Erfassung von Ausgleichszahlungen zwischen ehemaligen Eheleuten

Fließen zwischen ehemaligen Eheleuten zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs Ausgleichszahlungen, sind diese Zahlungen beim Empfänger steuerlich nicht zu erfassen.

Hessische Finanzgericht entschieden vom 22.09.2014 (Az. 11 K 1432/11)

Begründung:

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2006 in zweiter Ehe wieder verheiratet und wurde in den Streitjahren 2006 und 2007 mit ihrem zweiten Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Zuge des Scheidungsverfahrens bzgl. der im Jahre 1994 geschlossenen ersten Ehe hatte die Klägerin mit ihrem ehemaligen, ersten Ehemann im Februar 2006 zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs eine notariell beurkundete und vom Familiengericht genehmigte Ausgleichsvereinbarung getroffen. Nach dieser Vereinbarung übertrug der ehemalige Ehemann im Jahre 2006 an die Klägerin einen Bausparvertrag mit einem Wert von ca. 30.000 Euro und zahlte einen Geldbetrag in Höhe von 5.000 Euro. In den Jahren 2007 bis 2010 waren nach der Vereinbarung vom Februar 2006 zu Gunsten der Klägerin durch den ehemaligen Ehemann zudem weitere Zahlungen in Höhe von 32.000 Euro (2007), 23.000 Euro (2008) und jeweils 20.000 Euro (2009 und 2010) zu erbringen.

Während das Finanzamt den zwischen den ehemaligen Eheleuten vereinbarten und durchgeführten finanziellen Ausgleich in den Jahren 2006 und 2007 zu Lasten der Klägerin als sonstige Einkünfte in Form von wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Besteuerung unterwarf, stellte sich die Klägerin auf den Standpunkt, dass die Ausgleichzahlungen mangels Rechtsgrundlage nicht steuerbar sind.

Die Klage hatte Erfolg. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass die von der Klägerin erhaltenen Ausgleichzahlungen keiner Einkunftsart zuzuordnen sind. Entschädigungen im Sinne des § 24 EStG seien zu verneinen, weil die Klägerin durch den Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht auf zukünftige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit verzichtet habe. Bei den Ausgleichszahlungen handele es sich auch nicht um den Ersatz für Renteneinkünfte sondern vielmehr um Ersatzleistungen für Verluste oder Wertminderungen im nicht steuerverhafteten Privatvermögen. Solche Ersatzleistungen unterlägen aber nicht dem Anwendungsbereich des § 24 EStG und könnten damit auch nicht der Einkommensteuer unterliegen. Schließlich habe die Klägerin als aus gleichsberechtigter Ehegatte mit dem Verzicht auf den Versorgungsausgleich gegen Abfindung einen Vermögenswert – nämlich das Recht auf Bildung einer Versorgungsanwartschaft – in seiner Substanz endgültig aufgegeben. Dabei handele es sich um einen veräußerungsähnlichen Vorgang, der auch nicht der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG unterliege.

Das Hessische Finanzgericht hat gegen das Urteil vom 8. Juli 2014 die Revision zugelassen (Aktenzeichen des BFH: X R 48/14).

Anforderungen an die Vermietungsbemühungen bei lang andauerndem Leerstand einer möblierten Wohnung

Die Frage, ob und wie von einem Steuerpflichtigen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei einem längerfristigen Leerstand einer Wohnung die Überschusserzielungsabsicht darzulegen ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt. Auch ist geklärt, dass der endgültige Entschluss zur Vermietung anhand objektiver Umstände vom Steuerpflichtigen darzulegen ist und dass zu den ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen auch gehören kann, bei fehlender Nachfrage durch Zugeständnisse bei der Ausgestaltung des Mietverhältnisses die Attraktivität des Objekts zu erhöhen.

BFH Beschluss vom 5.1.2015, IX B 126/14

Verlust der Steuervergünstigung aus § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG bei Anteilsübertragung auf eine Kapitalgesellschaft

Die allgemeine Steuervergünstigung des § 3 Nr. 4 GrEStG für Grundstückserwerbe durch den Ehegatten findet im Rahmen des § 6 GrEStG entsprechende Anwendung.

Überträgt ein Gesamthänder einen Anteil am Vermögen der erwerbenden Gesamthand auf eine Kapitalgesellschaft, liegt darin eine Verminderung des Anteils i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG.

Bei einer doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaft tritt eine Verminderung der Beteiligung des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG auch dann ein, wenn die Anteile der an der erwerbenden Gesamthand beteiligten anderen Gesamthand rechtsgeschäftlich oder durch Umwandlung auf eine Kapitalgesellschaft übertragen werden.

BFH  Urteil vom 17.12.2014, II R 24/13

Keine Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG beim Erwerb eines Erbbaugrundstück

Wird ein bebautes Erbbaugrundstück, das der Erbbauberechtigte zu Wohnzwecken vermietet, von Todes wegen erworben, ist bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs des (neuen) Grundstückseigentümers ein verminderter Wertansatz nach § 13c Abs. 1 ErbStG nicht zu gewähren.

BFH  Urteil vom 11.12.2014, II R 25/14

Begründung:

Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs sind nach § 13c Abs. 1 und 3 ErbStG bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile mit 90 % ihres Werts anzusetzen, wenn sie 1. zu Wohnzwecken vermietet werden, 2. im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind und 3. nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13a ErbStG gehören.

Die Steuerbegünstigung setzt nach § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG voraus, dass sich der Erwerb auf ein bebautes Grundstück bezieht, das zu Wohnzwecken vermietet wird. Diese Voraussetzungen sind beim Erwerb eines Erbbaugrundstücks nicht erfüllt.

Ein erbbaurechtsbelastetes Grundstück ist trotz tatsächlich vorhandener Bebauung kein bebautes Grundstück i.S. des § 13c Abs. 3 ErbStG. Die Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG erfasst nicht solche Grundstücke, deren Bebauung zivilrechtlich nicht dem Grundstückseigentümer, sondern einem Dritten zuzurechnen ist.

Keine tarifbegünstigte Anteilsveräußerung bei nur teilweiser Aufdeckung der in der Person des Veräußerers vorhandenen stillen Reserven

Werden Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen einer KG unter Fortführung stiller Reserven auf eine Schwester-KG übertragen und sodann die Mitunternehmeranteile an der Schwester-KG veräußert, so ist die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG nicht zu gewähren, weil nicht alle in der Person des Veräußerers (Mitunternehmers) vorhandenen stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt werden.

BFH Urteil vom 17.12.2014, IV R 57/11

Zufluss bei einem beherrschenden Gesellschafter

Ausschüttungen an den beherrschenden Gesellschafter einer zahlungsfähigen GmbH fließen diesem in der Regel auch dann zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zu, wenn die Gesellschafterversammlung eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs beschlossen hat (Bestätigung der Rechtsprechung).

Die Zahlungsfähigkeit der GmbH ist auch dann gegeben, wenn diese zwar mangels eigener Liquidität die von ihr zu erbringende Ausschüttung nicht leisten kann, sie sich als beherrschende Gesellschafterin einer Tochter-GmbH mit hoher Liquidität indes jederzeit bei dieser bedienen kann, um sich selbst die für ihre Ausschüttung erforderlichen Geldmittel zu verschaffe

BFH Urteil vom 2.12.2014, VIII R 2/12

Begründung:

Einnahmen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind, d.h. in dem er über diese wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Bankkonto des Empfängers gutgeschrieben werden. Indes kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Bei beherrschenden Gesellschaftern ist der Zufluss eines Vermögensvorteils aber nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen; denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen

Im Streitfall hielt der Kläger 80,98 % der Geschäftsanteile der X GmbH und war daher beherrschender Gesellschafter. Sein Zahlungsanspruch gegen die X GmbH aufgrund der von der X GmbH beschlossenen Vorabausschüttung war –darüber besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit– der Höhe nach eindeutig und unbestritten. Darüber hinaus war der Anspruch auch fällig und richtete sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft.

Zwar hatte die Gesellschafterversammlung der X GmbH die Fälligkeit der Vorabausschüttung auf den 21. Januar 2005 bestimmt. Der Beschluss über die Vorabausschüttung wurde indes bereits im November 2004, d.h. im Streitjahr, von der Gesellschafterversammlung gefasst. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist beim beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft als Zeitpunkt des Zuflusses von Gewinnanteilen in der Regel der Zeitpunkt der Beschlussfassung anzusehen und zwar selbst dann, wenn in dem Beschluss über die Ausschüttung ein späterer Fälligkeitszeitpunkt bestimmt war. Denn der Anspruch des Gesellschafters einer GmbH auf Auszahlung des Gewinns entsteht mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Gewinns. Er wird nach Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses sofort fällig, wenn nicht die Satzung der GmbH Vorschriften über Gewinnabhebungen oder Auszahlungen zu einem späteren Zeitpunkt enthält. Fehlen nämlich entsprechende Regelungen, hat es der beherrschende Gesellschafter einer zahlungsfähigen GmbH in der Hand, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs nach seinem Ermessen zu bestimmen. Er kann damit wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über seinen Gewinnanteil verfügen

Mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten bei mehreren Geschäftsführern mit gleichwertigen Aufgaben

Kommen für eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte mehrere Orte als Ort der Geschäftsleitung in Betracht, ist grundsätzlich eine Gewichtung der Tätigkeiten vorzunehmen und danach der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung zu bestimmen. Nehmen mehrere Personen gleichwertige Geschäftsführungsaufgaben von verschiedenen Orten aus wahr, ist eine Gewichtung nicht möglich; in diesem Fall bestehen mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten.

BFH Urteil vom 5.11.2014, IV R 30/11

Begründung:

Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung eines Unternehmens immer nur an einem Ort bestehen kann (dazu unter 1.). Aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG kann der Senat nicht entscheiden, an welchen Orten die Klägerin in dem streitigen Erhebungszeitraum eine Betriebsstätte unterhalten hat

Nach § 28 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes in der in 1992 (Streitjahr) geltenden Fassung (GewStG) ist der einheitliche Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten werden.

Für die Bestimmung des Begriffs der Betriebsstätte in § 28 Abs. 1 GewStG gilt die Definition in § 12 AO. Gemäß § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Die Stätte der Geschäftsleitung gehört nach § 12 Satz 2 Nr. 1 AO zu den Orten, die insbesondere als Betriebsstätte anzusehen sind. Gemäß § 10 AO ist die Geschäftsleitung der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung.

Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung i.S. von § 10 AO ist dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille gebildet wird. Es kommt hierbei darauf an, an welchem Ort die für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einigem Gewicht angeordnet werden. Regelmäßig ist das der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, d.h. an dem sie die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (sog. Tagesgeschäfte).

Für Personengesellschaften bedeutet dies, dass sich der Mittelpunkt der Geschäftsleitung regelmäßig dort befindet, wo die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende Geschäftsführertätigkeit entfalten. Für die Komplementär-GmbH einer KG ist deshalb entscheidend, an welchem Ort die für die GmbH handelnde Geschäftsführung die Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, tatsächlich wahrnimmt. Mit den Tagesgeschäften sind diejenigen Geschäfte gemeint, die in die alleinige Zuständigkeit des Komplementärs fallen und keines Gesellschafterbeschlusses bedürfen.

Nach § 12 Satz 1 AO setzt die Annahme einer Betriebsstätte eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Unschädlich für die Annahme einer Betriebsstätte ist es, wenn das betreffende Gebäude oder einzelne Räume auch von anderen Personen mitgenutzt werden. Die für die Annahme einer Geschäftseinrichtung erforderliche nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die betreffende Einrichtung verlangt eine Rechtsposition, die ohne Mitwirkung des Betreffenden nicht ohne Weiteres beseitigt oder verändert werden kann. Diese Rechtsposition muss jedoch weder ausdrücklich vereinbart noch auf einen bestimmten Raum oder Arbeitsplatz bezogen sein.

Es genügt, wenn aus tatsächlichen Gründen anzunehmen ist, dass dem Unternehmer irgendein für seine Tätigkeit geeigneter Raum zur Verfügung gestellt wird. Ausreichend ist es etwa, wenn der Besitzer der Einrichtung gegenüber dem Nutzer vertraglich verpflichtet ist, ihm eine Nutzungsmöglichkeit auf seinem Gelände einzuräumen, auch wenn damit keine Zuweisung eines für längere Zeit unentziehbaren Anspruchs auf einen bestimmten Arbeitsplatz verbunden ist. Unzureichend ausgeprägt ist die Verfügungsgewalt für die Annahme einer Betriebsstätte allerdings dann, wenn nur eine bloße Möglichkeit zur Mitnutzung von Einrichtungen eines Dritten besteht.

Kommen nach den vorgenannten Kriterien mehrere Orte als Ort der Geschäftsleitung in Betracht, so ist grundsätzlich eine Gewichtung der Tätigkeiten an den verschiedenen Orten vorzunehmen. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung nach § 10 AO ist dort anzunehmen, wo sich die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht bedeutsamste Stelle befindet .

In seltenen Fällen ist eine Gewichtung im vorstehenden Sinn allerdings nicht möglich mit der Folge, dass mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn mehrere Personen, die mit gleichwertigen Geschäftsführungsaufgaben betraut sind, diese nicht von einem gemeinsamen Ort, sondern von unterschiedlichen Orten aus wahrnehmen.

Bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags ist ein fiktiver Arbeitslohn (sog. Unternehmerlohn) für die im Betrieb der Klägerin tätigen Mitunternehmer gemäß § 31 Abs. 5 GewStG anzusetzen.

 

Tarifbegünstigung für den Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils unterliegt nicht der Tarifbegünstigung, wenn der Steuerpflichtige zuvor aufgrund einheitlicher Planung und im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils ohne Aufdeckung der stillen Reserven übertragen hat.

BFH Urteil vom 9.12.2014, IV R 36/13

Begründung:

Gegenstand der Entscheidung ist ausschließlich, ob die Veräußerung des verbliebenen Mitunternehmeranteils der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG unterliegt (zur Selbständigkeit dieser Feststellung.

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterliegt nicht der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige zuvor aufgrund einheitlicher Planung und im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung des Mitunternehmeranteils einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils gemäß § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf einen Angehörigen übertragen hat.

Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass die unentgeltliche Übertragung des Teils des Mitunternehmeranteils auf die Ehefrau gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zwingend zum Buchwert erfolgt und insoweit kein Veräußerungsgewinn entstanden ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 238, 135). Der Senat sieht diesbezüglich von weiteren Ausführungen ab.

Der Gewinn aus der im Anschluss an die unentgeltliche Teilanteilsübertragung erfolgten und hier allein streitigen Veräußerung des verbliebenen, verkleinerten Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht tarifbegünstigt gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG.

Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen in dem zu versteuernden Einkommen enthaltene außerordentliche Einkünfte der Tarifbegünstigung nach den Sätzen 2 bis 4. Gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte nur die enumerativ in § 34 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 EStG aufgeführten Einkünfte in Betracht, so u.a. nach Nr. 1 Veräußerungsgewinne i.S. des § 16 EStG. Durch die Verwendung der Worte “kommen nur in Betracht” hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass bei Vorliegen der unter den Nrn. 1 bis 5 aufgezählten Tatbestände die Gewährung der Tarifbegünstigung zwar nahe liegt, aber nicht zwingend ist.

Ein Veräußerungsgewinn i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt danach der Tarifbegünstigung nur, wenn er auch “außerordentlich” ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus. Das Erfordernis der Zusammenballung folgt aus dem Zweck der Tarifbegünstigung nach § 34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen. Die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG setzt demnach voraus, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden.

Ausgehend von diesem Normverständnis ist für die Tarifbegünstigung eines Gewinns aus der Veräußerung einer der unter den Tatbestand des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG fallenden Sachgesamtheiten gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG grundsätzlich eine zeitraumbezogene Betrachtung geboten, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit eine dieser Sachgesamtheit zugeordnete wesentliche Betriebsgrundlage ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus deren Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Umfasst ein “Veräußerungsplan” mehrere Teilakte, so gebietet der Zweck der Tarifbegünstigung, sämtliche Teilakte (hier die Übertragung und die Veräußerung) miteinander zu verklammern und als einen einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die Zusammenballung der Einkünfte zu betrachten (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2013, 376, und vom 5. Februar 2014 X R 22/12, BFHE 244, 49, BStBl II 2014, 388, jeweils m.w.N.). Außerordentliche Einkünfte liegen daher nicht vor, wenn durch einzelne Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall unterliegt der hier streitige Veräußerungsgewinn nicht der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG.

Umsatzsteuerfreie Unterrichtsleistungen

An der Steuerpflicht für Leistungen, die freie Mitarbeiter des Besucherdienstes beim Deutschen Bundestag gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erbringen, bestehen im Hinblick auf die Steuerfreiheit für Unterrichtsleistungen von anerkannten Einrichtungen und Privatlehrern nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL ernstliche Zweifel.

BFH Beschluss vom 7.1.2015, V B 102/14

Begründung:

Im Streitfall sind die Leistungen des Antragstellers nach nationalem Recht steuerpflichtig. Weder in der Person des Antragstellers noch in der seines Auftraggebers liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor.

Daher können die Leistungen des Antragstellers auch nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG steuerfrei sein. Entgegen dem Beschluss des FG ist jedoch ernstlich zweifelhaft, ob die nach nationalem Recht bestehende Steuerpflicht mit dem Unionsrecht in Einklang steht.

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung und die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen. Begünstigt werden die Leistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Steuerfrei ist zudem nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

Die vom Antragsteller erbrachten Leistungen stellen bei summarischer Prüfung Schulunterricht i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL dar. Der Antragsteller behandelte in seinen Führungen und Vorträgen staatspolitische und historische Themen. Aufgabe war es, die Ausbildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen zu vervollständigen und Kenntnisse und Kompetenzen zu vermitteln, die relevant sind im Kontext der Rahmenlehrpläne für Geschichte und Sozialkunde.

Bestätigt wird dies durch die Feststellungen des FG, nach denen es zu den Aufgaben des Antragstellers gehörte, in Vorträgen und Führungen im Bereich der Liegenschaften des Deutschen Bundestages dessen Gäste insbesondere über die deutsche Parlamentsgeschichte, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise der deutschen Volksvertretung sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse zu informieren. Zu den wesentlichen Zielgruppen dieser Veranstaltungen zählten Schüler, die im Rahmen mit öffentlichen Geldern bezuschusster Bildungsfahrten den Bundestag besuchten. Des Weiteren richtete sich das Besuchsangebot an Ausbildungsgänge der Bundeswehr, Lehrer und andere Ausbilder sowie an sonstige Multiplikatoren im Bereich der politischen Bildung. Vornehmlich gegenüber Schülern der 12. und 13. Jahrgangsstufe bezogen sich die Veranstaltungen auch auf zum Teil auf mehrere Tage angelegte Planspiele, die den Gesetzgebungsprozess im Deutschen Bundestag simulieren und den Teilnehmern neben inhaltlichen und prozeduralen Kenntnissen ein besseres Verständnis von den Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltung im parlamentarischen System vermitteln sollten. Die vorhergehende enge Abstimmung zwischen den die Schüler begleitenden Fachlehrern und den für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages eingesetzten Honorarkräften zielte dabei auf eine Einbindung des Informationsstoffs in die jeweiligen Lehrpläne. Ähnlichen Zwecken dienten auch die Parlamentsseminare, in denen Schüler vornehmlich höherer Klassenstufen, Auszubildende von Landes- und Bundesbehörden oder etwa Polizei- und Offiziersanwärter politische Fragestellungen mit entsprechenden Fachpolitikern aller Fraktionen erörtern konnten.

Der Antragsteller erfüllte bei summarischer Prüfung auch die unternehmerbezogenen Voraussetzungen für die nach dem Unionsrecht zu gewährende Steuerfreiheit. Dies gilt gleichermaßen für Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL wie auch für Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL