Mietentschädigung gemäß § 8 Abs. 3 BUKG keine Werbungskosten

Der Werbungskostenabzug setzt eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Das ist bei einem in Anlehnung an § 8 Abs. 3 BUKG ermittelten Mietausfall nicht der Fall. Als entgangene Einnahme erfüllt er nicht den Aufwendungsbegriff.

BFH Urteil vom 19.4.2012, VI R 25/10

Begründung:

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden . Danach sind auch Umzugskosten Werbungskosten, wenn der Umzug dienstlich veranlasst ist.  Das ist u.a. bei einem Arbeitsplatzwechsel, wie vorliegend, der Fall.

Bei einem beruflich veranlassten Umzug gelten hinsichtlich der im Einzelnen abziehbaren Kosten die allgemeinen Grundsätze. Die nach öffentlichem Umzugskostenrecht erstattungsfähigen Aufwendungen sind nicht ohne weiteres im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar. Soweit die Finanzverwaltung insoweit auf die Vorschriften des BUKG verweist (s. R 41 Abs. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 2005), findet dies dort seine Grenze, wo die Regelungen mit dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 EStG nicht vereinbar sind

Im Streitfall ist das FG von diesen Grundsätzen ausgegangen. Der Umzug des Klägers war zwar beruflich veranlasst. Dennoch ist die sog. Mietentschädigung nicht als Werbungskosten abziehbar. Der Werbungskostenabzug setzt nämlich eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Fehlt es an einem tatsächlichen Abfluss, liegen keine Aufwendungen vor, die als Werbungskosten abgezogen werden können. Entgangene Einnahmen, um die es hier geht, erfüllen ebenso wie der Verzicht auf Einnahmen nicht den Aufwendungsbegriff

Werbungskosten durch Aufwendungen für arbeitsgerichtlichen Vergleich

Es spricht regelmäßig eine Vermutung dafür, dass Aufwendungen für aus dem Arbeitsverhältnis folgende zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften aufweisen. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über solche streitigen Ansprüche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen.

BFH Urteil vom 9.2.2012, VI R 23/10

Begründung:

Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich dabei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, ohne dass dabei allerdings schon ein abstrakter Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non die einkommensteuerliche Zuordnung der Aufwendungen zur Erwerbssphäre rechtfertigt. Aufwendungen sind vielmehr nur dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Danach können Kosten einer Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang mit der Einkunftsart richtet sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten, nicht nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen.

Dementsprechend hat die Rechtsprechung auch Strafverteidigungskosten nicht vom Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug ausgeschlossen, sofern der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Eine solche berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Dann begründen selbst strafbare, aber in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehende Handlungen einen einkommensteuerrechtlich erheblichen Erwerbsaufwand, so dass daraus sich ergebende Schadenersatzzahlungen Werbungskosten sind.

 

Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung als Werbungskosten

Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung durch den Arbeitnehmer einer Gesellschaft führen auch dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn eine Gesellschafterstellung vereinbart ist.
BFH Urteil vom 16.11.2011, VI R 97/10
Begründung:
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden.
Diese Grundsätze gelten auch für nachträgliche Werbungskosten, die entstehen können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. In einem solchen Fall muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen. Danach können grundsätzlich auch Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung Werbungskosten sein. Werden sie als nachträgliche Werbungskosten geltend gemacht, muss demgemäß bereits die Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung beruflich veranlasst gewesen sein.
Ist der Steuerpflichtige nicht nur Arbeitnehmer einer Gesellschaft, sondern auch deren Gesellschafter, kann die Übernahme einer Bürgschaft auch durch seine Gesellschafterstellung veranlasst sein. Stehen Aufwendungen mit mehreren Einkunftsarten in einem objektiven Zusammenhang, sind sie bei der Einkunftsart zu berücksichtigen, zu der sie nach Art und Weise die engere Beziehung haben.
Allerdings geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Übernahme einer Bürgschaft oder anderer Sicherheiten durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer mit nicht nur unwesentlicher Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft regelmäßig weniger durch die berufliche Tätigkeit, sondern eher durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist.
Nach diesen Rechtsgrundsätzen erfüllen die vom Kläger geltend gemachten Kosten zur Tilgung der Verpflichtung aus der Bürgschaftsübernahme bzw. des am … Dezember 2002 geschlossenen Vergleichs die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Übernahme der Bürgschaft stand im Zusammenhang mit dem Beruf und der Arbeitnehmerstellung des Klägers. Dies wird auch vom FG nicht in Zweifel gezogen. Der vom FG angenommene weitere Veranlassungszusammenhang mit der geplanten Gesellschafterstellung des Klägers verdrängt diesen beruflichen Zusammenhang hier nicht, weil der Kläger nicht Gesellschafter der GmbH geworden ist. Eine steuermindernde Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten als Auflösungsverluste gemäß § 17 Abs. 4 EStG scheidet deshalb aus den vom FG genannten Gründen aus.

Anschaffungsnebenkosten auch bei unentgeltlichem Erwerb abzugsfähig

Anschaffungsnebenkosten sind auch bei einem unentgeltlichen Erwerb als Werbungskosten abzugsfähig.

Finanzgerichts Münster Urteil vom 25. Oktober 2011 ( 13 K 1907/10 E )

Begründung (FG)

Im Streitfall war die Klägerin Mitglied einer Erbengemeinschaft. Im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hatte sie verschiedene bebaute Grundstücke erhalten. Aus deren Vermietung erzielte sie – wie schon die Erbengemeinschaft zuvor – Einkünfte. Die ihr durch die Erbauseinandersetzung entstandenen Aufwendungen (z.B. für Grundbucheintragungen) machte die Klägerin im Zusammenhang mit den Vermietungseinkünften als Werbungskosten steuerlich geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug jedoch ab, da die Klägerin die Grundstücke unentgeltlich erworben habe. Sie habe daher keine Anschaffungskosten getragen und auch die entstandenen Anschaffungsnebenkosten seien folglich nicht zu berücksichtigen.

Das Gericht gab der Klägerin Recht und stellte klar, dass die Erwerbsnebenkosten bei einem unentgeltlichen Anschaffungsvorgang zwar nicht sofort in vollem Umfang, wohl aber verteilt über mehrere Jahre im Wege der Abschreibung steuerlich abzugsfähig seien. Bei den Aufwendungen handele es sich dem Grunde nach um Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG, da sie zur Erzielung von Einkünften getätigt worden seien. Solche Aufwendungen vom steuerlichen Abzug auszuschließen, verstoße gegen das objektive Nettoprinzip. Auch könne es nicht sein, dass Anschaffungsnebenkosten bei einem unentgeltlichen Erwerb überhaupt nicht abzugsfähig seien, während sie bei einem teilentgeltlichen Erwerb unstreitig selbst dann in vollem Umfang im Rahmen der Abschreibung zu berücksichtigen seien, wenn nur ein ganz geringes Entgelt gezahlt werde.

Anwaltskosten im Zusammenhang mit einem Strafverfahren als Werbungskosten

Anwaltskosten im Zusammenhang mit einem Strafverfahren als Werbungskosten

BFH Beschluss vom 17.8.2011, VI R 75/10

Begründung:

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht die im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren angefallenen Anwaltskosten zum Abzug als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugelassen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen und die sich aus ihnen ergebenden Schadensersatzverpflichtungen zu Werbungskosten führen. Aufwendungen, die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, sind nicht ohne Weiteres der privaten Lebensführung zuzuordnen. Dieses Ergebnis folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus § 40 AO. Danach ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.

n gleicher Weise ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Strafverteidigungskosten dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist

Allerdings setzt nach bisheriger Rechtsprechung die Annahme von Erwerbsaufwendungen auch in diesen Fällen voraus, dass die –die Aufwendungen auslösenden– schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde. Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, genügt allerdings insoweit zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs der Tatvorwurf allein zumindest dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird.

Grundstücksbezogene Aufwendungen als Werbungskosten bei Kapitaleinkünften

Bei mietfreier Überlassung eines Grundstücks an eine GmbH können grundstücksbezogene Aufwendungen Werbungskosten des überlassenden Gesellschafters bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen sein; dabei bleibt überquotaler Aufwand, der durch den privaten Grund einer Angehörigenbegünstigung mit verursacht ist, außer Betracht.

BFH Beschluss vom 04.05.2011 VIII B 143/10 BFHNV 2011 S. 1392

Begründung:

Streitig ist, in welcher Höhe grundstücksbezogener Aufwand zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war zu 25 % an einer GmbH beteiligt, an die er seit 1999 ein Grundstück zu Teilen  vermietet hatte. Die zu 75 % an der GmbH beteiligte Ehefrau des Klägers war zugleich deren Geschäftsführerin und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab dem 1. Januar 2004 zahlte die GmbH nach einer schriftlichen Vereinbarung keine Miete mehr an den Kläger "aufgrund der schlechten Wirtschaftslage". Die mit dem der GmbH zur Nutzung überlassenen Grundstück zusammenhängenden Aufwendungen des Klägers (Schuldzinsen, Betriebskosten, Absetzungen für Abnutzung) machte er zunächst als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, sodann nur noch als solche aus Kapitalvermögen. Das Finanzgericht (FG) erkannte die Aufwendungen nur in der der Beteiligungsquote des Klägers entsprechenden Höhe an.ö Dieser Auffassung folgte auch der BFH.

Kosten für berufliche Erstausbildung und Erststudium unmittelbar nach Schulabschluss können in voller Höhe abziehbar sein

Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung können auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. § 12 Nr. 5 EStG lässt ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den Vorrang des Werbungskostenabzugs bzw. Betriebsausgabenabzugs unberührt.

BFH Urteil vom 28.7.2011, VI R 38/10

Erläuterung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 28. Juli 2011 VI R 38/10 und VI R 7/10 entschieden, dass das seit 2004 geltende Abzugsverbot für Kosten eines Erststudiums und einer Erstausbildung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium auch dann nicht entgegensteht, wenn der Steuerpflichtige diese Berufsausbildung unmittelbar im Anschluss an seine Schulausbildung aufgenommen hatte.

In einem der vom BFH entschiedenen Fälle nahm der Kläger bei einer Tochtergesellschaft einer Fluglinie die Ausbildung zum Berufspiloten auf. Hierfür entstanden ihm Aufwendungen von annähernd 28.000 €. In dieser Höhe beantragte er mit seiner Einkommensteuererklärung 2004 einen Verlustvortrag festzustellen. Er berief sich darauf, dass diese Ausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien. Im anderen Streitfall hatte die Klägerin ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen und anschließend das Medizinstudium aufgenommen. Auch sie machte ihre Aufwendungen für das Studium als vorweggenommene Werbungskosten geltend und beantragte ebenfalls eine entsprechende Verlustfeststellung.

Die Finanzämter lehnten die beantragten Verlustfeststellungen ab. Sie beriefen sich dazu auf die ab 2004 geltende Regelung des § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die bestimme, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium im Rahmen der Einkünfteermittlung nicht abziehbar sind, wenn die Aufwendungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Dieser Auffassung folgten auch die Finanzgerichte.

Die dagegen eingelegten Revisionen der Kläger waren erfolgreich. Der BFH entschied, dass aus § 12 Nr. 5 EStG kein solches generelles Abzugsverbot folge. Denn § 12 Nr. 5 EStG regele ausdrücklich, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium bei den einzelnen Einkunftsarten und vom Gesamtbetrag der Einkünfte nur insoweit nicht abgezogen werden dürften, als in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht etwas anderes bestimmt sei. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bestimme jedoch etwas anderes. Denn danach greife der Grundsatz, dass Aufwendungen nur dann als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn nicht der vorrangige Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzug zur Anwendung kommt. In beiden Fällen seien aber die Kosten der Ausbildung hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit der Kläger veranlasst, so dass sie als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden müssten.

 

Kosten für ein Erststudium sind in der Regel keine Werbungskosten

Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium weiterhin private Lebensführungskosten dar und gehören nicht zu den als Werbungskosten abzugsfähigen Ausgaben, es sei denn, die Ausbildung findet im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt.

Aufwendungen für die Berufsausbildung können danach dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht

FG Münster Urteil vom 24.02.2011, 11 K 4489/09 F

Erläuterung (Gericht):

Aufwendungen für ein nach dem Abitur aufgenommenes Erststudium oder eine erstmalige Ausbildung können grundsätzlich nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Dies hat der 11. Senat des Finanzgerichts Münster in einem heute veröffentlichten Urteil vom 24. Februar 2011 (11 K 4489/09 F) entschieden. Damit ist der Abzug von Studienkosten nicht nur der Höhe nach auf jährlich 4.000 EUR beschränkt. Da es im Bereich der Sonderausgaben keinen sog. Verlustvortrag gibt, können Studenten, die während der Ausbildung nur wenig Geld verdienen, Studienkosten auch nicht später, d.h. nach Abschluss der Ausbildung, wenn sie höhere Einkünfte erzielen, steuerlich nutzen.

Im Streitfall studierte die Klägerin an einer Fachhochschule Betriebswirtschaft. Hierfür fielen im Streitjahr 2007 Studien- und Prüfungsgebühren von ca. 10.500 EUR an. Während des Studiums absolvierte die Klägerin Pflichtpraktika, für die sie eine geringe Vergütung erhielt. Bei der Steuerfestsetzung berücksichtigte das Finanzamt die Studienkosten lediglich als Sonderausgaben in Höhe von 4.000 EUR. Den Antrag, einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe der weiteren Aufwendungen festzustellen, lehnte das Finanzamt ab. Zu Recht, wie der 11. Senat meint. Zwar könnten beruflich veranlasste Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme Werbungskosten darstellen. Einem entsprechenden Abzug stehe im Streitfall jedoch die Regelung des § 12 Nr. 5 EStG entgegen, da die Ausbildung der Klägerin nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden habe. Die Klägerin habe zwar mit der Hochschule einen Studienvertrag abgeschlossen. Ein Dienstverhältnis habe aber weder mit der Hochschule, noch mit dem Praktikumsbetrieb bestanden. Daher seien die Ausbildungskosten der Klägerin gem. § 12 Nr. 5 EStG nicht als Werbungskosten anzusehen. Das Gesetz bestimme insoweit typisierend, dass Kosten des Erststudiums noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen in Zusammenhang stünden. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, nach der die Regelung verfassungskonform dahin auszulegen sei, dass sie einen Abzug von Ausbildungskosten im Zusammenhang mit einem Studium nach abgeschlossener Berufsausbildung nicht verbiete, sei auf das nach dem Abitur aufgenommene Erststudium nicht übertragbar. Für eine solche Auslegung lasse weder die Gesetzesbegründung noch der Wortlaut der Norm Raum.

Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sah der 11. Senat nicht. Der Gesetzgeber habe sich innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bewegt. Außerdem sprächen sachlich einleuchtende Gründe für die Regelung. Normalerweise stünden Kosten eines Erststudiums noch nicht in direktem Zusammenhang mit einer konkreten, auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit. Zudem würden die Kosten häufig von den Eltern getragen, die hierfür steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nähmen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Werbungskostenabzug für Verzicht auf Darlehensforderung des Arbeitnehmers gegen Arbeitgeber

Auch wenn ein Darlehen aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden war, kann der spätere Verzicht darauf durch das zugleich bestehende Arbeitsverhältnis veranlasst sein und dann insoweit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen, als die Darlehensforderung noch werthaltig ist.

BFH Urteil vom 25.11.2010, VI R 34/08

Erläuterung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25. November 2010 VI R 34/08 entschieden, dass auch dann, wenn der geschäftsführende Kleingesellschafter seiner GmbH ein Darlehen aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt hat, der spätere Verzicht darauf durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein kann und dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt, soweit die Darlehensforderung noch werthaltig ist.

In dem vom BFH entschiedenen Streitfall war der Kläger als Geschäftsführer an seiner Arbeitgeberin, einer GmbH, mit rund 5 % beteiligt. Die GmbH ließ sich von ihren Gesellschaftern, darunter auch dem Kläger, im November 2000 für einen beabsichtigten Börsengang Liquiditätshilfedarlehen gewähren. Nachdem der Börsengang gescheitert war und die GmbH Kapital benötigte, forderten die Großgesellschafter mit Nachdruck und unter Hinweis auf die sonst drohende Insolvenz und Arbeitsplatzverluste, dass die verbliebenen Kleingesellschafter auf ihre Gesellschafterdarlehen verzichteten. Darauf verzichtete der Kläger im März 2001 auf seine Darlehensrückzahlungsansprüche über 160.000 DM. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung machte der Kläger den Darlehensverlust zunächst erfolglos als Werbungskosten mit der Begründung geltend, den Verzicht zur Rettung seines Arbeitsplatzes erklärt zu haben.

Der BFH war zwar wie das Finanzgericht (FG) der Auffassung, dass die Darlehensgewährung selbst nicht den Werbungskostenabzug rechtfertigen könne, weil sie nicht dem Arbeitsverhältnis, sondern dem Gesellschafterverhältnis des Klägers zuzuordnen sei. Er schloss es aber nicht aus, dass der vom Kläger später erklärte Verzicht auf das Darlehen tatsächlich zur Rettung des Arbeitsplatzes erklärt worden sei. Es liege nahe, dass das FG im sich jetzt anschließenden zweiten Rechtsgang zu dieser Würdigung komme. Dann müsse geprüft werden, welchen Wert die Darlehensforderung des Klägers im Zeitpunkt des Verzichts noch gehabt habe. Denn nur in dieser Höhe seien dem Kläger dann Aufwendungen entstanden, die zum Abzug als Werbungskosten berechtigten.

Bücher als Arbeitsmittel eines Lehrers

Arbeitsmittel sind Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen. Hierzu können auch Zeitschriften und Bücher zählen, wenn die Literatur ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich genutzt wird.

Die allgemeinen Grundsätze zur steuerlichen Behandlung von Arbeitsmitteln gelten auch, wenn zu entscheiden ist, ob Bücher als Arbeitsmittel eines Lehrers zu würdigen sind. Dabei ist die Eigenschaft eines Buchs als Arbeitsmittel nicht ausschließlich danach zu bestimmen, in welchem Umfang der Inhalt eines Schriftwerks in welcher Häufigkeit Eingang in den abgehaltenen Unterricht gefunden hat. Auch die Verwendung der Literatur zur Unterrichtsvorbereitung und Unterrichtsnachbereitung oder die Anschaffung von Büchern und Zeitschriften für eine Unterrichtseinheit, die nicht abgehalten worden ist, kann eine ausschließliche oder zumindest weitaus überwiegende berufliche Nutzung der Literatur begründen.

BFH Urteil vom 20.5.2010, VI R 53/09

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20. Mai 2010 VI R 53/09 entschieden, dass Aufwendungen eines Lehrers für Bücher und Zeitschriften als Werbungskosten abgezogen werden können, wenn die Literatur unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dient und ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich verwendet wird.

Der Kläger unterrichtet an einer Realschule die Fächer Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Ethik. In seiner Einkommensteuererklärung machte er zunächst erfolglos Aufwendungen für Bücher und Zeitschriften geltend. Auf den Einspruch des Klägers ließ das FA pauschal 50 % der Ausgaben zum Werbungskostenabzug zu.

Die auf die Anerkennung sämtlicher Kosten gerichtete Klage wurde vom FG abgewiesen. Über die bereits anerkannten Aufwendungen hinaus könnten keine weiteren Bücherkosten steuermindernd berücksichtigt werden. Denn der Kläger habe es versäumt für jedes einzelne Buch konkret darzulegen, wann, in welcher Klasse, in welchem Fach, zu welchem Thema und in welchem Umfang, welcher konkrete Teil des jeweiligen Schriftwerks Eingang in den Unterricht gefunden habe. Außerdem handele es sich um Schriftwerke gesellschaftspolitischer und allgemeinbildender Art, so dass sich nicht ausschließen lasse, dass der Kläger die Bücher und Zeitschriften auch aus privaten Gründen erworben habe.

Auf die Revision des Klägers hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Das FG habe allein auf die Verwendung der Schriftwerke im Unterricht abgestellt und damit den beruflichen Veranlassungszusammenhag unzulässig verengt. Denn auch der Gebrauch der Literatur zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung oder die Anschaffung von Büchern und Zeitschriften für eine Unterrichtseinheit, die nicht abgehalten worden ist, könne eine ausschließliche oder zumindest weitaus überwiegende berufliche Nutzung der Literatur bei einem Pädagogen und damit den Werbungskostenabzug begründen. Das außerschulische Interesse des Klägers an anthropologischen und gesellschaftspolitischen Themen stehe dann der steuerlichen Berücksichtigung nicht entgegen.

Das FG hat nun für jedes einzelne Buch erneut zu untersuchen, ob es sich um einen Gegenstand der Lebensführung, um ein Arbeitsmittel oder um einen gemischt genutzten Gegenstand handelt. Hierzu sind die "Verwendungsanteile" genau zu bestimmen. Dies kann wie der Streitfall zeigt, sehr mühselig sein.