang. Sind Aufwendungen durch mehrere Einkunftsarten veranlasst, sind sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Veranlassung auf die Einkunftsarten aufzuteilen. Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, sind sie der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung in erster Linie veranlasst durch die Höhe des Verwaltungsvermögens, denn danach richtet sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers. Ohne Erfolg begehrt die Revision dagegen eine Aufteilung nach dem Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Vergütung nach Zeitaufwand der gesetzlichen Regelung entsprechen würde, denn jedenfalls wird der gesetzliche Anspruch im Streitfall durch die testamentarische Anordnung verdrängt, wonach der Verwalter eine Vergütung in Höhe von 1,5 % des Bruttonachlasses verlangen kann. Eine Aufteilung nach der Höhe der Einkünfte ist danach ebenfalls ausgeschlossen. Die Revision hat aber aus anderen Gründen Erfolg.

Nicht zu folgen vermag der Senat dem FG in der Annahme, dass die Aufteilung der einheitlichen Vergütung auf die einzelnen Einkunftsarten vorgegeben sei durch die historische Zusammensetzung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Zwar verstehen die Klägerin und der Testamentsvollstrecker die testamentarische Anordnung übereinstimmend so, dass der Anspruch des Testamentsvollstreckers für alle Jahre der Höhe nach begrenzt ist auf den Wert des gesamten Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls, so dass der Testamentsvollstrecker von einer positiven Entwicklung des Nachlassvermögens nicht profitieren kann. Daraus lässt sich indes nicht ableiten, wie die einheitliche Vergütung auf verschiedene Einkunftsarten aufzuteilen ist.
Der maßgebliche Veranlassungszusammenhang ist nicht statisch zu verstehen. Zu berücksichtigen ist vielmehr die Zusammensetzung des Nachlasses in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum. Insofern prägt auch die tatsächlich vom Testamentsvollstrecker entfaltete Tätigkeit den Veranlassungszusammenhang. Es bedarf keiner Entscheidung, ob stets auf die Zusammensetzung des Nachlasses am Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder auf seine über den Veranlagungszeitraum gewichtete Zusammensetzung abzustellen ist. Dies hängt von den Umständen im Einzelfall ab, insbesondere davon, wie häufig und in welchem Umfang sich die Zusammensetzung des Nachlasses geändert hat. Über die Zusammensetzung des Nachlasses kann die Klägerin dem FA Auskunft erteilen. Für den Fall, dass Sie nicht über die dazu nötigen Informationen verfügt, stehen Ihr gegen den Testamentsvollstrecker entsprechende Informationsansprüche zu. Im Hinblick darauf ist eine Schätzung untunlich. Abzustellen ist auf die Verkehrswerte des im Nachlass befindlichen Vermögens. Soweit diese Werte im Einzelfall nicht sicher genug ermittelt werden können, sind (nur) sie zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung).
Die Gegenansicht widerspricht nicht nur dem Abschnittsprinzip (§ 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1 EStG), sie kann auch zu rechtlich nicht haltbaren Ergebnissen führen. Hätten sich im Zeitpunkt des Erbfalls nur Immobilien im Nachlass befunden, könnte die einheitliche Vergütung nach dieser Ansicht auch dann noch in voller Höhe abgezogen werden, wenn sich später nur noch Kapitalvermögen im Nachlass befindet. Das würde § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG widersprechen. Im umgekehrten Fall wäre der Werbungskostenabzug wegen § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ab 2009 vollständig ausgeschlossen, auch wenn sich im Nachlass nur noch Immobilien befinden. Das widerspräche dem objektiven Nettoprinzip.

Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht spruchreif. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG bisher nicht ermittelt, wie sich der Nachlass in den Streitjahren zusammengesetzt hat. Die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen kann der Senat nicht selbst treffen.

Hauptwohnung am Beschäftigungsort bei „Doppelte Haushaltsführung“

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn die Hauptwohnung, d.h. der “eigene Hausstand” i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, ebenfalls am Beschäftigungsort belegen ist.
Die Hauptwohnung ist i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG am Beschäftigungsort belegen, wenn der Steuerpflichtige von dieser seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Die Entscheidung darüber obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG.

BFH Urteil vom 16.11.2017 – VI R 31/16

Sachverhalt:
Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind seit Oktober 2010 verheiratet und wurden für das Streitjahr (2013) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger war nichtselbständig in A tätig.
Die Kläger und die beiden Kinder der Klägerin wohnten im Streitjahr in B. Ab März 2013 bewohnte der Kläger zudem eine Wohnung in A. Von dieser suchte er unter der Woche seine in der Nähe gelegene Arbeitsstätte auf. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie –vergeblich– Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 15.750 EUR geltend. Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 24. April 2014 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014 als unbegründet zurück.
Die daraufhin erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1423 veröffentlichten Gründen ab. Eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung liege nicht vor. Der Kläger könne von seiner Hauptwohnung seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) fielen damit nicht auseinander. Erst- und berufliche Zweitwohnung seien vielmehr am Beschäftigungsort belegen. In einem solchen Fall komme eine doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 16. Juni 2016 1 K 3229/14 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 24. April 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014 dahin zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen der Kläger um 15.750 EUR gemindert wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht darauf erkannt, dass die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung im Streitjahr nicht vorlagen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG).
Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen demnach auseinanderfallen. Denn nur dann ist der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG beschäftigt. Eine doppelte Haushaltsführung ist deshalb nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen einen Zweithaushalt führt und auch der vorhandene “eigene Hausstand” am Beschäftigungsort belegen ist. Denn dann fallen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander.

Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte.
Es entspricht der langjährigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, den Begriff des Beschäftigungsorts weit auszulegen und darunter insbesondere nicht nur die nämliche politische Gemeinde, in der die Arbeitsstätte (jetzt: erste Tätigkeitsstätte) liegt, zu verstehen. So hatte der Senat darauf erkannt, dass ein Arbeitnehmer auch dann am Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG wohnt, wenn er in der Umgebung der politischen Gemeinde wohnt, in der sich seine Arbeitsstätte befindet, und von dort aus zur Arbeitsstätte fährt. An dieser dem Tatbestand der doppelten Haushaltsführung und dem Veranlassungsprinzip geschuldeten Rechtsprechung hat der Senat grundsätzlich festgehalten. Er hat entschieden, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen, und hat dies bei Wegezeiten von etwa einer Stunde bejaht.

Dementsprechend haben auch die Finanzgerichte, die Finanzverwaltung sowie die Kommentarliteratur eine Wohnung am Beschäftigungsort bejaht, wenn der Arbeitnehmer von dort üblicherweise täglich zu seiner Arbeitsstätte fahren kann.
Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Denn die Antwort darauf kann nur aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls gegeben werden und ist insbesondere von den individuellen Verkehrsverbindungen und Wegezeiten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte abhängig; dabei ist naturgemäß die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein wesentliches, allerdings kein allein entscheidungserhebliches Merkmal.
Denn eine Mindestentfernung zwischen Haupt- und beruflicher Zweitwohnung bestimmt das Einkommensteuergesetz nicht Sie können sich deshalb in Ausnahmefällen sogar in derselben politischen Gemeinde befinden. Nach den nicht angegriffenen und den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) unterhielt der Kläger im Streitjahr zusammen mit der Klägerin und deren beiden Kindern einen eigenen Hausstand in B. Das FG hat weiter festgestellt, dass sich die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers im Streitjahr unter der Anschrift C in A befand und der Kläger diese an 42 Tagen mit dem PKW von B und an 178 Tagen von seiner Wohnung in A mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsuchte.

Die Vorinstanz hat darüber hinaus festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass der einfache Arbeitsweg des Klägers von B zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte in A 36 km betrug. Es hat die Fahrzeit für diese Wegstrecke mit dem PKW einschließlich eines Zeitzuschlags aufgrund von Staulagen zu den Hauptverkehrszeiten “im Bereich von einer Stunde” geschätzt (§ 162 der Abgabenordnung i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat das FG mit durchschnittlich 1:05 bis 1:11 Stunden festgestellt.
Bei dieser Sachlage ist die tatsächliche Würdigung des FG, der Kläger habe seine regelmäßige Arbeitsstätte in A von seiner Wohnung in B aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen können, zumindest möglich und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, unter den Bedingungen einer Großstadt und deren Einzugsbereich seien solche Fahrzeiten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte üblich und ohne weiteres zumutbar. Zutreffend hat es in diesem Zusammenhang neben der reinen Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie der benötigten Fahrzeiten von etwa einer Stunde auch auf das gut ausgebaute Straßennetz und den gut erreichbaren öffentlichen Personennahverkehr im Großraum A abgestellt. Das FG hat daher zu Recht entschieden, dass (auch) die Wohnung des Klägers in B am Beschäftigungsort belegen war.

Die Aufwendungen des Klägers für die Zweitwohnung in A können auch nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden. Die Aufwendungen für eine (Zweit-)Wohnung sind als Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht beruflich veranlasst.
Aus dem Umstand, dass der Kläger die Zweitwohnung in A nach den Feststellungen des FG aus beruflichen Gründen gemietet hat, um seine Arbeitsstelle besser und schneller erreichen zu können, ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Denn die vom Kläger für die Zweitwohnung geltend gemachten Unterkunftskosten dienten jedenfalls auch dem der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzurechnenden Wohnen. Aufwendungen hierfür sind auch nach Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots grundsätzlich als nicht abziehbare und nicht aufteilbare Aufwendungen für die Lebensführung anzusehen.
Dies gilt hinsichtlich von Unterkunftskosten nach der Rechtsprechung des BFH insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen für eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung nicht erfüllt sind.

Schenkungsteuer bei Zahlung eines überhöhten Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person

Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In einem solchen Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter.
BFH Urteil vom 13.09.2017 – II R 54/15

Sachverhalt:
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreiter Geschäftsführer der M-GmbH. Seine Ehefrau (Beigeladene) ist Alleingesellschafterin der M-GmbH.
Der Kläger vermietete an die M-GmbH Maschinen und Geräte und ab November 2009 zusätzlich ein bebautes Grundstück. Die Mietverträge waren jeweils vom Kläger und von der Beigeladenen unterschrieben.
Im Rahmen einer bei der M-GmbH durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, sowohl die Mieten für die Maschinen und Geräte als auch für das Grundstück seien überhöht. Es lägen in der von den Beteiligten übereinstimmend angenommenen Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) der M-GmbH an die Beigeladene vor.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) sah die überhöhten Zahlungen an den Kläger als freigebige Zuwendungen der M-GmbH an und setzte gegen den Kläger Schenkungsteuer fest, und zwar für den Erwerb zum 31. Dezember 2008 mit Bescheid vom 22. Oktober 2012 in Höhe von 85 EUR und für den Erwerb zum 31. Dezember 2010 mit Änderungsbescheid vom 12. November 2012 in Höhe von 9.690 EUR. Die Einsprüche blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, der Tatbestand einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) der M-GmbH an den Kläger sei nicht erfüllt. Es fehle an der Freigebigkeit der Zuwendungen. Die Mietzinszahlungen unterlägen beim Kläger in voller Höhe als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 des Einkommensteuergesetzes der Einkommensteuer. Der einheitliche, vertragliche Rechtsgrund (Miete) lasse sich nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufspalten. Der Vermögensvorteil, den der Kläger aus zu hohen Mietzinszahlungen erhalten habe, sei bei diesem ausschließlich von ertragsteuerrechtlicher Bedeutung und könne daher nicht der Schenkungsteuer unterliegen. Auf die Frage, ob eine vGA der M-GmbH an die Beigeladene vorliege, komme es daher nicht an. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 232 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Zahlung des überhöhten Mietzinses an den Kläger nicht als gemischte freigebige Zuwendung der M-GmbH der Schenkungsteuer unterliegt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit. Erforderlich ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten.

Welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage. Eine Schenkung i.S. der §§ 516 ff. BGB muss jedoch nicht vorliegen.
Schenkungsteuerrechtlich erfasst wird nicht nur die reine, sondern auch eine gemischte freigebige Zuwendung. Sie ist dann gegeben, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt. Über eine teilweise Unentgeltlichkeit und die Frage einer Bereicherung ist dabei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden. Bei einer gemischten Schenkung unterliegt der Schenkungsteuer nur der (unselbständige) freigebige Teil der Zuwendung. Dieser Teil ist die Bereicherung i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG und bestimmt sich nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Bedachten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers.
Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung reicht bei Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es hingegen nicht an.

Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In einem solchen Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter.

Für das Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern hat der BFH bereits entschieden, dass es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen gibt, aber keine freigebigen Zuwendungen. Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter erfolgen nicht freigebig, und zwar unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt vorgenommen werden. Eine freigebige Zuwendung der GmbH an den Gesellschafter liegt ebenfalls nicht vor, wenn der Gesellschafter in Ausübung des ihm zustehenden Entnahmerechts Geld oder andere Gegenstände aus dem Vermögen der GmbH entnimmt.
Offene Gewinnausschüttungen einer GmbH beruhen auf einem handelsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafter. Durch diesen entsteht der konkrete Gewinnauszahlungsanspruch des Gesellschafters den die GmbH mit der Ausschüttung erfüllt. Vor Beschlussfassung steht dem Gesellschafter lediglich ein allgemeines Gewinnbezugsrecht zu. Über den sich hieraus ergebenden künftigen Ausschüttungsanspruch kann der Gesellschafter jedoch bereits verfügen, beispielsweise durch Abtretung oder Verpfändung.
Neben offenen Gewinnausschüttungen sind sog. Vorabausschüttungen auf den erwarteten Jahresgewinn zulässig. Bei diesen handelt es sich um vorweggenommene Gewinnausschüttungen während des Geschäftsjahres oder nach dessen Ende vor Erstellung des Jahresabschlusses. Voraussetzungen sind u.a. ein Gesellschafterbeschluss bzw. eine entsprechende Satzungsregelung, die begründete Erwartung eines Gewinns für das laufende Geschäftsjahr und die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften nach § 30 GmbHG. Eine vGA im gesellschaftsrechtlichen Sinne liegt dagegen vor, wenn eine GmbH ihrem Gesellschafter außerhalb der förmlichen Gewinnverwendung Leistungen aus ihrem Vermögen ohne adäquate Gegenleistung zuwendet.

Neben offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen können dem Gesellschafter aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses oder einer Satzungsregelung auch Entnahmerechte zustehen. Diese können sich auf Geld und andere Gegenstände aus dem Gesellschaftsvermögen beziehen und sind grundsätzlich unabhängig von der Ertragslage der GmbH. Wird das Behalten dürfen des entnommenen Betrags im Einzelfall jedoch von den voraussichtlichen Gewinnen der Gesellschaft abhängig gemacht, so handelt es sich in der Sache um eine Vorabausschüttung. Eine Entnahme kann zugleich eine vGA sein.

Die Zahlung überhöhter Entgelte an die dem Gesellschafter nahestehende Person kann auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, obwohl sie nicht an den Gesellschafter selbst erfolgt, sondern im abgekürzten Zahlungsweg aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der GmbH und der dem Gesellschafter nahestehenden Person dieser zufließt.

Zahlt die GmbH überhöhte vertragliche Entgelte nicht an den Gesellschafter selbst, sondern unter Mitwirkung des Gesellschafters an eine diesem nahestehende Person, liegt in Höhe des nicht angemessenen Teils der Entgelte, wie bei der Zahlung überhöhter Entgelte der GmbH an den Gesellschafter, eine ohne förmlichen Ausschüttungsbeschluss erfolgte Vorabausschüttung an den Gesellschafter oder eine Entnahme des Gesellschafters vor. Sowohl die Vorabausschüttung als auch die Entnahme beruhen auf dem Gesellschaftsverhältnis. Die Mitwirkung des Gesellschafters an dem Vertrag zwischen GmbH und nahestehender Person kann darin bestehen, dass er den Vertrag als Gesellschafter-Geschäftsführer abschließt, als Gesellschafter mit unterzeichnet, dem Geschäftsführer eine Anweisung zum Vertragsabschluss erteilt, in sonstiger Weise auf den Vertragsabschluss hinwirkt oder diesem zustimmt.
Durch die Mitwirkung des Gesellschafters bei dem zwischen GmbH und nahestehender Person abgeschlossenen Vertrag verschafft er der ihm nahestehenden Person einen Vermögensvorteil und verfügt damit abgesehen von widerrechtlichen Handlungen über seinen künftigen Gewinnausschüttungsanspruch oder übt sein aus der Satzung oder einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss folgendes Entnahmerecht gegenüber der GmbH aus. Dadurch mindert sich in Höhe des Ausschüttungsbetrags bzw. in Höhe des Entnahmewerts das künftige Gewinnausschüttungsvolumen der GmbH zu seinen Lasten. Zugleich ermächtigt der Gesellschafter die GmbH, an die nahestehende Person mit befreiender Wirkung zu leisten. Das “Nahestehen” einer Person kann auf familienrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen, schuldrechtlichen oder auch rein tatsächlichen Beziehungen beruhen.

Soweit der BFH eine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH an die dem Gesellschafter nahestehende Person für möglich gehalten hat, wird an dieser Auffassung für Sachverhalte, in denen die überhöhten Entgelte an die nahestehende Person unter Mitwirkung des Gesellschafters und damit auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage geleistet wurden, nicht mehr festgehalten.
Auch in der Literatur wird im Gegensatz zur Finanzverwaltung zum Teil die Meinung vertreten, dass die Zahlung eines überhöhten vertraglichen Entgelts an eine dem Gesellschafter nahestehende Person keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist.

Zahlt die GmbH unter Mitwirkung ihres Gesellschafters überhöhte Entgelte an eine diesem nahestehende Person auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, ist sie mangels freigebiger Zuwendung auch nicht Schenkerin i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn sie leistet die Zahlung, die im abgekürzten Zahlungsweg an die nahestehende Person erfolgt, im Hinblick auf die gesellschaftsvertraglichen Rechte des Gesellschafters.

Unerheblich ist, dass die Zuwendung des Vermögensvorteils auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der GmbH und der dem Gesellschafter nahestehenden Person beruht und damit in diesem Verhältnis auch eine vertragliche Leistungsbeziehung besteht. Denn die Mitwirkung des Gesellschafters ist gerade darauf gerichtet, der nahestehenden Person den Vermögensvorteil im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung zukommen zu lassen. Mit dem Vertragsabschluss und der Zahlung der überhöhten Entgelte an die dem Gesellschafter nahestehende Person kommt die GmbH dem Begehren des Gesellschafters nach und erfüllt dessen Rechte aus dem Gesellschaftsverhältnis auf Vorabausschüttung oder Entnahme. Sie erbringt insoweit neben dem vertraglichen Entgelt an die nahestehende Person zugleich eine Leistung an den Gesellschafter.

Die durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) eingeführte Regelung des § 15 Abs. 4 ErbStG rechtfertigt es nicht, eine GmbH, die überhöhte Entgelte an eine dem Gesellschafter nahestehende Person auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage zahlt, als Schenkerin i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzusehen.
Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 ErbStG ist bei einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Person oder Stiftung zugrunde zu legen, durch die sie veranlasst ist. Durch Einführung dieser Vorschrift sollen Härten ausgeräumt werden, die sich aus der unmittelbaren zivilrechtlichen Betrachtung einer Zuwendung durch eine Kapitalgesellschaft ergeben können. Diese Zielsetzung gebietet es nicht, eine GmbH abweichend von der zivilrechtlichen Betrachtung als Schenkerin anzusehen.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Mietzinszahlungen der M-GmbH an den Kläger in Höhe des unangemessenen Teils keine freigebigen Zuwendungen der M-GmbH an den Kläger sind.

Die M-GmbH handelte unter Mitwirkung der Beigeladenen, die als Alleingesellschafterin der M-GmbH die Mietverträge mitunterschrieben hat. Die Mietzinszahlungen stellen in Höhe des unangemessenen Teils Leistungen der M-GmbH an die Beigeladene dar, die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen. Insoweit liegen Entnahmen der Beigeladenen bzw. Vorabzahlungen auf den künftigen Gewinnausschüttungsanspruch der Beigeladenen vor, wobei die Zahlungen vereinbarungsgemäß nicht an die Beigeladene, sondern an ihren Ehemann, den Kläger, geleistet wurden. Da sowohl eine Vorabausschüttung an die Beigeladene als auch eine Entnahme der Beigeladenen als Gesellschafterin auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, kann letztlich dahinstehen, auf welchem der beiden gesellschaftsrechtlichen Vorgänge im Streitfall die Verschaffung des Vermögensvorteils zugunsten des Klägers beruht.
Da bei einer auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Zahlung überhöhter Entgelte an eine dem Gesellschafter nahestehende Person keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH an die nahestehende Person vorliegt, sieht sich der Senat selbst Schenker i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein kann. Entgegen dem vorgenannten BFH-Urteil kommt abhängig von der Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person in diesem Verhältnis eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht.

Der BFH ging bisher davon aus, dass bei der Zahlung eines überhöhten Entgelts an eine dem Gesellschafter nahestehende Person in Höhe des unangemessenen Teils des Entgelts, der ertragsteuerrechtlich beim Gesellschafter eine vGA darstellt, keine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die nahestehende Person vorliege. In einem solchen Fall fehle es an der für eine freigebige Zuwendung erforderlichen Vermögensverschiebung zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person.
Dem steht jedoch entgegen, dass der Gesellschafter, soweit die GmbH die Leistung an die nahestehende Person auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erbringt, entweder über seinen aus § 29 GmbHG folgenden künftigen Gewinnausschüttungsanspruch verfügt oder eine Entnahme tätigt. Dadurch mindert sich –wie bereits ausgeführt– in Höhe des Ausschüttungsbetrags bzw. in Höhe des Entnahmewerts das künftige Gewinnausschüttungsvolumen der GmbH zu Lasten des Gesellschafters. Darin liegt die Vermögensminderung des Gesellschafters, die spiegelbildlich bei der nahestehenden Person zu einer Vermögensmehrung führt. Ob tatsächlich eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person vorliegt, hängt von der Ausgestaltung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehung ab. Hier sind verschiedene Gestaltungen denkbar (z.B. Schenkungsabrede, Darlehen, Kaufvertrag).

Da im Streitfall eine freigebige Zuwendung der M-GmbH an den Kläger besteuert wurde, ist nicht zu entscheiden, ob eine freigebige Zuwendung der Beigeladenen an den Kläger vorliegt.

Insolvenzbedingter Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG.
Von einem Forderungsausfall ist erst dann auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus.
BFH Urteil vom 24.10.2017 – VIII R 13/15 BFH/NV 2018, 280

Sachverhalt:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2012) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger gewährte einem Dritten mit Vertrag vom 11. August 2010 ab dem 12. August 2010 ein mit 5 % zu verzinsendes Darlehen in Höhe von insgesamt 24.274,34 EUR. Seit dem 1. August 2011 erfolgten die vereinbarten Rückzahlungen nicht mehr. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde am 1. August 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete die noch offene Darlehensforderung in Höhe von 19.338,66 EUR zur Insolvenztabelle an.

Mit der Einkommensteuererklärung für 2012 machte der Kläger den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Mit Bescheid vom 14. November 2013 wurde die Einkommensteuer durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) ohne Berücksichtigung dieses Verlusts festgesetzt.
Der hiergegen erhobene Einspruch und die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieben erfolglos. Das FG stützte sich in seinem Urteil vom 11. März 2015 7 K 3661/14 E darauf, dass Aufwendungen, die das Kapital eines Darlehens betreffen, nicht von § 20 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) erfasst würden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Insbesondere sei unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht nur die Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, sondern auch der Vermögensabfluss im Falle des Totalverlusts der Kapitalforderung zu erfassen. Eine Differenzierung zwischen Veräußerung und Totalverlust verstoße jedenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2014 unter Berücksichtigung weiterer negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 19.338,66 EUR abzuändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es ist der Meinung, der Forderungsausfall sei kein Surrogat für die Veräußerung, es handle sich nicht um eine finale Folge der Kapitalüberlassung, sondern um einen Vermögensschaden.
Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der finanzgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der streitbefangene Forderungsausfall nicht zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 und Abs. 4 EStG führt. Es hat aus seiner Sicht zu Recht keine hinreichenden Feststellungen getroffen, die dem Senat eine abschließende Entscheidung ermöglichen, ob und in welcher Höhe der Verlust im Streitjahr entstanden ist. Die Sache wird daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das FG zurückverwiesen.
Nach Auffassung des Senats führt auch der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG.
Mit der Einführung der Abgeltungsteuer im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) sollte eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. Dafür wurde die traditionelle quellentheoretische Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. Für nach Einführung der Abgeltungsteuer angeschaffte Kapitalanlagen gilt dies auch unabhängig von der Übergangsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG, da die “theoretisch mögliche Unterscheidung zwischen Ertrags- und Vermögensebene […] im Rahmen der Abgeltungsteuer für neu angeschaffte Kapitalanlagen ohnehin wegfällt”.

Nach Auffassung des Senats ist Folge dieses Paradigmenwechsels, dass nach Einführung der Abgeltungsteuer der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Verlust führt. Insoweit ist eine Rückzahlung der Kapitalforderung, die ohne Berücksichtigung der in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gesondert erfassten Zinszahlungen unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine weiteren Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Inwieweit dies auch für einen Forderungsverzicht gilt, kann vorliegend dahinstehen.

Dem engen Veräußerungsbegriff trägt § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG Rechnung, der der Veräußerung verschiedene Ersatztatbestände gleichstellt, um alle Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen. Danach ist u.a. auch die Rückzahlung von privaten Darlehensforderungen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 EStG steuerbar. Aus dieser Gleichstellung folgt, dass die Fälle der Veräußerung und Rückzahlung im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 20 Abs. 4 EStG den gleichen Grundsätzen unterliegen.
Eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ist die entgeltliche Übertragung des Eigentums auf einen Dritten. Zwar fehlt es bei einem Forderungsausfall an dem für eine Veräußerung in diesem Sinne notwendigen Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust i.S. des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann.
Dies folgt auch aus dem Gebot der Folgerichtigkeit; denn führt die Rückzahlung der Kapitalforderung über dem Nennwert zu einem Gewinn i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG, muss auch eine Rückzahlung unter dem Nennwert zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust führen.

Zudem führt auch die Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter ohne Gegenleistung zu einem Veräußerungsverlust, so dass auch insoweit eine Gleichstellung des Ausfalls einer Rückzahlung geboten ist. Wirtschaftlich betrachtet macht es keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert, oder ob er sie –weil er keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft– behält. In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden muss.

Die etwaige Gefahr einer ausufernden Verlustnutzung bei Berücksichtigung von Forderungsausfällen steht derjenigen beim Verkauf einer Darlehensforderung gleich und wird im Übrigen schon durch die nach § 20 Abs. 6 EStG beschränkte Verrechenbarkeit von Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen begrenzt.

Wie die Veräußerung ist die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Danach liegt ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist.

Im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung errechnet sich die Höhe des Rückzahlungsverlusts nach § 20 Abs. 4 EStG als Unterschied zwischen den Einnahmen aus den Rückzahlungen nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Ausfall der Forderung stehen, und den Anschaffungskosten.
Die Entscheidung des FG beruht auf anderen Rechtsgrundsätzen. Sie ist daher aufzuheben.

Das Darlehen des Klägers war auf Rückzahlung angelegt und somit eine Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Fällt diese Kapitalforderung endgültig aus, kann die entsprechende Vermögensminderung nach den oben genannten Grundsätzen einen steuerbaren Verlust i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 und Abs. 4 EStG darstellen.
Die Sache ist nicht spruchreif. Ob die streitbefangenen Rückzahlungen bereits im Streitjahr endgültig ausgeblieben sind und die oben dargelegten Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Verlusts des Klägers erfüllt sind, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des FG, das hierzu von seinem Standpunkt aus keine Feststellungen treffen musste, nicht überprüfen. Das FG wird die notwendigen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 93 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO) kommt auch mit Rücksicht auf den Schriftsatz des Klägers vom 6. November 2017 nicht in Betracht. Dem Senat ist es nach § 118 Abs. 2 FGO versagt, neuen Tatsachenvortrag zum Verlustzeitpunkt zu berücksichtigen. In rechtlicher Hinsicht enthält der Schriftsatz weder über die o.g. Entscheidungsgründe hinausgehende Aspekte noch die Rüge fehlerhaften Verfahrens. Daher ergeben sich für den Senat keine Gesichtspunkte, die eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung rechtfertigen könnten.

Aufwendungen für die Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim kommen als außergewöhnliche Belastung nur in Betracht, soweit dem Steuerpflichtigen zusätzliche Aufwendungen erwachsen.
Dementsprechend sind Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung im Grundsatz um eine Haushaltsersparnis zu kürzen, es sei denn, der Pflegebedürftige behält seinen normalen Haushalt bei.
Die Haushaltsersparnis des Steuerpflichtigen ist entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen zu schätzen.

Sind beide Ehegatten krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehegatten eine Haushaltsersparnis anzusetzen.

BFH Urteil vom 04.10.2017 – VI R 22/16 BFH/NV 2018, 275

Sachverhalt
Streitig ist, ob bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für die Unterbringung von Ehegatten in einem Alten- und Pflegeheim für jeden der beiden Steuerpflichtigen eine Haushaltsersparnis anzusetzen ist.
Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Erben ihrer während des Revisionsverfahrens verstorbenen Mutter. Diese war im Streitjahr (2013) verheiratet und wurde mit ihrem in 2014 verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Eheleute waren seit Mai 2013 in einem Alten- und Pflegeheim in einem Doppelzimmer (Wohnschlafraum mit einem Vorraum, Einbauschrank, Dusche und WC) untergebracht. Der bestehende Haushalt der Eheleute wurde mit Ablauf des 4. Juli 2013 aufgelöst. Die Allgemeinärzte X und Y bescheinigten mit ärztlichem Attest vom… Mai 2014, dass die Mutter der Kläger nach der Krankenhausentlassung und einem Reha-Aufenthalt im Mai 2013 nicht mehr in der Lage sei, sich selbst zu versorgen und einen Haushalt zu führen. Der Vater der Kläger war pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe 2.

Für die Unterbringung in dem Heim, Verpflegung und Pflegeleistungen entstanden den Eheleuten abzüglich der Erstattungsleistungen anderer Stellen Kosten in Höhe von 27.571,75 EUR. Diese minderten sie um eine anteilige Haushaltsersparnis in Höhe von 3.387,50 EUR (8.130 EUR x 5/12). In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eheleute unter Vorlage entsprechender Rechnungen den verbleibenden Betrag in Höhe von 24.185 EUR als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr zunächst lediglich die Kosten der Heimunterbringung des Vaters der Kläger. Im Einspruchsverfahren erkannte das FA auch die Heimunterbringungskosten der Mutter der Kläger nach § 33 EStG an. Es setzte jedoch lediglich einen Betrag in Höhe von 19.668 EUR an. Die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 27.572 EUR seien um eine Haushaltsersparnis für beide Eheleute in Höhe von jeweils 3.952 EUR zu kürzen. Die Haushaltsersparnis ermittelte das FA dabei wie folgt: 8.130 EUR × 5/12 + 8.130 EUR × 25/360 = 3.952,08 EUR.
Die daraufhin erhobene Klage, mit der sich die Eheleute gegen den zweifachen Ansatz einer Haushaltsersparnis wandten, wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1440 veröffentlichten Gründen ab.Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen, das Urteil des FG Nürnberg vom 4. Mai 2016 3 K 915/15 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 24. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juni 2015 unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 dahin abzuändern, dass bei der Ermittlung der Heimunterbringungskosten als außergewöhnliche Belastungen für beide Ehegatten nur einmal eine zeitanteilige Haushaltsersparnis in Höhe von 3.952,08 EUR in Abzug gebracht wird. Das FA beantragt, die Revision unter Berücksichtigung der Grundsätze der BFH-Entscheidung vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 zurückzuweisen.
Begründung:

Die Revision der Kläger ist nur in geringem Umfang begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) sowie zur Stattgabe der Klage, als bei der Einkommensteuerfestsetzung 2013 die zumutbare Belastung um 664 EUR zu mindern ist. Die als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigenden Aufwendungen für die Heimunterbringung der Eltern der Kläger hat das FG jedoch zu Recht um eine Haushaltsersparnis für jeden der Ehegatten gekürzt.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen.

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dies gilt auch für Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung des Steuerpflichtigen in einem Alten- oder Pflegeheim. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten.
Derartige Kosten kommen jedoch als außergewöhnliche Belastung nur in Betracht, soweit dem Steuerpflichtigen zusätzliche Aufwendungen erwachsen. Denn im Rahmen des § 33 EStG sind lediglich gegenüber der normalen Lebensführung entstehende Mehrkosten berücksichtigungsfähig. Dementsprechend sind Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung im Grundsatz um eine Haushaltsersparnis, die der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten entspricht.
Die Haushaltsersparnis des Steuerpflichtigen schätzt die Rechtsprechung entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen. Dieser beträgt im Streitjahr 8.130 EUR.
Diese Schätzung ist realitätsgerecht und daher nicht zu beanstanden. Die Haushaltsersparnis ist durch einen Vergleich der aufgewendeten Pflegeheimkosten mit den Kosten des aufgegebenen entsprechenden privaten Haushalts zu ermitteln. Maßgröße sind insoweit die üblichen Kosten eines Einpersonenhaushalts.Diese werden in ihren Mindestanforderungen durch den in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag typisiert abgebildet.

Darüber hinaus ist diese Typisierung der Verwaltungspraktikabilität und dem Schutz der Privatsphäre geschuldet. Denn somit bedarf es keiner individuellen Bemessung der Haushaltsersparnis. Insbesondere sind weder das FA noch das FG gehalten, die Differenz zwischen dem im aufgegebenen Haushalt für Unterkunft und Verpflegung tatsächlich angefallenen Aufwand und den hierfür anfallenden Kosten in einer Pflegeeinrichtung zu erheben. Auch ist von dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen kein Abschlag für Kosten der Lebensführung etwa für Bekleidung, Körperpflege, Telekommunikation und übliche Versicherungen– vorzunehmen. Zwar mag es im Einzelfall zutreffen, dass der Bewohner eines Alten- und Pflegeheims derartige Kosten wie auch Aufwendungen betreffend das soziokulturelle Existenzminimum jenseits des Heimentgelts zu tragen hat und deshalb durch die Aufgabe des Haushalts insoweit nichts erspart. Gegen die Typisierung der Haushaltsersparnis nach dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag vermag dieser Befund jedoch nicht zu streiten. Zum einen verkennt die Revision mit ihrem Vorbringen insoweit, dass eine Pflegeeinrichtung neben Pflegeleistungen nicht nur “Kost und Logis” gewährt, sondern in der Regel auch darüber hinaus Geselligkeit, Freizeitgestaltung, Beschäftigungstherapie, geistlich-religiöse Betreuung u.Ä. bietet. Zum anderen sind “Ungenauigkeiten” einer jeden Typisierung wesenseigen und damit, soweit sie –wie vorliegend– in der Realitätsgerechtigkeit verbleibt, hinzunehmen.

Sind beide Ehegatten krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehegatten eine Haushaltsersparnis anzusetzen. Denn sie sind beide durch den Aufenthalt dort und die Aufgabe des gemeinsamen Haushalts um dessen Fixkosten wie Miete oder Zinsaufwendungen, Grundgebühr für Strom, Wasser etc. sowie Reinigungsaufwand und Verpflegungskosten entlastet. Zudem ist der Ansatz einer Haushaltsersparnis für jeden Ehegatten geboten, weil die in den personenbezogenen Alten- und Pflegeheimkosten enthaltenen Aufwendungen für Nahrung, Getränke, übliche Unterkunft u.Ä. typische, steuerlich grundsätzlich nicht zu berücksichtigende Kosten der Lebensführung eines jeden Steuerpflichtigen sind. Die Kürzung der Aufwendungen für eine krankheitsbedingte Unterbringung eines Ehepaares in einem Pflegeheim lediglich um eine Haushaltsersparnis würde damit eine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung bewirken. Denn diese Aufwendungen sind für jeden der beiden Ehegatten im Grundsatz bereits durch den in § 32a EStG geregelten Grundfreibetrag steuerfrei gestellt. Folglich liegt durch den Ansatz einer doppelten Haushaltsersparnis auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes vor. Auch wenn Lebenshaltungskosten nicht proportional zur Personenzahl im Haushalt steigen, ist der Ansatz einer Haushaltsersparnis in Höhe des in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrags jedenfalls nicht verfehlt. Vielmehr ist die Typisierung der Haushaltsersparnis auch insoweit realitätsgerecht. Der Ansatz einer Regelersparnis bei einem Ehepaar in Höhe von 16.260 EUR im Streitjahr entspricht den privaten Konsumausgaben eines Paares ohne Kinder im Jahr 2013 in etwa. Denn in einem solchen Haushalt wurden im Streitjahr monatlich für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren 388 EUR, für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung 950 EUR sowie für Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände 155 EUR (= 1.493 EUR im Monat) und damit im Jahr 17.916 EUR verausgabt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen haben FA und FG die streitigen Aufwendungen der Eltern der Kläger für die vollstationäre Unterbringung zu Recht –vermindert um eine Haushaltsersparnis in Höhe von 3.952 EUR für beide Eheleute– als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt.

Anlass und Grund für den Umzug der Eheleute in die Einrichtung war nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ihre durch Krankheit eingetretene Pflegebedürftigkeit. Insbesondere waren danach weder die Mutter noch der Vater der Kläger im Streitjahr in der Lage, eigenständig und selbstbestimmt einen eigenen Haushalt zu führen. Die Kosten der Heimunterbringung sind damit den Eheleuten dem Grunde nach aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dies ist zwischen den Beteiligten dem Grunde nach auch nicht streitig.

Zu Recht hat das FA und ihm folgend das FG die dem Grunde nach zu berücksichtigenden Aufwendungen um eine Haushaltsersparnis für jeden der Ehegatten in Höhe von 3.952 EUR gekürzt. Nur in Höhe der Differenz sind den Eheleuten durch die Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim gegenüber ihrer bisherigen Lebensführung zusätzliche Kosten entstanden. Denn im Streitfall haben die Eheleute ihren gemeinsamen Haushalt aufgegeben. Die Berechnung der Haushaltsersparnis im Übrigen (8.130 EUR × 5/12 + 8.130 EUR × 25/360 = 3.952,08 EUR) steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit. Die in R 33.3 Abs. 2 Satz 3 EStR geregelte Berechnungsmethode, die Haushaltsersparnis mit 1/360 pro Tag, 1/12 pro Monat des in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrags anzusetzen, ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht insbesondere dem in § 33a EStG niedergelegten Monatsprinzip.

Die bislang vom FA berücksichtigte zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist allerdings entsprechend den Ausführungen im Urteil des erkennenden Senats vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 stufenweise zu ermitteln und entsprechend um 664 EUR zu mindern.

Keine sachliche Unbilligkeit bei verzögerter Registereintragung einer Organschaft

Wird eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft infolge einer verzögerten Eintragung des Gewinnabführungsvertrags in das Handelsregister erst in dem auf das Jahr der Handelsregisteranmeldung folgenden Jahr steuerlich wirksam, liegt darin keine sachliche Unbilligkeit. Das gilt auch, wenn die verzögerte Eintragung auf einem Fehlverhalten einer anderen Behörde –hier: Registergericht– beruhen sollte.
BFH Urteil vom 23.08.2017 – I R 80/15 BFH/NV 2018, 261

Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, schloss am 15. März 2006 mit ihrer –zum damaligen Zeitpunkt– alleinigen Gesellschafterin, der A-GmbH als Organträgerin, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Verpflichtung zur Gewinnabführung sollte erstmals für das Geschäftsjahr 2006 gelten. Der Vertrag bedurfte zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung beider Gesellschaften und sollte “mit der Eintragung in das Handelsregister… wirksam [sein] und… rückwirkend ab dem 1. Januar 2006 [gelten]”.

Die Gesellschafterversammlung der A-GmbH stimmte dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit Beschluss vom 12. September 2006 zu, die Gesellschafterversammlung der Klägerin am 9. Oktober 2006. Der protokollierende Notar meldete den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit notariell beglaubigter Registeranmeldung vom 18. September 2006 zur Eintragung in das Handelsregister beim zuständigen Amtsgericht (AG) an. Die Anmeldung ging dort am 24. Oktober 2006 ein. Der Rechtspfleger beim AG erstellte unter dem 6. Dezember 2006 einen Quittungsvermerk, dem zufolge er das “Schreiben nebst Anlagen heute erhalten” habe. Die Quittung ging ausweislich des Eingangsstempels am 12. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Notars ein.
Die Eintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags in das Handelsregister erfolgte –aufgrund einer Verkettung verschiedener Umstände– erst am 26. Januar 2007. Am 14. Juni 2007 schlossen die A-GmbH und die Klägerin eine Nachtragsvereinbarung zum Gewinnabführungsvertrag, in der die Mindestlaufzeit des Vertrags bis zum 31. Dezember 2011, 24 Uhr, festgelegt wurde. Die Änderung wurde am 1. August 2007 in das Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin führte den Gewinn in Höhe von… EUR an die A-GmbH ab und wies dies in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2006 entsprechend aus. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) behandelte die Gewinnabführung als verdeckte Gewinnausschüttung, da der Ergebnisabführungsvertrag aufgrund fehlender Handelsregistereintragung in 2006 nicht wirksam geworden sei. Er setzte gegenüber der Klägerin entsprechend Körperschaftsteuer für das Jahr 2006 fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 8. Juli 2013 6 K 3578/11 als unbegründet abgewiesen.
Bereits am 29. August 2008 hatte die Klägerin beim FA den Antrag gestellt, die Körperschaftsteuerfestsetzung wegen Unbilligkeit aufzuheben. Diesen Antrag lehnte das FA mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 5. November 2008 ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. April 2015 6 K 1284/14, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2015, 2156). Mit der hiergegen gerichteten Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Körperschaftsteuer 2006 auf 0 EUR festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht entschieden, dass das FA nicht dazu verpflichtet ist, die Körperschaftsteuer für 2006 aus Billigkeitsgründen auf 0 EUR festzusetzen.

Nach § 163 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach der Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Festsetzung einer Steuer ist aus –im Streitfall allein streitigen– sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen für die Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte. Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme.

Von einer solchen sachlichen Unbilligkeit ist im Streitfall –entgegen der Auffassung der Klägerin– nicht auszugehen. Verpflichtet sich eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft), ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes inländisches gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist gemäß § 17 i.V.m. § 14 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 in der für das Streitjahr 2006 geltenden Fassung (KStG 2002) das Einkommen der Organgesellschaft –soweit sich aus § 16 KStG 2002 nichts anderes ergibt– dem Träger des Unternehmens (Organträger) unter den dort bestimmten Voraussetzungen zuzurechnen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG 2002 ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger erstmals für das Kalenderjahr zuzurechnen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem der Gewinnabführungsvertrag wirksam wird.

§ 17 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG 2002 setzen die zivilrechtliche Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrags voraus. Verpflichtet sich eine GmbH zur Gewinnabführung, so wird der Gewinnabführungsvertrag nur dann wirksam, wenn die Gesellschafterversammlung der GmbH dem Vertrag zustimmt und der Vertrag in das Handelsregister der GmbH eingetragen wird. Der Rechtsprechung ist weiter zu entnehmen, dass für das Steuerrecht ein mangels Eintragung in das Handelsregister nichtiger Organschafts- und Ergebnisabführungsvertrag für die Zeit seiner Durchführung nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu behandeln ist.
Danach hat zwischen der Klägerin und der A-GmbH im Jahr 2006 keine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft bestanden. Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 15. März 2006 ist nach den Feststellungen der Vorinstanz erst am 26. Januar 2007 in das Handelsregister der Klägerin eingetragen worden und damit erst zu diesem Zeitpunkt zivilrechtlich wirksam geworden. Eine Zurechnung des Einkommens der Klägerin ist damit erstmals für das Jahr 2007 –dem Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr der Klägerin endet, in dem der Gewinnabführungsvertrag wirksam wird– möglich. Dies ergibt sich bereits aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der Klägerin selbst, wonach dieser “mit der Eintragung in das Handelsregister… wirksam” sein sollte. Zwischen den Beteiligten besteht insoweit auch kein Streit.

Das FG hat im angefochtenen Urteil keine sachliche Unbilligkeit der Steuerfestsetzung erkennen können. Der Gesetzgeber habe die Besteuerung der Organgesellschaft anstelle des Organträgers zwischen dem (auch rückwirkend möglichen) Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags und seiner Eintragung in das Handelsregister bewusst in Kauf genommen, mithin sei ein Überhang des gesetzlichen Tatbestands des § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG 2002 über die mit der Norm verbundenen Wertungen des Gesetzgebers nicht feststellbar. Ein Erlass der auf dem Gewinn der Organgesellschaft lastenden Körperschaftsteuer würde damit die vom Gesetzgeber bezweckte Geltungsanordnung des Gesetzes unterlaufen. Dies gelte auch dann, wenn die verzögerte Registereintragung auf einem behördlichen Fehlverhalten des Registergerichts beruhe.

In dieser Würdigung ist dem FG beizupflichten. Die Entscheidung des FA ist nach Maßgabe des § 102 FGO als rechtmäßig anzusehen.
Entscheidend ist, dass das Gesetz eine Zurechnung des Einkommens einer Organgesellschaft erstmals für das Kalenderjahr vorsieht, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem der Gewinnabführungsvertrag wirksam wird. Damit bestimmt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes der Tag der Eintragung des Gewinnabführungsvertrags in das Handelsregister als maßgeblicher Zeitpunkt für das Wirksamwerden des Gewinnabführungsvertrags den Zeitpunkt, in dem die Rechtsfolgen der Organschaft erstmals eintreten. Nur dies entspricht offensichtlich auch dem Willen des Gesetzgebers. Abgesehen davon, dass er weder in § 14 KStG 2002 selbst noch in einem anderen Regelungszusammenhang Ausnahmen von dem Wirksamwerden des Gewinnabführungsvertrags als maßgeblichem Zeitpunkt angeordnet hat, wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, auf einen anderen Umstand, z.B. den Zeitpunkt, in dem der entsprechende Antrag beim Registergericht gestellt wird, abzustellen.

Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 14 KStG 2002, wie sie sich aus den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze ergibt, stützt dieses Ergebnis. Der Gesetzgeber hat erstmals mit dem Steueränderungsgesetz 1992 in § 14 Nr. 4 Satz 1 und 2 KStG 1992 eine Verlängerung der Frist für das Wirksamwerden des Gewinnabführungsvertrags auf den Ablauf des folgenden Wirtschaftsjahres, für das er erstmals gelten soll, gesetzlich vorgesehen. Bis zu dieser Änderung des § 14 KStG 1992 galt, dass sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen des für die steuerliche Anerkennung der Organschaft vorgeschriebenen Gewinnabführungsvertrags spätestens am Ende des Wirtschaftsjahres vorliegen mussten, für das ein Organschaftsverhältnis vereinbart worden ist. Damit war der Tag der Eintragung in das Handelsregister als maßgeblicher Zeitpunkt für das Wirksamwerden i.S. des § 14 KStG 1977 anzusehen. Mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz ist der Gesetzgeber zu dieser früheren Rechtslage wieder zurückgekehrt. Er hat das ausweislich der Gesetzesbegründung bewusst getan, indem er ausdrücklich auf die bisherige Rechtslage nach dem Steueränderungsgesetz 1992. Zwar hat der Gesetzgeber keine konkrete Begründung dafür gegeben, warum er die Frist für das Wirksamwerden eines Gewinnabführungsvertrags verkürzt hat und zur Rechtslage vor dem Steueränderungsgesetz 1992 zurückgekehrt ist. Dessen bedarf es jedoch nicht; ausreichend ist, dass der objektivierte Wille des Gesetzgebers sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang, in den die Norm hineingestellt worden ist, ergibt. Das ist vorliegend der Fall.

Der Gesetzgeber hat damit, obwohl ihm –wie erläutert– in Bezug auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Gewinnabführungsvertrags ein Abstellen auf von der Organgesellschaft zu beeinflussende Umstände durchaus möglich gewesen wäre, im Rahmen seiner verfassungsrechtlich zulässigen Typisierungsbefugnis die Wirkungen und Umstände des jeweiligen Einzelfalles bewusst unberücksichtigt gelassen und maßgeblich auf die Registereintragung abgestellt. Damit besteht aber der für eine sachliche Billigkeitsmaßnahme erforderliche Gesetzesüberhang über die Wertungen des Gesetzgebers nicht. Da auch im Rahmen des Billigkeitserlasses aus sachlichen Gründen eine strukturelle Gesetzeskorrektur ausgeschlossen ist, war das FA im vorliegenden Fall nicht verpflichtet, von einer Besteuerung des Gewinns der Klägerin abzusehen.

Eine verzögerte Bearbeitung eines Eintragungsantrags durch eine andere Behörde –hier des Registergerichts– vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Dies bereits deshalb, weil ein derartiger Geschehensablauf nicht geeignet wäre, die Annahme eines für eine sachliche Unbilligkeit erforderlichen Überhangs des Gesetzes über die Wertungen des Gesetzgebers zu begründen oder zu ersetzen. Demgemäß kann sich der Senat auch nicht der Argumentation der Klägerin anschließen, nach der die Vereinnahmung des Steuerbetrags, obwohl dieser im Rahmen einer etwaigen Amtshaftung (§ 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) wieder zu erstatten wäre, als missbräuchlich anzusehen ist und sich das Ermessen des FA zugunsten einer Billigkeitsentscheidung auf Null reduziert.
Der Senat hat nicht auf die Auffassung des FG Düsseldorf einzugehen, nach der dann eine sachliche Unbilligkeit anzunehmen ist, wenn aufgrund falscher Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften durch andere Behörden die Finanzämter belastende steuerliche Folgen ziehen müssten, ohne diese kompensieren zu können. Unabhängig von der Frage, ob der Senat dieser Beurteilung folgen könnte, ist der anhängige Fall dadurch gekennzeichnet, dass steuerrechtliche Vorschriften nicht falsch, sondern –wie erläutert– zutreffend angewandt worden sind.

Vorsteuerabzug bei gemischter Nutzung eines Marktplatzes

Verwendet eine Stadt ihren Marktplatz sowohl für wirtschaftliche wie auch für hoheitliche Zwecke, kann sie diesen nicht in vollem Umfang ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zuordnen und ist deshalb nur anteilig zum Vorsteuerabzug berechtigt.

BFH Urteil vom 03.08.2017 – V R 62/16 BFH/NV 2018, 301

Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um den Vorsteuerabzug aus den Kosten für die Errichtung und Gestaltung eines sog. Marktplatzes durch die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Klägerin ist die Stadt X. Diese erhielt bereits im Jahre … die staatliche Anerkennung als Heilbad und das Recht, die Bezeichnung “Bad” im Stadtnamen zu führen.
In den Streitjahren (2009 und 2010) errichtete die Klägerin in der Stadtmitte auf dem Gelände eines ehemaligen Supermarktes einen als “Marktplatz” bezeichneten Platz, bestehend aus einer Bühnenanlage mit Zuschauertribüne, Ruhebänken sowie einem Geräte- und Abstellraum. Weiterhin wurden Basaltsäulen errichtet und Hinweistafeln angebracht, die über die Bedeutung des Badeortes im Hinblick auf die Lehren, Therapien und… informieren. Schließlich ließ die Klägerin einen Wasserlauf mit zwei Brunnen erstellen, den Platz entsprechend befestigen, gärtnerisch gestalten und teilweise umzäunen. Im Zuge der Baumaßnahmen wurde auf dem an den Marktplatz angrenzenden Kurpark eine öffentliche Toilettenanlage errichtet.

Nach Abschluss der Baumaßnahmen (Frühjahr 2010) wurde der Marktplatz im Rahmen eines Bürgerfestes am … eingeweiht. In ihren am 9. September 2011 (Umsatzsteuer 2009) und 27. Juli 2012 (Umsatzsteuer 2010) eingereichten Umsatzsteuererklärungen machte die Klägerin den Abzug der auf die Umbaukosten für den Marktplatz in 2009 (120.541,65 EUR) und in 2010 (10.462,34 EUR) entfallenen Vorsteuerbeträge geltend.

Nach den Feststellungen einer die Streitjahre betreffenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde der Platz in den Sommermonaten 2010 für die Ausrichtung eines Weinfestes, für “public viewing” zur Fußballweltmeisterschaft 2010 sowie für verschiedene Open-Air-Konzerte mit freiem Eintritt genutzt, nicht aber für Zwecke des –jeweils am Dienstag an anderer Stelle stattfindenden– Wochenmarktes. Hieraus folgerte der Prüfer, dass der Marktplatz nicht für eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit (Kurbetrieb der Klägerin) verwendet werde und deshalb kein Anspruch auf Vorsteuerabzug bestehe.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) schloss sich dieser Auffassung an und versagte mit den Umsatzsteuerbescheiden vom 3. Januar 2012 (2009) sowie vom 26. November 2012 (2010) den Vorsteuerabzug für die Kosten des Marktplatzes. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das FA im Wesentlichen als unbegründet zurück; lediglich für das Jahr 2009 wurden weitere Vorsteuerbeträge von 1.870,45 EUR zum Abzug zugelassen. Diese betreffen die Anschaffung und Anbringung von einzelnen Wirtschaftsgütern, die dem Betrieb gewerblicher Art “Kurverwaltung” dienten bzw. in einem objektiven wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem stünden (Basaltsäulen, Symbole, Infotafel, Colortafel).

Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 244 veröffentlichten Urteil ab. Nach den Feststellungen des FG wurde der Platz sowohl von Kurgästen (gegen Kurbeitrag) als auch von Nicht-Kurgästen (unentgeltlich) und damit “gemischt” genutzt. Der unternehmerische Bereich der Klägerin (Kurverwaltung) beinhalte das Bereitstellen von Einrichtungen des Fremdenverkehrs gegen die Entrichtung von Kurbeiträgen. Daneben sei die Klägerin im Rahmen der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben als Straßenbaulastträger (Errichtung von Straßen und Plätzen zur allgemeinen Nutzung) hoheitlich tätig geworden. Dieses Tätigwerden vollziehe sich innerhalb des nichtunternehmerischen Bereichs. Der Marktplatz stelle eine allgemeine und kostenfrei von “jedermann” nutzbare städtische Einrichtung dar. Da der Platz öffentlich zugänglich sei, werde er auch von den einheimischen Bewohnern sowie sonstigen Besuchern der Gemeinde (Tagestouristen) besucht.

Der Vorsteuerabzug scheide bereits mangels rechtzeitiger Dokumentation der Zuordnungsentscheidung aus. Die Klägerin habe es unterlassen, bei Bezug der Eingangsleistungen eine Zuordnungsentscheidung zu treffen und diese in den bis 31. Mai 2010 bzw. 31. Mai 2011 abzugebenden Umsatzsteuererklärungen zu dokumentieren. Denn diese Steuererklärungen seien erst im September 2011 (2009) bzw. im Juli 2012 (2010) beim FA eingereicht worden.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts und trägt zur Begründung vor:
Das FG habe nicht berücksichtigt, dass ein Zuordnungswahlrecht bei nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten ausschließlich für den Sonderfall einer Privatentnahme bestehe. Da es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin um eine Verwendung für Hoheitszwecke handele, sei sie, die Klägerin, zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Im Hinblick auf die gemischte Nutzung des Marktplatzes gelte das Aufteilungsgebot des § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) analog. Danach sei der unternehmerische Nutzungsanteil im Wege einer sachgerechten und vom FA überprüfbaren Schätzung zu ermitteln.

Die geltend gemachten Vorsteuerbeträge könnten nicht berücksichtigt werden, weil die unternehmerische Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs nicht nachgewiesen worden sei. Es fehle an einem hinreichenden objektiven Zusammenhang der Nutzung des Marktplatzes im Rahmen des Betriebs gewerblicher Art “Kurbetrieb”. Der Kurbeitrag sei aufgrund der Neugestaltung des Marktplatzes nicht erhöht worden, obwohl es sich bei der Kurtaxe um eine Kommunalabgabe eigener Art handele, die neben beitrags- auch gebührenrechtliche Merkmale aufweise und der Deckung des Aufwands diene, welcher der Gemeinde für die Herstellung und Unterhaltung von zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen entstehe. Ein Nachweis, nach dem die Kalkulation des Kurbeitrags den Aufwand für die Herstellung oder Unterhaltung des Marktplatzes beinhalte, sei nicht vorgelegt worden.
Begründung:
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat den Vorsteuerabzug zu Unrecht mit der Begründung versagt, dass es an einer rechtzeitigen Dokumentation der Zuordnungsentscheidung fehle und damit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 UStG verletzt. Der Senat kann mangels tatsächlicher Feststellungen die Sache nicht selbst entscheiden.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG).
Der Vorsteuerabzug erfordert –entgegen dem FG-Urteil– im Streitfall keine zeitnahe Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung. Eine zeitnahe Zuordnungsentscheidung hat der Unternehmer für Zwecke des Vorsteuerabzugs nur dann zu treffen und zu dokumentieren, wenn ein Zuordnungswahlrecht besteht. Das Zuordnungswahlrecht besteht jedoch nicht für jede gemischte Nutzung eines Gegenstands, sondern nur für die gemischte Nutzung im Rahmen des “Sonderfalls einer Privatentnahme”, bei der ein Unternehmer den gemischt wirtschaftlich und privat verwendeten Gegenstand voll dem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann.

Das FG geht davon aus, dass eine gemischte Nutzung des Marktplatzes vorliege, weil die Klägerin diesen Platz im Rahmen ihres Kurbetriebs unternehmerisch und im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabe als Straßenbaulastträger (Errichtung von Straßen und Plätzen zur allgemeinen Nutzung) nichtunternehmerisch nutzt. In diesem Fall hat die Klägerin nicht die Möglichkeit, gemischt genutzte Gegenstände insgesamt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen, sondern kann den Vorsteuerabzug nur anteilig geltend machen. Anders ist es nur bei einer gemischten Verwendung für wirtschaftliche und private Zwecke. Private Zwecke in diesem Sinne sind nur Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürliche Person und –unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens– für den privaten Bedarf seines Personals, nicht dagegen eine Verwendung für den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.
Im Streitfall betrifft die weitere Verwendung des Marktplatzes den Hoheitsbereich der Klägerin und nicht deren private Zwecke, sodass ihr kein Wahlrecht zugunsten einer Zuordnung des gesamten Gegenstands zu ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zusteht und damit auch kein Zuordnungserfordernis besteht. Das Urteil des FG widerspricht den o.g. Rechtsprechungsgrundsätzen und ist daher aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Klägerin aus den Kosten für die Errichtung und Gestaltung des sog. Marktplatzes einen (anteiligen) Vorsteuerabzug geltend machen kann. Dieser könnte sowohl an der Unternehmereigenschaft der Klägerin als auch am Erfordernis eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz scheitern.

Der Unternehmer ist nach ständiger Senatsrechtsprechung zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt. Die bisherige Rechtsprechung des Senats geht zwar ebenso wie das Schrifttum davon aus, dass zu den Betrieben gewerblicher Art auch ein sog. Kurbetrieb gehören kann, d.h. die Überlassung von Kureinrichtungen gegen Entgelt in Gestalt von Kurbeiträgen oder Kurtaxen. Diese Rechtsprechung war jedoch im Hinblick auf den Verweis von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG auf § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) körperschaftsteuerrechtlich geprägt und berücksichtigte noch nicht den Einfluss des Unionsrechts auf die Auslegung des Begriffs “Betrieb gewerblicher Art” in § 2 Abs. 3 UStG.
Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Handelt sie dagegen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, ist sie nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin den Kurbetrieb auf privatrechtlicher oder auf öffentlich-rechtlicher Grundlage betreibt. Sofern die im zweiten Rechtsgang nachzuholenden Feststellungen ergeben, dass die Klägerin auf öffentlich-rechtlicher Grundlage tätig wird, hängt ihre Unternehmereigenschaft davon ab, ob die Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. So verhält es sich nicht, wenn es aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen im Zeitpunkt der Erbringung der Leistungen durch den Staat ausgeschlossen ist, dass private Anbieter Leistungen auf den Markt bringen, die mit den staatlichen Leistungen im Wettbewerb stehen.

Kommt das FG hiernach zu dem Ergebnis, dass die Klägerin im Rahmen ihres Kurbetriebs unternehmerisch tätig wurde, hat es weiter zu prüfen, ob der begehrte Vorsteuerabzug am fehlenden Zusammenhang zwischen den Kosten für die Errichtung/Gestaltung des Marktplatzes und ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit (Kurbetrieb) scheitert.

Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der sog. Marktplatz (ganz oder teilweise) als öffentliche Straße oder Platz dem Allgemeingebrauch gewidmet wurde. Fehlt es an einer derartigen Widmung zum Allgemeingebrauch, ist festzustellen, ob es sich beim sog. Marktplatz um eine öffentliche Einrichtung i.S. von § 14 Abs. 2 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz handelt, die ausdrücklich oder zumindest konkludent der Öffentlichkeit zur Nutzung überlassen wurde. In diesem Falle wäre eine Sondernutzung des Marktplatzes durch Kurgäste dann ausgeschlossen, wenn diese den Marktplatz lediglich in Form des Betretens und Besichtigens und damit als Teil der Allgemeinheit nutzen. Gegen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin könnte auch sprechen, dass nach den Ausführungen des FA im Revisionsverfahren die Neugestaltung des Marktplatzes keinerlei Einfluss auf die Höhe des Kurbeitrags hatte, obwohl dieser zur Deckung des Aufwands dienen soll, der für die Herstellung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen entsteht.

Kommt das FG im zweiten Rechtsgang zu der Auffassung, dass die Klägerin mit ihrem Kurbetrieb unternehmerisch tätig ist und die Aufwendungen für den Marktplatz in einem unmittelbaren und direkten Zusammenhang mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit stehen, liegt eine gemischte Tätigkeit i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG vor, die zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.
Da die Klägerin bislang davon ausgegangen ist, dass die geltend gemachten Vorsteuerbeträge in voller Höhe abziehbar sind, indes allenfalls ein anteiliger Vorsteuerabzug in Betracht kommt, hat sie im zweiten Rechtsgang eine sachgerechte Schätzung des abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Dem FG obliegt sodann die Überprüfung der Schätzung auf ihre Sachgerechtigkeit.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein prozentual geringfügiger Vorsteuerabzug nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ausgeschlossen wäre. Nach dieser Vorschrift gilt die Lieferung nicht als für das Unternehmen ausgeführt, wenn der Unternehmer den Gegenstand zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt.

Führt die sachgerechte Schätzung (vgl. 2.c) dazu, dass die Klägerin den Marktplatz ganz überwiegend zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben und damit nicht im Rahmen ihres Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG und § 4 Abs. 5 KStG) verwendet, wäre der Vorsteuerabzug nach nationalem Recht ausgeschlossen, wenn der Anteil der Nutzung für den Kurbetrieb der Klägerin weniger als 10 % beträgt.

Zu den Anforderungen an das “Kennenmüssen” nach § 25d Abs. 1 UStG

Das “Kennenmüssen” i.S. des § 25d Abs. 1 UStG muss sich im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs auf Anhaltspunkte beziehen, die für den Unternehmer den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen.

BFH Urteil vom 10.08.2017 – V R 2/17 BFH/NV 2018, 160

Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt einen Fahrzeughandel und bezog von der X-GmbH Fahrzeuge und Container, über deren Lieferung die X-GmbH mit Rechnungen vom 3. Januar 2012 (… EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von… EUR) und vom 5. Januar 2012 (… EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von… EUR) abrechnete. Die Umsatzsteuer für Januar 2012 wurde von der X-GmbH in Höhe von… EUR nicht entrichtet.

Geschäftsführer der X-GmbH war Y, der in der Vergangenheit bereits für mehrere andere Unternehmen aufgetreten war, zu denen die Klägerin Geschäftsbeziehungen unterhielt. Gegen Y wurde seit 2008 durch die Steuerfahndung wegen einer Vielzahl von Fällen der Umsatzsteuerhinterziehung ermittelt. Mit Urteil vom 17. Januar 2014 verurteilte das Landgericht Y wegen Hinterziehung der Umsatzsteuer aus den Lieferungen an die Klägerin vom 3. und 5. Januar 2012.
Die Steuerfahndung hatte die Klägerin spätestens am 11. Januar 2012 über die Ermittlungsverfahren in Kenntnis gesetzt. Ob die Klägerin bereits zuvor von den Ermittlungsverfahren Kenntnis hatte, war zwischen den Beteiligten streitig.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) nahm die Klägerin mit dem streitbefangenen Haftungsbescheid nach § 25d des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Haftung.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) unterstellte dabei als wahr, dass die Klägerin seit 15. Oktober 2008 positive Kenntnis von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Y gehabt habe. Das FA müsse aber die Voraussetzungen des § 25d Abs. 1 UStG darlegen und nachweisen; das sei ihm nicht gelungen. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass jemand, der einmal Umsatzsteuer nicht entrichtet habe, später anlässlich eines anderen Geschäftsvorfalles die vorgefasste Absicht habe, die Umsatzsteuer erneut nicht zu entrichten. Im Übrigen habe zugunsten des Y bis zu seiner Verurteilung im Jahr 2014 die Unschuldsvermutung gegolten.
Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Die Klägerin habe i.S. des § 25d Abs. 1 UStG nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns von der vorgefassten Absicht der X-GmbH, die Umsatzsteuer aus den Umsätzen an die Klägerin nicht zu entrichten, Kenntnis haben müssen.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

Begründung:

Die Revision des FA ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht entschieden, dass das Vorliegen der Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Klägerin im Haftungswege nach § 25d Abs. 1 UStG nicht nachgewiesen ist.

§ 25d Abs. 1 UStG führt zur Haftung des Unternehmers aus einem vorangegangenen Umsatz, soweit der Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht die ausgewiesene Steuer nicht entrichtet hat und der Unternehmer bei Abschluss des Vertrags über seinen Eingangsumsatz davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Merkmale des § 25d Abs. 1 UStG trägt das FA.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Klägerin nach § 25d Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Das FA hat nicht nachgewiesen, dass die Klägerin von einer etwaigen vorgefassten Absicht des Y Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns Kenntnis hätte haben müssen.
Selbst wenn man mit dem FG die Kenntnis der Klägerin von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Y unterstellt, folgt hieraus nicht, dass sie von dessen Absicht wusste, die Umsatzsteuer aus dem Liefergeschäft mit ihr nicht abzuführen. Zum einen gilt, worauf das FG zutreffend hingewiesen hat, bis zur Verurteilung des Y die Unschuldsvermutung. Zum anderen folgt selbst aus steuerstrafrechtlich bedeutsamen Verhalten bei anderen Geschäftsvorfällen nicht der sichere Schluss auf die Absicht, auch bei zukünftigen Umsätzen die Umsatzsteuer zu hinterziehen.

Ferner trafen die Klägerin selbst bei Kenntnis von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Y keine Sorgfaltspflichten hinsichtlich einer Hinterziehungsabsicht des Y. Denn an das Kennenmüssen i.S. des § 25d Abs. 1 UStG sind, wenn –wie hier– die Regelvermutung des § 25d Abs. 2 UStG nicht eingreift, strenge Anforderungen zu stellen.
§ 25d Abs. 1 UStG muss den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind und zu denen u.a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören, genügen. Die Regelung darf also nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Ansprüche des Staates möglichst wirksam zu schützen. Zudem dürfen Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehörten, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt, für die Zahlung der von einem anderen Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer nicht gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen werden.
Die Annahme, dass einem Steuerpflichtigen bereits bei bloßer Kenntnis von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen einen Vertragspartner erhöhte Sorgfaltspflichten obliegen, würde trotz der dem Unternehmer zukommenden Aufgabe, öffentliche Gelder als “Steuereinnehmer für Rechnung des Staates”.

Denn eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Auslegung des § 25d Abs. 1 UStG führt dazu, dass sich das Kennenmüssen i.S. des § 25d Abs. 1 UStG auf Anhaltspunkte bezieht, die für den Unternehmer im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen. Hierfür gibt es vorliegend in Bezug auf die konkreten Eingangsleistungen, die haftungsbegründend sein sollen, aber weder nach den Feststellungen des FG noch nach Aktenlage oder nach dem Vortrag des FA irgendwelche Anhaltspunkte.
Da die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25d Abs. 1 UStG nicht vorliegen, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, in welchem Verhältnis eine Haftung nach § 25d Abs. 1 UStG zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs nach den Grundsätzen der vom BFH übernommenen Rechtsprechung des EuGH.

Verpflichtung von Rechtsanwälten zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung trotz Schweigepflicht

Ein Rechtsanwalt, der Beratungsleistungen an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer erbracht hat, die ihm ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt haben, kann die u.a. für diese Fälle vorgeschriebene Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung mit den darin geforderten Angaben (u.a. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Mandanten, Gesamtbetrag der Beratungsleistungen an den Mandanten) nicht unter Berufung auf seine Schweigepflicht verweigern.

BFH Urteil vom 27.09.2017 – XI R 15/15 BFH/NV 2018, 167

Begründung:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, erbrachte im II. Quartal 2010 (Meldezeitraum) u.a. sonstige Leistungen aus anwaltlicher Tätigkeit an Unternehmer als Leistungsempfänger, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig sind. Die Klägerin nahm deshalb an, dass gemäß § 3a Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Ort der Leistung nicht im Inland liege und im Wege der Umkehr der Steuerschuldnerschaft (“reverse charge”) die Leistungsempfänger in ihrem Ansässigkeitsstaat die Umsatzsteuer des Ansässigkeitsstaats schulden. Dementsprechend erteilte sie Rechnungen ohne deutsche Umsatzsteuer und sah von deren Abführung ab.

In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das II. Quartal 2010 erklärte die Klägerin insoweit zwar gemäß § 18b Satz 1 Nr. 2 UStG innergemeinschaftliche sonstige Leistungen, gab aber keine Zusammenfassende Meldung i.S. des § 18a UStG ab.
Im Hinblick darauf erinnerte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Bundeszentralamt für Steuern –BZSt–) die Klägerin mit “Erinnerung” vom 17. Oktober 2011, der eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, an die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung für das II. Quartal 2010 und bat, diese unverzüglich zu übermitteln.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen mit Zustimmung des BZSt erhobene Sprungklage, mit der die Klägerin geltend machte, sie dürfte als Rechtsanwaltsgesellschaft gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b der Abgabenordnung (AO) die Weitergabe solcher Informationen verweigern, die ihr in ihrer anwaltlichen Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden seien, was die Nennung der Identität nebst Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) ihrer im Ausland ansässigen Mandanten einschließe, mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1657 veröffentlichten Urteil ab.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die von ihm vorgenommene Güterabwägung zwischen anwaltlicher Schweigepflicht und Gleichmäßigkeit der Besteuerung unzutreffend vorgenommen und überdies zu Unrecht angenommen, dass eine konkludente Einwilligung der Mandanten in die Weitergabe ihrer Daten angenommen werden könne.
Überdies verletze die Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung ihre Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union –AEUV–); denn die Pflicht zur Offenbarung der USt-IdNr. könne Mandanten aus anderen Mitgliedstaaten davon abhalten, sie zu beauftragen, wenn sie dafür auf die Verschwiegenheitspflicht verzichten müssten. Auch dies sei nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.
Ferner werden folgende Anträge gestellt:
– “Die Erinnerung an die Abgabe der [Zusammenfassenden Meldung] gemäß § 18a UStG für den Meldezeitraum 1. April bis 30. Juni 2010 wird ersatzlos aufgehoben…
– Es wird festgestellt, dass die [Klägerin] von der Pflicht zur Abgabe einer [Zusammenfassenden Meldung] entbunden ist, soweit und solange keine gesetzliche Grundlage vorliegt, die die Verschwiegenheitsverpflichtungen der [Klägerin] angemessen berücksichtigt.”
Das BZSt beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Begründung:

Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin gemäß § 18a Abs. 2 UStG zur Abgabe der von ihr angeforderten Zusammenfassenden Meldung verpflichtet war. Dem stand die anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit nicht entgegen, weil die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Empfänger der Beratungsleistungen durch die Mitteilung (Verwendung) ihrer USt-IdNr. gegenüber der Klägerin in die Weitergabe der Daten an die Steuerbehörden eingewilligt haben.

Das FG hat im Ausgangspunkt zu Recht angenommen, dass die Erinnerung des BZSt vom 17. Oktober 2011 ein Verwaltungsakt ist.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 118 Satz 1 AO).
Die bloße Erinnerung an die Abgabe einer Steuererklärung ist kein Verwaltungsakt, wenn sich der Inhalt des Schreibens darin erschöpft, an eine bereits bestehende Erklärungspflicht zu erinnern.

Dagegen ist die Erinnerung ein Verwaltungsakt, wenn sie nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt als Maßnahme der Behörde zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung des Zwangsmittelverfahrens gemäß § 328 AO zu verstehen ist. Die Abgabe von (vollständigen) Steuererklärungen darf zwar mittels Zwangsgeld durchgesetzt werden. Die abstrakte Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen oder zur Beifügung bestimmter Unterlagen ist aber nicht bereits als solche mit Zwangsmitteln durchsetzbar; sie bedarf einer Konkretisierung und Individualisierung durch einen Verwaltungsakt, der erst die Grundlage für den Einsatz von Zwangsmitteln darstellen kann.
Ebenfalls ein Verwaltungsakt ist eine in die Form einer Erinnerung gekleidete Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung, nachdem der Steuerpflichtige mitgeteilt hatte, dass er nach seiner Meinung die Erklärung nicht abgeben müsse, weil er nicht erklärungspflichtig sei. Gleiches gilt, soweit er sich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft und die Finanzbehörde auf der Auskunft besteht.
Diese Rechtsprechung ist auf die Erinnerung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung zu übertragen.
Die Zusammenfassende Meldung ist zwar keine Steuererklärung UStG a.F. auf die Zusammenfassende Meldung ergänzend die für Steuererklärungen geltenden Vorschriften der AO anzuwenden.

Ausgehend davon ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Erinnerung des BZSt vom 17. Oktober 2011 ein Verwaltungsakt ist. Das Schreiben enthält neben der Erinnerung die in die Form einer Bitte gekleidete Aufforderung, die Zusammenfassende Meldung unverzüglich zu übermitteln. Zudem zeigt die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung, dass das BZSt einen Verwaltungsakt erlassen wollte.
Die Klägerin ist gemäß § 18a Abs. 2 UStG zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung verpflichtet.
Der Unternehmer i.S. des § 2 UStG hat nach § 18a Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. (seit 1. Juli 2010: § 18a Abs. 2 Satz 1 UStG) bis zum 10. Tag (seit 1. Juli 2010: 25. Tag) nach Ablauf jedes Kalendervierteljahres (Meldezeitraum), in dem er im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen i.S. des § 3a Abs. 2 UStG, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, ausgeführt hat, dem BZSt eine Zusammenfassende Meldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er folgende Angaben nach § 18a Abs. 4 (seit 1. Juli 2010: Abs. 7) Satz 1 Nr. 3 UStG a.F. zu machen hat:
– die USt-IdNr. jedes Leistungsempfängers, die ihm in einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist und unter der die steuerpflichtigen sonstigen Leistungen an ihn erbracht wurden (Buchst. a),
– für jeden Leistungsempfänger die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn erbrachten steuerpflichtigen sonstigen Leistungen (Buchst. b) sowie seit 1. Juli 2010:
– einen Hinweis auf das Vorliegen einer im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführten steuerpflichtigen sonstigen Leistung i.S. des § 3a Abs. 2 UStG, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Klägerin ist Unternehmerin. Sie führte im Meldezeitraum gegen Entgelt Rechtsberatungsleistungen aus und hat in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Meldezeitraum gemäß § 18b Satz 1 Nr. 2 UStG selbst eine Bemessungsgrundlage für Umsätze i.S. des § 3a Abs. 2 UStG erklärt, die sie im Meldezeitraum (§ 18b Satz 3 UStG) an im übrigen Gemeinschaftsgebiet i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 UStG ansässige Leistungsempfänger ausgeführt hat. Weiter hat sie damit implizit angegeben, dass der im anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet.
Die Klägerin durfte die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung und der darin geforderten Angaben nicht aufgrund von § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO verweigern; denn sie ist aufgrund der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. von den Mandanten insoweit konkludent von ihrer Schweigepflicht entbunden worden.
Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 43a Abs. 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung –BRAO–) und berechtigt (§ 2 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte –BORA–). Nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO können deshalb u.a. Rechtsanwälte die Auskunft über das verweigern, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist.
Die Vorschrift dient dem Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandanten. Der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant liegt darüber hinaus auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege.
§ 102 AO gilt für eigene und fremde Steuersachen des Berufsträgers. Geschützt sind nur mandatsbezogene Geheimnisse, die einem Berufsträger oder einem seiner Mitarbeiter bei Ausübung oder Anbahnung eines Mandats bekannt geworden sind. Dies umfasst sowohl die Identität des Mandanten als auch die Tatsache seiner Beratung. Jedoch gilt das Verweigerungsrecht nicht für Mandanten, die auf eine Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet haben.
Die Rechte des Mandanten beschränken sich darauf, den Berufsträger von dessen Verschwiegenheitspflicht entbinden zu können oder nicht; macht der Berufsträger freiwillig Angaben, sind diese verwertbar.
Das Auskunftsverweigerungsrecht ist jedoch nicht schrankenlos.
Die in § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO genannten Personen dürfen die Auskunft nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind (§ 102 Abs. 3 Satz 1 AO), was auch stillschweigend geschehen kann. Dem Berufsträger steht dann kein Auskunftsverweigerungsrecht zu.
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit liegt außerdem nicht vor, soweit Gesetz und Recht eine Ausnahme fordern oder zulassen.
Im Streitfall kann offen bleiben, ob die in § 18a UStG unter den dort genannten Voraussetzungen allgemein für sämtliche Unternehmen gesetzlich normierte Pflicht zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung nicht ohnehin die anwaltliche Schweigepflicht zulässigerweise einschränkt. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer als Leistungsempfänger willigt jedenfalls mit der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. gegenüber dem leistenden Unternehmer (hier: der Klägerin) in die Offenbarung der USt-IdNr. in einer Zusammenfassenden Meldung ein. Dies ergibt sich aus dem EU-weit harmonisierten –und daher auch ausländischen Unternehmern als Leistungsempfängern bekannten– System der Besteuerung innergemeinschaftlicher Dienstleistungen.

Liegt eine meldepflichtige innergemeinschaftliche Dienstleistung vor, verlagern Art. 44 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), § 3a Abs. 2 UStG den Ort der Leistung in den Mitgliedstaat, in dem der Leistungsempfänger ansässig ist. Dies hat Auswirkungen auf die Umsatzsteuerschuld des Leistungsempfängers; denn dieser wird durch Art. 196 MwStSystRL und dem dazu ergangenen nationalen Recht des Ansässigkeitsstaats (in der Bundesrepublik Deutschland –Deutschland– im umgekehrten Fall durch § 13b Abs. 1 UStG) Steuerschuldner. Deshalb muss der Leistungsempfänger als Unternehmer den Umsatz nach Art. 250 MwStSystRL und dem dazu ergangenen nationalen Recht des Ansässigkeitsstaats (in Deutschland im umgekehrten Fall durch § 18 Abs. 1 und 3 UStG) in seiner Umsatzsteuererklärung angeben und damit die Mandatierung seiner zuständigen Steuerbehörde offenbaren. Soweit ein Mitgliedstaat (wie z.B. Deutschland mit § 18 Abs. 3 UStG) eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung vorsieht, muss auch diese die Umsätze enthalten (Art. 261 MwStSystRL). Die Offenbarung der Mandatierung wird außerdem zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs erforderlich sein, auch wenn es nicht einer ordnungsgemäßen Rechnung bedarf.

Bei den Leistungsempfängern, um die es bei den hier streitigen Umsätzen geht, handelt es sich nach § 3a Abs. 2 UStG, Art. 44, Art. 43 Nr. 1 und 2 MwStSystRL im Regelfall um Unternehmer, die die Leistung für ihr Unternehmen beziehen und mit dem innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehr vertraut sind (§ 27a Abs. 1 Satz 1 UStG). Soweit ein Unternehmer Leistungen ausschließlich für seinen privaten Bereich empfängt, gilt er in diesem Zusammenhang als nicht steuerpflichtig. Dem Nachweis der Unternehmereigenschaft und des Leistungsbezugs für das Unternehmen dient die Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr.

Außerdem ist dem Leistungsempfänger aufgrund von Art. 262 Buchst. c, Art. 264 Abs. 1 MwStSystRL bekannt, dass der leistende Unternehmer aufgrund des Umsatzes in seinem Ansässigkeitsstaat eine Zusammenfassende Meldung mit den unter II.2.a genannten Angaben abgeben muss.
Aufgrund dieses aufeinander abgestimmten Systems für sonstige Leistungen, die unter die allgemeine Ortsregelung des § 3a Abs. 1 und 2 UStG fallen, liegt in der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. die konkludente Mitteilung, dass
– der Leistungsempfänger ein Unternehmer (oder eine ausschließlich nichtunternehmerisch tätige juristische Person, der eine USt-IdNr. zugeteilt worden ist) ist;
– die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bereich bezogen worden ist;
– der Ort der Leistung in dem Staat liegt, dessen USt-IdNr. verwendet worden ist;
– der Leistungsempfänger dort zum Steuerschuldner wird;
– der leistende Unternehmer die Leistung mit dem Hinweis “Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers” (ohne Ausweis von deutscher Umsatzsteuer) abrechnen soll;
– der Leistungsempfänger die Umsätze in seiner Steuererklärung angeben muss und
– der Leistungsempfänger damit einverstanden ist, dass der Leistende eine Zusammenfassende Meldung mit den erforderlichen Angaben abgibt.

Diese Erklärungen gibt der Leistungsempfänger in Kenntnis des Umstands ab, dass der Mitgliedstaat, in dem die Zusammenfassende Meldung abgegeben wird, diese Daten dem Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. der Leistungsempfänger angegeben hat, übermittelt und diese dort der Geheimhaltung unterliegen. Damit hat der Leistungsempfänger i.S. von § 102 Abs. 3 Satz 1 AO auf die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht verzichtet.
Die Behauptung der Klägerin, der Leistungsempfänger könne nicht überblicken, dass die USt-IdNr. an Dritte für Zwecke der Besteuerung und zur Sicherung des Steueraufkommens innerhalb der Europäischen Union (EU) weitergegeben werde, trifft danach nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Erhebung von Umsatzsteuer auf Dienstleistungen von Rechtsanwälten ist im Übrigen mit Unionsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen die Charta der Grundrechte der EU (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. vom 28. Juli 2016 C-543/14, EU:C:2016:605, UR 2016, 634).
Die Einwendungen der Klägerin führen zu keiner anderen Beurteilung.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass sich USt-IdNrn. inzwischen auf Briefpapier oder Internetseiten befinden, liegt hierin keine “Mitteilung” in dem genannten Sinne. Die Vermutungsregelungen setzen –wie Art. 19 MwSt-DVO zeigt– an der Mitteilung an, nicht an der Existenz einer USt-IdNr.

Der Einwand der Klägerin, eine einmal erteilte Einwilligung könne widerrufen werden, bleibt schon deshalb erfolglos, weil ein derartiger Widerruf im Streitfall nicht festgestellt worden ist.
Nach Art. 56 Abs. 1 AEUV sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der EU für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen (insbesondere Art. 62, 51 bis 54 AEUV) verboten.

Jedoch hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu wahren, ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel ist, das eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen kann.
Selbst wenn eine Prüfung des § 18a Abs. 2 UStG anhand von Art. 56 AEUV vorzunehmen wäre, wäre ein gedachter Eingriff gerechtfertigt. Dies belegen die Begründungen der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung und der VO Nr. 1798/2003:

Nach dem 9. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/8/EG dient die Zusammenfassende Meldung der korrekten Anwendung der Richtlinie 2008/8/EG. Steuerhinterziehung und Steuerumgehung über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg führen nach dem 1. Erwägungsgrund der VO Nr. 1798/2003 zu Einnahmeverlusten, verletzen das Prinzip der Steuergerechtigkeit und beeinträchtigen das Funktionieren des Binnenmarkts. Der Verordnungsgeber war deshalb der Meinung, für ein reibungsloses Funktionieren des Mehrwertsteuersystems sei die elektronische Speicherung und Übertragung von bestimmten Daten zum Zweck der Kontrolle der Mehrwertsteuer erforderlich
Die Mechanismen der VO Nr. 1798/2003 für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sind, da sie dazu dienen, in allen Mitgliedstaaten Betrug und Hinterziehung im Bereich der Mehrwertsteuer zu bekämpfen, außerdem dazu geeignet, die Zurverfügungstellung der Mehrwertsteuermittel für den Unionshaushalt unmittelbar und nachhaltig zu beeinflussen.
Anhaltspunkte, die diese Einschätzungen zur Geeignetheit und Erforderlichkeit des Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystems –MIAS– (und damit einer Zusammenfassenden Meldung) als unzutreffend erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
Die Verpflichtung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung ist auch, wovon das FG in anderem Zusammenhang ebenso ausgegangen ist, angemessen, da sich die mit der Zusammenfassenden Meldung geforderten Angaben auf den zu einer wirksamen Überprüfung im Rahmen des MIAS erforderlichen Mindestinhalt zur Identität des Leistungsempfängers und zum Umfang der Leistung beschränken. Sie beziehen sich insbesondere nicht auf den Inhalt der von der Klägerin erbrachten Beratungsleistungen.

Auf die von der Klägerin aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zu Zulässigkeit und Grenzen eines von ihr angenommenen Eingriffs in ihr Auskunftsverweigerungsrecht kommt es danach nicht an, weil –wie dargelegt– ein solches Recht aufgrund der Zustimmung ihrer Mandanten zur Meldung in der Zusammenfassenden Meldung nicht besteht.