Umzugskosten als Werbungskosten

Die Entscheidung, ob infolge eines Umzugs eine arbeitstägliche Fahrzeitverkürzung von mindestens einer Stunde eintritt, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, an die der BFH als Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist. Ein anderer Arbeitsplatz liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die ihm obliegenden Aufgaben bei objektiver Betrachtung in diesem Raum erledigen kann, auch wenn die Erledigung zu Hause möglicherweise leichter, besser oder angenehmer vonstattengehen sollte.

BFH Beschluss vom 15.10.2012 VI B 22/12 BFHNV 2013 S. 198

Begründung:

Das Finanzgericht (FG) hat unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung und auf Grundlage der langjährigen Senatsrechtsprechung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls die Fahrzeiten vor und nach dem Umzug der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ermittelt. Es gelangte so im Rahmen einer Gesamtbewertung der ursprünglichen Fahrzeit, der Wegezeitverkürzung und der nach dem Umzug verbleibenden Fahrzeit zu der Würdigung, dass keine Fahrzeitersparnis von mehr als einer Stunde vorliege und der Umzug nicht beruflich veranlasst sei.

Danach stellen Aufwendungen für einen Umzug Werbungskosten dar, wenn infolge des Umzugs eine arbeitstägliche Fahrzeitverkürzung von mindestens einer Stunde eintritt; denn in einem solchen Fall treten mit einem Umzug einhergehende private Begleitumstände regelmäßig in den Hintergrund und können deshalb vernachlässigt werden. Allerdings ist die Entscheidung, ob tatsächlich eine solche wesentliche Fahrzeitverkürzung eingetreten ist, eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, an die der BFH als Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist.

Angesichts dessen folgt die grundsätzliche Bedeutung insbesondere auch nicht aus den von den Klägern aufgeworfenen Fragen, ob unvermeidbare Wartezeiten am Ende des Weges zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie betriebsnützliche, im Interesse des Arbeitgebers liegende Umwege zur Arbeitsstätte bei der Ermittlung der Wegezeit zu berücksichtigen sind. Denn auch diese betreffen letztlich nur Teilaspekte der insgesamt der Tatsachen- und Sachverhaltsebene zuzuordnenden tatrichterlichen Überzeugungsbildung und Würdigung in Bezug auf die Fahrzeitberechnung im individuellen Einzelfall.

 

Umzugskosten als Werbungskosten bei Beendigung einer doppelten Haushaltsführung

Der Umzug nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung durch Wegfall der Familienwohnung aufgrund Ehescheidung der vom Steuerpflichtigen im Streitjahr von seiner bisherigen (Zweit-)Wohnung am Beschäftigungsort in eine größere Wohnung im Einzugsbereich des Beschäftigungsorts ist nicht beruflich veranlasst (eigener Leitsatz).

FG Köln Urteil vom 14. 07.2011, Az. 6 K 4781/07

Leitsatz:

Die Umzugskosten sind schließlich nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG unter dem Gesichtspunkt der doppelten Haushaltsführung des Klägers abziehbar. Nach dieser Bestimmung  sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn die Umzugskosten sind dem Kläger nicht „wegen“ seiner doppelten Haushaltsführung entstanden.

Anfang des Jahres 2000 unterhielt der Kläger in B einen eigenen Hausstand. Eigener Hausstand ist der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Mittelpunkt seiner Lebensinteressen führt. Er besteht in der Regel aus einer Wohnung, die der Arbeitnehmer aus eigenem Recht nutzen darf, die seinen Lebensbedürfnissen entspricht und in der ein hauswirtschaftliches Leben herrscht, an dem sich der Arbeitnehmer persönlich und finanziell maßgebend beteiligt. Bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten ist das der Ort, an dem die Ehegatten in häuslicher Gemeinschaft im Sinne von § 1353 Abs. 1 BGB zusammenleben.

Eine doppelte Haushaltsführung endet unter anderem, wenn der Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand am Beschäftigungsort gründet und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen dorthin verlegt (BFH, Urteile vom 25.03.1988 VI 32/85, BFHE 152, 533, BStBl II 1988, 582 und vom 25.03.1993 VI R 148/88, BFH/NV 1993 ,538). Das ist hier bereits lange vor dem Umzug geschehen. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die doppelte Haushaltsführung über den Zeitpunkt der Trennung der Eheleute hinaus bestanden habe und erst durch das rechtskräftige Scheidungsurteil im Dezember 2003 beendet worden sei. Das Gericht unterstellt diese Würdigung im Ergebnis zugunsten des Klägers als richtig. Spätestens Ende 2003 bestand sonach keine doppelte Haushaltsführung mehr, weil der Kläger seinen eigenen Hausstand in B verloren hatte. Sein Lebensmittelpunkt befand sich ebenfalls nicht mehr in B. Die Ehe war geschieden und die Familienwohnung allein der Ehefrau zugesprochen worden. Der Kläger hatte dort keinen Zutritt mehr.

Umzugskosten Ermittlung der Fahrzeit durch einen Routenplaner

Umzugskosten sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die berufliche Tätigkeit ursächlich der Grund für eine Fahrzeitverkürzung von mindestens einer Stunde pro Tag ist. Ist ein Fahrtenbuch nicht geführt worden, kann die Fahrzeitverkürzung auch durch einen Routenplaner ermittelt werden.

Einen Zeitzuschlag für ein behauptetes starkes Verkehrsaufkommen in der "Rush Hour" ist nicht zu berücksichtigen.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 9. Oktober 2008 5 K 33/08 – rechtskräftig EFG 2009 S. 244 ff.