Gewerbesteuer bei Übergang des Vermögens einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft

Der Gewerbesteuer unterliegen innerhalb der Fünf-Jahres-Frist die Gewinne aus einer oder mehreren Veräußerungen einer der in § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG genannten Sachgesamtheiten, soweit hierin stille Reserven enthalten sind, die dem von der Kapitalgesellschaft zur Personengesellschaft übergegangenen Betriebsvermögen zuzuordnen sind.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 28.4.2016, IV R 6/13

Sachverhalt:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer GbR eine …. Die Klägerin wurde am 2. Januar 1996 von den Gründungsgesellschaftern A, B, C, D und E gegründet. Mit Wirkung zum 2. Januar 1996 brachten die Gesellschafter A, B und C nach § 24 des Umwandlungssteuergesetzes in der in den Streitjahren (1997 bis 1999) geltenden Fassung (UmwStG 1995) sämtliche von ihnen gehaltenen Gesellschaftsanteile an vier GbR in die Klägerin ein. Jede dieser GbR war zuvor mit Wirkung auf den 1. Januar 1996 durch Formwechsel (§§ 190 ff. i.V.m. § 226 des Umwandlungsgesetzes) aus einer GmbH hervorgegangen. In der Folgezeit veränderte sich der Gesellschafterbestand der Klägerin mehrfach.

Im Anschluss an Außenprüfungen vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Auffassung, dass die aus den vorgenannten Veräußerungen erzielten Gewinne gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 der Gewerbesteuer unterlägen.

Begründung:

Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Gewinne, die die Gesellschafter der Klägerin in den Streitjahren durch Anteilsverkäufe erzielt haben, nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 gewerbesteuerpflichtig sind, soweit sie auf die Veräußerung des ehemaligen Vermögens der GmbH entfielen. Wird der Betrieb der Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert, unterliegt ein Auflösungs- oder Veräußerungsgewinn nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 (i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts vom 28. Oktober 1994, BGBl I 1994, 3267) der Gewerbesteuer.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig und es entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass der mit Wirkung auf den 1. Januar 1996 durchgeführte Formwechsel der vier GmbH in GbR als Vermögensübergang i.S. des § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 zu qualifizieren und dadurch die in der Vorschrift normierte Fünf-Jahres-Frist in Gang gesetzt worden ist. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

Der Gewerbesteuer unterliegen innerhalb der Fünf-Jahres-Frist sämtliche Gewinne aus einer oder mehreren Veräußerungen einer der in § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG 1995 genannten Sachgesamtheiten, soweit hierin stille Reserven enthalten sind, die –wenn auch nicht mit dem am Umwandlungsstichtag maßgeblichen Wert   dem von der Kapitalgesellschaft zur Personengesellschaft übergangenen Betriebsvermögen zuzuordnen sind. Die gewerbesteuerliche Verstrickung des von der Kapitalgesellschaft auf die Personengesellschaft übergegangenen Betriebsvermögens wird durch Veräußerungsvorgänge innerhalb der Fünf-Jahres-Frist nur insoweit gelöst, als dadurch die in dem übergegangenen Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt worden sind.

Nach diesen Maßstäben kommt es für die Frage, ob ein innerhalb der Fünf-Jahres-Frist erzielter Veräußerungsgewinn nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 der Gewerbesteuer unterliegt, nicht entscheidend darauf an, ob Sachgesamtheiten der Personengesellschaft veräußert werden, die durch den Formwechsel der Kapitalgesellschaft entstanden ist. Vielmehr ist bei dem vorgenannten betriebsbezogenen Normverständnis jeder Veräußerungsgewinn i.S. des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 innerhalb der Fünf-Jahres-Frist grundsätzlich insoweit der Gewerbesteuer zu unterwerfen, als er auf der Aufdeckung stiller Reserven beruht, die den Wirtschaftsgütern der ehemaligen Kapitalgesellschaft zuzuordnen sind. Die Gewerbesteuerverstrickung des übergegangenen Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft wird innerhalb der Fünf-Jahres-Frist daher durch einen Veräußerungsvorgang i.S. des § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 nur insoweit gelöst, als dadurch die stillen Reserven gewerbesteuerpflichtig aufgedeckt worden sind. Soweit das Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft von der übernehmenden Personengesellschaft (Personengesellschaft I) auf eine andere Personengesellschaft (Personengesellschaft II) übertragen worden ist, ohne dass dabei alle stillen Reserven aufgedeckt worden sind –im Streitfall gemäß § 24 UmwStG 1995 durch Einbringung zum Buchwert–, unterliegen auch die Gewinne aus der (Weiter-)Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs, Anteils oder Teilanteils an der Personengesellschaft II, soweit sie dem gewerbesteuerverstrickten Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft zuzuordnen sind, innerhalb der Fünf-Jahres-Frist der Gewerbesteuer.

Gutschrift auf Kapitalkonto II einer Personengesellschaft bedeutet keine Gewährung von Gesellschaftsrechten

Überträgt der Kommanditist einer KG dieser ein Wirtschaftsgut, dessen Gegenwert allein seinem Kapitalkonto II gutgeschrieben wird, liegt keine Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, sondern eine Einlage vor, wenn sich nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag der KG die maßgeblichen Gesellschaftsrechte nach dem aus dem Kapitalkonto I folgenden festen Kapitalanteil richten (gegen BMF-Schreiben vom 11. Juli 2011 IV C 6-S 2178/09/10001, BStBl I 2011, 713, unter I.2

BFH  Urteil vom 29.7.2015, IV R 15/14

Begründung:

Bringt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut gegen Gutschrift eines Betrags ausschließlich auf dem sogenannten Kapitalkonto II in die Gesellschaft ein, ist dieser Vorgang nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juli 2015 IV R 15/14 als Einlage und nicht als entgeltliches Geschäft zu behandeln. Damit hat der BFH eine schon lange streitige Frage geklärt und dabei ausdrücklich der Rechtsauffassung des Bundesministeriums der Finanzen widersprochen.

Im Urteilsfall hatte ein Landwirt den Abbau eines Bodenschatzes auf einem eigenen Grundstück durch eine eigens dafür gegründete Personengesellschaft vorgenommen. Er übertrug das Grundstück aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb auf die Gesellschaft, eine GmbH & Co. KG, und erhielt dafür eine Gutschrift auf dem Kapitalkonto II. Welchen Anteil der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft hatte und welche Gewinnbezugs- und Stimmrechte ihm zustanden, ergab sich allein aus dem Kapitalkonto I. Daraus folgerte der BFH, dass der Gesellschafter keine Gegenleistung für die Einbringung des Grundstücks erhalten habe, auch nicht in Gestalt von Gesellschaftsrechten. Die Gesellschaft war –gestützt auf veröffentlichte Verwaltungsanweisungen– der Meinung, auch das Kapitalkonto II weise Gesellschaftsrechte aus, so dass sie das Grundstück und den Bodenschatz entgeltlich erworben habe und auf die Anschaffungskosten des Bodenschatzes bei dessen Abbau Abschreibungen vornehmen könne. Das Finanzamt (FA) teilte zwar die Auffassung, dass ein entgeltlicher Erwerb stattgefunden habe, lehnte aber die Abschreibung aus anderen Gründen ab. Im Ergebnis bestätigte der BFH das FA, stützte die Versagung der Abschreibung aber auf das Fehlen von Anschaffungskosten. Einbringungen in Personengesellschaften gegen Buchung auf einem Gesellschafterkonto sind danach nur dann entgeltliche Vorgänge, wenn ein Kapitalkonto angesprochen wird, das Maßstab für die Anteile des Gesellschafters am Vermögen, am Gewinn oder an den Stimmrechten ist (in der Regel Kapitalkonto I) oder das Forderungen oder Verbindlichkeiten zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ausweist.

Zurechnung von Organeinkommen bei unterjährigem Ausscheiden eines Gesellschafters aus Organträger-Personengesellschaft

Das Einkommen einer Organgesellschaft ist entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur den Gesellschaftern einer Organträger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt sind.

BFH Urteil vom 28.2.2013, IV R 50/09

Begründung:

Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erstreckt sich die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO auf ein volles Wirtschaftsjahr, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn ein Gesellschafter während des Wirtschaftsjahres aus einer Personengesellschaft ausscheidet und die Gesellschaft danach von den verbleibenden Gesellschaftern oder von diesen mit einem oder mehreren neuen Gesellschaftern fortgeführt wird.

Trotz des Gesellschafterwechsels bleibt die Identität der Personengesellschaft als Gewinnerzielungs- und -ermittlungssubjekt erhalten. Danach sind auch solche Personen in die Gewinnfeststellung einzubeziehen, die nicht während des ganzen Wirtschaftsjahres Gesellschafter sind.

Nach § 14 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist dem Organträger das Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen. Da Organträger und Organgesellschaft zivil- und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger bleiben, haben sie ihr jeweiliges Einkommen selbständig zu ermitteln. Das Organeinkommen ist erst danach dem Organträger zuzurechnen.

Die Zurechnung betrifft bei einer Organträger-Personengesellschaft die Personengesellschaft selbst. Da bei ihr stets eine gesonderte Gewinnfeststellung durchzuführen ist, ist es geboten, im Feststellungsverfahren auch das der Mitunternehmerschaft zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft zu ermitteln und zu verteilen. Insoweit ist das zuzurechnende Organeinkommen gesondert vom eigenen Gewinn der Personengesellschaft festzustellen und nach dem sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages bzw. des Handelsgesetzbuchs ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter der Personengesellschaft zu verteilen.

Der sich nach Maßgabe der Handelsbilanz ergebende Anspruch der Organträger-Personengesellschaft auf Gewinnabführung entsteht erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der jeweiligen Organgesellschaft. Erst zu diesem Zeitpunkt ist dem Organträger auch das Organeinkommen nach § 14 KStG, welches aus der Steuerbilanz der Organgesellschaft abgeleitet wird, zuzurechnen. Um eine Doppelbesteuerung des Einkommens der Organgesellschaft zu vermeiden, werden die auf Grund des Ergebnisabführungsvertrages an den Organträger abgeführten Beträge bei diesem außerhalb der Bilanz von seinem Einkommen abgezogen.

Daraus, dass das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zu dem Zeitpunkt zuzurechnen ist, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, ergeben sich Folgen dafür, welchen Gesellschaftern einer Organträger-Personengesellschaft Anteile an dem Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet werden, wenn sich im Laufe des Wirtschaftsjahres der Organträgerin Änderungen im Bestand ihrer Gesellschafter ergeben haben. Anders als das FG vertreten hat, richtet sich die Zurechnung des Organeinkommens bei einer Organträger-Personengesellschaft (hier: der KG), bei der ein unterjähriger Gesellschafterwechsel eingetreten ist, nicht nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel unter Berücksichtigung der Dauer der Beteiligung der Gesellschafter an der Organträger-Personengesellschaft. Das Einkommen der Organgesellschaft ist vielmehr entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur den Gesellschaftern der Organträger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt sind.

 

 

Begrenzung der 1 %-Regelung auf die Gesamtkosten bei Vermietung von Kfz an Personengesellschaften durch ihre Gesellschafter

Der Wert für die Nutzungsentnahme eines Fahrzeugs aus dem Betriebsvermögen und der Betrag der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG wird nach der Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 21. Januar 2002 IV A 6 -S 2177- 1/02, BStBl I 2002, 148) durch die "Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs" begrenzt; solche "Gesamtkosten" des Kfz sind bei entgeltlicher Überlassung durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft nur deren Aufwendungen für das Fahrzeug, nicht aber die Aufwendungen des Gesellschafters.

BFH Urteil vom 18.9.2012, VIII R 28/10

Begründung:

Nach diesen Maßstäben hat das FG im Ergebnis zu Recht die Auffassung des FA bestätigt, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO nicht gegeben sind.

Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Nach der Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist für die Entnahme der privaten Nutzung eines (betrieblichen) Kfz für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung bestehen nicht.

Abweichend davon kann die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen nur angesetzt werden, wenn die für das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG). Da der Kläger im Streitfall unstreitig kein Fahrtenbuch geführt hat, ist das FA zutreffend von der 1 %-Regelung ausgegangen. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, der Entnahmewert sei gemäß § 163 AO abweichend von der 1 %-Regelung aus Billigkeitsgründen nach Maßgabe des BMF-Schreibens in BStBl I 2002, 148 (vgl. dazu Verfügung der OFD München in DB 2005, 1305) niedriger anzusetzen. In diesem Fall ist der Nutzungswert und der Betrag der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben höchstens mit dem Betrag der Gesamtkosten des Kfz anzusetzen, wenn im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass der pauschale Nutzungswert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sowie die nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG die für das genutzte Kfz insgesamt tatsächlich entstandenen Aufwendungen übersteigen.

Da die Entnahme (der Nutzung des PKW) und ihr Wert die Gewinnermittlung der Sozietät (und nicht die Sondergewinnermittlung des G als Gesellschafter des Sozietät) betreffen, können die den Wertansatz begrenzenden "Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs" im Sinne der oben genannten Billigkeitsregelung entgegen der Ansicht der Klägerin nur die Kfz-bezogenen Aufwendungen der Sozietät und damit nur deren Mietaufwendungen in Höhe von 29.450,40 EUR sein. Damit fehlt es für die Anwendbarkeit der Billigkeitsregelung an der Voraussetzung, dass der nach der 1 %-Regelung ermittelte Wert (12.490,28 EUR) die Gesamtkosten des Kfz (hier 29.450,40 EUR) übersteigt.

 

Umsatzsteuer Organschaft bei Personengesellschaften

Eine GmbH ist nicht finanziell in eine Personengesellschaft eingegliedert, wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an der GmbH und der Personengesellschaft verfügen.

BFH Urteil vom 24.11.2011 – VR 45/10 BFHNV 2012 Seite 1184

Begründung:

Aufgrund von Außenprüfungen bei der Klägerin und der GmbH ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) davon aus, dass die Klägerin entgegen der bisherigen Beurteilung umsatzsteuerrechtlich Organträger der GmbH sei.

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft).

Zwar kann im Hinblick auf die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG "nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse" vorzunehmende Beurteilung eine Organgesellschaft auch dann unselbständig sein, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ausgeprägt ist. Nicht ausreichend ist jedoch, dass die Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Eingliederungsmerkmale besteht.

Im Streitfall scheitert die vom FA und vom FG angenommene Organschaft am Erfordernis der finanziellen Eingliederung. Es kann eine GmbH nicht finanziell in eine Personengesellschaft eingegliedert sein, wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an der GmbH und der Personengesellschaft verfügen.

Entgegen der Auffassung des FA ist es für den Streitfall unerheblich, dass die Finanzverwaltung eine zeitliche Anwendungsregelung erlassen hat (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. Juli 2011, BStBl I 2011, 703), nach der für die Zurechnung von vor dem 1. Januar 2012 ausgeführten Umsätzen eine von diesem Senatsurteil abweichende Beurteilung nicht beanstandet wird, da die Klägerin diese Nichtbeanstandungsregelung für sich nicht in Anspruch genommen hat.

 

Erleichterte steuerneutrale Generationennachfolge bei Personengesellschaften

Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG in seiner seit dem Veranlagungszeitraum 2001 gültigen Fassung scheidet die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen worden ist.

BFH Urteil vom 2.8.2012, IV R 41/11

Erläuterung (BFH)

Der Gesellschafter einer Personengesellschaft kann seinen Gesellschaftsanteil steuerneutral auf ein Kind übertragen, obwohl er ein ihm allein gehörendes und von der Gesellschaft genutztes Grundstück zeitgleich und ebenfalls steuerneutral auf eine zweite Personengesellschaft überträgt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 2. August 2012 IV R 41/11 entschieden und damit der Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen.

Im entschiedenen Fall war der Vater alleiniger Kommanditist einer Spedition in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gewesen und hatte der KG das in seinem Eigentum stehende Betriebsgrundstück vermietet. Im Oktober 2002 schenkte der Vater seiner Tochter zunächst 80 % seiner Anteile an der KG sowie die gesamten Anteile an der GmbH. Anschließend gründete der Vater eine zweite GmbH & Co. KG, auf die er dann im Dezember 2002 das Betriebsgrundstück übertrug. Zeitgleich wurden auch die restlichen KG-Anteile auf die Tochter übertragen.

Nach Meinung des Vaters konnten alle Übertragungen zum Buchwert und damit steuerneutral vorgenommen werden. Das Finanzamt stimmte dem nur in Bezug auf die Übertragung des Grundstücks zu. Wegen dessen Ausgliederung seien aber alle stille Reserven im Gesamthandsvermögen der KG (hier ein Geschäftswert von 100.000 €) aufgedeckt worden.

Nach dem Einkommensteuergesetz finden alle hier vorgenommenen Übertragungen für sich genommen zum Buchwert statt. Streit besteht nur über die Frage, ob sich daran etwas ändert, wenn mehrere Übertragungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang vorgenommen werden. Die Finanzverwaltung hat in einer Verwaltungsanweisung die Auffassung vertreten, die Ausgliederung von Wirtschaftsgütern des sog. Sonderbetriebsvermögens (hier das Grundstück) in ein anderes Betriebsvermögen bewirke, dass der Gesellschaftsanteil mit dem evtl. verbliebenen weiteren Sonderbetriebsvermögen nicht mehr zum Buchwert übertragen werden könne. Dem ist der BFH mit dem Urteil vom 2. August 2012 entgegengetreten, weil das Gesetz beide Buchwertübertragungen gestatte und keiner der beiden Regelungen ein Vorrang eingeräumt 19. worden sei.

 

Gewerblicher Grundstückshandel allein durch Zurechnung der Verkäufe von Personengesellschaften oder Gemeinschaften

Auch wenn ein Steuerpflichtiger in eigener Person kein einziges Objekt veräußert, kann er allein durch die Zurechnung der Grundstücksverkäufe von Personengesellschaften oder Gemeinschaften einen gewerblichen Grundstückshandel betreiben.

BFH Urteil vom 22.8.2012, X R 24/11

Begründung:

Seit der Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 erfasst die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung des Gesellschafters oder Gemeinschafters (im Folgenden einheitlich: Gesellschafter) alle Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels, die dem Gesellschafter zuzurechnen sind, in einer Gesamtwürdigung nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Steuertatbestands. Wegen der Begründung im Einzelnen nimmt der erkennende Senat auf die umfangreichen Ausführungen in der vorgenannten Entscheidung des Großen Senats Bezug.

Die Klägerin weist allerdings im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher keine Gelegenheit hatte, sich in entscheidungserheblicher Weise zu der vorliegenden Sachverhaltskonstellation zu äußern. Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin in eigener Person kein einziges Objekt veräußert hat, sondern Grundstücksgeschäfte ausschließlich über eine –unstreitig einen gewerblichen Grundstückshandel betreibende– Mitunternehmerschaft einerseits und eine als solche vermögensverwaltend tätige Grundstücksgemeinschaft andererseits durchführt.

Indes lässt sich aus den bisher entschiedenen Fallgruppen der Schluss ziehen, dass auch im Streitfall in der Person der Klägerin eine Zusammenrechnung der dieser zuzurechnenden Aktivitäten der OHG und der Grundstücksgemeinschaft vorzunehmen ist.

Grundstücksgeschäfte einer Personengesellschaft sind nur dann nicht in die beim Gesellschafter vorzunehmende zusammenfassende Beurteilung einzubeziehen, wenn eine zu einem anderen Zweck gegründete und diesen Zweck verfolgende Gesellschaft im Rahmen ihres gewöhnlichen Geschäftsbetriebs aus spezifisch betriebsbezogenen Gründen Grundstücke veräußert.

 

 

Gewerblicher Grundstückshandel bei Schwesterpersonengesellschaften

Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Personengesellschaft wegen Überschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze den Bereich der privaten Vermögensverwaltung verlassen hat, sind solche Grundstücksaktivitäten nicht mitzuzählen, die die Gesellschafter allein oder im Rahmen einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft entwickelt haben.

 Ein zeitlicher Zusammenhang von mehr als zwei Jahren zwischen Erwerb oder Bebauung und (nachfolgender) Veräußerung eines Grundstücks gestattet für sich genommen nicht den Schluss, dass der Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn alsbald zu verkaufen. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer Grundstücksmakler ist oder der Baubranche angehört.

 BFH Urteil vom 17. Dezember 2008 IV R 72/07

 

 

Sonderbetriebsvermögen – keine quotale Begrenzung

Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers ist nicht von dessen Beteiligungsquote an der Personengesellschaft begrenzt.

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 11.7.2008, IV B 121/07

Erläuterung:
Auszugehen ist hierbei davon, dass einem Mitunternehmer nicht fremde –nämlich von der Gesellschaft erzielte– Einkünfte zugerechnet werden; vielmehr erzielt er –gleich einem Einzelunternehmer– originär eigene betriebliche Einkünfte (Anteile an Gewinn und Verlust) und unterscheidet sich von einem Einzelunternehmer nur dadurch, dass er seine Tätigkeit nicht alleine, sondern zusammen mit den anderen (Mit-)Unternehmern in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit ausübt.

Die Erläuterungen des Großen Senats des BFH verdeutlichen zugleich, dass eine auf den Umfang der Beteiligung des Grundstückseigentümers an der das Grundstück nutzenden (gewerblichen) Personengesellschaft quotal beschränkte Qualifikation des Grundstücks als Sonderbetriebsvermögen nicht in Betracht kommen kann.