Personelle Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung

Eine personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen ist regelmäßig gegeben, wenn die Personen, die an beiden Unternehmen zusammen mehrheitlich beteiligt sind und damit das Betriebsunternehmen (Kapitalgesellschaft) beherrschen, auch im Besitzunternehmen über die Mehrheit der Stimmen verfügen und im Besitzunternehmen kraft Gesetzes oder vertraglich wenigstens für Geschäfte des täglichen Lebens das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist (Bestätigung der Rechtsprechung).

Stehen zugleich Geschäftsführungsbefugnisse im Besitz- und/oder Betriebsunternehmen nicht oder nicht ausschließlich den Mehrheitsgesellschaftern zu, so ist ausnahmsweise im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, ob die Regelungen zur Geschäftsführung der Annahme einer Beherrschungsidentität entgegenstehen.

BFH Urteil vom 16.05.2013 – IV R 54/11 (NV) BFH/NV 2013,

Begründung:

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin dagegen, dass das FA und ihm folgend auch das FG im Streitfall von einer Betriebsaufspaltung zwischen ihr, und der GmbH ausgegangen sind und infolgedessen nicht nur die Einkünfte aus der Vermietung eines Teils des Grundstücks G (Spielhalle) an die GmbH, sondern auch alle übrigen Einkünfte der Klägerin gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als gewerblich qualifiziert haben. Soweit sich die Klägerin auch auf die Existenz einer weiteren "namensidentischen" GbR berufen hat, lässt sich weder ihrem vor dem FG noch ihrem im Revisionsverfahren gestellten Antrag das die Höhe der erzielten Einkünfte betreffende Klagebegehren entnehmen, einen Teil der streitbefangenen Einkünfte nicht ihr –der Klägerin–, sondern jener GbR zuzurechnen. Nach dem vor dem FG gestellten Aufhebungsantrag genügte der Klägerin die Wiederherstellung des Ausgangsbescheids. Deshalb geht der erkennende Senat davon aus, dass nur die Einkünftequalifikation als selbständige Feststellung im Streit ist.

Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung zwischen der Klägerin als Besitzgesellschaft und der GmbH als Betriebsgesellschaft und damit einer Betriebsaufspaltung zwischen beiden Gesellschaften bejaht. Deshalb kommt nicht in Betracht, die Einnahmen aus der teilweisen Vermietung des Grundstücks G an die GmbH als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren.

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Grundlagen für seinen Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben; dieser ist anzunehmen, wenn die Person, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen kann. Ob die damit umschriebenen Voraussetzungen einer sachlichen und personellen Verflechtung vorliegen, ist nach den Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden. Ist aufgrund besonderer sachlicher und personeller Gegebenheiten eine so enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Besitzgesellschaft und dem Betriebsunternehmen zu bejahen, dass die Besitzgesellschaft durch die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, so ist die Besitzgesellschaft nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Betriebsaufspaltung gewerblich tätig.

Im Streitfall kann offenbleiben, ob –auch wenn die Klägerin diese nicht in Abrede stellt– zwischen der Klägerin und der GmbH eine sachliche Verflechtung bestanden hat. Eine Betriebsaufspaltung kommt im Streitfall bereits deshalb nicht in Betracht, weil unter den hier vorliegenden Umständen eine personelle Verflechtung zwischen der Klägerin und der GmbH ausscheidet.

Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Für die personelle Verflechtung ist nämlich entscheidend, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Person oder Personen bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen.

 Das FG ist davon ausgegangen, dass A und C als Personengruppe in der Lage waren, sowohl in der GmbH als Betriebsgesellschaft –dort als alleinige Gesellschafter– als auch bei der Klägerin als Besitzgesellschaft –hier aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung von insgesamt 52 %– ihren Willen durchzusetzen. Zwar wird diese Auffassung –bei isolierter Betrachtungsweise– durch einzelne Regelungen des Gesellschaftsvertrags der Klägerin gestützt. Das FG hat jedoch rechtsfehlerhaft den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zur Geschäftsführung bei der Klägerin keine entscheidende Bedeutung beigemessen. In einer Gesamtschau lassen sich die gesellschaftsvertraglichen Regelungen nur dahin würdigen, dass A und C nicht in der Lage waren, in der GbR (Klägerin) ihren Willen durchzusetzen.

Eine Betriebsaufspaltung liegt wegen fehlender personeller Verflechtung nicht vor, wenn an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter der Besitz-Personengesellschaft beteiligt sind und die Beschlüsse der Besitz-Personengesellschaft einstimmig gefasst werden müssen. Umgekehrt ist eine personelle Verflechtung gegeben, wenn die Personen, die an beiden Unternehmen zusammen mehrheitlich beteiligt sind und damit die Betriebs-GmbH beherrschen, auch im Besitzunternehmen über die Mehrheit der Stimmen verfügen und im Besitzunternehmen kraft Gesetzes oder vertraglich wenigstens für Geschäfte des täglichen Lebens das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist.

Ausgehend hiervon deuten im Streitfall die Regelungen des § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags auf das Vorliegen einer personellen Verflechtung hin, soweit danach Gesellschafterbeschlüsse in allen Angelegenheiten der Gesellschaft zulässig sind und die Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit zu erfolgen hat. Käme es im Streitfall allein auf das in § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags statuierte Mehrheitsprinzip an, könnten A und C, die gemeinsam im Besitzunternehmen (Klägerin) über eine einfache Mehrheit verfügten, auch dort ihren Willen durchsetzen. Diese Sichtweise misst jedoch den im Streitfall vorliegenden Regelungen zur Geschäftsführung nur ungenügende Bedeutung bei. Das alleinige Abstellen auf die Stimmenmehrheit nach den Grundsätzen der Personengruppentheorie berücksichtigt nämlich nicht ausreichend die Situation, dass zugleich Geschäftsführungsbefugnisse im Besitz- und/oder Betriebsunternehmen nicht oder nicht ausschließlich den Mehrheitsgesellschaftern zustehen; in diesem Fall ist (ausnahmsweise) im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, ob die Regelungen zur

Scheidet im Streitfall eine personelle Verflechtung und damit die Annahme einer Betriebsaufspaltung aus, hat die Klägerin auch im Rahmen der Vermietung eines Teils des Grundstücks G an die GmbH keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Schon deshalb kann auch hinsichtlich der übrigen Einkünfte der Klägerin keine Abfärbewirkung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eintreten. Insoweit braucht der Senat keine Stellung zu der von der Klägerin aufgeworfenen Frage zu nehmen, ob wegen relativer und/oder absoluter Geringfügigkeit der infolge einer Betriebsaufspaltung als gewerblich zu qualifizierenden Einkünfte keine Abfärbewirkung hinsichtlich der übrigen Einkünfte der Klägerin eintritt.

 

Personelle Verflechtung bei Betriebsaufspaltung

Die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mehrheitsgesellschafter einer Betriebsgesellschaft mbH und Alleineigentümer des Betriebsgrundstücks dieses einer zwischengeschalteten GmbH zur Weitervermietung an die Betriebsgesellschaft überlässt.
(BFH Urteil vom 28. November 2001 XR 50/97)

Personelle Verflechtung bei Betriebsaufspaltung

Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die sogenannte Personengruppentheorie entwickelt worden. Danach liegt eine personelle Verflechtung auch dann vor, wenn an der Besitz- und Betriebsgesellschaft jeweils zwei Personen beteiligt sind, von denen eine die Mehrheit der Anteile an der Besitzgesellschaft und die andere die Mehrheit der Anteile an der Betriebsgesellschaft hält. Diese gilt auch für den Fall wenn die Stimmrechte in beiden Gesellschaften konträr ausgestaltet sind.

Die nach der Personengruppentheorie geltende Vermutung das die Beteiligten gleichgerichteter Interessen haben, kann nur durch den Nachweis eines konkreten Interessenkonflikts erschüttert werden.

(BFH Beschluss vom 14. August 2001 – IV B 120/00 BFHNV 2001 S.1561f).

Um eine Betriebsaufspaltung in diesen Fällen zu verhindern, sollten die unterschiedlichen Meinungen und Interessen der Beteiligten in den Gesellschafterprotokollen dargestellt werden.

In diesem Fall kann der Nachweis dann relativ einfach dargestellt werden.