Kein Sonderausgabenabzug für Schulgeld, das an eine schweizerische Privatschule gezahlt wird

Schulgeld, das an eine schweizerische Privatschule gezahlt wird, kann nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. Hierin liegt keine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit.

Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Schweiz vom 21. Juni 1999 (BGBl II 2001, 811) gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Privatschulen, die in der EU oder im EWR belegen sind.

BFH Urteil vom 9.5.2012, X R 3/11

Begründung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 9. Mai 2012 X R 3/11 entschieden, dass in Deutschland lebende Eltern das Schulgeld, das sie für den Schulbesuch ihres Kindes an eine schweizerische Privatschule zahlen, nicht als Sonderausgabe abziehen können.

In zwei Urteilen vom 11. September 2007 (Rs. C-76/05 – Schwarz und Gootjes-Schwarz – Slg. 2007, I-6849 und Rs. C-318/05 – Kommission gegen Deutschland – Slg. 2007, I-6957) hatte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, dass es gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt, wenn ein Staat Schuldgeldzahlungen an inländische Schulen zum Sonderausgabenabzug zulässt, Zahlungen an Privatschulen in anderen Mitgliedstaaten jedoch nicht. Daraufhin hat der Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794) rückwirkend die Abziehbarkeit von Schulgeldzahlungen für in der Europäischen Union (EU) oder im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ansässige Privatschulen eingeführt.

Diese Neuregelung gilt jedoch nicht für schweizerische Privatschulen, da die Schweiz weder Mitglied der EU noch des EWR ist. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung kann auch nicht aus dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz vom 21. Juni 1999 (BGBl II 2001, 811) abgeleitet werden, da dessen Schutzbereich keinen vergleichbaren umfassenden Schutz vor Diskriminierung grenzüberschreitender Sachverhalte gewährt.

Wegen der Eindeutigkeit der Rechtslage hat der Senat davon abgesehen, die Rechtsfragen dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.

 

Schulgeld für nicht anerkannte Ergänzungsschule vor 2008 nicht als Sonderausgabe abziehbar

Schulgeld, das bis zum Veranlagungszeitraum 2007 an eine inländische lediglich angezeigte Ergänzungsschule gezahlt wurde, kann nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. vor Inkrafttreten
Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 24b EStG i.d.F. des JStG 2009 erfasst keine Schulgeldzahlungen an inländische Privatschulen. Hierin liegt weder ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz noch gegen die Grundfreiheiten des EG/AEUV.
BFH Urteil vom 19.10.2011, X R 48/09

Erläuterung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19. Oktober 2011 X R 48/09 entschieden, dass an eine nicht anerkannte inländische Ergänzungsschule geleistetes Schulgeld bis zum Veranlagungszeitraum 2007 nicht als Sonderausgabe abgezogen werden kann.
Im Streitfall ging es um Schulgeld, das Eltern im Jahr 2004 für den Privatschulbesuch ihres Sohnes gezahlt hatten. Die Privatschule war nach den landesrechtlichen Regelungen eine lediglich angezeigte, jedoch keine anerkannte Ergänzungsschule. Nach der bis 2007 geltenden Rechtslage waren diese Schulgeldzahlungen nicht abziehbar.
Der Sonderausgabenabzug für Schulgeld ist im Jahr 2008 neu geregelt worden, weil der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in dem fehlenden Sonderausgabenabzug für die in anderen EU-Mitgliedstaaten belegenen Privatschulen einen Verstoß gegen die Europäischen Grundfreiheiten sah. Aufgrund der Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes durch das Jahress-teuergesetz 2009 können ab 2008 30 % des Schulgelds, höchstens 5.000 €, als Sonderausgabe abge-zogen werden, sofern die in der EU oder im EWR belegene Schule zu einem von der zuständigen inländischen Behörde anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt. Auf den landesrechtlichen Status einer Privatschule kommt es somit nicht mehr an. Diese neuen Grundsätze gelten aufgrund einer Übergangsregelung für die EU/EWR-Privatschulen in allen noch offenen Fällen, für die inländischen Privatschulen erst ab 2008.
Die Kläger waren der Auffassung, die Übergangsregelung gelte auch für den Besuch von inländischen Privatschulen. Ihnen stehe damit der Sonderausgabenabzug zu, da sie ansonsten benachteiligt würden. Der BFH hat jedoch in der – nur vorübergehenden – Schlechterstellung der inländischen Privatschulen keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gesehen, da der Gesetzgeber berechtigt gewesen sei, aus Vereinfachungsgründen eine Übergangsregelung zu schaffen, die eine Einordnung von ausländischen Schulen nach den schulrechtlichen Begriffen der Länder entbehrlich gemacht habe.

Es besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf den unbegrenzten Abzug von Schulgeld

Es besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf den unbegrenzten Abzug von Schulgeld.

BFH Beschluss vom 08.06.2011 – XB 176/10 BFHNV 2011 S. 1679

Begründung:

Der BFH hat ausdrücklich dargelegt, dass verfassungsrechtlich kein Anspruch auf den unbegrenzten Abzug von Schulgeld besteht. Dieses Ergebnis ergebe sich inzidenter aus dem Beschluss des BVerfG vom 16. April 2004  2 BvR 88/03 , obwohl in den genannten Entscheidungen der in Frage stehende Einzelaspekt einer Abzugsfähigkeit des Schulgeldes über den 30 %-Anteil hinaus nicht ausdrücklich angesprochen worden sei. Da weder die steuerliche Verschonung des Existenzminimums, die Förderung der Familie noch die Förderung der Privatschulen überhaupt eine steuerliche Berücksichtigung des Schulgeldes erforderten, fehle es erst recht an der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit für eine unbegrenzte Abzugsfähigkeit des gezahlten Schulgeldes.