Teilnahme an Betriebsveranstaltung als steuerpflichtiger Lohn aber keine organisatorischen Kosten

Zuwendungen eines Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung sind bei Überschreiten einer Freigrenze als Arbeitslohn zu beurteilen.

Der Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zugewandten Leistungen ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmen. Er kann anhand der Kosten geschätzt werden, die dem Arbeitgeber dafür erwachsen sind. In die Schätzungsgrundlage sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Das sind nur solche Leistungen, die die Teilnehmer unmittelbar konsumieren können.

Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung –insbesondere Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters– sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen

BFH Urteil vom 16.5.2013, VI R 94/10

Begründung:

In zwei neuen Entscheidungen (Urteile vom 16. Mai 2013 VI R 94/10 und VI R 7/11) hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zu der Frage fortentwickelt, unter welchen Voraussetzungen die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen bei Arbeitnehmern zu einem steuerbaren Lohnzufluss führt.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Zuwendungen eines Arbeitgebers anlässlich einer Betriebsveranstaltung erst bei Überschreiten einer Freigrenze (von 110 Euro/Person) als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Der Wert der den Arbeitnehmern zugewandten Leistungen kann anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Diese Kosten sind grundsätzlich zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen (s. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; PM vom 20. Februar 2013 Nr. 11/13).

Eine weitere Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn ist in diesen Fällen, dass die Teilnehmer durch die Leistungen objektiv bereichert sind. Dies hat der BFH nun durch Urteil vom 16. Mai 2013 (VI R 94/10) entschieden und seine bisher gegenteilige Rechtsprechung geändert. Zu einer objektiven Bereicherung führen dabei nur solche Leistungen, die von den teilnehmenden Arbeitnehmern unmittelbar konsumiert werden können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung betreffen (z.B. Mieten und Kosten für die Beauftragung eines Eventveranstalters) bereichern die Teilnehmer hingegen nicht und bleiben deshalb bei der Ermittlung der maßgeblichen Kosten unberücksichtigt.

Im Streitfall (VI R 94/10) hatte der Arbeitgeber anlässlich eines Firmenjubiläums seine Arbeitnehmer zu einer Veranstaltung in ein Fußballstadion eingeladen. Die Kosten hierfür betrafen vor allem Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Das Finanzamt (FA) hatte bei der Ermittlung der Freigrenze sämtliche Kosten berücksichtigt. Die Freigrenze war danach überschritten. Das Finanzgericht (FG) war dem gefolgt. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Zwar habe das FG die Freigrenze zu Recht mit 110 Euro bemessen. Die Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung hätten jedoch nicht berücksichtigt werden dürfen. Bleibe allein die Stadionmiete unberücksichtigt, sei die Freigrenze nicht überschritten.

 

 

Kosten einer Betriebsveranstaltung sind erst bei Überschreiten einer Freigrenze Arbeitslohn. Die Freigrenze beträgt auch 2007 noch 110 €.

Kosten eines Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung sind bei Überschreiten einer Freigrenze in vollem Umfang als Arbeitslohn zu werten. Die Freigrenze beträgt auch im Jahr 2007 noch 110 EUR.

Eine Anpassung der Freigrenze an die Geldentwertung ist nicht Aufgabe der Gerichte.

In die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, sind die den Arbeitgeber treffenden Gesamtkosten der Veranstaltung einzubeziehen und zu gleichen Teilen sämtlichen teilnehmenden Arbeitnehmern zuzurechnen, sofern die entsprechenden Leistungen Lohncharakter haben und nicht individualisierbar sind.

BFH Urteil vom 12.12.2012, VI R 79/10

Begründung (BFH):

Zuwendungen des Arbeitgebers sind nicht als Arbeitslohn zu versteuern, wenn sie nicht der Entlohnung des Arbeitnehmers dienen. Dies kann bei Leistungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen der Fall sein, wenn diese Veranstaltungen der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander dienlich sind. Die lohnsteuerrechtliche Wertung derartiger Zuwendungen hängt nicht davon ab, ob die Vorteilsgewährung im Einzelfall üblich ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat vielmehr in seiner bisherigen Rechtsprechung in typisierender Gesetzesauslegung eine Freigrenze angenommen, bei deren Überschreitung erst die Zuwendungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Die Finanzverwaltung legt ab Veranlagungszeitraum 2002 eine Freigrenze von 110 € je Veranstaltung zugrunde.

Der BFH hat mit Urteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10 entschieden, dass eine ständige Anpassung des Höchstbetrags (Freigrenze) an die Geldentwertung nicht Aufgabe des Gerichts sei. Nach seiner Auffassung ist zumindest für das Jahr 2007 noch an der Freigrenze in Höhe von 110 € festzuhalten. Der BFH fordert jedoch die Finanzverwaltung auf, „alsbald“ den Höchstbetrag auf der Grundlage von Erfahrungswissen neu zu bemessen. Er behält sich im Übrigen vor, seine bisherige Rechtsprechung zur Bestimmung einer Freigrenze als Ausfluss typisierender Gesetzesauslegung zu überprüfen.

Im Streitfall hatten sich die Kosten einer im Jahr 2007 durchgeführten Betriebsveranstaltung nach den Feststellungen des Finanzgerichts je Teilnehmer auf 175 € belaufen. Das Finanzamt hatte deshalb die dem Arbeitgeber entstandenen Kosten insgesamt als lohnsteuerpflichtig behandelt. Das Finanzgericht war dem gefolgt. Die Klägerin hatte im Revisionsverfahren die Auffassung vertreten, dass die Freigrenze durch den BFH an die Preisentwicklung anzupassen sei. Das hat der BFH abgelehnt. Er weist jedoch in der Entscheidung daraufhin, dass nur solche Kosten des Arbeitgebers in die Freigrenze einbezogen werden dürfen, die Lohncharakter haben.

 

Kein Vorsteuerabzug beim Betriebsausflug

Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG 1999 zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (Änderung der Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn er mit dieser Entnahme mittelbar Ziele verfolgt, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Der Unternehmer ist aus Leistungen für Betriebsausflüge, die ausschließlich und unmittelbar dem privaten Bedarf des Personals i.S. von § 3 Abs. 9a UStG 1999 dienen, im Regelfall auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er mittelbar beabsichtigt, durch den Betriebsausflug das Betriebsklima zu verbessern. Anders ist es nur, wenn es sich im Verhältnis des Unternehmers zum Betriebsangehörigen um eine sog. Aufmerksamkeit handelt.

BFH Urteil vom 9.12.2010, V R 17/10

Leitsatz

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zeitgleich drei Grundsatzurteile zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. In allen drei Entscheidungen (s. hierzu auch PM Nr. 17 und 19) betont der BFH, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur besteht, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet. Es muss sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringt und die entweder steuerpflichtig oder wie z.B. Ausfuhrlieferungen einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind demgegenüber unerheblich.

 

Das Urteil vom 9. Dezember 2010 V R 17/10 betrifft die Frage des Vorsteuerabzugs bei Betriebsausflügen durch Unternehmer, die –wie der Steuerberater des Streitfalls– nach ihrer allgemeinen Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Bei Betriebsausflügen besteht eine Freigrenze von 110 Euro je Arbeitnehmer, bei deren Einhaltung eine private Mitveranlassung typisierend verneint wird. Der Unternehmer ist dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, ohne dass eine Entnahme zu versteuern ist.

Übersteigen die Aufwendungen für den Betriebsausflug die Freigrenze von 110 Euro, ist von einer Mitveranlassung durch die Privatsphäre der Arbeitnehmer auszugehen. Nach der bisherigen Rechtsprechung war der Unternehmer dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, hatte aber eine Entnahme zu versteuern. Diese Rechtsprechung hat der BFH jetzt aufgegeben. Anders als bisher besteht bei Überschreiten der Freigrenze für den Unternehmer kein Anspruch auf Vorsteuerabzug mehr; dementsprechend unterbleibt die bisherige Entnahmebesteuerung. Maßgeblich ist hierfür, dass sich Entnahme für unternehmensfremde Privatzwecke und Leistungsbezug für das Unternehmen gegenseitig ausschließen. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, das Betriebsklima zu fördern, ändert hieran nichts. Die neue Rechtsprechung kann sich beim Bezug steuerfreier Leistungen wie z.B. Theaterbesuchen als vorteilhaft erweisen. Die Sache wurde an das Finanzgericht zur Aufklärung weiterer Umstände des Einzelfalls zurückverwiesen.

Aufteilung von Sachzuwendungen bei gemischt veranlasster Betriebsveranstaltungen

Sachzuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich einer Veranstaltung, die sowohl Elemente einer Betriebsveranstaltung als auch einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthält, sind grundsätzlich aufzuteilen.

Die Aufwendungen des Arbeitgebers für die Durchführung der gemischt veranlassten Gesamtveranstaltung sind nur dann kein Arbeitslohn, wenn die dem Betriebsveranstaltungsteil zuzurechnenden anteiligen Kosten die für die Zuordnung bei Betriebsveranstaltungen maßgebliche Freigrenze nicht überschreiten.

BFH Urteil vom 30. April 2009 VI R 55/07

Begründung:

Das Gericht hat zwar zu Recht entschieden, dass bei einer gemischt veranlassten Betriebsveranstaltung eine Aufteilung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse möglich und erforderlich ist. Bei der Aufteilung hat es jedoch einen nicht sachgerechten Aufteilungsmaßstab herangezogen.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Zweck der Vorschrift ist es, für solche Betriebsveranstaltungen, die nach der Rechtsprechung des Senats zum Zufluss von Arbeitslohn führen, die Möglichkeit einer Pauschalbesteuerung zu eröffnen.

Nach ständiger Rechtsprechung können auch Aufwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen.

Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach sind bei Überschreiten einer Freigrenze 110 € die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren.

Eine Betriebsveranstaltung in diesem Sinn kann Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung, die nicht oder nicht insgesamt zur Lohnzuwendung führt, enthalten. Die Gesamtveranstaltung ist dann als gemischt veranlasst zu qualifizieren mit der Folge, dass die Sachzuwendungen an die Arbeitnehmer aufzuteilen sind.

Die gebotene Aufteilung der Sachzuwendungen war vorzunehmen. Danach sind für die Aufteilung zunächst die Kostenbestandteile zu trennen, die sich leicht und eindeutig dem betriebsfunktionalen Bereich und dem Bereich, dessen Zuwendung sich als geldwerter Vorteil darstellt, zuordnen lassen. Die Kosten rein betriebsfunktionaler Bestandteile kommen von vornherein nicht als Arbeitslohn in Betracht. Auf der anderen Seite sind die Kosten solcher Bestandteile vollumfänglich als Arbeitslohn zu erfassen, die sich –isoliert betrachtet– als geldwerter Vorteil erweisen. Hierzu gehören u.a. die Kosten für gemeinsame Feiern und Unterhaltung. Bei den Kosten, die sich den genannten Kosten nicht zuordnen lassen und die deshalb im Wege sachgerechter Schätzung aufzuteilen sind, handelt es sich insbesondere um die Kosten für die Beförderung, Unterbringung und Verpflegung. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab ist dabei grundsätzlich das Verhältnis der Zeitanteile heranzuziehen, in dem die Veranstaltungs-Bestandteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Bestandteilen stehen.

Nach den Grundsätzen  sind zur Ermittlung eines sachgerechten Aufteilungsmaßstabs (nur) die Veranstaltungsteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Veranstaltungsteilen in ein Verhältnis zu setzen. Die Zeitanteile für die Beförderung zu und von der Gesamtveranstaltung bleiben dabei außer Betracht. Im Streitfall betrug danach die aufteilbare Zeit 12,5 Stunden und nicht, wie vom FG angenommen, 15,5 Stunden. Nach den Feststellungen des FG entfielen davon 5,5 Stunden auf Veranstaltungsteile mit rein betriebsfunktionaler Zielsetzung. Daraus folgt eine Aufteilung der Kosten für den Bustransfer und die Schiffstour von 56 % zu 44 %, d.h. 56 % sind als Arbeitslohn zu erfassen und 44 % führen nicht zu Arbeitslohn.

Aufwendungen aus Anlass einer Betriebsveranstaltung

Aufwendungen des Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung erlangen beim Überschreiten einer Freigrenze (im Urteilsfall für die Jahre 1996 und 1997 200 DM je teilnehmendem Arbeitnehmer), ein derartiges Eigengewicht, dass sie in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sind (Bestätigung der Rechtsprechung).

BFH Urteil vom 16. November 2005 VI R 151/00