Die wirtschaftliche Eingliederung aufgrund der Vermietung eines Grundstücks, das die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet, entfällt, wenn für das Grundstück Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet wird.
BFH Urteil vom 29. Januar 2009 V R 67/07
Begründung:
Der Kläger hat ein bebautes Grundstück an die T-GmbH vermietet und somit entgeltliche Leistungen gegenüber der T-GmbH erbracht. Ob diese Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar sind oder ob es sich aufgrund der Organschaft um nicht steuerbare Innenleistungen handelt, ist für die zur Begründung einer Organschaft erforderliche Unternehmerstellung des Organträgers unerheblich.
Der Kläger hat seine durch die Vermietung an die T-GmbH begründete Unternehmerstellung nicht dadurch verloren, dass das an die T-GmbH vermietete Grundstück der Zwangsverwaltung nach §§ 146 ff. ZVG unterlag. Denn nach der Rechtsprechung des Senats lässt der Übergang der Verwaltungsbefugnis auf den Zwangsverwalter Eigentumsrecht und Unternehmereigenschaft des Grundstückseigentümers und Vollstreckungsschuldners (Grundstückseigentümer) unberührt.
Dem Grundstückseigentümer sind die mit dem unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstück ausgeführten Vermietungsumsätze weiter als Unternehmer zuzurechnen, da ihm durch die Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 148 Abs. 2 ZVG lediglich Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen werden. Durch die Zwangsverwaltung kommt es weiter nicht zu einer Aufteilung des durch die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers gebildeten Unternehmens, so dass sich z.B. der Vorsteuerabzug aus den vom Zwangsverwalter bezogenen Leistungen nach der Verwendung durch Zwangsverwalter und Grundstückseigentümer richtet.
Eine Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers ergab sich auch nicht aus der Einstellung der Pachtzahlung durch die T-GmbH. Denn nach der Rechtsprechung des Senats endet die unternehmerische Tätigkeit nicht bereits dadurch, dass der Unternehmer vorübergehend keine entgeltlichen Leistungen erbringt oder auf das Entgelt für diese Leistungen verzichtet. Es müssen vielmehr besondere Umstände für die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit vorliegen.
Das Gericht hat entschieden, dass die T-GmbH nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG in das Unternehmen des Klägers eingegliedert war. Allerdings scheitert die nach dieser Vorschrift erforderliche Eingliederung nicht am Merkmal der organisatorischen Eingliederung, sondern an der wirtschaftlichen Eingliederung.
Die finanzielle Eingliederung setzt voraus, dass der Organträger seinen Willen in der Organgesellschaft durch Mehrheitsbeschluss durchsetzen kann. Diese Voraussetzungen hat das FG im Streitfall zu Recht bejaht, da der Kläger Alleingesellschafter der T-GmbH war.
Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Organgesellschaft durch den Organträger in der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft wirklich wahrgenommen wird. Es kommt darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest nach den zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehenden Beziehungen sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist. Deshalb steht z.B. regelmäßig die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters der Annahme der organisatorischen Eingliederung nicht entgegen, wenn der Organträger weiterhin als Geschäftsführer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft tätig und die Verwaltungsbefugnis und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Organgesellschaft noch nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist.
Für die wirtschaftliche Eingliederung genügt es, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen. Hierfür reicht das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft aus; insbesondere braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein.
So genügt z.B. die Vermietung eines Betriebsgrundstücks, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet.
Diese Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung lagen im Streitfall bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung zunächst vor. Das Gericht kann offenlassen, ob bereits die Anordnung der Zwangsverwaltung über das der Organgesellschaft überlassene Grundstück das Ende der Organschaft bewirkt hat. Denn aufgrund der gleichzeitigen Anordnung der Zwangsversteigerung stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass das Grundstück in Zukunft nicht mehr dauerhaft für Zwecke der Organgesellschaft zur Verfügung stehen und deren Tätigkeit nicht mehr fördern konnte. Das genügt.