Strafverteidigungskosten als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen

Strafverteidigungskosten sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst war. Die berufliche Veranlassung wird nicht dadurch begründet, dass der Steuerpflichtige eine steuerpflichtige Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) erhält.

Strafverteidigungskosten erwachsen einem Steuerpflichtigen auch im Falle eines Freispruchs nicht zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 1 EStG, wenn er mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt.

BFH Beschluss vom 10.06.2015 – VI B 133/14 (NV)

Begründung:

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Den im Streitfall aufgeworfenen Rechtsfragen kommt nach diesen Maßstäben keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Die Rechtsfrage, „ob entstandene Rechtsanwaltskosten für die Verteidigung im Rahmen eines Strafverfahrens zumindest dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn eine steuerpflichtige Haftentschädigung gezahlt wird”, ist bereits hinreichend geklärt. Sie bedarf keiner Entscheidung in einem Revisionsverfahren.

Strafverteidigungskosten sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Dies ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es hierbei nicht an. Mithin kommt ein Werbungskostenabzug nur bei einer eindeutig der steuerbaren beruflichen Sphäre zuzuordnenden Tat in Betracht.

Ist der strafrechtliche Vorwurf –wie im Streitfall– nicht durch das berufliche Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst, scheidet somit ein Werbungskostenabzug für die Strafverteidigungskosten aus. Da es für die berufliche Veranlassung der Strafverteidigungskosten nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht darauf ankommt, ob dem Steuerpflichtigen der strafrechtliche Vorwurf zu Recht oder –wie im Streitfall– im Ergebnis zu Unrecht gemacht wurde, wird die berufliche Veranlassung der Strafverteidigungskosten auch nicht dadurch begründet, dass der Steuerpflichtige für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen eine (steuerpflichtige) Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) erhält. Denn der Steuerpflichtige wendet die Strafverteidigungskosten nicht auf, um i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Entschädigung nach dem StrEG steuerpflichtige Einkünfte zu erwerben, sondern um sich von dem gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwurf zu entlasten. Beruht dieser strafrechtliche Vorwurf nicht seinerseits auf einem beruflichen Verhalten des Steuerpflichtigen, überlagern die privaten, nicht beruflichen Gründe für die Aufwendung der Strafverteidigungskosten den Zusammenhang zwischen diesen Kosten und der Entschädigung nach dem StrEG.

Die Rechtsfrage, „ob Rechtsanwaltskosten zumindest dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, sofern die Rechtsverteidigung zu einem Freispruch führt”, ist ebenfalls nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Der BFH hat bereits entschieden, unter welchen Voraussetzungen Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG anzuerkennen sind. Soweit der Angeschuldigte freigesprochen wird, fallen gemäß § 467 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO), von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen abgesehen (§ 467 Abs. 2 und 3 StPO), die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last. Gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu erstatten sind. Dazu zählen u.a. die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Soweit dem Steuerpflichtigen aufgrund dieser Vorschriften ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Strafverteidigung zusteht, scheidet schon mangels Belastung des Steuerpflichtigen ein Abzug nach § 33 EStG aus.

Soweit nach den genannten Vorschriften kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, sind Anwaltskosten für die Strafverteidigung einem Steuerpflichtigen nur zwangsläufig erwachsen (§ 33 Abs. 1 EStG), wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit diese Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nicht zwangsläufig sind Aufwendungen insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige –wie hier– mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart hat, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt; ein Abzug dieser Mehraufwendungen ist mangels Zwangsläufigkeit nicht möglich. Da der Abzug der über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen hinausgehenden, auf einer Honorarvereinbarung beruhenden Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung nach der Rechtsprechung des BFH an der fehlenden Zwangsläufigkeit scheitert, ist es insoweit auch unerheblich, dass der Steuerpflichtige freigesprochen wird. Bei einer Verurteilung scheidet der Abzug der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung ohnehin aus.

Abzugsfähigkeit von Umzugskosten als Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

Abzugsfähigkeit von Umzugskosten als Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit  bei nicht täglicher Fahrt zum Arbeitgeber.

BFH Urteil vom 7.5.2015, VI R 73/13

Begründung:

Werbungskosten sind alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können hierzu auch Aufwendungen für einen Umzug gehören, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist.

Eine berufliche Veranlassung ist beispielsweise anerkannt, wenn der Umzug die Folge eines Arbeitsplatzwechsels ist und die für die täglichen Fahrten zur Arbeitsstätte benötigte Zeit sich durch den Umzug erheblich vermindert. Unter letzterer Voraussetzung kann ein Umzug auch ohne Arbeitsplatzwechsel beruflich veranlasst sein.

Als wesentliche Verkürzung der Wegezeit gilt dabei eine Zeitersparnis von mindestens einer Stunde täglich. Dem Abstellen auf eine Fahrzeitersparnis von mindestens einer Stunde liegt die Überlegung zugrunde, dass die Aussicht auf eine mindestens einstündige Fahrzeitersparnis nach der Lebenserfahrung für viele Arbeitnehmer so bedeutsam ist, dass sie einen Umzug näher an den Arbeitsplatz ernsthaft in Erwägung ziehen. Hierbei ist der Regel- bzw. Standardfall in den Blick genommen, in dem aufgrund häufiger Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz durch die regelmäßig tägliche Wegezeitverkürzung insgesamt eine hohe Zeitersparnis. Sucht der Steuerpflichtige –wie im Streitfall– seinen Arbeitsplatz hingegen vergleichsweise selten auf, ist das Gewicht der mit dem Umzug verbundenen Verkürzung der Wegezeit zwischen Wohnung und Arbeitsplatz bei der Abwägung der beruflichen und privaten Gründe für den Umzug deutlich gemindert. Dementsprechend kann in solchen Fällen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die durch den Umzug entstandene Zeitersparnis den maßgeblichen Gesichtspunkt für die Wahl des Wohnorts darstellt.

Vielmehr hat dann das FG als Tatsacheninstanz aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls zu beurteilen, ob im Einzelfall berufliche Gründe das auslösende Moment für den Umzug waren. Kann die berufliche Veranlassung der Aufwendungen nicht festgestellt werden, so gehen Zweifel zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Der Kläger führte in einem Zeitraum von fünf Monaten lediglich 13 Hin- und Rückfahrten zwischen Wohnung und Einsatzflughafen durch. Aufgrund der seltenen Fahrten zum Einsatzflughafen ist das FG zu der Würdigung gelangt, die Wegezeitverkürzung falle nicht derart ins Gewicht, dass anzunehmen sei, sie sei das auslösende Moment für den Umzug gewesen.

 

Auch bei sog. Günstigerprüfung kein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten

Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG findet auch dann Anwendung, wenn Ausgaben, die nach dem 31. Dezember 2008 getätigt wurden, mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die bereits vor dem 1. Januar 2009 zugeflossen sind.

Auch bei der sog. “Günstigerprüfung” nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG findet § 20 Abs. 9 EStG Anwendung.

BFH Urteil vom 2.12.2014, VIII R 34/13

Begründung:

Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) findet § 20 Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch bei der sog. “Günstigerprüfung” nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG Anwendung; ein Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten kommt daher nicht in Betracht.

Der Kläger war testamentarischer Alleinerbe der im September 2010 verstorbenen A. Im Streitjahr 2009 lebte die über 90 Jahre alte A in einem Pflegeheim und hatte neben Renteneinkünften aufgrund einer atypischen Zusammenballung Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 30.238 €. Aufgrund eines Treuhandvertrages mit dem Kläger, der ihr Vermögen verwaltete und sie betreute, hatte die A an den Kläger im Jahr 2009 eine Vergütung von ca. 10.650 € gezahlt, die – abzüglich eines vom Finanzamt (FA) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigten Teilbetrages von 3.549 € – als Werbungskosten bei Ermittlung der Kapitaleinkünfte geltend gemacht wurde. Da der Steuersatz der A deutlich unter dem Abgeltungsteuersatz von 25 % lag, berief sich der Kläger auf die sog. Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG und begehrte – gegen den Wortlaut des § 20 Abs. 9 EStG – den vollen Werbungskostenabzug. In erster Instanz vor dem Finanzgericht hatte er damit Erfolg.

Der BFH hat indes die Rechtsauffassung des FA bestätigt und das Urteil der Vorinstanz aufgehoben. Zwar kommt bei der sog. Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG nicht der für die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich anzuwendende Abgeltungsteuersatz von 25 % zur Anwendung, sondern der (niedrigere) progressive Regelsteuersatz. Die Ermittlung der Kapitaleinkünfte ist indes auch bei der Günstigerprüfung nach § 20 EStG vorzunehmen¸ damit findet auch im Falle der Günstigerprüfung das Verbot des Abzugs der tatsächlich entstandenen Werbungskosten (§ 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG) Anwendung.

Der Abzug bleibt im Urteilsfall damit auf den sog. Sparer-Pauschbetrag von 801 € beschränkt.
Nach Auffassung des BFH halten sowohl § 32d Abs. 6 EStG als auch das Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG verfassungsrechtlichen Anforderungen stand (vgl. dazu BFH-Urteil vom 1. Juli 2014 VIII R 53/12). Die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG ist vornehmlich als Billigkeitsmaßnahme zu verstehen, mit der Steuerpflichtige, deren Steuersatz noch niedriger liegt als 25 %, eine weitere Begünstigung erfahren. Diese soll aber nicht dazu führen, dass die derart Begünstigten vollumfänglich aus dem System der Abgeltungsteuer ausscheiden. Ob es sich hier um einen atypischen Extremfall handelt, für den eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 der Abgabenordnung in Betracht zu ziehen ist, hatte der BFH nicht zu entscheiden. Er weist jedoch darauf hin, dass es keinen Anspruch auf “Meistbegünstigung” selbst gewählter Gestaltungen gibt.

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Strafverteidigungskosten können bei entsprechendem Veranlassungszusammenhang mit der Erwerbssphäre Werbungskosten sein.

Ein solcher Erwerbsbezug ist gegeben, wenn die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat – im Streitfall: Steuerhinterziehung durch Vorspiegeln eines Mietverhältnisses mit dem Ziel, an sich privat veranlasste Erhaltungsaufwendungen steuerlich zur Abzugsfähigkeit zu bringen – ausschließlich und unmittelbar nur aus der Erwerbstätigkeit heraus erklärbar ist.

Ein Erwerbsbezug fehlt, wenn die Erwerbstätigkeit nur die Gelegenheit zur Straftat schafft.

Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 14.05.2014, 9 K 99/13

 

Businesskleidung als Werbungskosten

Businesskleidung als Werbungskosten

FG München 15. Senat, Urteil vom 10.07.2014, 15 K 1016/12

Begründung:

Bei den Anschaffungs- sowie den Reinigungskosten für die beiden Anzüge handelt es sich nicht um Aufwendungen für typische Berufskleidung.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Arbeitsmittel. Beispielhaft ist hier die typische Berufskleidung aufgezählt. Um typische Berufskleidung handelt es sich, wenn die berufliche Verwendungsbestimmung bereits in der Beschaffenheit der Kleidung entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion, wie z.B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme oder durch ihre Schutzfunktion -wie bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen o. Ä.- zum Ausdruck kommt. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung führen dagegen selbst dann nicht zum Werbungskostenabzug, wenn diese Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt.

Der BFH hat jedoch die Aufwendungen für den schwarzen Anzug eines sowie eines katholischen Geistlichen  als Werbungskosten anerkannt, weil die vom üblichen Verwendungszweck unterschiedliche Funktion dem schwarzen Anzug den Charakter einer typischen Berufskleidung verleihe. In den Fällen des Oberkellners und des katholischen Geistlichen solle nach Ansicht des BFH der schwarze Anzug der Position dieser Personen Ausdruck verleihen und dieser Tätigkeit den erwarteten äußeren Rahmen geben. Im Fall des Leichenbestatters ist der BFH der Meinung, es handele sich bei dem schwarzen Anzug um ein Kleidungsstück, das angesichts seiner beruflichen Verwendung eine Verwendung im privaten Bereich nicht mehr zulasse.

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt im vorliegenden Fall keine typische Berufskleidung vor. Die beiden Anzüge des Klägers sind ihrer Beschaffenheit nach weder durch ihre Unterscheidungs- noch durch ihre Schutzfunktion als typische Berufskleidung einzuordnen. Auch die vom BFH entschiedenen und vom Kläger angeführten Einzelfälle nötigen nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen ist die Kleidung des Klägers schon äußerlich nicht kennzeichnend für eine bestimmte Berufsgruppe. Bereits bei der Farbe, die in den o. g. vom BFH entschiedenen Fällen einheitlich schwarz war, hat der Kläger vorliegend die freie Wahl. Gleiches gilt für die Kombination der Anzüge mit Hemden, Krawatten und Schuhen. Auch ist nach Ansicht des Gerichts zu berücksichtigen, dass oftmals auch die Mandantschaft des Klägers ebenfalls in Anzügen zu Terminen erscheinen wird. Somit kommt den Kleidungsstücken des Klägers – anders als in den Fällen des Oberkellners, Leichenbestatters oder Geistlichen – keinerlei wie auch immer geartete Unterscheidungsfunktion mehr zu.

Der Kläger kann – auch nach Aufgabe des sogenannten „Aufteilungs- und Abzugsverbotes“ durch die Entscheidung des Großen Senates des BFH von 21. September 2009 (GrS 1/06, BStBl II 2010, 672) – keinen beruflichen Anteil von gemischt veranlassten Aufwendungen geltend machen.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind Aufwendungen als Werbungskosten abzuziehen, wenn sie zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen veranlasst sind (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der privaten Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthält kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot, so dass die Vorschrift einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen bzw. privaten Anteile trennbaren Aufwendungen nicht entgegensteht. Die Aufwendungen sind grundsätzlich anhand der privaten bzw. beruflichen Veranlassungsbeiträge aufzuteilen. Ist ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst, ist dieser als Werbungskosten abziehbar.

Zwar ist auch eine Aufteilung von Aufwendungen für bürgerliche Kleidung bei feststehender Arbeitszeit möglich. Derartige Aufwendungen sind aber nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 9 EStG entzogen. Inwieweit gleichwohl ein beruflicher Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen

Verlust einer Darlehensforderung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

Der Verlust einer aus einer Gehaltsumwandlung entstandenen Darlehensforderung eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber kann insoweit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen, als der Arbeitnehmer ansonsten keine Entlohnung für seine Arbeitsleistung erhalten hätte, ohne seinen Arbeitsplatz erheblich zu gefährden.

Der Umstand, dass ein außenstehender Dritter, insbesondere eine Bank, dem Arbeitgeber kein Darlehen mehr gewährt hätte, ist lediglich ein Indiz für eine beruflich veranlasste Darlehenshingabe, nicht aber unabdingbare Voraussetzung für den Werbungskostenabzug eines Darlehensverlustes bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

BFH  Urteil vom 10.4.2014, VI R 57/13

Begründung:

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dazu rechnen alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Veranlasst in diesem Sinne sind die Aufwendungen, wenn sie in einem Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten beruflichen Tätigkeit stehen und zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit getragen werden. Werbungskosten bei den Lohneinkünften liegen danach vor, wenn die Aufwendungen den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern. Zu diesen Aufwendungen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zählen alle Vermögensabflüsse in Geld und Geldeswert.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Aufwendungen zu mehreren Einkunftsarten, entscheidet nach ständiger Rechtsprechung der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang. Danach sind Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt.

Der Verlust der Darlehensforderung kann allerdings als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 19 EStG zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlusts aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat und daher jedenfalls nicht die Nutzung des Geldkapitals zur Erzielung von Zinseinkünften im Vordergrund stand. Als Indiz für solche beruflichen Gründe gilt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats beispielsweise der Umstand, dass ein außenstehender Dritter, insbesondere eine Bank, kein Darlehen mehr gewährt hätte.

Abziehbarkeit von Wohnheimkosten am Ausbildungsort als Werbungskosten

Wohnt ein volljähriges Kind, das eine Ausbildung absolviert, in einem Wohnheim am Ausbildungsort und auch noch bei seinen Eltern am Familienwohnsitz, können die Kosten für die Unterkunft am Ausbildungsort als Kosten einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) oder als allgemeine Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) abziehbar sein.

BFH Urteil vom 16.10.2013-XIR 40/12 BFHNV 2014 S. 502

Begründung:

Entgegen der Auffassung des FG erscheint es im Streitfall nicht ausgeschlossen, dass die Unterkunftskosten der S in X als Werbungskosten abziehbar sind. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt grundsätzlich auch für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen doppelten Haushalt führen.

Das FG hat das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung verneint, weil die Klägerin dies im Verlauf des Verfahrens “selbst eingeräumt” habe. Dies genügt im Lichte der neueren Rechtsprechung des BFH und unter Berücksichtigung der Sachaufklärungspflicht des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG erscheint eine doppelte Haushaltsführung der S –entgegen der Annahme des FG und der Klägerin– nicht von vornherein ausgeschlossen. S unterhielt ab Mai 2008 in X eine über 40 qm große Dachgeschosswohnung und die Klägerin bringt vor, S habe weiterhin noch in Y gewohnt.

Aber selbst dann, wenn keine doppelte Haushaltsführung der S vorgelegen haben sollte, kommt –entgegen der Auffassung des FG– ein Abzug der Unterkunftskosten als Werbungskosten in Betracht, und zwar gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Als Werbungskosten abziehbar nach dieser Vorschrift sind u.a. sämtliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der beruflichen Bildungsmaßnahme stehen, also i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG beruflich veranlasst sind. Da die Kosten für beruflich veranlasste auswärtige Übernachtungen zu den im Rahmen des objektiven Nettoprinzips abziehbaren beruflichen Aufwendungen gehören, können –wie bei einer Auswärtstätigkeit, grundsätzlich auch die durch eine Bildungsmaßnahme veranlassten Unterkunftskosten Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein.

Die Kosten der Unterkunft sind jedoch nur dann beruflich veranlasst, wenn es sich um notwendige Mehraufwendungen handelt. Das ist nur dann der Fall, wenn der Ort der Bildungsmaßnahme –hier X– nicht der Lebensmittelpunkt der S ist und die Unterkunft dort zur Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts hinzukommt. Auch dies ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.

Zur Berücksichtigung von Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung

Wird nur ein auf einem Grundstück gelegenes Gebäude oder ein Gebäudeteil vermietet oder verpachtet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht nur hierauf. Die Prüfung, ob der Steuerpflichtige durch seine Vermietungstätigkeit langfristig einen Einnahmenüberschuss erzielen will, ist jeweils auf das einzelne Mietobjekt bezogen.

Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige beabsichtigte, langfristig Einkünfte aus dem Objekt zu erzielen, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen.

Mietverträge unter nahe stehenden Personen sind in der Regel der Besteuerung nicht zu Grunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entsprich

Mietrechtliche Gestaltungen sind insbesondere dann unangemessen i.S. von § 42 AO, wenn derjenige, der einen Gebäudeteil für eigene Zwecke benötigt, einem anderen daran die wirtschaftliche Verfügungsmacht einräumt, um ihn anschließend wieder zurück zu mieten.

BFH Urteil vom 9.10.2013, IX R 2/13

Aufwendungen für bürgerliche Kleidung als Werbungskosten

Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 9 EStG entzogen. Ein ggf. teilweiser – Abzug als Werbungskosten scheidet daher aus.

BFH Beschluss vom 13.11.2013 – VI B 40/13 BFHNV S. 335

Begründung:

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind Aufwendungen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) abzuziehen, wenn sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der privaten Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthält kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot, so dass die Vorschrift einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen bzw. privaten Anteile trennbaren Aufwendungen nicht entgegensteht.

Die Aufwendungen sind grundsätzlich anhand der privaten bzw. beruflichen Veranlassungsbeiträge aufzuteilen. Ist ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst, ist dieser als Werbungskosten abziehbar. Zwar ist auch eine Aufteilung von Aufwendungen für bürgerliche Kleidung bei feststehender Arbeitszeit möglich. Derartige Aufwendungen sind aber nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 9 EStG entzogen. Inwieweit gleichwohl ein beruflicher Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen.

Die Vorinstanz ist in Übereinstimmung mit den angeführten Grundsätzen zu dem Ergebnis gelangt, die Aufwendungen für die vom Kläger und Beschwerdeführer als "Business-Kleidung" bezeichneten Kleidungsstücke seien solche für bürgerliche Kleidung und daher nicht als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Da insoweit Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich bindend

 

Abzug von Versicherungsprämien als Werbungskosten

Versicherungsprämien können nur als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie beruflich veranlasst sind. Sind sie privat veranlasst, kommt der Sonderausgabenabzug in Betracht. Die Abgrenzung zwischen beruflicher und privater Veranlassung richtet sich danach, ob die Versicherung berufliche oder private Risiken abdeckt.

Beiträge zu einer Berufsunfähigkeits-Versicherung sind in der Regel Sonderausgaben, da sie das der privaten Lebensführung zuzurechnende Risiko des Ausgleichs krankheitsbedingter Einnahmeausfälle abdeckt. Eine Aufteilung der Aufwendungen in einen privat und einen beruflich veranlassten Teil scheidet aus, weil es nicht um eine Aufteilung oder Zuordnung beruflich oder privat bedingter Risiken, sondern um das einheitlich dem privaten Bereich zuzuordnende Risiko der Sicherung des Lebensunterhalts geht.

BFH Beschluss vom 15.10.2013 – VI B 20/13 BFHNV 2014 S. 317

Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung sind Versicherungsprämien nur dann Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, wenn sie beruflich veranlasst sind (§ 9 Abs. 1, § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes). Soweit sie privat veranlasst sind, kommt der Sonderausgabenabzug in Betracht. Die Abgrenzung zwischen beruflicher und privater Veranlassung richtet sich danach, ob durch die Versicherung berufliche oder private Risiken abgedeckt werden. Da das abzudeckende Risiko regelmäßig zu einem nicht unwesentlichen Teil im privaten Lebensbereich angesiedelt ist, sind Beiträge zu Personenversicherungen in der Regel Sonderausgaben und nicht Werbungskosten. Entsprechend hat die Rechtsprechung die Beiträge für eine Krankentagegeld-Versicherung ebenso wie diejenigen zu einer Berufsunfähigkeits-Versicherung nicht als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben anerkannt. Zweck beider Versicherungen ist der Ausgleich krankheitsbedingter Einnahmeausfälle; mithin geht es um das Risiko krankheitsbedingter Vermögenseinbußen. Das Risiko einer Krankheit und daraus folgender Einnahmeausfälle ist letztlich der privaten Lebensführung zuzurechnen. Eine Aufteilung der Aufwendungen für eine Berufsunfähigkeits-Versicherung in einen privat und einen beruflich bzw. betrieblich veranlassten Anteil kommt nicht in Betracht, weil es nicht um eine Aufteilung oder Zuordnung beruflich und privat bedingter Risiken (wie z.B. Unfall-, Haftpflicht- oder Diebstahlrisiken) geht, sondern um das einheitlich dem privaten Bereich zuzuordnende Risiko der Sicherung des Lebensunterhalts.

Die Vorinstanz ist in der angefochtenen Entscheidung von den angeführten Grundsätzen ausgegangen und zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) habe mit der streitigen Versicherung, mit der keine berufsspezifischen Risiken, sondern nur die allgemeinen krankheitsbedingten Einnahmeausfälle versichert worden seien, ausschließlich Risiken der privaten Lebensführung abgedeckt. Da insoweit Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich bindend.