Kein Abzug ausländischer Steuer im Missbrauchsfall

Ein Abzug ausländischer Steuern gemäß § 34c Abs. 3 EStG 1997 n.F. bei der Ermittlung der Einkünfte setzt die Identität des zur deutschen und zur ausländischen Steuer herangezogenen Steuersubjekts voraus.

Werden dem Steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen einer inländischen GmbH, die von einer in rechtsmissbräuchlicher Weise zwischengeschalteten ausländischen Gesellschaft bezogen wurden, gemäß § 42 AO a.F. zugerechnet, dann kann er eine von dieser Gesellschaft auf die Weiterausschüttung an eine weitere zwischengeschaltete ausländische Gesellschaft gezahlte ausländische Steuer nicht gemäß § 34c Abs. 3 EStG 1997 n.F. abziehen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 2.3.2016, I R 73/14

Begründung:

Sind dem Steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen einer GmbH zuzurechnen, da eine zwischen ihm und der GmbH bestehende Beteiligungskonstruktion über ausländische Gesellschaften als Gestaltungsmissbrauch anzusehen ist, kann er die von einer zwischengeschalteten Auslandsgesellschaft im Ausland gezahlte Dividendensteuer nicht von seinen Einkünften abziehen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 2. März 2016 I R 73/14 entschieden hat.

Im Streitfall war der im Inland ansässige Kläger über die im Ausland ansässigen Gesellschaften V, B und F an einer inländischen GmbH beteiligt. Zwischen den Beteiligten war unstreitig, dass die Beteiligungskonstruktion als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 der Abgabenordnung anzusehen war. Gewinnausschüttungen der GmbH führten daher beim Kläger unstreitig zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Da im Ausland für Gewinnausschüttungen der V an F eine Dividendensteuer entstanden war, begehrte der Kläger aber, diese ausländische Steuer gemäß § 34c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einkünftemindernd zu berücksichtigen. Finanzamt, Finanzgericht und schließlich der BFH lehnten dies ab.

Der Abzug einer ausländischen Steuer ist gemäß § 34c Abs. 3 EStG nur zulässig, wenn dieselbe Person auf dieselben Einkünfte inländische und zugleich ausländische Steuer zu entrichtet hat. Nur dann kann von einer Doppelbesteuerung gesprochen werden, die § 34c EStG vermeiden will. Im Streitfall wurde allerdings nicht der inländische Kläger, sondern die zwischengeschaltete Gesellschaft V zur Dividendensteuer herangezogen. Ohne Bedeutung ist, dass die Zwischenschaltung der V rechtsmissbräuchlich und dem Kläger deshalb die Gewinnausschüttung unmittelbar zuzurechnen war. Denn bei einer angemessenen und damit nicht rechtsmissbräuchlichen Gestaltung der Beteiligungsverhältnisse, wäre die ausländische Dividendensteuer überhaupt nicht angefallen. Folglich muss der deutsche Fiskus die Minderung seines Steueraufkommens nicht hinnehmen.

Unterhaltsleistungen auch bei mehrjähriger Steuernachzahlung abziehbar

Bei Selbständigen und Gewerbetreibenden, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist bei der Ermittlung des Nettoeinkommens regelmäßig ein Dreijahresdurchschnitt zu bilden (Bestätigung des Senatsurteils vom 28. März 2012 VI R 31/11, BFHE 237, 79, BStBl II 2012, 769).

Steuerzahlungen sind von dem hiernach zugrunde zu legenden unterhaltsrelevanten Einkommen grundsätzlich in dem Jahr abzuziehen, in dem sie gezahlt wurden (Bestätigung des Senatsurteils in BFHE 237, 79, BStBl II 2012, 769).

Führen Steuerzahlungen für mehrere Jahre jedoch zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Streitjahr, sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom “Durchschnittseinkommen” des Streitjahres abzuziehen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 28.4.2016, VI R 21/15

Begründung:

Unterhaltsleistungen sind auch bei einer Steuernachzahlung für einen mehrjährigen Zeitraum als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. April 2016 VI R 21/15 entschieden hat.

Im Streitfall erzielte der Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und gewährte seinen beiden volljährigen Söhnen, die auswärtig studierten, Unterhalt in Höhe von jeweils 8.004 €. Diese Aufwendungen machte er in seiner Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Danach ermäßigt sich die Einkommensteuer dadurch, dass Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erwachsen, bis zu einer Höchstgrenze vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Voraussetzung ist hierfür insbesondere, dass dem Leistenden nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verbleiben (sog. Opfergrenze).

Das Finanzamt berücksichtigte die Unterhaltsleistungen im Hinblick auf diese Opfergrenze nicht. Der Kläger habe zwar im Streitjahr –nach einem Dreijahresmittel berechnet– ein Jahreseinkommen in Höhe von etwa 480.000 € erzielt. Dem stünden im Streitjahr jedoch Einkommensteuernachzahlungen für die Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von ca. 564.000 € gegenüber.

Demgegenüber hatte das Finanzgericht (FG) die Unterhaltsleistungen zum Abzug nach § 33a EStG zugelassen. Der BFH hat das Urteil des FG im Ergebnis bestätigt. Zwar sind auch nach der Rechtsprechung des BFH Steuerzahlungen bei der Berechnung des maßgeblichen Nettoeinkommens grundsätzlich in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie gezahlt wurden. Steuerzahlungen für mehrere Jahre dürfen jedoch nicht zu erheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Jahr der Unterhaltsleistung führen, wie der BFH in seinem neuen Urteil betont. Daher sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom “Durchschnittseinkommen” des Streitjahres abzuziehen. Somit war das für den maßgeblichen Dreijahreszeitraum (2010 bis 2012) ermittelte Durchschnittseinkommen des Klägers in Höhe von ca. 480.000 € nur um eine durchschnittliche Steuerzahlung in Höhe von ca. 188.000 € zu vermindern. Dem Kläger waren danach auch unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen an die beiden Söhne angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verblieben.

Verfassungsmäßigkeit des Alterseinkünftegesetzes

Die Besteuerung der Altersrenten mit dem Besteuerungsanteil des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist verfassungsmäßig, sofern nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstoßen wird (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

Mit Vorbringen, das sich gegen die Richtigkeit des Urteils des BVerfG vom 6. März 2002  2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) richtet, kann eine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung des AltEinkG nicht erreicht werden.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 6.4.2016, X R 2/15

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält an seiner Rechtsprechung fest, dass die Besteuerung der Altersrenten seit 2005 verfassungsgemäß ist, sofern nicht gegen das Verbot der doppelten Besteuerung verstoßen wird. Er hat zudem im Urteil vom 6. April 2016 X R 2/15 hervorgehoben, dass mit dem Vorbringen gegen die Richtigkeit eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) keine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung eines Gesetzes erreicht werden kann.

Der Kläger und seine 2014 verstorbene Ehefrau (E) bezogen im Streitjahr 2009 Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Den steuerfreien Teil der Altersrenten ermittelte das Finanzamt gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 3 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Im finanzgerichtlichen Verfahren machte der Kläger geltend, die Besteuerung der Sozialversicherungsrenten sei verfassungswidrig. Das Urteil des BVerfG vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) zur Verfassungswidrigkeit der früheren Rentenbesteuerung beruhe teilweise auf falschen Daten. Deshalb dürften die Renten auch künftig nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das BVerfG drei Verfassungsbeschwerden, in denen die Verfassungswidrigkeit des Alterseinkünftegesetzes gerügt worden sei, nicht zur Entscheidung angenommen habe. Zudem hat der Kläger die Verletzung des Verbots der doppelten Besteuerung gerügt. Die steuerliche Entlastung seiner Altersrente sei geringer als die steuerliche Belastung der von ihm und seiner Frau geleisteten Vorsorgeaufwendungen.

Der BFH hat im Streitfall an seiner Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung seit 2005 festgehalten und klargestellt, dass der Kläger mit seinen Einwendungen gegen die Richtigkeit einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung im Revisionsverfahren nicht gehört werden kann. Die im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Entscheidungsformel eines Urteils habe nach § 31 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.

Ob im konkreten Streitfall gegen das Verbot der doppelten Besteuerung verstoßen worden ist, konnte der BFH wegen fehlender Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zu diesem Punkt nicht beurteilen. Er hat das Verfahren deshalb an das FG zurückverwiesen, diesem aber gewisse Vorgaben für die weitere Prüfung gemacht. Der BFH hat dabei darauf hingewiesen, dass bei der Berechnung einer möglichen doppelten Besteuerung das Nominalwertprinzip zugrunde zu legen ist. Bei der Ermittlung der steuerlichen Belastung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung müsse darüber hinaus berücksichtigt werden, dass die Arbeitgeberbeiträge gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei gewesen seien. Nach Auffassung des BFH sind bei der Ermittlung der steuerlichen Belastung der Altersvorsorgeaufwendungen zudem die Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG a.F. bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2004 anhand der Beitragssätze der gesetzlichen Sozialversicherung aufzuspalten. Bei freiwillig geleisteten Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung seit 2005 sind die tatsächlich abziehbaren Beiträge gemäß § 10 Abs. 3 EStG n.F. zugrunde zu legen.

Obwohl E im Zeitpunkt der BFH-Entscheidung bereits verstorben war, kann nach Auffassung des Gerichts die Höhe der steuerlichen Entlastung ihrer Rente nicht anhand der von ihr konkret bezogenen Leistungen berechnet werden. Entscheidend für die Berechnung der steuerlichen Entlastung der Rente seien vielmehr die zum Zeitpunkt des Beginns des Rentenbezugs der statistischen Wahrscheinlichkeit nach zu erwartenden Leistungen. Versterbe der Steuerpflichtige vor Erreichen der statistischen Lebenserwartung, verwirkliche sich das typische Rentenrisiko. Während bei einem Teil der Steuerpflichtigen die Lebenszeit die statistische Lebenserwartung unterschreite, werde diese bei anderen überschritten.

Kosten für Zivilprozesse

Zivilprozesskosten zur Unterbindung einer medialen Berichterstattung über eine Straftat sind keine außergewöhnliche Belastung

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 14.4.2016, VI R 61/13

Sachverhalt:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden für das Streitjahr (2009) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Jahren 1989 bis 1993 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als …. Im Anschluss daran beendete er sein Studium der … und erzielte von 2006 bis 2009 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als …. Im Jahr 2008 wurde er wegen einer im Jahr 2007 begangenen Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegte Revision hatte keinen Erfolg. Im Jahr 2009 trat der Kläger die Haftstrafe an. Im Jahr 2011 wurde er aus dem Strafvollzug entlassen. Nach Bekanntwerden der erstinstanzlichen Verurteilung kündigte sein damaliger Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Seit … 2012 ist der Kläger als … für eine … tätig. Da es aufgrund der Verurteilung zu beruflichen Schwierigkeiten gekommen war und er befürchtete, keine Anstellung mehr zu finden, ging der Kläger ab dem Jahr 2008 unter Einschaltung spezialisierter Anwälte gegen die mediale Berichterstattung über seine Person mit dem Ziel der Löschung entsprechender Artikel aus dem Internet vor. Hierdurch entstanden ihm aufgrund zahlreicher zivilprozessualer Verfahren, die er ausschließlich im Hinblick auf die Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte geführt hatte, Aufwendungen in Höhe von 53.307,22 EUR. Der Kläger begehrte die Berücksichtigung der Aufwendungen im Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, hilfsweise als außergewöhnliche Belastungen

Begründung:

Das FG hat die streitigen Aufwendungen zu Recht weder als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit noch als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht.

Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, ohne dass dabei allerdings schon ein abstrakter Kausalzusammenhang i.S. einer conditio sine qua non die einkommensteuerrechtliche Zuordnung der Aufwendungen zur Erwerbssphäre rechtfertigt. Aufwendungen sind vielmehr nur dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Dabei obliegt die Beurteilung, ob Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des FG. Das FG hat anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen, wo die Grenze zwischen beruflichem und privatem Bereich verläuft und welche Indizien für sich allein ausreichend sind, um eine berufliche Veranlassung zu bejahen.

Im Streitfall ist die Würdigung des FG, nach der die streitbefangenen Prozesskosten keinen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zu einer steuerbaren beruflichen Tätigkeit des Klägers aufweisen, der einen Abzug als Werbungskosten rechtfertigen könnte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des FG wurde der Kläger wegen einer ausschließlich privat motivierten Straftat rechtskräftig verurteilt. Auf dieser Verurteilung beruhte das Medieninteresse, dessentwegen der Kläger letztlich die zivilrechtlichen Streitigkeiten im Hinblick auf die Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte anstrengte. Die Würdigung des FG, es handele sich insoweit um Folgekosten, deren Ursache in der ausschließlich privat motivierten Straftat lägen, ist nicht nur möglich, sondern naheliegend. Dies gilt insbesondere, weil die Vorinstanz eingeräumt und berücksichtigt hat, dass die Bereinigung entsprechender negativer Einträge im Internet bessere Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz mit sich bringen könne, dies allerdings angesichts der arbeitsrechtlichen Vorgaben sowie verschiedener Umstände der Lebenswirklichkeit keine zwangsläufige Folge sei. Vielmehr habe das dem privaten Lebensbereich zuzuordnende Ziel der Rehabilitierung des Klägers und seiner Resozialisierung nach dem Strafvollzug im Vordergrund gestanden.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit. Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war. Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen.

Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

Gemessen daran hat das FG die geltend gemachten Aufwendungen im Streitfall zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt Denn der Kläger wurde nicht in rechtswidriger Weise dergestalt in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, dass er Gefahr lief, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine Lebensbedürfnisse nicht mehr in dem üblichen Rahmen befriedigen zu können. Die Berichterstattung in den Medien war Folge einer vom Kläger begangenen privat motivierten Straftat. Im Streitfall kann offenbleiben, ob der Kläger damit die wesentliche Ursache für das Entstehen der als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen selbst gesetzt hat und ihm diese bereits deshalb nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 EStG entstanden sind. Denn der Kläger wurde nicht in rechtswidriger Weise dergestalt in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, dass er Gefahr lief, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine Lebensbedürfnisse nicht mehr in dem üblichen Rahmen befriedigen zu können.

Die Berichterstattung über ein Strafverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit. Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn –wie im Streitfall– den Straftäter identifizierende Inhalte im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Straftaten aufzuzeigen und hierüber zu berichten gehört allerdings zu den legitimen Aufgaben der Medien, so dass die Berichterstattung hierüber grundsätzlich vom Beschuldigten hinzunehmen ist. Dies gilt erst recht, wenn er wegen der ihm zur Last gelegten Straftat tatsächlich verurteilt wird.

Auch eine wahre Darstellung kann indes das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen. Zwar gehört die Berichterstattung über eine Straftat zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Mit zeitlicher Distanz zum Strafverfahren und nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gewinnt jedoch das Interesse des Betroffenen, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmend an Bedeutung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann dann in einzelnen Fällen Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters bieten.

Im Streitfall ging es um eine zeitnahe Berichterstattung der Medien über die vom Kläger begangene Straftat. Da der Kläger dies nach den angeführten Rechtsgrundsätzen grundsätzlich hinzunehmen hat, kann er die Prozesskosten schon deshalb nicht als außergewöhnliche Kosten geltend machen. Ob und ggf. unter welchen weiteren Voraussetzungen Kosten für Prozesse mit dem Ziel, Presseberichte über längere Zeit zurückliegende Straftaten zu unterbinden, außergewöhnliche Belastungen sein können, bedarf daher im Streitfall keiner Entscheidung.

Beziehen von Polstermöbeln als Handwerkerleistungen

Handwerkerleistung wie das Beziehen von Polstermöbeln sind nur steuerbegünstigt, wenn sie im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Juli 2016 (1 K 1252/16)

Sachverhalt:

Die Kläger sind Eheleute und beauftragten im Jahr 2014 einen Raumausstatter, ihre Sitzgruppe (2 Sofas und einen Sessel) neu zu beziehen. Der Raumausstatter holte die Sitzgruppe ab und bezog die Möbel in seiner nahe gelegenen Werkstatt (Entfernung zur Wohnung der Kläger ca. 4 Kilometer) neu. Für die entstandenen Kosten (rd. 2.600 €) beantragten die Kläger in ihrer Steuererklärung die Steuerermäßigung nach § 35 a Abs. 3 EStG (Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen).

Begründung:

Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass eine Handwerkerleistung nur dann „in“ einem Haushalt erbracht werde, wenn sie im räumlich-funktionalen Bereich des Haushalts geleistet werde. Danach ende der Haushalt zwar nicht an der Grundstücksgrenze, so dass z.B. auch Aufwendungen zur Herstellung eines Hausanschlusses im öffentlichen Grund und Boden oder Kosten für den Winterdienst begünstigt seien. Die Handwerkerleistungen müssten aber in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden. Bei einer Entfernung zur Werkstatt von 4 Kilometern fehle es hieran. Daran ändere auch die Transportleistung des Raumausstatters nichts, weil es sich dabei nur um eine untergeordnete Nebenleistung gehandelt habe.

Die strikte Unterscheidung in „häusliche“ und „außerhäusliche“ Leistungen führe zwar zu dem Ergebnis, dass es allein vom Ort der Leistungserbringung abhänge, ob eine Tätigkeit begünstigt sei oder nicht. So sei z.B. die Betreuung eines Haustiers begünstigt, wenn sie im Haushalt durchgeführt werde, aber nicht begünstigt, wenn sie außerhalb des Haushalts (Tierpension) erbracht werde. Dieses Ergebnis habe der Gesetzgeber aber bewusst in Kauf genommen, weil er mit der Steuerermäßigung die Schwarzarbeit bei Dienstleistungen im Privathaushalt habe bekämpfen wollen.

 

Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung an Presseunternehmen verfassungsgemäß

Ein Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung, das an ein Presseunternehmen wegen Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu Anzeigenauftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik gerichtet ist, kann auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Anzeigenteils für das Presseerzeugnis mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen und die Anzeigen nicht bedeutsam für die öffentliche Meinungsbildung sind.

Die in die Zukunft gerichtete Verpflichtung, laufende Auskünfte zu erteilen, bedarf einer besonderen Begründung der Ermessensentscheidung.

Wird ein Auskunftsersuchen während des Klageverfahrens geändert, ist für die gerichtliche Kontrolle auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des geänderten Bescheids abzustellen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.5.2016, II R 17/14

Begründung:

Die Steuerfahndung darf von einem Zeitungsverlag die Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu den Auftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik verlangen. In seinem Urteil vom 12. Mai 2016 II R 17/14 sieht der Bundesfinanzhof (BFH) hierin keinen Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes –GG–).

Im Streitfall richtete die Steuerfahndungsstelle eines Finanzamts (FA) an die Herausgeberin einer Tageszeitung und eines Anzeigenblatts ein Auskunftsersuchen. Das FA verlangte für einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren die Übermittlung von Namen und Adressen sämtlicher Auftraggeber von Anzeigen der Rubrik “Kontakte”, in denen sexuelle Dienstleistungen beworben wurden. Das FA begründete sein Auskunftsersuchen u.a. mit einem vom Bundesrechnungshof beanstandeten Vollzugsdefizit bei der Besteuerung der im Rotlichtmilieu tätigen Betriebe und Personen. Das Finanzgericht (FG) sah darin eine ausreichende Begründung für das Auskunftsersuchen und wies die Klage ab.

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Danach kann ein Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen rechtmäßig sein. Zwar umfasst der Schutzbereich der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich auch den Anzeigenteil von Presseerzeugnissen. Die konkrete Reichweite des Grundrechtsschutzes ergibt sich jedoch erst unter Berücksichtigung der “allgemeinen Gesetze” i.S. des Art. 5 Abs. 2 GG. Von der Pressefreiheit geschützt sind danach nur solche Anzeigen, die für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsam sind oder der Kontrollfunktion der Presse dienen. Bei den streitgegenständlichen Anzeigen war dies nicht der Fall. Allein die wirtschaftliche Bedeutung der Anzeigen für das Presseerzeugnis führte ebenfalls nicht zur Unvereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, da nur relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen waren.

Einschränkungen bestehen aber für Auskunftsersuchen, die eine in die Zukunft gerichtete Verpflichtung enthalten, laufende Auskünfte zu erteilen. Diese bedürfen einer besonderen Begründung der Ermessensentscheidung. Zudem muss zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ein besonderes Ermittlungsbedürfnis bestehen.

Negativer Geschäftswert bei Einbringung

Übersteigt der Gesamtwert des im Wege der Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 eingebrachten Betriebsvermögens aufgrund eines sog. negativen Geschäftswerts nicht dessen Buchwert, darf die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens auch dann nicht auf höhere Werte aufstocken, wenn deren Teilwerte die jeweiligen Buchwerte überschreiten.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 28.4.2016, I R 33/14

Sachverhalt:

Im Dezember 1998 erwarb eine Gesellschaft des A-Konzerns sämtliche Kommanditanteile an der zum Rechtsstreit beigeladenen … GmbH & Co. KG –Beigeladene– sowie die Geschäftsanteile an deren Komplementär-GmbH für insgesamt … DM. Bei der Beigeladenen handelte es sich um ein Zulieferunternehmen vornehmlich für die Z-Branche. Sie unterhielt die Teilbetriebe X (Betriebsteil in O) und Y (Betriebsteile in P und Q). Der A-Konzern plante, lediglich den Gewinne erwirtschaftenden Teilbetrieb X, nicht jedoch den Verluste generierenden Teilbetrieb Y selbst weiter zu betreiben. Nachdem kein externer Käufer für den Teilbetrieb Y gefunden werden konnte, erklärten sich fünf leitende Mitarbeiter jenes Teilbetriebs bereit, diesen im Wege eines sog. Management-Buy-out zu erwerben und fortzuführen.

Zu diesem Zweck erwarb die Beigeladene am 29. September 2000 zunächst den einzigen Geschäftsanteil an der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) –einer als Vorratsgesellschaft gegründeten GmbH–, erhöhte deren Stammkapital von … EUR auf … EUR und brachte die Aktiva und Passiva des Teilbetriebs Y im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme (§ 123 Abs. 3 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes) als Sacheinlage in die Klägerin ein; als Ausgliederungsstichtag wurde der 30. September 2000 festgelegt. Sodann veräußerte die Beigeladene am gleichen Tag mit Wirkung zum 30. September 2000 den Geschäftsanteil an der Klägerin (nach Teilung) an die fünf Mitarbeiter, die dafür jeweils einen Kaufpreis von … EUR zu zahlen hatten. Die Klägerin erwirtschaftete danach noch bis einschließlich 2003 Verluste. Ab dem Jahr 2004 verzeichnete sie durchgehend positive Jahresergebnisse.

In ihrer Einbringungsbilanz zum 1. Oktober 2000 setzte die Klägerin die übergegangenen Wirtschaftsgüter des Aktivvermögens nicht mit den Buchwerten (das waren insgesamt … DM), sondern unter Berufung auf § 20 Abs. 2 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 (UmwStG 1995) mit höheren Werten (Zwischenwerte) an, die die Buchwerte um insgesamt … DM überstiegen. Ausgehend von diesen erhöhten Wertansätzen berücksichtigte die Klägerin in ihren Jahresabschlüssen für 2000, 2001 und 2002 (Streitjahre) entsprechend höhere Beträge bei den Absetzungen für Abnutzung (AfA).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte nach einer Außenprüfung die die Buchwerte übersteigenden Wertansätze nicht an, weil sie seiner Auffassung nach entgegen § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 die Teilwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter überschritten. Zwar mögen die einzelnen Wirtschaftsgüter –entsprechend dem Gutachten der Klägerin– die Buchwerte übersteigende Verkehrs- bzw. Marktwerte aufgewiesen haben. Jedoch sei in diesem Zusammenhang ein übernommener negativer Geschäftswert aufgrund der langjährigen Verlustsituation des übernommenen Teilbetriebs zu berücksichtigen. Dieser sei nicht zuletzt in dem geringen Kaufpreis für die Geschäftsanteile an der Klägerin von insgesamt … EUR zum Ausdruck gekommen, während sich schon auf der Grundlage der Buchwerte ein bilanzielles Eigenkapital der Klägerin von … DM zum 1. Oktober 2000 ergeben habe

Begründung.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass eine Aufstockung der Wertansätze des eingebrachten Betriebsvermögens in der Einbringungsbilanz der Klägerin aufgrund des negativen Geschäftswerts des eingebrachten Teilbetriebs nicht möglich gewesen ist.

Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht, und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Der Buchwert ist der Wert, mit dem der Einbringende das Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Sacheinlage nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen hat (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995). Nach § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 dürfen bei dem Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden.

Die vorstehenden Grundsätze sind im Streitfall anzuwenden: Die Beigeladene (Einbringende) hat ihren vormaligen Teilbetrieb Y in die Klägerin (übernehmende Kapitalgesellschaft) eingebracht und hierfür einen neuen Geschäftsanteil an dieser erhalten. Dass der vormalige Teilbetrieb Y die Voraussetzungen eines Teilbetriebs i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 erfüllt hat, hat das FG festgestellt, ohne dass die Beteiligten dies mit zulässigen und begründeten Einwendungen angegriffen haben. Der erkennende Senat ist daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO an diese Feststellung gebunden. Sonach stand der Klägerin das der übernehmenden Kapitalgesellschaft durch § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 eingeräumte Wahlrecht zu, das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Einbringungsbilanz zum 1. Oktober 2000 mit dem Buchwert oder einem höheren Wert anzusetzen, wobei gemäß § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden durften.

Bei isolierter Betrachtung des Wortlauts des § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 haben die Wertansätze in der Einbringungsbilanz der Klägerin die dort geregelte Höchstgrenze nicht überschritten. Denn nach den Feststellungen der Vorinstanz, die auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhen, lagen die Wertansätze der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in der Einbringungsbilanz nicht über deren jeweiligen Teilwerten. Streitig ist indes zwischen den Beteiligten, welche Bedeutung in Zusammenhang mit der Höchstgrenze des § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 dem Umstand beizumessen ist, dass der eingebrachte Teilbetrieb nach den –ebenfalls auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhenden– vorinstanzlichen Feststellungen im Streitfall aufgrund schlechter Ertragsaussichten mit einem sog. negativen Geschäftswert belastet war, der Gesamtwert des Teilbetriebs als wirtschaftlicher Einheit mithin geringer gewesen ist als die Summe der Teilwerte seiner einzelnen Wirtschaftsgüter.

FA und FG verweisen demgegenüber auf das u.a. beim entgeltlichen Erwerb von Betrieben (oder Teilbetrieben) zu beachtende Anschaffungskostenprinzip, nach welchem Anschaffungsvorgänge ergebnisneutral zu erfassen und einem negativen Geschäftswert des Erwerbsgegenstands bilanziell dadurch Rechnung zu tragen ist, dass die Teilwertansätze des aktiven Betriebsvermögens (mit Ausnahme des Barvermögens) beim Erwerber entsprechend proportional abzustocken sind. Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Die Wertaufstockungen im Rahmen des § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 dürfen nicht zu einem den Teilwert des eingebrachten Betriebsvermögens als Sachgesamtheit (unter Berücksichtigung des negativen Geschäftswerts) übersteigenden Wertansatz führen. Denn bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs sind umwandlungssteuerrechtlich nicht nur die Werte der aktivierten Einzelwirtschaftsgüter, sondern ist auch der Gesamtwert der eingebrachten Sachgesamtheit von Bedeutung.

Investitionsabzugsbetrag bei unentgeltlicher Betriebsübertragung

Der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags steht es nicht entgegen, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Steuerpflichtigen selbst, sondern aufgrund einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll.

Voraussetzung dafür ist, dass der Steuerpflichtige bei Fortführung des Betriebs die von ihm benannten Wirtschaftsgüter selbst angeschafft oder hergestellt hätte und er zum maßgeblichen Bilanzstichtag anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass die Investition nach Übertragung des Betriebs fristgemäß von seinem Rechtsnachfolger zur Nutzung in dem übertragenen Betrieb vorgenommen werden würde.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.3.2016, IV R 14/12

Sachverhalt:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2007) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Der Kläger übertrug seinem Sohn den Betrieb durch notariellen Vertrag vom … 2007 unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Der Besitz ging am 1. Dezember 2007 über.

Der Erklärung war der Jahresabschluss auf den 30. November 2007 einschließlich einer Anlage über die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen gemäß § 7g EStG in Höhe von insgesamt … EUR beigefügt.

Das FA veranlagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 6. Juli 2009 zunächst erklärungsgemäß. Nach einer Außenprüfung erkannte es die Investitionsabzugsbeträge allerdings nicht mehr an. Diese hätten nicht mehr in Anspruch genommen werden dürfen, da bereits festgestanden habe, dass der Kläger die Investitionen wegen der bereits erfolgten Übergabe des Betriebs nicht mehr selbst werde durchführen können.

Begründung:

Entgegen der Auffassung von FA und FG steht der Inanspruchnahme der Investitionsabzugsbeträge nicht entgegen, dass zwischenzeitlich ein unentgeltlicher Betriebsübergang stattgefunden hat (dazu unter 2.). Das FG hat allerdings keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger zum hier maßgeblichen Bilanzstichtag, dem 30. November 2007, die erforderliche Investitionsabsicht hatte.

Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (§ 7g Abs. 1 Satz 1 EStG.

Die Inanspruchnahme eines solchen Investitionsabzugsbetrags setzt gemäß § 7g Abs. 1 Satz 2 EStG weiter voraus, dass der Betrieb bestimmte Größenmerkmale nicht überschreitet, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren (Investitionszeitraum) anzuschaffen oder herzustellen (Nr. 2 Buchst. a) sowie mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen (Nr. 2 Buchst. b), und dass er das begünstigte Wirtschaftsgut in den beim FA einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt.

Der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags steht es nicht entgegen, wenn im Zeitpunkt der Bildung des Investitionsabzugsbetrags feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Steuerpflichtigen selbst, sondern aufgrund einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll.

In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 7g EStG in der bis zum Inkrafttreten des UntStRefG 2008 geltenden Fassung (§ 7g EStG a.F.) ist geklärt, dass die Bildung einer Ansparabschreibung ausgeschlossen ist, wenn die notwendige Prognose, ob der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut in Zukunft voraussichtlich anschaffen oder herstellen wird, negativ ausfällt. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Investition wegen einer zwischenzeitlichen Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs objektiv nicht mehr möglich ist. Genauso verhält es sich, wenn eine solche Betriebsveräußerung oder -aufgabe zwar noch nicht vollzogen ist, aber etwa durch Abschluss entsprechender schuldrechtlicher Verträge bereits in die Wege geleitet wurde. Denn der Förderzweck des § 7g EStG a.F., die Liquidität und Eigenkapitalausstattung und damit die Investitions- und Innovationskraft kleiner und mittlerer Betriebe dadurch zu stärken, dass Abschreibungspotenzial in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung und Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts verlagert wird, kann in derartigen Fällen nicht mehr erreicht werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 14. April 2015 GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007, Rz 57, m.w.N.). Dies gilt ebenso in dem Fall der Buchwerteinbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 des Umwandlungssteuergesetzes, da die Einbringung eines Betriebs gegen Gesellschaftsrechte einen veräußerungs- und tauschähnlichen Vorgang darstellt. Auch in diesem Fall kann die Förderung des ursprünglichen Betriebsinhabers keinen Finanzierungsbeitrag (Liquiditätshilfe) mehr zu der Investition leisten. Es kann nicht unterstellt werden, dass der ursprüngliche Betriebsinhaber den Förderbetrag der Kapitalgesellschaft zur Verfügung stellt.

Diese Rechtsprechung zum sog. Finanzierungszusammenhang steht der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags im Fall einer unentgeltlichen Betriebsübertragung nicht entgegen.

Grunderwerbsteuer bei Abtretung des Anspruchs auf Übertragung eines Gesellschaftsanteils

Die Abtretung eines kaufvertraglichen Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft und die Begründung der Verpflichtung dazu unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer.

Gleiches gilt für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vom bisherigen Gesellschafter unmittelbar auf den Abtretungsempfänger.

Das FG ist nicht berechtigt, den vom FA in einem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer zu Unrecht festgestellten Erwerbsvorgang durch einen anderen zu ersetzen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.5.2016, II R 26/14

Sachverhalt:

Die A-Bank hielt ursprünglich 100 % an der B-AG, die ihrerseits 100 % der Anteile an verschiedenen Kapitalgesellschaften hielt. Diese waren Eigentümer von in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Grundstücken. Mit Vertrag vom 1. September 2006 verkaufte die A-Bank ihre Anteile an der B-AG an die C-Bank. Der Vertrag stand unter verschiedenen Bedingungen. Der C-Bank stand das Recht zu, vor dem Vollzug des Vertrags eine Gesellschaft ihrer Unternehmensgruppe als Käuferin zu benennen. Nach Erfüllung der Bedingungen und noch vor Vollzug der Transaktion benannte die C-Bank die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als Käuferin. Zur Umsetzung des ausgeübten Benennungsrechts schlossen die A-Bank, die C-Bank und die Klägerin am 1. Dezember 2006 eine entsprechende Änderungsvereinbarung. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 1. Dezember 2006 übertrug die A-Bank ihre Anteile an der B-AG unmittelbar auf die Klägerin.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erließ am 20. November 2007 gegenüber der C-Bank aufgrund des Vertrags vom 1. September 2006 einen auf § 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 und § 17 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gestützten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) ist das FA zutreffend von einem steuerbaren Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 GrEStG ausgegangen. Einschlägig sei jedoch § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG, denn die Anteile seien von der A-Bank unmittelbar auf die Klägerin übertragen worden. Der Anteilskaufvertrag vom 1. September 2006 stehe einer Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG nicht entgegen, denn die Klägerin sei daran schuldrechtlich nicht beteiligt gewesen. Die fälschliche Bezeichnung der C-Bank als Veräußerin stelle allenfalls einen Begründungs-, nicht aber einen Bestimmtheitsmangel i.S. des § 119 Abs. 1 der Abgabenordnung dar.

Begründung:

Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass der Eintritt der Klägerin in den zwischen der A-Bank und der C-Bank geschlossenen Vertrag nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Es durfte den vom FA festgestellten Erwerbsvorgang (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) aber nicht durch einen anderen Erwerbsvorgang (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG) ersetzen. Zudem unterliegt die Anteilsübertragung von der A-Bank auf die Klägerin nicht der Grunderwerbsteuer.

Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 % der Anteile an dieser Gesellschaft begründet, nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG fingiert einen Grundstücksübergang von dem Veräußerer der Anteile auf den Erwerber und rechnet dem Erwerber die der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar gehörenden Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich zu.

  • 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG erfasst nach seinem eindeutigen Wortlaut nur die Begründung eines Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft, nicht aber die Abtretung eines bereits bestehenden Übertragungsanspruchs oder die Begründung der Verpflichtung dazu. Letztere sind Zwischengeschäfte, die von der Vorschrift nicht erfasst werden. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bis 7 GrEStG vergleichbare Zwischengeschäfte in den im Einzelnen genannten Fällen durch eigenständige Regelungen ausdrücklich der Grunderwerbsteuer unterwerfen.

Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bis 7 GrEStG auf die Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG ist nicht zulässig. Sie würde gegen das im Steuerrecht geltende Verbot verstoßen, über den Wortsinn des Gesetzes hinaus Steuertatbestände auszuweiten oder neue Steuertatbestände zu schaffen. Der am 1. Dezember 2006 vereinbarte Eintritt der Klägerin in den zwischen der A-Bank und der C-Bank am 1. September 2006 geschlossenen Anteilskaufvertrag unterliegt somit nicht der Grunderwerbsteuer. Es kann demgemäß auf sich beruhen, ob das FA den im Feststellungsbescheid vom 20. November 2007 festgestellten Erwerbsvorgang zwischen der A-Bank und der Klägerin mit der Einspruchsentscheidung durch die Feststellung eines Erwerbsvorgangs zwischen der C-Bank und der Klägerin ersetzen durfte.

Das FG durfte den Erwerbsvorgang, für den die Feststellung erfolgte (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG), nicht durch einen Erwerbsvorgang (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG) ersetzen, an dem ein anderer Veräußerer beteiligt war. Gegenstand der gesonderten Feststellung nach § 17 Abs. 2 und 3 GrEStG ist in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht nur die verbindliche Entscheidung über die Steuerpflicht dem Grunde nach, sondern u.a. auch die verbindliche Entscheidung über die als Steuerschuldner in Betracht kommenden Personen.

Generationen- und betriebsübergreifende Totalgewinnprognose bei Übertragung eines Forstbetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt

Bei einem Forstbetrieb ist die Totalgewinnprognose grundsätzlich generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des darin vorherrschenden Baumbestands zu erstrecken. Dies gilt zugleich betriebsübergreifend auch dann, wenn der Forstbetrieb zunächst unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation übertragen wird. Die Totalgewinnprognose ist dann ungeachtet der Entstehung zweier Forstbetriebe für einen fiktiven konsolidierten Forstbetrieb zu erstellen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 7.4.2016, IV R 38/13

Sachverhalt:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war Eigentümer eines Hofes i.S. der Höfeordnung, der neben der Hofstelle land- und forstwirtschaftliche Flächen von etwa 86 ha umfasste. Durch notariellen Hofübergabe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom … 2002 übertrug der Kläger den Hof auf seinen Sohn S; er behielt sich jedoch auf Lebzeiten den unentgeltlichen Nießbrauch daran vor. Die Flächen bildeten am 30. Juni 2004 einen sog. Eigenjagdbezirk.

Auch nach der Hofübertragung ermittelte der Kläger den Gewinn aus der Bewirtschaftung der Forstflächen und der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen durch Betriebsvermögensvergleich für das Normalwirtschaftsjahr für Landwirte (1. Juli bis 30. Juni). In den Wirtschaftsjahren 2002/2003 bis 2010/2011 ergaben sich Verluste von insgesamt … EUR.

Im Rahmen einer Außenprüfung legte der Kläger ein Gutachten vom … 2006 vor. Darin wurde prognostiziert, es könne mit dem Forstbetrieb über den Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis zum 30. Juni 2092 ein Totalgewinn von 798.020 EUR erzielt werden. Gleichwohl erkannte das FA den Verlust, soweit er auf die Forstflächen entfiel, mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr an. Dabei bezog es sich im Wesentlichen auf die gutachterliche Stellungnahme des Forstsachverständigen der Oberfinanzdirektion. Mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom … 2007 erfasste das FA die Pachteinnahmen für die landwirtschaftlichen Flächen unter Berücksichtigung eines pauschalen Werbungskostenabzugs von 10 % als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Begründung:

Zu Unrecht hat das FG für die Beurteilung des Vorliegens der Gewinnerzielungsabsicht nur auf den Zeitraum des Bestehens des forstwirtschaftlichen Betriebs während der Zeit des Nießbrauchs abgestellt (dazu unter 1.). Der vom FG festgestellte Sachverhalt reicht jedoch nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Kläger die forstwirtschaftliche Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt hat.

Gewinne und Verluste, die einem Steuerpflichtigen aus einer Betätigung erwachsen, sind nur dann bei der Bemessung seiner Einkommensteuer zu berücksichtigen, wenn sie sich einer der in § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Einkunftsarten zurechnen lassen. Deshalb setzt die Berücksichtigung der von dem Kläger geltend gemachten Verluste voraus, dass sie aus der Unterhaltung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs i.S. von § 13 Abs. 1 EStG entstanden sind. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb erfordert eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird. Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung für eine einkommensteuerrelevante betriebliche Tätigkeit ergibt sich aus § 15 Abs. 2 EStG, der auch auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13 EStG anzuwenden ist.

Für die Beurteilung ist insbesondere von Bedeutung, ob der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen “Totalgewinn” in dem beschriebenen Umfang erwarten lässt. Für diese Prognose können die Verhältnisse der bereits abgelaufenen Zeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten. Ist danach bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis nicht zu erwarten, kann der Steuerpflichtige gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, dass zunächst angefallene Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgeglichen würden und insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden könne. Der Beweis, dass ein über Jahre hin mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, der Steuerpflichtige vielmehr aus nicht wirtschaftlichen, persönlichen Gründen diese ständige finanzielle Belastung trägt, kann aber in der Regel dann als erbracht gelten, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird und nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten kann.

Zu Unrecht hat das FG den Beurteilungszeitraum für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht für den Forstbetrieb und die damit verbundene Totalgewinnprognose aber auf die Dauer des Nießbrauchsverhältnisses beschränkt. Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen. Kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Betrieb veräußert wird, so ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gemäß § 16 Abs. 3 EStG zu Grunde zu legen.

Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Totalgewinnperiode objektbezogen ist und deshalb mehr als eine Generation umfassen muss. Diese Rechtsprechung soll insbesondere den in der Land- und Forstwirtschaft üblichen Hofübergabeverträgen oder anderen Gestaltungen zur Hofübergabe an die nächste Generation (sog. Generationennachfolge) Rechnung tragen. Sie ist jedoch nicht dahin zu verstehen, dass die generationenübergreifende und damit objektive Sicht der Totalgewinnperiode faktisch zu einem zeitlich unbefristeten, weil mehrere Generationen umfassenden Beurteilungszeitraum führt. Vielmehr hat der Senat ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht gleichwohl notwendigerweise auf den einzelnen Steuerpflichtigen und damit primär auch auf dessen Betrieb bezogen ist. Die Einbeziehung der betrieblichen Betätigung des Rechtsnachfolgers in den Beurteilungszeitraum der Totalgewinnperiode hat der Senat insbesondere bei nachhaltig wirtschaftenden forstwirtschaftlichen Betrieben angenommen. Dort muss die lange Umtriebszeit zwischen Aufforstung und Ernte von oft mehr als 100 Jahren Berücksichtigung finden. Anderenfalls, also ohne eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose, blieben insbesondere im Fall eines Neuaufbaus eines Forstbetriebs die Aufwendungen für die Anschaffung, Aufforstung und Durchforstung der Baumbestände steuerlich regelmäßig unberücksichtigt, da diesen angesichts der langen Zeitdauer bis zur Hiebsreife der Baumbestände beim investierenden Forstwirt keine entsprechenden Erträge gegenüberstehen. Die im Forstbetrieb aufgelaufenen Verluste werden daher jedenfalls im Fall der Neugründung eines Forstbetriebs regelmäßig nicht mehr von dem investierenden Forstwirt, sondern erst von der nachfolgenden Forstwirtgeneration durch Erträge kompensiert. Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist eine auf den konkreten Einzelfall bezogene wirtschaftliche Betrachtung, wenn bereits der aktuell zu beurteilende Steuerpflichtige die wirtschaftliche Grundlage des späteren Erfolgs in Form von positiven Einkünften bei seinem unentgeltlichen Rechtsnachfolger gelegt hat. Die Annahme einer generationenübergreifenden Totalgewinnperiode setzt daher auch die Identität der Betriebe des Rechtsvorgängers und des Rechtsnachfolgers voraus.

Davon ausgehend ist bei einem Forstbetrieb eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose grundsätzlich über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des darin vorherrschenden Baumbestands zu erstrecken. Werden im Rahmen einer Betriebsgründung bzw. eines Betriebserwerbs bereits hergestellte Baumbestände erworben, ist der Prognosezeitraum regelmäßig nach dem Zeitpunkt des Erwerbs bis zur Hiebsreife der Baumbestände zu bemessen. Die generationenübergreifende Totalgewinnprognose ist auch dann geboten, wenn der Forstbetrieb im Rahmen der Generationennachfolge an einen Rechtsnachfolger übertragen wird, der Rechtsvorgänger sich aber an dem überlassenen Betrieb den unentgeltlichen Nießbrauch auf Lebenszeit vorbehält und die Totalgewinnprognose deshalb auch zu einer betriebsübergreifenden wird.

Die hiernach gebotene generationen- und betriebsübergreifende Betrachtung führt bei dem hier vorliegenden Forstbetrieb dazu, dass in die Totalgewinnprognose sämtliche Forstbetriebe, d.h. der ursprüngliche, wirtschaftende Eigentümerforstbetrieb des Klägers, der ruhende Eigentümerforstbetrieb des Rechtsnachfolgers des Klägers, der Nießbrauchsbetrieb des Klägers und der zukünftige wirtschaftende Eigentümerforstbetrieb des Rechtsnachfolgers, einzubeziehen sind. Soweit während der Zeit der Nießbrauchsbestellung zwei Betriebe existieren, sind diese im Rahmen der Totalgewinnprogose fiktiv zu konsolidieren. Dies hat zur Folge, dass etwaige Leistungsbeziehungen zwischen diesen Betrieben zur Ermittlung eines Totalgewinns eliminiert werden.