Vorzeitige Kündigung einer Kapitallebensversicherung

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hat vor dem 1. Januar 2005 eine Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen und diese vor Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss gekündigt. Die in dem Gesamtrückkaufswert enthaltenen Kapitalerträge legte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) der Einkommensteuerfestsetzung für 2006 zugrunde.

Im Einspruchsverfahren machten die Kläger erfolglos geltend, dass die Differenz zwischen den insgesamt geleisteten Beiträgen zur Lebensversicherung und dem Rückkaufswert abzüglich der Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sei.

BFH Beschluss vom 23.9.2013, VIII B 40/13

Begründung:

Die Besteuerung der Zinsen ohne Berücksichtigung des Verlusts der eingezahlten Sparanteile widerspricht nicht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes). Vielmehr ist ihr Ergebnis (kein Abzug der Aufwendungen auf den Vermögensstamm bei dessen Verlust) die folgerichtige Ausprägung der Systematik der im Streitfall anwendbaren bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.

Eine steuerliche Berücksichtigung des geltend gemachten Verlusts würde zu einer Durchbrechung des Systems der Einkünfteermittlung führen, nach dem Aufwendungen für den Erwerb nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG) dienen, die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer grundsätzlich nicht mindern. Eine solche wäre nur statthaft, wenn auch Wertveränderungen des eingezahlten Vermögens bei der Ermittlung der Einkünfte, die aus einer Lebensversicherung erzielt werden, berücksichtigt würden (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Mai 1970  1 BvL 17/67, BVerfGE 28, 227, BStBl II 1970, 579)

Diese unterscheidet sich von den der Rechtsprechung des BFH zugrunde liegenden Kapitalanlagen dadurch, dass sie das Risiko des Versterbens des Kapitalanlegers mit absichert. In diesem Fall wird die Versicherungssumme vorzeitig in voller Höhe und nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG steuerfrei ausgezahlt. Die Erzielung dieses Vermögensvorteils bei Eintritt des Versicherungsfalles ist nicht nur mitursächlich, sondern wesentlicher Grund für den Abschluss einer Lebensversicherung als Kapitalanlage. Die Minderung des Rückkaufswerts, die nach den Vertragsbedingungen nicht nur auf den Abschlusskosten und Kosten der Vermögensverwaltung, sondern im Wesentlichen auch darauf beruht, dass die Versicherung sofort nach Vertragsabschluss den vollen Versicherungsschutz übernommen hat, ist danach Aufwand für eine Kapitalanlage, bei der die Erzielung von steuerfreien Vermögensvorteilen im Vordergrund steht.

Der von dem Kläger geltend gemachte Verlust wurde danach nicht durch die erzielten Kapitalerträge veranlasst, sondern dadurch, dass er den Vertrag über die Lebensversicherung zu einem Zeitpunkt gekündigt hat, zu dem der Rückkaufswert unter den bereits eingezahlten Beiträgen lag. Es handelt sich um einen Verlust in der privaten Vermögenssphäre, der bei der Einkommensteuerfestsetzung nicht als Werbungskosten gemäß § 9 EStG berücksichtigt werden kann.

 

Unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungskosten dienende Darlehen trotz Vorfinanzierung durch Eigenmittel

Darlehen aus Policendarlehen dienen auch dann i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungskosten, wenn ein Teil dieser Kosten vor Eingang der Darlehensvaluta auf dem Konto des Steuerpflichtigen aus anderen Mitteln bezahlt wird, der Steuerpflichtige aber bei Veranlassung dieser Zahlung berechtigt von einer Gutschrift der Darlehensvaluta spätestens im Zeitpunkt der Zahlung ausgehen kann.

BFH Urteil vom 9.2.2010, VIII R 21/07

Begründung:

Die auf sie aufgenommenen Policendarlehen stehen dem Abzug der Versicherungsaufwendungen als Sonderausgaben aber dann entgegen, wenn die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen nicht –wie von § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG vorausgesetzt– der Sicherung von Darlehen dienen, die selbst "unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines (zur Einkünfteerzielung bestimmten) Wirtschaftsgutes dienen". Diese Voraussetzung ist grundsätzlich nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten für das Wirtschaftsgut –wie hier die Grunderwerbsteuer für die Eigentumswohnung– bereits vor Eingang der Darlehensvaluta aus Eigenmitteln zahlt. Denn dann dient die später eingehende Darlehensvaluta denkgesetzlich nicht mehr unmittelbar  der Finanzierung der Anschaffungskosten, sondern füllt die für die Anschaffungskosten vorab verwendeten anderweitigen Mittel wieder auf. Diese Beurteilung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, nach der Darlehen nicht der Finanzierung der Anschaffung eines Vermietungsobjekts dienen, soweit dessen Anschaffungskosten aus Eigenmitteln getragen worden sind.

Allerdings geht der Senat angesichts des begrenzten Zwecks der Regelung, bestimmte Finanzierungsmodelle zu vermeiden (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 55 ff.), davon aus, dass die Merkmale "unmittelbar und ausschließlich" in § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG eine kurzfristig vor Gutschrift der Darlehensvaluta erfolgende Vorfinanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts aus Eigenmitteln zulassen.

Steuerpflicht von Zinsen aus Lebensversicherungen – Steuerschädliche Darlehensverwendung

Dient ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, nicht dazu, unmittelbar und ausschließlich Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu finanzieren, sondern um ein bereits früher aufgenommenes Darlehen umzuschulden, so ist das i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG unschädlich, wenn der Kläger u.a. nachweisen kann, dass die Darlehensschuld bis zum 13. Februar 1992 bereits entstanden war.

Hat das "Altdarlehen" der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts gedient, so dient wirtschaftlich gesehen auch das umgeschuldete "neue" Darlehen (noch immer) der Finanzierung dieser Anschaffungskosten. Konnten die Lebensversicherungsansprüche daher zur Sicherung des "Altdarlehens" steuerunschädlich eingesetzt werden, ist nach dem Zweck der Regelung auch die Umschuldung und der dafür wiederum erforderliche Einsatz der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag steuerunschädlich.

Die sich im Rahmen des Üblichen haltende Finanzierung, die auch ein bankübliches Disagio umfassen kann, ist steuerunschädlich, weil das Darlehen lediglich der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dienen muss, nicht aber unmittelbar der Anschaffung selbst.

BFH Urteil vom 19. Januar 2010 VIII R 40/06

Abschlusskosten Lebensversicherung keine Werbungskosten

Es ist bereits mehrfach höchstrichterlich entschieden und deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung, dass Abschlusskosten für Lebensversicherungen nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind, sondern Anschaffungsnebenkosten für den Erwerb einer Kapitalanlage i.S. von § 20 EStG darstellen.

Der BFH hat auch entschieden, dass Gebühren für den Erwerb nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG und Abs. 2 Nr. 2 EStG) dienen, nur nach Maßgabe der Sonderregelungen der §§ 17, 23 EStG sowie des § 21 UmwStG – d.h. als Teil der Anschaffungskosten – die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer mindern.

Das gilt nicht nur für die Abschlusskosten, sondern gleichermaßen für die in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Verwaltungskostenanteile.

BFH Beschluss vom 06.11.2009 –  VIII B 186/09 BFH NV 2010 S. 235

Steuerpflicht von Zinsen aus Lebensversicherungen; steuerschädliche Darlehensverwendung

Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlt, auf dem auch andere Zahlungseingänge verbucht werden und erfolgt über dieses Konto nicht nur die Anschaffung des Wirtschaftsguts, für welches das Darlehen aufgenommen wurde, sondern werden darüber auch andere Zahlungen geleistet, so erfüllt das Darlehen bereits wegen der Vermischung der Darlehensmittel mit anderen Geldbeträgen nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG.

Wird ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.

BFH Urteil vom 24. November 2009 VIII R 29/07

Begründung:

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG sind Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, steuerpflichtig. Von dieser Steuerpflicht begründet Satz 2 der Vorschrift eine Ausnahme für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Da es sich bei der Lebensversicherung des Klägers nicht um eine Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG) und auch der Sonderfall des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nicht gegeben ist (Besicherung betrieblich veranlasster Darlehen nicht länger als drei Jahre), kann die Steuerpflicht nur entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Daran mangelt es im Streitfall. Denn die zwischen den Beteiligten allein umstrittene Frage, ob das durch die Lebensversicherung abgesicherte Darlehen "unmittelbar und ausschließlich" der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Windenergieanlage gedient hat, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz zu verneinen.

 

 

Keine Steuerbarkeit von Zinsen aus Sparanteilen in Beiträgen zu Lebensversicherungen

Die Steuerfreiheit nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Sätze 2 und 3 EStG i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG i.d.F. von Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, ist ungeachtet der Verwendung der Versicherungen zur Sicherung von Policendarlehen gegeben, wenn diese Darlehen vor Ablauf von drei Jahren aus anderen Mitteln des Steuerpflichtigen zurückgeführt wurden und damit die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für einen Einsatz der Versicherungen zur Tilgung nicht eingetreten sind.

BFH Urteil vom 6. Oktober 2009 VIII R 7/08

Begründung:

Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass der streitige Lebensversicherungsvertrag innerhalb des Dreijahreszeitraums nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nicht nur der Sicherung der Policendarlehen, sondern darüber hinaus auch –steuerschädlich– der Tilgung dieser Darlehen gedient hat und damit die Steuerbegünstigung für die Lebensversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ausschließt.

Provisionen bei ringweiser Vermittlung von Lebensversicherungen

Auch bei ringweiser Vermittlung von Lebensversicherungen unter nahen Angehörigen und wechselseitiger Weitergabe der dafür erhaltenen Provisionen wird eine nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare sonstige Leistung erbracht..

Die bei ringweiser Vermittlung als Gegenleistung von der Versicherungsgesellschaft vereinnahmte Provision kann nicht um eben den Betrag der Provision als Werbungskosten gemindert werden, wenn der Vermittler diesen Betrag aufgrund einer Vereinbarung der an der ringweisen Vermittlung beteiligten Personen untereinander zwar an den Versicherungsnehmer weiterleiten muss, er umgekehrt aber einen Auskehrungsanspruch gegenüber demjenigen hat, der den Abschluss seiner Versicherung vermittelt.

BFH Urteil vom 20. Januar 2009 IX R 34/07

Erläuterung:

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Januar 2009 IX R 34/07 müssen Provisionen aus der ringweisen Vermittlung von Lebensversicherungen von jedem Empfänger versteuert werden. Treffen mehrere Steuerpflichtige die Abrede, sich sozusagen ringweise Lebensversicherungen zu vermitteln und die dafür erhaltenen Provisionen an den jeweiligen Versicherungsnehmer weiterzugeben, so kann die als Gegenleistung für die Vermittlung von der Versicherungsgesellschaft vereinnahmte und nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes steuerbare Provision nicht um eben den Betrag der Provision als Werbungskosten gemindert werden, die der Vermittler an den Versicherungsnehmer weiterleiten muss, wenn er umgekehrt einen Auskehrungsanspruch gegen denjenigen hat, der den Abschluss seiner Versicherung vermittelt. In dem vom BFH mit Urteil vom 20. Januar 2009 entschiedenen Fall hatten drei Personen (A, B und C) miteinander vereinbart, dass A für B eine Versicherung vermitteln, die dafür erhaltene Provision (31 500 DM) aber an B weiterleiteten sollte, während C eine Versicherung für A vermitteln und die verdiente Provision (31 500 DM) A überweisen sollte – und so fort. Diese die Vermittlungsleistungen umfassende Verwendungsvereinbarung lässt den Aufwandscharakter der (Weiterleitungs-)Zahlungen entfallen.