Unterkunftskosten im Rahmen eines Studiums

Kosten der Unterkunft eines Studenten am Studienort können als vorab entstandene Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Abzug gebracht werden, wenn der Studienort nicht der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen ist.  

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG kommt schon deshalb nicht zur Anwendung, weil eine Hochschule kein Beschäftigungsort im Sinne der Vorschrift ist (Anschluss an Senatsentscheidungen vom 9. Februar 2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431, und VI R 42/11, BFHE 236, 439).  

Ein Student, der seinen Lebensmittelpunkt an den Studienort verlagert hat, ist regelmäßig nicht auswärts untergebracht i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG.

BFH Urteil vom 19.9.2012, VI R 78/10

Begründung:

Werbungskosten, nämlich Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG liegen vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Sie sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Das kann auch bei einer berufsbezogenen Bildungsmaßnahme der Fall sein.

Als Werbungskosten abziehbar sind sämtliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der beruflichen Bildungsmaßnahme stehen, also i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG beruflich veranlasst sind. Hierzu gehören beispielsweise Fahrt- bzw. Mobilitätskosten. Da die Kosten für beruflich veranlasste auswärtige Übernachtungen zu den im Rahmen des objektiven Nettoprinzips abziehbaren beruflichen Aufwendungen gehören, können –wie bei einer Auswärtstätigkeit grundsätzlich auch die durch eine Bildungsmaßnahme veranlassten Unterkunftskosten Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein.

Entgegen der Auffassung des FG kommt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nicht zur Anwendung. Eine doppelte Haushaltsführung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch wohnt. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer am Ort einer Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG eine Unterkunft nimmt. Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist somit der Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte. Unter regelmäßiger Arbeitsstätte i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG versteht der BFH nach neuerer Rechtsprechung nur eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers und damit regelmäßig den Betrieb des Arbeitgebers. Eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung, wie eine Universität, ist nicht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Sucht ein Steuerpflichtiger, wie im Streitfall, eine solche Einrichtung auf, kommt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ebenso wenig wie bei der Auswärtstätigkeit eines Arbeitnehmers in Betracht.

Kosten der Unterkunft sind jedoch nur dann durch die Bildungsmaßnahme und damit beruflich veranlasst, wenn es sich dabei um notwendige Mehraufwendungen handelt. Das ist nur dann der Fall, wenn der Ort der Bildungsmaßnahme, hier der Studienort, nicht der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen ist und die Unterkunft dort zur Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts hinzukommt. Ob die außerhalb des Studienorts belegene Wohnung als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.

 

Berücksichtigung eines Zivildienstleistenden als Ausbildungsplatz suchendes Kind

Der Berücksichtigungstatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG wird nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil das Kind während seiner Bemühungen um einen Ausbildungsplatz den gesetzlichen Zivildienst ableistet.

BFH Urteil vom 27.9.2012, III R 70/11

Begründung:

Nach dieser Vorschrift wird ein Kind berücksichtigt, das  18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist hierfür erforderlich, dass ein Ausbildungsplatz fehlt und sich das Kind ernsthaft um einen solchen bemüht. Nach den Feststellungen des FG hat sich S spätestens im Monat März 2008 um einen Studienplatz beworben.

Nach dieser Vorschrift wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG liegt.

 Im Streitfall hat S die Übergangszeit von vier Monaten zwischen Schulabschluss und Beginn des gesetzlichen Zivildienstes überschritten. Ein Kindergeldanspruch lässt sich für die fünfmonatige Übergangszeit auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b oder c EStG stützen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats ist die gesetzliche Ausgestaltung der Tatbestände in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG, wonach ein Kind, das nach Beendigung der Schulzeit –unabhängig davon, ob absehbar oder nicht– länger als vier Monate auf den Beginn des Pflichtdienstes (gesetzlicher Wehr- oder Zivildienst) wartet, während dieser Übergangszeit nicht berücksichtigt wird, weder lückenhaft noch verstößt sie gegen das Grundgesetz.


Fiktive Säumnis kann Folge einer Scheckeinreichung sein

Die AO regelt generalisierend, wann eine durch Scheckeinreichung bewirkte Zahlung als entrichtet anzusehen ist; sie nimmt in Kauf, dass eine Zahlung mitunter als nicht entrichtet anzusehen ist, obwohl die Finanzbehörde bereits über den Zahlbetrag verfügen kann.

BFH Urteil vom 28.8.2012, VII R 71/11

Begründung (BFH):

Löst das Finanzamt einen Scheck so rechtzeitig ein, dass der Zahlbetrag dem Konto des Finanzamts noch innerhalb der Zahlungsfrist gutgeschrieben wird, kann trotzdem eine Säumnis vorliegen. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 28. August 2012 VII R 71/11 entschieden.

Werden Steuern nicht pünktlich bezahlt, erhebt das Finanzamt einen Säumniszuschlag von 1 % für jeden angefangenen Monat, und zwar auch dann, wenn die Zahlung nur um einen oder zwei Tage verspätet eingeht. Wann eine Steuer als "bezahlt" anzusehen ist, regelt die Abgabenordnung. Übergibt der Steuerpflichtige dem Finanzamt einen Bankscheck, gilt die Steuer erst am dritten Tag nach Eingang des Schecks beim Finanzamt als bezahlt. Das gilt auch dann, wenn die Bank dem Finanzamt den Steuerbetrag bereits am nächsten oder übernächsten Tag gutschreibt, der Scheck also schneller als von der Abgabenordnung (typisierend) unterstellt eingelöst wird. Auch in diesem Fall darf ein Säumniszuschlag erhoben werden.

Die Drei-Tage-Regel soll das Verwaltungsverfahren vereinfachen (das Finanzamt muss den Zahlungseingang nicht im Einzelfall ermitteln). Auch wenn aufgrund programmgesteuerter elektronischer Datenverarbeitung der tatsächliche Zahlungseingang erfasst werden könnte, ist die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Steuerpflichtige kann die Gefahr des Entstehens von Säumniszuschlägen ohne weiteres durch eine rechtzeitige Scheckeinreichung ausschließen.

Der Entscheidung liegt ein Fall zugrunde, in dem sich der Steuerpflichtige dagegen wehrte, dass das Finanzamt gegen ihn einen Säumniszuschlag von 8,50 € festgesetzt hatte, obwohl die Bank den von ihm übersandten Scheck am Fälligkeitstag der Steuer eingelöst hatte, das Finanzamt also am Fälligkeitstag über den Zahlbetrag bereits verfügen konnte.

 

 

Keine Verfassungszweifel an der Gewerbesteuer

Die Hinzurechnungsvorschriften des Gewerbesteuergesetzes (§ 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG) sind voraussichtlich nicht verfassungswidrig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 16. Oktober 2012 I B 128/12 entschieden. Die Entscheidung erging in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund „summarischer Prüfung“; der BFH hat danach keine "ernstlichen Zweifel", dass die Vorschrift verfassungsgemäß ist. Damit widerspricht der BFH einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Hamburg, das von der Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungsvorschriften überzeugt ist und deswegen durch einen vielbeachteten Beschluss vom 29. Februar 2012 1 K 138/10 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Durchführung einer Normenkontrolle angerufen hat.

Die Gewerbesteuer ist als sog. Realsteuer eine finanzverfassungsrechtlich garantierte kommunale Steuer. Grundlage dieser Steuer ist wie bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer zunächst der Gewinn des Gewerbebetriebs. Um den Kommunen einerseits einen Ausgleich für die durch den Betrieb verursachten Lasten zu schaffen und ihnen andererseits ein möglichst verstetigtes Steueraufkommen zu sichern, wird dieser Gewinn dann aber durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Besteuerungsgegenstand soll auf diese Weise der Gewerbebetrieb als „Objekt“ sein. Der Objektsteuercharakter ist in den letzten Jahrzehnten allerdings durch vielfache Gesetzesänderungen zurückgedrängt worden, um die Belastung der Unternehmen mit Substanzsteuerelementen zu vermindern. Das BVerfG spricht deshalb in ständiger Spruchpraxis von einer „ertragsorientierten Objektsteuer“, die aber nach wie vor den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge.

Diese Einschätzung des BVerfG hat das FG Hamburg durch sein Normenkontrollersuchen in Zweifel gezogen. Grund dafür gaben ihm die umgestalteten, seit 2008 anzuwendenden Hinzurechnungsvorschriften in § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG. Danach ist dem Gewinn des Gewerbebetriebs ein Viertel der Schuldentgelte, ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung beweglicher Wirtschaftsgüter sowie die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter hinzuzurechnen, wenn sie zuvor als Betriebsausgaben abgezogen worden sind. Gleiches gilt nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG für ein Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten. Das FG Hamburg erkennt in diesen Hinzurechnungsvorschriften insbesondere einen Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

Der BFH teilt diese Überzeugung angesichts der ständigen Spruchpraxis des BVerfG nicht. Er geht vielmehr davon aus, dass das Normenkontrollersuchen „offensichtlich“ erfolglos bleiben wird. Die einschlägigen Steuerbescheide der Finanzämter sind deshalb uneingeschränkt vollziehbar. Vorläufigen Rechtsschutz gewährt der BFH nicht. Die Entscheidung des BVerfG wird durch den Beschluss des BFH allerdings nicht vorweggenommen.

Der Streitfall betraf eine GmbH, die ein Hotel betreibt und daraus Verluste erwirtschaftete. Sie wandte Schuldentgelte in Höhe von rd. 50.000 €, Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter in Höhe von rd. 9,4 Mio. € und für unbewegliche Wirtschaftsgüter in Höhe von rd. 56 Mio. € sowie Lizenzgebühren in Höhe von rd. 87.000 € auf. Diese Aufwendungen führten bei der Ermittlung des Gewerbeertrages zu Hinzurechnungen zum Gewinn in Höhe von insgesamt 9,6 Mio. € und zu einem Gewerbesteuermessbetrag von rd. 62.000 €.

 

 

Einlage als Gestaltungsmissbrauch

Die Einzahlung von Geld auf ein betriebliches Konto ist eine Einlage i.S. von § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG a.F.; das gilt auch bei sinngemäßer Anwendung der Vorschrift auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG a.F. (entgegen FG München, Urteil vom 26. Januar 2007  7 K 3527/04, EFG 2007, 902).

Die kurzfristige Einlage von Geld stellt einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar, wenn sie allein dazu dient, die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG a.F. nicht abziehbarer Schuldzinsen zu umgehen; in diesem Fall entsteht der Steueranspruch so, wie er entstanden wäre, wenn die Einlage unterblieben wäre.

§ 42 AO a.F. ist nach der Aufhebung von § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG a.F. auf die betreffenden Fallgestaltungen (jedenfalls wieder) anwendbar.

BFH Urteil vom 21.8.2012, VIII R 32/09

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21. August 2012 VIII R 32/09 entschieden, dass die kurzfristige Einzahlung von Geld auf ein betriebliches Konto einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 der Abgabenordnung – AO – ) darstellt, wenn sie allein dazu dienen soll, die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abziehbarer Schuldzinsen zu vermeiden.

Der Abzug von Schuldzinsen als Betriebsausgaben wird durch diese Vorschrift eingeschränkt, wenn der Unternehmer mehr aus dem Betriebsvermögen entnommen hat, als dem Betrieb zuvor durch Einlagen und Gewinne zugeführt worden ist (sog. Überentnahmen). Schuldzinsen werden, soweit sie auf Überentnahmen beruhen, pauschal dem Gewinn wieder hinzugerechnet.

Im Streitfall wollte der Kläger die Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen dadurch vermeiden, dass er jeweils zum Ende des Jahres und nur für wenige Tage hohe Geldbeträge auf ein betriebliches Konto einzahlte. Das Geld hatte er sich von einem Kreditinstitut geliehen. Die Einzahlungen sollten als Einlagen den für die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen maßgeblichen Überentnahmesaldo vermindern.

Der BFH hat entschieden, dass die Einzahlungen zwar Einlagen sind, dass sie jedoch einen Gestaltungsmissbrauch darstellen und deshalb der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können. Zum einen waren die Einlagen für den Betrieb wirtschaftlich ohne Bedeutung und sollten allein dazu dienen, die persönliche Steuer zu mindern. Zum anderen könnte auf dem vom Kläger eingeschlagenen Weg der Zweck des § 4 Abs. 4a EStG, den Schuldzinsenabzug effektiv zu begrenzen, vollständig unterlaufen werden. Dies wird durch die Anwendung von § 42 AO vermieden.

 

 

Umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen im Internet

Ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft, kostenpflichtige erotische oder pornografische Bilder und Videos zu beziehen, ist auch dann umsatzsteuerrechtlich Leistender, wenn der Nutzer hierzu auf Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger Weise kenntlich gemacht wird.

BFH Urteil vom 15.5.2012, XI R 16/10

Begründung (BFH):

Mit Urteil vom 15. Mai 2012 XI R 16/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft, kostenpflichtige erotische oder pornografische Bilder und Videos zu beziehen, auch dann umsatzsteuerrechtlich Leistender ist, wenn der Nutzer hierzu auf Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger Weise kenntlich gemacht wird.

Die inländische Klägerin betrieb eine Internetseite. Sie verschaffte Nutzern des Internets die Möglichkeit, kostenpflichtige Bilder und Videos mit erotischen oder pornografischen Inhalten anzusehen. Die Nutzer, die die Internetseite der Klägerin aufgerufen hatten, wurden von dort auf die Internetseite eines Unternehmens mit Sitz in Spanien und von dieser auf die Internetseite einer GmbH weitergeleitet, auf der die Bilder und Videos enthalten waren. Das spanische Unternehmen stellte eine gebührenpflichtige Sonderrufnummer nebst Einwahlplattform zur Verfügung, über die Nutzer mit Hilfe eines sog. Webdialers über ihre Telefonrechnungen Gebühren für die bezogenen kostenpflichtigen Internetangebote entrichteten, und kehrte die eingezogenen Entgelte nach Abzug einer Provision an die Klägerin aus. Die Klägerin behandelte die vorbezeichneten Umsätze als nicht steuerbar. Sie war der Ansicht, dass mit einer Internetseite, die einladend auf eine andere verweise bzw. auf eine andere Internetseite weiterleite, gegenüber dem Nutzer keine Leistungen erbracht würden.

Dem folgte der BFH nicht. Der Betreiber einer Internetseite, der dort kostenpflichtige Leistungen anbiete, sei vergleichbar mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Waren verkaufe. So wie dieser umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler anzusehen sei, sei der Betreiber einer Internetseite als derjenige zu behandeln, der die dort angebotenen kostenpflichtigen Leistungen erbracht habe. Nur wenn der Betreiber einer Internetseite in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gebe, dass er für einen anderen tätig werde, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handele, und der Kunde, der dies erkannt habe, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erkläre, könne dessen Vermittlereigenschaft umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden.

 

 

Arbeitnehmerrabatte als Lohnvorteil

Endpreis i.S. des § 8 Abs. 3 EStG ist der am Ende von Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot stehende Preis und umfasst deshalb auch Rabatte.

BFH Urteil vom 26.7.2012, VI R 30/09

Begründung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Urteilen vom 26. Juli 2012 (VI R 30/09 und VI R 27/11) entschieden, dass nicht jeder Rabatt, den ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt.

In den vom BFH entschiedenen Streitfällen hatten Arbeitnehmer von ihren als Fahrzeughersteller tätigen Arbeitgebern jeweils Neufahrzeuge zu Preisen erworben, die deutlich unter den sog. „Listenpreisen“ lagen. Die Finanzämter setzten einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn an, soweit die vom Arbeitgeber gewährten Rabatte die Hälfte der durchschnittlichen Händlerrabatte überstieg. Dagegen wandten die Kläger ein, dass Lohn allenfalls insoweit vorliege, als der Arbeitgeberrabatt über das hinausgehe, was auch fremde Dritte als Rabatt erhielten.

Dieser Auffassung schloss sich der Lohnsteuersenat des BFH in den jetzt ergangenen Urteilen an. Er entschied, dass ein üblicher, auch Dritten eingeräumter Rabatt beim Arbeitnehmer nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Denn zum Arbeitslohn gehören zwar Vorteile, die Arbeitnehmern dadurch zufließen, dass Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses ihren Arbeitnehmern Waren zu einem besonders günstigen Preis verkaufen. Ob allerdings der Arbeitgeber tatsächlich einen besonders günstigen, durch das Arbeitsverhältnis veranlassten Preis eingeräumt hat, ist jeweils durch Vergleich mit dem üblichen Preis festzustellen. Maßgebend ist danach der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort (§ 8 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG -).

Bezieht der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber hergestellte Waren, richtet sich die Rabattbesteuerung grundsätzlich nach § 8 Abs. 3 EStG. Dann greifen zwar zu Gunsten des Arbeitnehmers Vergünstigungen, nämlich ein Bewertungsabschlag in Höhe von 4% sowie zusätzlich ein Rabattfreibetrag in Höhe von 1080 Euro (§ 8 Abs. 3 EStG); Grundlage dafür ist allerdings nicht der Marktpreis sondern der Endpreis des Arbeitgebers, also der Preis, zu dem der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Weil dieser vom Arbeitgeber bestimmte Endpreis aber auch weit über den tatsächlichen Marktverhältnissen liegen kann, hat – so der BFH -, der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung das Recht, den geldwerten Vorteil nach § 8 Abs. 2 EStG bewerten zu lassen, dann allerdings ohne Bewertungsabschlag und ohne Rabattfreibetrag.

 

 

Entschädigung bei arbeitnehmerähnlicher Ausgestaltung

Schuldet ein Rechtsanwalt seine Leistung trotz Beibehaltung der rechtlichen Selbständigkeit aufgrund eines Beratungsvertrags im Wesentlichen wie ein Arbeitnehmer, so kommt im Zusammenhang mit diesem Vertrag eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG bei ihm nach den Grundsätzen in Betracht, die für Arbeitnehmer gelten.

BFH Urteil vom 10.7.2012, VIII R 48/09

Begründung:

Zu Recht ist das FG deshalb davon ausgegangen, dass die (unberechtigte) Kündigung eines üblichen Mandatsvertrags für einen Rechtsanwalt grundsätzlich nicht zu Einnahmen gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG führt, wenn er für den dadurch entgangenen Gewinn entschädigt wird. Nach diesen Grundsätzen könnte der Kläger die Tarifbegünstigung auch für die streitige Vergleichszahlung nicht erlangen, wenn man mit dem FG bei einem Rechtsanwalt den Abschluss oder die Auflösung von Beratungsverträgen generell als üblichen Geschäftsvorfall ansieht.

Demgegenüber hat die Rechtsprechung § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit stets deutlich großzügiger gehandhabt. Bei Arbeitnehmern wendet die Rechtsprechung § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG bereits dann an, wenn die Zahlung unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt (veranlasst) und dazu bestimmt ist, diesen Verlust auszugleichen. Sie muss außerdem (funktional) auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen. Nicht (mehr) erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit vollständig einstellt. Eine tarifbegünstigte Entschädigung kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine Abfindung dafür zahlt, dass dieser einer Reduzierung seiner wöchentlichen Arbeitszeit zustimmt. Hinzukommen muss weiterhin, dass es sich um ein "besonderes Ereignis" handelt. Dies setzt nicht voraus, dass die Entschädigung für den vollständigen Verlust der (einzigen) Einkunftsquelle geleistet wird. Vielmehr ist ein "besonderes Ereignis" schon dann anzunehmen, wenn die Beendigung oder Änderung des Vertrags vom Arbeitgeber ausgeht oder wenn der Arbeitnehmer beim Abschluss einer Aufhebungs- oder Änderungsvereinbarung unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt hat.

Nach diesen Maßstäben käme im Streitfall eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG in Betracht, denn die streitige Zahlung war durch den Wegfall der künftigen Einnahmen aus dem Beratungsvertrag veranlasst und beruhte auf einer neuen Rechtsgrundlage (Vergleich). Ebenso wäre ein "besonderes Ereignis" anzunehmen, denn der Kläger stand beim Abschluss des Vergleichs unter Druck. Hierzu hat der IX. Senat des BFH jüngst entschieden, dass es nicht dem Zweck des von der Rechtsprechung entwickelten Merkmals der Zwangssituation entspricht, allein wegen einer gütlichen Einigung in einer konfligierenden Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen tatsächlichen Druck in Frage zu stellen.

Das hierdurch beschriebene Spannungsverhältnis ist in der Weise aufzulösen, dass bei der Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG die für Arbeitnehmer geltenden Grundsätze (analog) zu beachten sind, wenn im Rahmen der selbständigen Tätigkeit eines Rechtsanwalts ein Geschäftsbesorgungs- oder Rechtsberatungsvertrag arbeitnehmerähnlich ausgestaltet ist. Dies gebietet die rechtliche Gleichbehandlung von wesentlich Gleichem.

 

Keine Verbindlichkeiten oder Rückstellungen bei Frisör Gutscheine im Ausgabejahr

Wegen der Ausgabe von Gutscheinen, die einen Anspruch auf Preisermäßigung von Frisör-Dienstleistungen im Folgejahr gewähren, sind im Ausgabejahr weder Verbindlichkeiten noch Rückstellungen zu bilanzieren.

BFH Urteil vom 19.9.2012, IV R 45/09

Begründung:

Das FG hat zutreffend entschieden, dass die GmbH in den Streitjahren Verbindlichkeiten oder Rückstellungen weder für die im jeweiligen Folgejahr einzulösenden Gutscheine noch wegen des Risikos von Wettbewerbsverstößen bilden durfte.

Verbindlichkeiten hatte die GmbH wegen der Ausgabe der Gutscheine nicht auszuweisen, weil die darauf beruhenden Verpflichtungen der GmbH im jeweiligen Ausgabejahr dem Grunde nach ungewiss waren. Denn die Belastung der GmbH hing davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des begünstigten Zeitraums des Folgejahres eine Dienstleistung zu dem durch einen Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nahmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung.

Vorliegend war im Ausgabejahr noch ungewiss, ob und ggf. welche Dienstleistung der jeweilige Kunde im Folgejahr in Anspruch nehmen würde. Nichts anderes kann für die versprochene Preisermäßigung einer solchen Dienstleistung gelten. Diese war daher ebenfalls ungewiss, wie das FG zutreffend entschieden hat. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsnatur der Gutscheine ändert an diesem Zusammenhang nichts, ebenso wenig der Umstand, dass eine Weitergabe der Gutscheine an Dritte nicht ausdrücklich ausgeschlossen war. Das Vorbringen der Klägerin, es habe sich um Inhaberpapiere gehandelt, ist deshalb unerheblich. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten waren weder wegen der Gutscheine noch wegen möglicher Wettbewerbsverstöße zu bilden.

Die GmbH durfte wegen der Gutscheine keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, weil die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Denn sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.

 

Prämien wertlos gewordener Optionen als Werbungskosten

Das Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil wird auch dann i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG beendet, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der (wertlosen) Forderung aus dem Termingeschäft vermieden wird

BFH Urteil vom 26.9.2012, IX R 50/09

Begründung:

Nach § 23 Abs. 3 Sätze 1 und 5 EStG sind bei der Ermittlung des Gewinns oder des Verlusts aus privaten Veräußerungsgeschäften Werbungskosten abzuziehen. Das setzt voraus, dass ein Ergebnis einer nach § 23 Abs. 1 EStG steuerbaren Tätigkeit zu ermitteln ist. Der Revision ist insoweit beizupflichten, als die Abziehbarkeit von Werbungskosten nur in Betracht kommt, als es zu einer Ausübung der Option oder zu einer Veräußerung (in den Fällen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) oder zu einem anderen steuerrechtlich bedeutsamen Beendigungstatbestand kommt.

 Die Aufwendungen für die wertlos gewordenen Optionen, um die es hier geht, sind aber als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Termingeschäften gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen. Termingeschäfte sind private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG), durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Nach § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG ist der Gewinn oder Verlust bei einem Termingeschäft der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Werbungskosten.