Hotelbetrieb als Liebhaberei

Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen.

Der Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei wird nicht dadurch bestimmt, dass die aufgelaufenen Verluste die stillen Reserven übersteigen, sondern dadurch, dass der Steuerpflichtige keine Gewinnerzielungsabsicht (mehr) hat.

BFH Beschluss vom 13.04.2011 X B 186/10 NFHNV 2011 S. 1137

Begründung:

Gemäß § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzt eine gewerbliche Tätigkeit u.a. voraus, dass die Tätigkeit in der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird. Gewinnerzielungsabsicht als Tatbestandsmerkmal gewerblicher Tätigkeit ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns.

Angestrebt werden muss ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, und zwar aufgrund einer Betätigung, die, über eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist. Das für den Tatbestand der Einkünfteerzielung notwendige Gewinnstreben ist anhand äußerer Merkmale zu beurteilen. Zu den äußeren Kriterien, an denen die Gewinnerzielungsabsicht zu messen ist, gehört nicht nur der Erfolg, sondern auch die Art der auf diesen Erfolg hin ausgerichteten Tätigkeit. Dazu bedarf es einer in die Zukunft gerichteten, langfristigen Prognose, für die die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten.

In die Totalgewinnprognose sind die Gewinne und Verluste eines Unternehmens von der Gründung bis zur Betriebsveräußerung oder -aufgabe einzubeziehen. Die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/ -verlust zusammen. Kommt es nicht zu einer Veräußerung des Betriebs, ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gemäß § 16 Abs. 3 EStG zugrunde zu legen.

Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung, insbesondere der Festlegung, dass der zeitliche Maßstab für die Beurteilung des Totalerfolgs sich im Regelfall aus der Gesamtdauer der Betätigung ergibt, ist die Frage des Klägers, ob ein (Verlust-)Betrieb mit steuerlicher Anerkennung so lange weitergeführt werden kann, bis die stillen Reserven des Betriebs aufgezehrt worden sind, zu verneinen. Wäre nämlich eine Weiterführung des Betriebs mit entsprechender Anerkennung der aufgelaufenen Verluste bis zur Höhe der stillen Reserven möglich, wäre der zeitliche Maßstab der Totalgewinnprognose nicht die Gesamtdauer der wirtschaftlichen Betätigung, sondern der Verbrauch der stillen Reserven.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung setzt damit voraus, dass im Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei noch stille Reserven vorhanden sein können; dies wäre nicht der Fall, wenn die Rechtsfrage des Klägers bejaht würde. Grund ist, dass der Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei nicht dadurch bestimmt wird, dass die aufgelaufenen Verluste die stillen Reserven übersteigen, sondern dadurch, dass ein "Totalverlust" zu erwarten ist und der Steuerpflichtige keine Gewinnerzielungsabsicht (mehr) hat.

Zur Feststellung des Wegfalls der Gewinnerzielungsabsicht von Steuerpflichtigen, die eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, die –wie der Hotelbetrieb der Ehefrau des Klägers– nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt. Danach kann zwar die Gewinnerzielungsabsicht in diesen Fällen allein wegen der Tatsache langjähriger Erwirtschaftung von Verlusten und fehlender Reaktionen auf bereits eingetretene hohe Verluste nicht verneint werden. Das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen im Hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte Verhalten kann aber als ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu werten sein, da ein solches Verhalten den Schluss darauf zulässt, dass die Betriebsführung nicht ernstlich darauf gerichtet war, erfolgreich am Markt tätig zu sein. An die Feststellung persönlicher Gründe oder Motive, die den Steuerpflichten trotz überwiegender Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind deshalb in diesen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen.