Anforderung von Unterlagen und Auskunftsverlangen während der Betriebsprüfung als Verwaltungsakt

Die schriftliche Aufforderung, im Rahmen einer Betriebsprüfung Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, ist ein Verwaltungsakt.

Niedersächsisches Finanzgericht 6. Senat, Urteil vom 10.05.2012, 6 K 27/12

Begründung.
Ebenso wird z.B. auch die Aufforderung, im Rahmen einer Außenprüfung einen Zugriff auf bestimmte Daten zu ermöglichen, als Verwaltungsakt angesehen ).Allerdings hat der BFH  die während einer Außenprüfung vom Prüfer gegenüber dem Steuerpflichtigen erlassene schriftliche Aufforderung, bestimmte Fragen zu beantworten sowie genau bezeichnete Belege, Verträge und Konten vorzulegen, in der Regel nicht als Verwaltungsakt, sondern als eine nicht selbständig anfechtbare Vorbereitungshandlung angesehen, wenn sie ausschließlich der Ermittlung steuermindernder Umstände dient und deshalb nicht erzwingbar ist.

 

Hundebetreuung haushaltsnahe Dienstleistung

Die Kosten für einen „Dogsitter“ sind jedenfalls dann nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen absetzbar, wenn die Hunde außerhalb der Wohnung und des Gartens des Steuerpflichtigen betreut werden.

FG Münster Urteil vom 25.05.2012, 14 K 2289/11 E

Begründung (FG)

Der Kläger hat zwei Hunde, für die er regelmäßig einen Betreuungsservice in Anspruch nimmt. Die Hunde wurden vom „Hundesitter“ abgeholt und auch wieder zum Kläger zurück gebracht. Eine Betreuung der Tiere in der Wohnung des Klägers oder in dessen Garten fand nicht statt. Die hierfür angefallenen Aufwendungen in Höhe von 2.750 EUR (2008) und 4.702 EUR (2009) machte der Kläger als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Das Finanzamt lehnte die Anerkennung ab.

Zu Recht, wie der 14. Senat jetzt entschieden hat. Zwar handele es sich bei der Tätigkeit des „Dogsitters“ grundsätzlich um eine haushaltsnahe Dienstleistung im Sinne des § 35a Abs. 2 EStG. Das Gesetz erfasse hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die üblicherweise zur Versorgung der Familie in einem Privathaushalt erbracht würden. Dazu gehörten u.a. Kochen, Wäschepflege, Einkauf von Verbrauchsgütern, Reinigung und Pflege der Räume sowie des Gartens, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen. Auch Leistungen, die für die Versorgung und Betreuung eines in den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Hundes erbracht würden, seien demnach grundsätzlich haushaltsnah, denn Tätigkeiten wie Füttern, Fellpflege und das Ausführen des Hundes würden regelmäßig vom Steuerpflichtigen oder sonstigen Haushaltsangehörigen erledigt. Die Gewährung der Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 EStG scheitere im Streitfall jedoch daran, dass die konkreten Dienstleistungen nicht – wie das Gesetz verlange – „im“ Haushalt des Klägers erbracht worden seien.

Zwar hatte der 14. Senat nicht darüber zu entscheiden, ob Aufwendungen für einen „Dogsitter“, der Tiere eines Steuerpflichtigen in dessen Haus und Garten versorgt, pflegt und betreut, anzuerkennen sind – und über diese Frage hat der Senat auch nicht entschieden. Allerdings lassen die Urteilsgründe erahnen, dass ein entsprechendes Verfahren wohl zugunsten des Steuerpflichtigen ausgegangen wäre…

 

Erstattungszinsen nicht notwendig steuerbar

Zinsen, die der Fiskus auf Steuererstattungen zahlt (sog. Erstattungszinsen) sind ungeachtet der durch das Jahressteuergesetz 2010 eingefügten Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG nicht steuerbar. Dies gilt nach Auffassung des Senates auch dann, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind, in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren.

FG Münster Urteil vom 10. Mai 2012, 2 K 1947/00 E

Begründung (FG):

In den Streitfällen hatten die Kläger in den Jahren 1992 bzw. 1996 Erstattungszinsen (§ 233a AO) in erheblicher Höhe erhalten. Zugleich hatten sie in ihrer Steuererklärung auch Nachzahlungszinsen geltend gemacht. Das Finanzamt besteuerte die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen und berücksichtigte die Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben. Im Jahr 2010 beantragten die Kläger sodann unter Hinweis auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 15. Juni 2010, VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503), die Erstattungszinsen steuerfrei zu stellen. Verfahrensrechtlich war dies noch möglich, da die angefochtenen Bescheide aufgrund von Einspruchs- und Klageverfahren noch nicht bestandskräftig und damit noch änderbar waren.

Der 2. Senat des Finanzgerichts Münster gab den Klägern jetzt Recht. Der Gesetzgeber habe mit § 12 Nr. 3 EStG die Grundentscheidung getroffen, Erstattungszinsen zur Einkommensteuer dem nichtsteuerbaren Bereich zuzuweisen. Dies habe auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 15. Juni 2010 so gesehen. Soweit der Bundesfinanzhof dies auch unter Hinweis auf den ab 1999 bestehenden Gleichklang zwischen der Steuerfreiheit von Erstattungszinsen einerseits und der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen andererseits begründet habe, folge hieraus nicht, dass Erstattungszinsen steuerbar seien, solange Nachzahlungszinsen – wie in den Streitjahren – noch als Sonderausgaben abzugsfähig gewesen seien. Ein solcher Umkehrschluss verstieße gegen die Grundentscheidung des § 12 Nr. 3 EStG und stellte eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar.

Auf die Frage, ob die durch das Jahressteuergesetz 2010 als Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes neu eingefügte Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG, die Erstattungszinsen ausdrücklich den Einkünften aus Kapitalvermögen zuordne, auch rückwirkend auf die Streitjahre Anwendung finde, komme es – so der 2. Senat – nicht an. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sei keine Spezialregelung gegenüber § 12 Nr. 3 EStG. Vielmehr gehe § 12 Nr. 3 EStG als eine den einzelnen Einkunftsarten systematisch vorangestellte Vorschrift § 20 Abs. 1 EStG vor.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

 

Gewinn aus dem Verkauf von Karnevalsorden ist steuerpflichtig

Der Gewinn einer gemeinnützigen Karnevalsgesellschaft aus dem Verkauf von Karnevalsorden unterliegt der Körperschaftsteuer.

FG Köln Urteil vom 18.4.2012 , 13 K 1075/08

Begründung (FG):

Der Verkauf von Karnevalsorden sei nach Auffassung des Senats von der unentgeltlichen Abgabe der Orden zu unterscheiden und stelle einen sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Dem Verkauf der Orden fehle die mit der Verleihung verbundene Auszeichnung, so dass Verkauf und Verleihung der Orden nicht als einheitlicher “Gesamtkomplex Karnevalsorden“ behandelt werden könnten. Der Ordensverkauf stelle auch keinen steuerfreien Zweckbetrieb dar, da die Förderung des Karnevals (Satzungszweck) gerade durch die unentgeltliche Verleihung der Orden erreicht werde.

Geklagt hatte eine Karnevalsgesellschaft, die ihren Gewinn aus dem Verkauf von Karnevalsorden als körperschaftsteuerfrei behandelte. Das Finanzamt sah dies im Rahmen einer Betriebsprüfung anders und wurde jetzt vom Finanzgericht Köln bestätigt.

Eine Körperschaft ist von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient. Diese persönliche Steuerbefreiung ist allerdings sachlich ausgeschlossen, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. In diesem Fall verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Einkünfte, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Dies führt zu einer partiellen Steuerpflicht hinsichtlich der Einkünfte aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

 

Telefoninterviewer sind Arbeitnehmer

Telefoninterviewer, die für ein Meinungsforschungsinstitut tätig werden, sind steuerrechtlich als Arbeitnehmer und nicht als Selbständige anzusehen. Das Institut hat deshalb als Arbeitgeber Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Andernfalls kann es für die Lohnsteuer in Haftung genommen werden.

FG Köln  Urteil vom 14.3.2012  2 K 476/06 (2 K 476/06)

Begründung (FG)

Geklagt hatte ein Meinungsforschungsinstitut, das Telefoninterviewer auf freiberuflicher Basis beschäftigt hatte. Den Interviewern stand ein Telefonarbeitsplatz im Institut zur Verfügung. Ihr Honorar wurde im Wesentlichen danach kalkuliert, wie viele Interviews durchschnittlich je Stunde durchgeführt wurden, und nach der Anzahl erfolgreich abgeschlossener Interviews bemessen. Von den gezahlten Honoraren wurden weder Sozialversicherungsbeiträge noch Lohnsteuern einbehalten. Das Finanzamt nahm das Institut für Lohnsteuer in Höhe von über einer halben Million Euro in Haftung. Das Gericht bejahte zwar die Arbeitnehmereigenschaft der Telefoninterviewer, reduzierte aber die Haftungssumme auf rund ein Fünftel des vom Finanzamt angesetzten Steuerhaftungsbetrages. Da die Interviewtätigkeit typischerweise vielfach von Personen ohne weitere Einkünfte (z.B. Studenten) als Aushilfs- bzw. Nebentätigkeit ausgeübt werde, nahm der Senat an, dass bei einem erheblichen Teil der Arbeitnehmer gar keine Einkommensteuer angefallen wäre bzw. die Zahlungen ordnungsgemäß versteuert worden seien. Das Gericht verneinte außerdem die Arbeitnehmereigenschaft von ebenfalls beschäftigten sog. Codierern, die Antworten nach einem vorgeschriebenen Kennzahlenplan verschlüsselten. Diese Personen waren in Heimarbeit tätig und hätten daher eine freiere und eigenverantwortlichere, gegen eine Arbeitnehmerstellung sprechende Tätigkeit ausgeübt. Bereits vor Klageerhebung hatte das FA aus diesem Grund sog. Face to Face-Interviewer, die persönliche Befragungen von Zielpersonen durchführten, nicht als Arbeitnehmer angesehen.

 

EuGH bestätigt Ausschlussfrist im Vorsteuer-Vergütungsverfahren

Die Frist von sechs Monaten, die für die Stellung eines Antrags auf Mehrwertsteuererstattung in Art. 7 Abs. 1 der Achten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehen ist, ist eine Ausschlussfrist.

Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburgvom  21.6.2012,(Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache C 294/11, Elsacom),

Begründung (FG Köln)
Ausländische Unternehmer können die Erstattung der ihnen im Inland in Rechnung gestellten Umsatzsteuer unter bestimmten Voraussetzungen in einem besonderen Verfahren geltend machen. Für die Vergütung der Vorsteuerbeträge in diesem sog. Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist in Deutschland ausschließlich das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn zuständig. Klagen gegen Entscheidungen des BZSt können nur beim Finanzgericht Köln eingelegt werden. Dieses hatte daher in der Vergangenheit schon mehrfach über den Charakter der Antragsfrist zu entscheiden. Dabei kam es, wie auch der EuGH, zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist handele (so z.B. im Urteil vom 14.3.2012 2 K 508/11).

Auch derzeit sind zu dieser Frage wieder zahlreiche Verfahren beim Finanzgericht Köln anhängig. Der Streit knüpft regelmäßig daran an, dass innerhalb von sechs Monaten nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vorsteuerbeträge angefallen sind, ein vollständig ausgefüllter und ordnungsgemäß unterschriebener Antrag sowie die Originalrechnungen beim BZSt vorliegen müssen.

Für Anträge im Vorsteuer-Vergütungsverfahren gilt ab dem 1.1.2010 nicht mehr die Achte Mehrwertsteuerrichtlinie, sondern eine neue EU-Richtlinie (2008/9), nach deren Art. 15 Abs. 1 Satz 1 nunmehr eine um drei Monate verlängerte Antragsfrist von neun Monaten gilt.

 

Nachweis eines Ablehnungsbescheid durch die Kindergeldstelle

Trotz vorheriger Ablehnung kann Kindergeld gewährt werden, wenn die Familienkasse die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides nicht nachweisen kann.

FG FInanzgericht Rhrinland Pfalz Urteil vom 4. Juni 2012 , Az. 5 K 2591/10 (Az.: 5 K 2591/10)

Begründung (FG):

Im Streitfall hatte die Familienkasse der Klägerin mitgeteilt, dass ihre im April 1991 geborene Tochter T in Kürze 18 Jahre alt werde und dass deshalb die Kindergeldzahlungen mit dem Monat April 2009 enden würden. Eine Weiterzahlung sei möglich, wenn sich T z.B. noch in der Schulausbildung befinde. Dem Schreiben war ein Antragsvordruck beigefügt, den die Kl im April 2009 unterzeichnete und an die Familienkasse übersandte. Die Klägerin gab an, dass sich T noch bis Sommer 2010 in Schulausbildung befinde, worauf die Familienkasse in einem weiteren Schreiben entgegnete, es fehle noch die Schulbescheinigung für die Zeit ab Mai 2009. Im Januar 2010 wurde der Antrag der Klägerin mit der (unzutreffenden) Begründung abgelehnt, dass die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Darauf hin beantragte die Klägerin im August 2010 erneut Kindergeld und teilte mit, dass die notwendigen Unterlagen bereits vorliegen müssten. Mit Bescheid vom September 2010 wurde dann Kindergeld für die Zeit ab Februar 2010 festgesetzt. Da der frühere Antrag auf Kindergeld mit Bescheid vom Januar 2010 abgelehnt worden sei, könne für die Zeit Mai 2009 bis einschließlich Januar 2010 auch nicht nachträglich Kindergeld festgesetzt werden, weil der Ablehnungsbescheid vom Januar 2010 insoweit eine zeitliche Sperrwirkung bis zum Zeitpunkt seines Ergehens – also Januar 2010 – entfalte.

Das empfand die Klägerin als ungerecht, weil mittlerweile klar war, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld im Zeitraum vom Mai 2009 bis Januar 2010 vorgelegen hatten und das Kindergeld nur wegen der Sperrwirkung des Ablehnungsbescheides vom Januar 2010 nicht rückwirkend gezahlt werden könne.

Die Klage, mit der die Klägerin vorgetragen hatte, sie hätte die verlangten Schulbescheinigungen sogar mehrfach an die Familienkasse geschickt, sie habe sich mehrfach telefonisch nach dem Sachstand erkundigen wollen, was ihr jedoch nicht gelungen sei, weil stets neue Sachbearbeiter zuständig gewesen seien, die nichts hätten sagen können, war erfolgreich.

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, Kindergeld sei auch für den Zeitraum vom Mai 2009 bis Januar 2010 zu gewähren. Es sei unstreitig, dass die Voraussetzungen zur Gewährung von Kindergeld wegen des Schulbesuchs der T vorlägen. Die Familienkasse sei auch nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, für den o.g. Zeitraum Kindergeld festzusetzen, weil sich die Bekanntgabe des die Sperrwirkung entfaltenden Bescheides vom Januar 2010 nicht feststellen lasse. Im Zweifel habe die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Aus dem Bescheiddatum lasse sich nicht auf den Tag der Aufgabe zur Post schließen. Da sich die Aufgabe von Verwaltungsakten zur Post im  Wissen- und Verantwortungsbereich der Behörde abspiele, habe sie insoweit die erforderliche Beweisnähe. Im Streitfall enthalte der Bescheid keinen Absendevermerk der Poststelle und auf Hinweis des Gerichts, dass fraglich sei, ob der Bescheid bekannt gegeben worden sei, weil der Absendevermerk fehle, habe sich die Beklagte nicht geäußert. Aus den Ausführungen der Klägerin könnten Anhaltspunkte für den Zugang nicht entnommen werden. Das Gericht gehe nicht davon aus, dass die Klägerin den Zugang des Bescheides (versehentlich oder bewusst) nicht angegeben habe, denn ihre Ausführungen im Übrigen seien jedenfalls vollständig und wahrheitsgemäß, bzw. glaubhaft. Damit entfalte der Bescheid vom Januar 2010 mangels Bekanntgabe gegenüber der Klägerin keine Wirksamkeit und stehe somit der beantragten Kindergeldfestsetzung nicht entgegen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Werbungskosten durch Aufwendungen für arbeitsgerichtlichen Vergleich

Es spricht regelmäßig eine Vermutung dafür, dass Aufwendungen für aus dem Arbeitsverhältnis folgende zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften aufweisen. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über solche streitigen Ansprüche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen.

BFH Urteil vom 9.2.2012, VI R 23/10

Begründung:

Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich dabei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, ohne dass dabei allerdings schon ein abstrakter Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non die einkommensteuerliche Zuordnung der Aufwendungen zur Erwerbssphäre rechtfertigt. Aufwendungen sind vielmehr nur dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Danach können Kosten einer Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang mit der Einkunftsart richtet sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten, nicht nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen.

Dementsprechend hat die Rechtsprechung auch Strafverteidigungskosten nicht vom Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug ausgeschlossen, sofern der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Eine solche berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Dann begründen selbst strafbare, aber in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehende Handlungen einen einkommensteuerrechtlich erheblichen Erwerbsaufwand, so dass daraus sich ergebende Schadenersatzzahlungen Werbungskosten sind.

 

Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG

Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG

BFH Urteil vom 22.11.2011, VIII R 5/08

Begründung:

Nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert ermittelt mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen).

Entgegen der Auffassung der Klägerin unterscheidet sich der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG mangels einer besonderen Bestimmung in dieser Vorschrift nicht von dem allgemeinen Gewinnbegriff in § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG. Diese Maßgeblichkeit des Gewinns i.S. des § 4 Abs. 1 und 3 EStG für die Anwendung des Absatzes 4a kann entgegen der Auffassung der Klägerin auch dann keine Einschränkung erfahren, wenn dieser wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart einen Übergangsgewinn oder –wie im Streitfall– einen Übergangsverlust umfasst.

 

Die Einbeziehung solcher Übergangsverluste –wie auch ggf. entstehender Übergangsgewinne– dient allein dem Zweck, den Gewinn für das Wirtschaftsjahr des Wechsels der Gewinnermittlungsart so zu ermitteln, dass das Gesamtergebnis des unternehmerischen Erfolgs durch den Wechsel nicht verfälscht, sondern durch Korrekturen derart festgestellt wird, dass dem Steuerpflichtigen durch den Übergang weder steuerliche Vor- oder Nachteile erwachsen (BFH-Urteil vom 4. August 1977 IV R 119/73, BFHE 123, 154, BStBl II 1977, 866, zum Übergang vom Bestandsvergleich zur Überschussrechnung). Mit diesen Gewinnkorrekturen wird lediglich sichergestellt, dass betriebliche Vorgänge wie Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben erfasst werden, die ohne diese Korrekturen wegen der unterschiedlichen Systematik des Bestandsvergleichs einerseits und der Einnahmenüberschussrechnung andererseits nicht oder aber doppelt erfasst würden.

 

 

Zahnarzt, Aufteilung der Betriebskostenversicherung in einen betrieblichen und einen privaten Bereich

Zahnarzt, Aufteilung der Betriebskostenversicherung in einen betrieblichen und einen privaten Bereich

BFH Urteil vom 24.8.2011, VIII R 36/09

Begründung:

Zu Recht geht die angefochtene Entscheidung allerdings davon aus, dass die Aufwendungen für eine Betriebskostenversicherung der hier streitigen Art nicht als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abgezogen werden können, soweit die Versicherung das allgemeine Erkrankungs- oder Unfallrisiko des Versicherungsnehmers abdeckt und bei Eintritt dieser Risiken die Betriebskosten des vom Versicherungsnehmer unterhaltenen Betriebs zahlt. Zurückzuverweisen ist die Sache aber, weil die streitige Versicherung auch das Risiko einer Betriebsunterbrechung durch eine amtlich angeordnete Quarantäne abdeckt und der insoweit entstandene Prämienaufwand als Betriebsausgabe abziehbar ist; die (noch fehlenden) tatsächlichen Feststellungen für die Bemessung dieses Anteils der Versicherung des Quarantänerisikos an der Gesamtprämie hat das FG nachzuholen.