Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts mit Angestellten

Der Rechtsprechung des BFH lässt sich nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz entnehmen, dass bei einer Beschäftigung von Mitarbeitern in einer Anwaltskanzlei und der Erzielung sechsstelliger Honorareinnahmen in der Regel davon auszugehen ist, dass die Kanzlei mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird.

 Entscheidend für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht ist, ob die Kanzlei bei einer Gesamtbetrachtung nach der Art ihrer Führung geeignet ist, Gewinne zu erzielen und der Steuerpflichtige durch ein marktgerechtes Verhalten auf die Verlustsituation reagiert.

Dem Motiv, durch die Verrechnung der Verluste aus dem Betrieb der Rechtsanwaltskanzlei mit anderweitigen Einkünften Steuern zu sparen, kann hinsichtlich der Annahme der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht nicht jegliche indizielle Wirkung abgesprochen werden.

BFH Beschluss vom 18.04.2013 – VIII B 135/12 BFH/NV 2013, 1556

Begründung:

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) tragen vor, das FG habe der Entscheidung den abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt, "dass allein die abstrakte Möglichkeit der Verlustverrechnung mit anderweitigen positiven Einkünften auch bei echten Verlusten als Indiz gegen die Gewinnerzielungsabsicht gelte". Ein solcher Rechtssatz ist der Entscheidung des FG nicht zu entnehmen. Das FG hat ausgeführt, dass zur Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit alle Umstände des Einzelfalles einschließlich etwaiger Besonderheiten der Verhältnisse zu berücksichtigen seien. Dabei hat es die Steuerersparnis des Klägers durch die Verrechnung der aus dem Betrieb der Anwaltskanzlei entstandenen Verluste mit den positiven Einkünften aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung als ein Indiz dafür angesehen, dass die Gewinnerzielungsabsicht fehle. Es hat als weiteres gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht gewertet, dass sich die Verlustsituation verstetigte, ohne dass der Kläger effektive Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität ergriffen habe. Es hat somit auch auf das nicht marktgerechte Verhalten des Klägers abgestellt.

Der Rechtsprechung des BFH lässt sich auch nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz entnehmen, dass bei einer Beschäftigung von Mitarbeitern in einer Anwaltskanzlei und der Erzielung sechsstelliger Honorareinnahmen in der Regel davon auszugehen sei, dass die Kanzlei mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde. Entscheidend ist, ob die Kanzlei bei einer Gesamtbetrachtung nach der Art ihrer Führung geeignet ist, nachhaltig Gewinn zu erzielen. Dies hat das FG im vorliegenden Fall aufgrund der hohen Personalkosten im Verhältnis zu den Umsätzen verneint. Es hat festgestellt, dass "keine entsprechenden Mandate für drei Anwälte vorhanden waren" und der Kläger nicht ausreichend auf die Verlustsituation reagiert habe. Das FG konnte deshalb auch zu der Schlussfolgerung gelangen, dass der Kläger die Kanzlei nicht mehr in der Absicht der Gewinnerzielung geführt hat.

Das FG hat den Anspruch auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, dass es den Vortrag des Klägers, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, den Geschäftsbetrieb allein aufrechtzuerhalten, in seiner Entscheidung nicht gewürdigt hat. Das FG ist nicht verpflichtet, sich in der Urteilsbegründung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat. Daher liegt in derartigen Fällen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat. Dass dies vorliegend der Fall ist, ist weder dargelegt worden noch ersichtlich.

 

Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts

Die Ausschöpfung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert es, bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts, der bisher Verluste erzielt hat, die dem FG zur Kenntnis gebrachten in den Folgejahren erzielten Gewinne in die Betrachtung einzubeziehen.

BFH Beschluss vom 13.05.2013 – VIII B 162/11BFH NV 2013 S. 1235

Begründung:

Wie das FG zutreffend anhand der in der Vorentscheidung nachgewiesenen Rechtsprechung des BFH ausgeführt hat, erfordert die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung. Verluste können nur dann steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass der Betrieb von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltig Gewinne zu erzielen.

Die Ausschöpfung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) hätte es erfordert, auch die dem FG zur Kenntnis gebrachten Gewinne des Klägers in den Folgejahren in die Betrachtung einzubeziehen. Es ist kein sachlicher Gesichtspunkt erkennbar, der es rechtfertigt, die gebotene Totalprognose am Ende des Prüfungszeitraums enden zu lassen, der von der Finanzverwaltung nach Zweckmäßigkeit bestimmt wird und im vorliegenden Zusammenhang eher zufälligen Charakter hat.

Die Vorentscheidung ist danach hinsichtlich der Einkommensteuer 1995 bis 2004 aufzuheben. Das Verfahren ist insoweit an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO), damit es die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers in vollem Umfang neu überprüfen kann.

 

Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts

Die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts umfasst die zukünftig zu erwartenden Einkünfte.

BFH Beschluss vom 13.5.2013, VIII B 162/11

Begründung:

 Wie das FG zutreffend anhand der in der Vorentscheidung nachgewiesenen Rechtsprechung des BFH ausgeführt hat, erfordert die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung. Verluste können nur dann steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass der Betrieb von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltig Gewinne zu erzielen.

 Die Ausschöpfung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) hätte es erfordert, auch die dem FG zur Kenntnis gebrachten Gewinne des Klägers in den Folgejahren in die Betrachtung einzubeziehen. Es ist kein sachlicher Gesichtspunkt erkennbar, der es rechtfertigt, die gebotene Totalprognose am Ende des Prüfungszeitraums enden zu lassen, der von der Finanzverwaltung nach Zweckmäßigkeit bestimmt wird und im vorliegenden Zusammenhang eher zufälligen Charakter hat.