Keine Pflicht zur Aktivierung eines Instandhaltungsanspruchs

Übernimmt der Pächter vertraglich die nach der gesetzlichen Regelung dem Verpächter obliegende Pflicht zur Instandhaltung der verpachteten Sache, ist der Instandhaltungsanspruch des Verpächters auch dann nicht zu aktivieren, wenn sich der Pächter mit der Instandhaltung im Rückstand befindet.

Ist Pächter eine Personengesellschaft, wird der Instandhaltungsanspruch des verpachtenden Gesellschafters auch dann nicht nach den Grundsätzen der korrespondierenden Bilanzierung in dessen Sonderbilanz aktiviert, wenn die Gesellschaft in der Gesamthandsbilanz eine Rückstellung für rückständige Instandhaltungsverpflichtungen gebildet hat

BFH  Urteil vom 12.2.2015, IV R 29/12

Begründung:

Entgegen der Auffassung von FA und FG hatte die Klägerin weder in ihrer Gesamthandsbilanz einen Instandhaltungsanspruch gegen die D-GmbH noch in der Sonderbilanz der C-KG einen gegen sich selbst gerichteten Instandhaltungsanspruch zu aktivieren.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass sich die D-GmbH und die Klägerin (als Pächterin) zum Bilanzstichtag des Streitjahres mit ihren pachtvertraglich übernommenen Verpflichtungen zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen im Rückstand befanden. Streitig ist allein, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin (als Verpächterin) und die C-KG ihren entsprechenden Anspruch auf Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen aktivieren mussten.

Nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) hat die Klägerin in ihrer Gesamthandsbilanz die ihr zuzurechnenden Wirtschaftsgüter und in der Sonderbilanz der C-KG die dieser zuzurechnenden Wirtschaftsgüter mit den sich aus § 6 EStG ergebenden Werten anzusetzen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann dahinstehen, ob es sich bei den streitigen Instandhaltungsansprüchen der Klägerin und der C-KG um aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter (hier: Forderungen) handelt. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, wäre eine solche Forderung mit Null zu bewerten und daher nicht zu aktivieren.

Im Streitfall liegt sowohl im Verhältnis der Klägerin zur D-GmbH als auch im Verhältnis der C-KG zur Klägerin jeweils ein Pachtvertrag i.S. des § 581 BGB vor. Nach § 581 Abs. 2, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat grundsätzlich der Verpächter dem Pächter die Pachtsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Pachtzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten (§ 581 Abs. 2 i.V.m. § 535 Abs. 2 BGB). Der Pachtzins wird danach nicht nur für die Gebrauchsüberlassung gezahlt, sondern auch dafür, dass der Verpächter die Pachtsache instand hält und die dafür erforderlichen Kosten trägt; er enthält also auch für die Deckung von Instandhaltungskosten bestimmte Anteile.

Die danach grundsätzlich dem Verpächter obliegende Instandhaltungspflicht kann allerdings –wie im Streitfall in Ziff. 5 des jeweiligen Pachtvertrags erfolgt– vertraglich auf den Pächter übertragen werden. In diesem Fall wird der Pachtzins wirtschaftlich nur für die Gebrauchsüberlassung der Pachtsache, nicht aber auch für ihre Instandhaltung gezahlt. Zahlt der Pächter den Pachtzins nur für die Gebrauchsüberlassung und nicht auch für die Instandhaltung, die ihm nun selbst obliegt, sind umgekehrt dem Verpächter für den Erwerb des Instandhaltungsanspruchs keine Aufwendungen entstanden. Er erspart durch die Übertragung der Instandhaltungspflicht auf den Pächter vielmehr eigene Aufwendungen und erhält dafür in der Regel einen geringeren Pachtzins. Darin liegen aber keine Aufwendungen für den Erwerb des Instandhaltungsanspruchs. Selbst wenn es sich danach bei dem Instandhaltungsanspruch der Klägerin gegen die D-GmbH bzw. der C-KG gegen die Klägerin jeweils um ein Wirtschaftsgut handeln sollte, so wäre dieses jedenfalls mit Null anzusetzen und daher in der jeweiligen Bilanz der Verpächterin nicht zu aktivieren.

Gemischt veranlasste Aufwendungen eines eingetragenen Vereins

Vorrangig durch den ideellen (außersteuerlichen) Bereich eines Sportvereins (hier: Spielbetrieb) veranlasste Aufwendungen, die durch einen Gewerbebetrieb (hier: Werbung) mitveranlasst sind, können anteilig dem gewerblichen Bereich zuzuordnen sein (Änderung der Rechtsprechung). Die gewerbliche Mitveranlassung kann aber nur berücksichtigt werden, wenn objektivierbare zeitliche oder quantitative Kriterien für die Abgrenzung der Veranlassungszusammenhänge vorhanden sind. Sind die ideellen und gewerblichen Beweggründe untrennbar ineinander verwoben, ist nur der primäre Veranlassungszusammenhang zu berücksichtigen.

Das Gewinnpauschalierungswahlrecht für Werbeeinnahmen nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO gilt nicht für nicht steuerbegünstigte Körperschaften.

BFH Urteil vom 15.1.2015, I R 48/13

Möglichkeit des Zugriffs auf Kassendaten eines Einzelunternehmens im Rahmen einer Außenprüfung

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verpflichten Einzelhändler wie z.B. Apotheker, im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche Geschäftsvorfälle einschließlich der über die Kasse bar vereinnahmten Umsätze einzeln aufzuzeichnen.

verwendet ein Einzelhändler, der in seinem Betrieb im allgemeinen Waren von geringem Wert an ihm der Person nach nicht bekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkauft, eine PC-Kasse, die detaillierte Informationen zu den einzelnen Verkäufen aufzeichnet und eine dauerhafte Speicherung ermöglicht, so sind die damit bewirkten Einzelaufzeichnungen auch zumutbar.

Die Finanzverwaltung ist in diesem Fall nach § 147 Abs. 6 AO im Rahmen einer Außenprüfung berechtigt, Zugriff auf die Kasseneinzeldaten zu nehmen.

BFH Urteil vom 16.12.2014, X R 42/13

Begründung (BFH):

Mit Urteil vom 16. Dezember 2014 X R 42/13 hat der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Einzelhändler nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung verpflichtet sind, im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche Geschäftsvorfälle einschließlich der über die Kasse bar vereinnahmten Umsätze einzeln aufzuzeichnen. Wird dabei eine PC-Kasse verwendet, die detaillierte Informationen zu den einzelnen Barverkäufen aufzeichnet und diese dauerhaft speichert, sind die damit bewirkten Einzelaufzeichnungen auch zumutbar. Die Finanzverwaltung kann dann im Rahmen einer Außenprüfung nach § 147 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) auf die Kasseneinzeldaten zugreifen.

Im Streitfall verwendete die buchführungspflichtige Klägerin ein speziell für Apotheken entwickeltes PC-gestütztes Erlöserfassungssystem mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung. Ihre Tageseinnahmen wurden über modulare PC-Registrierkassen erfasst, dann durch Tagesendsummenbons ausgewertet und als Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen. Anlässlich einer Außenprüfung verweigerte die Klägerin der Finanzbehörde den Datenzugriff auf ihre Warenverkäufe mit der Begründung, sie sei nicht zu Einzelaufzeichnungen verpflichtet.

Anders als das Finanzgericht kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nach § 238 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs zur Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle verpflichtet war und die Kassendaten der Finanzbehörde in elektronisch verwertbarer Form überlassen musste. Die Buchführung müsse stets einen zuverlässigen Einblick in den Ablauf aller Geschäfte geben. Dritten müsse es möglich sein, den Ablauf und den Inhalt aller Geschäfte zu überprüfen. Deshalb sei es nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung erforderlich, dass verdichtete Buchungen in Einzelpositionen aufgegliedert werden könnten. Dies gelte auch für Bargeschäfte, sofern Einzelaufzeichnungen dem Steuerpflichtigen zumutbar seien. Er könne zwar frei entscheiden, wie er seine Warenverkäufe erfasse. Entscheide er sich aber für ein Kassensystem, das sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichne sowie diese speichere, könne er sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen und müsse seine Aufzeichnungen auch aufbewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 AO). Nach § 147 Abs. 6 Satz 2 Alternative 2 AO habe die Finanzbehörde dann im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, die mit Hilfe des Datenverarbeitungssystems (PC-Kasse) erstellten Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Prüfung anzufordern.

 

Umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Rahmen eines „Reihengeschäfts“

Befördert oder versendet bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft mit drei Beteiligten (A, B und C) und zwei Lieferungen (A an B sowie B an C) der letzte Abnehmer (C) den Gegenstand der Lieferung, ist die Beförderung oder Versendung der ersten Lieferung (A an B) zuzuordnen, es sei denn, der erste Abnehmer (B) hat dem letzten Abnehmer (C) die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen, bereits im Inland übertragen

BFH Urteil vom 25.2.2015, XI R 30/13

Begründung (BFH)

In einem zweiten Urteil vom selben Tag (XI R 30/13), ebenfalls zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Reihengeschäften, stellte der XI. Senat des BFH klar, dass auch dann, wenn der zweite Erwerber (C) eine Spedition mit der Abholung von Waren beim Unternehmer (A) beauftragt, eine Steuerbefreiung der Lieferung des A an B möglich ist, wenn C die Verfügungsmacht an den Waren erst erhalten hat, nachdem diese das Inland verlassen haben. Dies sei bei einer Beförderung durch eine von C beauftragte Spedition zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.

Umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Rahmen eines „Reihengeschäfts“

Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

Bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft mit drei Beteiligten (A, B und C) und zwei Lieferungen (A an B sowie B an C) setzt die erforderliche Zuordnung der (einen) innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung des Gegenstands zu einer der beiden Lieferungen eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Feststellung voraus, ob der Ersterwerber (B) dem Zweiterwerber (C) die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, im Inland übertragen hat.

Dabei kommt es auf die objektiven Umstände an; hiervon abweichende Absichtsbekundungen können im Rahmen der Prüfung des Vertrauensschutzes von Bedeutung sein.

Verbleiben nach der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung durch das FG, bei der insbesondere der Ersterwerber (B) zur Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden kann, nicht behebbare Zweifel daran, dass der Ersterwerber (B) dem Zweiterwerber (C) die Verfügungsmacht noch im Inland übertragen hat, ist die Warenbewegung der ersten Lieferung (A an B) zuzuordnen.

BFH Urteil vom 25.02.2015 XI R 15/14

Begründung (BFH):

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 25. Februar 2015 XI R 15/14 entschieden, dass bei sog. Reihengeschäften die Prüfung, welche von mehreren Lieferungen über ein und denselben Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei ist, anhand der objektiven Umstände und nicht anhand der Erklärungen der Beteiligten vorzunehmen ist; Erklärungen des Erwerbers können allerdings im Rahmen der Prüfung des Vertrauensschutzes (§ 6a Abs. 4 UStG) von Bedeutung sein.

Eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt u.a. voraus, dass der gelieferte Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) befördert oder versendet wird. Dies festzustellen bereitet insbesondere bei sog. Reihengeschäften immer wieder Schwierigkeiten: Liefert ein Unternehmer (A) Waren an einen anderen Unternehmer (B), der diese an einen dritten Unternehmer (C) weiterliefert, kann nur diejenige Lieferung umsatzsteuerfrei sein, der der Warentransport in den anderen Mitgliedstaat zuzuordnen ist.

Im Verfahren XI R 15/14 verkaufte eine deutsche GmbH (A) im Jahr 1998 zwei Maschinen an ein US-amerikanisches Unternehmen (B). B teilte A auf Anfrage lediglich die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines finnischen Unternehmens (C) mit, an die es die Maschinen weiterverkauft habe. Die Maschinen wurden von einer von B beauftragten Spedition bei A abgeholt und zu C nach Finnland verschifft. Das Finanzamt (FA) behandelte die Lieferung der A nicht als steuerfrei, weil B keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Mitgliedstaats der EU verwendet habe.

Nach Ansicht des zuvor auf Vorlage des BFH mit dem Streitfall befassten Gerichtshof der Europäischen Union ist bei sog. Reihengeschäften regelmäßig die Lieferung von A an B umsatzsteuerfrei; anders ist es jedoch, wenn B der C bereits Verfügungsmacht an der Ware verschafft hat, bevor die Ware das Inland verlassen hat. Dies ist anhand aller objektiven Umstände des Einzelfalls und nicht lediglich anhand der Erklärungen des B zu prüfen.

A, das FA und das Finanzgericht (FG) konnten im Nachhinein nicht mehr ermitteln, wann B die Verfügungsmacht an den Waren der C verschafft hatte. Das FG gab deshalb der Klage statt. Der BFH bestätigte dieses Ergebnis. § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG enthalte die gesetzliche Vermutung, dass im Zweifel die erste Lieferung (von A an B) steuerfrei sei. Diese greife im Streitfall. Trotz der bestehenden praktischen Schwierigkeiten sei nach derzeitiger Rechtslage an den genannten Rechtsgrundsätzen festzuhalten. Eventuelle Rechtsänderungen vorzunehmen sei Aufgabe des Gesetz- oder Richtliniengebers.

Im Rahmen seines Urteils zeigte der BFH außerdem eine für die Unternehmer bestehende Absicherungsmöglichkeit auf: Nach Auffassung des BFH kann sich z.B. A von B versichern lassen, dass B die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen (Verfügungsmacht), nicht auf einen Dritten übertragen wird, bevor der Gegenstand der Lieferung das Inland verlassen hat. Verstößt B gegen diese Versicherung, kommt die Gewährung von Vertrauensschutz für A in Betracht und B schuldet ggf. die deutsche Umsatzsteuer (§ 6a Abs. 4 UStG).

 

Keine zollrechtliche Mitwirkungspflicht des Fahrzeugherstellers beim Reimport seiner Fahrzeuge

Über Art. 2 ZKDVO hinaus besteht keine Verpflichtung des HZA, die für die Inanspruchnahme der Vergünstigungen für Rückwaren erforderlichen Daten von Amts wegen zu erheben.

Der Beibringungsgrundsatz des Art. 6 Abs. 1 ZK verdrängt den Amtsermittlungsgrundsatz und damit auch die Mitwirkungspflichten Dritter.

Hersteller und Ausführer einer Ware sind an ihrer Wiedereinfuhr nicht ohne Weiteres i.S. des Art. 14 ZK mittelbar beteiligt.

Ein Aufklärungsersuchen oder eine Amtshilfeanforderung kann die Befugnisse der ersuchten Behörde nicht erweitern und nicht erforderliche oder unverhältnismäßige Ermittlungsmaßnahmen nicht rechtfertigen.

BFH Urteil vom 11.11.2014, VII R 21/12

Begründung (BFH):

Mit Urteil vom 11. November 2014 VII R 21/12 hat der VII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass die Zollbehörde den Hersteller ausgeführter Kraftfahrzeuge nicht verpflichten kann, zugunsten des Reimporteurs der Fahrzeuge, der diese als Rückwaren anmeldet, um von Einfuhrabgaben befreit zu werden, an der Sachaufklärung mitzuwirken.

Wird eine aus der Europäischen Union (EU) ausgeführte Ware später wieder in die EU eingeführt, kann sie auf Antrag des Einführers unter bestimmten Voraussetzungen von den Einfuhrabgaben befreit werden (sog. Rückware). Handelt es sich dabei um (gemeinhin als Reimport bezeichnete) Kraftfahrzeuge, die in der EU hergestellt wurden, werden in diesen Fahrzeugen allerdings häufig Teile eingebaut sein, bei denen es sich um zuvor in die EU importierte Drittlandsware handelt, die nicht zur EU-Ware geworden und später als Bestandteil des Fahrzeugs wieder aus der EU ausgeführt worden sind. Diese Teile können bei einem Reimport der Fahrzeuge nicht als Rückwaren abgabenfrei in die EU eingeführt werden, müssen also gleichsam “herausgerechnet” werden.

Im Streitfall waren von einem deutschen Fahrzeughersteller in ein Drittland exportierte Kraftfahrzeuge durch einen Dritten von dort wieder in die EU importiert und zur Abfertigung als Rückware angemeldet worden. Der Reimporteur konnte der Zollbehörde jedoch keine Angaben machen, in welchem Umfang die Kraftfahrzeuge aus Teilen bestanden, bei denen es sich nicht um vormalige EU-Waren handelte.

Das Finanzgericht (FG) hatte geurteilt, die Zollverwaltung sei verpflichtet, bei der Wiedereinfuhr der Fahrzeuge zugunsten des Reimporteurs zu ermitteln, in welchem Umfang in den zur Wiedereinfuhr in die EU anmeldeten Fahrzeugen Teile europäischen Ursprungs und Drittlandswaren verbaut worden waren. Es gab deshalb dem für den Reimporteur zuständigen Hauptzollamt auf, bei dem Fahrzeughersteller die für die Inanspruchnahme der zollrechtlichen Vergünstigungen relevanten Daten zu erheben. Hiergegen wehrte sich der Fahrzeughersteller. Er machte geltend, er könne nicht verpflichtet sein, zugunsten eines Konkurrenten aufwändige Ermittlungen anzustellen und Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren. Außerdem könne es nicht sein, dass immer dann, wenn eine vormalige EU-Ware in die EU wieder eingeführt werde, ihr jeweiliger Hersteller verpflichtet sei, Angaben über die Verwendung von Bauteilen aus Drittländern in dem konkreten Produkt und ihre zollrechtliche Behandlung zu machen.

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und der Klage des Fahrzeugherstellers stattgegeben. Die Zollverwaltung sei lediglich verpflichtet, dort bereits vorhandene Daten zugunsten des Reimporteurs zu berücksichtigen. Im Übrigen obliege es dem Reimporteur, sich die für die Inanspruchnahme zollrechtlicher Vergünstigungen erforderlichen Daten selbst zu beschaffen. Hersteller und Ausführer der Ware könnten im Fall der Wiedereinfuhr nicht ohne Weiteres in Anspruch genommen werden.

Kosten des „Fußballpakets“ im Sky-Abo keine Werbungskosten für einen Lizenzfußballspieler

Die auf das Bundesliga- und das Sportpaket entfallenden Aufwendungen für das Abonnement des Pay-TV-Senders „Sky“ sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften eines Lizenzfußballspielers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

FG Münster Urteil vom 24.03.2015; 2 K 3027/12 E

Begründung:

Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 22.09.2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.07.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die auf das Bundesliga- und das Sportpaket entfallenden Aufwendungen für das Abonnement des Pay-TV-Senders „Sky“ sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Werbungskosten sind über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hinaus alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind .

Nicht als Werbungskosten abgezogen werden dürfen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG dagegen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Maßgeblich dafür, ob Aufwendungen durch den Beruf veranlasst und damit als Werbungskosten abziehbar sind, ist zum einen die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“, zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Ergibt diese Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie als Werbungskosten grundsätzlich abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar.

Beruhen Aufwendungen auf beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträgen, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, kommt nach neuerer Rechtsprechung des BFH eine Aufteilung der Aufwendungen in einen beruflich und einen privat veranlassten Teil in Betracht. Die Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthält nach dieser geänderten Rechtsprechung – anders als bislang angenommen – kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot und steht einer solchen Aufteilung daher nicht entgegen. Greifen allerdings die – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – betrieblichen und privaten Veranlassungsbeiträge so ineinander, dass eine Trennung der Beiträge nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, kommt ein Abzug der gemischt veranlassten Aufwendungen auch weiterhin nicht in Betracht. Die Feststellungslast dafür, ob und in welchem Umfang Aufwendungen beruflich veranlasst sind, trägt der den Werbungskostenabzug begehrenden Steuerpflichtige.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Aufwendungen des Klägers für das Bundesliga- und das Sportpaket des Pay-TV Senders Sky nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Der Senat ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht davon überzeugt, dass der Kläger das Bundesliga- und das Sportpaket des Pay-TV-Senders „Sky“ nahezu ausschließlich aus beruflichen Gründen abonniert hat.

Bei den Aufwendungen für das Abonnement des Pay-TV-Senders „Sky“, der im Streitjahr sämtliche Spiele der Ersten und Zweiten Fußball-Bundesliga, der Championsleague und des DFB-Pokals übertrug, handelt es sich um Aufwendungen, die wegen des allgemeinen Interesses an den genannten Wettbewerben einer Vielzahl von Steuerpflichtigen entstehen. Die Sendungen und Sportübertragungen, die mit einem solchen Abonnement gesehen werden können richten sich, was gerichtsbekannt ist, auch nicht an ein Fachpublikum, sondern an die Allgemeinheit. Das Abonnement der beiden Sportpakete des Pay-TV-Senders „Sky“ ist damit eher mit dem von der Rechtsprechung stets der privaten Lebensführung zugeordneten Bezug von allgemeinbildenden Tageszeitungen und Zeitschriften durch Personen mit beruflichem Interesse an den dort vermittelten Inhalten) als mit dem Bezug von allein an ein Fachpublikum gerichteten Fachzeitschriften vergleichbar.

Zudem ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kläger, der im Streitjahr in der Zweiten Fußball Bundesliga spielte, das Abonnement nicht ausschließlich dazu genutzt hat, um sich auf kommende Gegner und Gegenspieler vorzubereiten, sondern auch, um sich Spiele der Ersten Fußball Bundesliga und der Championsleague und damit von Mannschaften und Gegenspielern anzusehen, gegen die er aller Wahrscheinlichkeit nach in absehbarerer Zeit nicht spielen wird. Zumindest insoweit kann ein privates Interesse aber nicht ausgeschlossen werden. Das Sportpaket ermöglichte es dem Kläger darüber hinaus, sich andere Sportarten (z.B. Tennis oder Golf) im Fernsehen anzusehen. Konkrete Nachweise, wie der insoweit die Feststellungslast tragende Kläger die ihm aufgrund des Abonnements zur Verfügung stehenden Angebote tatsächlich genutzt hat, liegen nicht vor.

Ob das Abonnement dem Kläger in nicht unerheblichem Umfang auch für berufliche Zwecke gedient hat, kann im Streitfall dahinstehen. Soweit nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats vom 21.09.2009 (GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) bei gemischt veranlassten Aufwendungen eine Aufteilung in Betracht zu ziehen ist, scheidet eine solche Aufteilung vorliegend aus, da es an den hierfür erforderlichen objektivierbaren Kriterien fehlt Insbesondere vermag der Senat mangels konkreter Angaben des Klägers nicht festzustellen, wie dieser die ihm aufgrund des Abonnements zur Verfügung stehenden Angebote tatsächlich genutzt hat.

Zur doppelten Haushaltsführung berufstätiger Ehegatten, die gemeinsam am beiderseitigen Beschäftigungsort wohnen

Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Lebensmittelpunkt grundsätzlich an dem Ort, an dem auch der Ehepartner wohnt. Allein das Zusammenleben berufstätiger Ehegatten am Beschäftigungsort führt für sich genommen noch nicht zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunkts.

FG Münster

Begründung:

Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 18.1.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.9.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO), soweit der Beklagte den Werbungskostenabzug für Kontoführungsgebühren, die Unterkunftspauschale, die anteilige Festplatte, den Schlüsseldienst und die (anteiligen) Bewerbungskosten nicht anerkannt hat. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig.

Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in P  zu Recht nicht als Werbungskosten anerkannt. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr 2009 gültigen Fassung (EStG) liegt eine doppelte Haushaltsführung nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.

Die Wohnung in P  stellte für beide Kläger im Streitjahr 2009 eine Wohnung am Beschäftigungsort dar. Entgegen der ursprünglich vom Beklagten vertretenen Auffassung gilt dies auch für die Klägerin, obwohl sie zu ihrer Arbeitsstätte in K   eine Entfernung von 49 km zurückzulegen hatte, was eine Fahrzeit von ca. 40 Minuten in Anspruch nahm. Maßgeblich für das Vorliegen einer Wohnung am Beschäftigungsort ist ungeachtet der Gemeinde- und Landesgrenzen, dass der Arbeitnehmer täglich seine Arbeitsstätte erreichen kann. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies im Urteil vom 19.4.2012 (VI R 59/11, BStBl II 2012, 833) sogar für eine Entfernung von 141 km und eine Zugfahrt von einer Stunde angenommen. Entfernung und Fahrzeit der Klägerin liegen im Streitfall deutlich darunter.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung geht das Gericht auch davon aus, dass die Kläger einen eigenen Hausstand in der Dachgeschosswohnung in T   unterhalten haben. Aus dem Protokoll der Ortsbesichtigung vom 15.12.2010 durch Mitarbeiter des Beklagten geht hervor, dass sich zu diesem Zeitpunkt bereits „renovierte Räume“ und eine „abgebaute Küche“ im Dachgeschoss befunden hätten. Dies lässt nur den Schluss zu, dass zuvor bereits mehrere Räume vorhanden gewesen sein müssen und nicht nur ein einziger Raum. Dies entspricht auch dem von den Klägern eingereichten Schreiben des Planungsbüros M , das das Vorhandensein einer kompletten Wohnung bereits im Jahr 2007 bestätigt. Diese Wohnung war angesichts ihrer Größe und Ausstattung für eine eigene Haushaltsführung der Kläger geeignet. Die Zahlung von Miete oder die Übernahme (anteiliger) Hauskosten ist hierfür nicht erforderlich. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist auch davon auszugehen, dass mit dem Aufbau von Dachgauben erst im Jahr 2010 begonnen wurde, so dass die Wohnung während des gesamten Streitjahres 2009 noch bewohnbar war.

Die Kläger hatten jedoch ihren Lebensmittelpunkt spätestens ab dem Einzug in die Eigentumswohnung in P nicht mehr in T. Ob eine außerhalb des Beschäftigungsortes liegende Wohnung als Mittelpunkt der Lebensinteressen anzusehen ist, erfordert eine Abwägung und Bewertung aller Umstände des Einzelfalls. Indizien können sich aus einem Vergleich von Größe und Ausstattung der Wohnungen sowie aus Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte in den Wohnungen ergeben. Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Lebensmittelpunkt grundsätzlich an dem Ort, an dem auch der Ehepartner wohnt. Allein das Zusammenleben berufstätiger Ehegatten am Beschäftigungsort führt für sich genommen noch nicht zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunkts (BFH-Beschluss vom 9.7.2008 VI B 4/08, BFH/NV 2008, 2000).

In der Regel verlagert sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen aber an den Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung zeitweise noch genutzt wird.

In diesen Fällen ist die Verlagerung des Lebensmittelpunkts an den Beschäftigungsort naheliegend (BFH-Beschlüsse vom 5.10.2011 VI B 58/11, BFH/NV 2012, 233 und vom 1.2.2012 VI B 88/11, BFH/NV 2012, 945). Wenn beide Ehegatten während der Woche gemeinsam in einer Wohnung zusammenleben und an den Wochenenden und im Urlaub eine andere Wohnung nutzen, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in der Wohnung ist, von der aus beide regelmäßig ihre Arbeitsstätte aufsuchen. Insoweit ist der Grundsatz, nach dem ein alleinstehender Arbeitnehmer im Allgemeinen seinen Lebensmittelpunkt an dem Ort hat, von dem aus er seine Arbeitsstätte aufsucht, auf Ehegatten übertragbar (BFH-Beschluss vom 4.5.2011 VI B 152/10 BFH/NV 2011, 1347).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung stellt im Streitfall der Umstand, dass beide Kläger in P  eine Wohnung erworben und bezogen haben, von der aus sie regelmäßig ihre Arbeitsstätten aufgesucht haben, ein gewichtiges Indiz gegen die Beibehaltung des Lebensmittelpunkts in T  dar. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Kläger tatsächlich – wie vorgetragen – an jedem Wochenende und im Urlaub in T   aufgehalten haben. Auch der Verwurzelung der Kläger in T   und den dort weiterhin unterhaltenen sozialen Kontakten (z.B. Freunde, Familie, Ärzte) kommt gegenüber der gemeinsam am beiderseitigen Beschäftigungsort genutzten Wohnung nicht das entscheidende Gewicht zu. Dies folgt daraus, dass Beziehungen von Eheleuten untereinander erheblich höher zu gewichten sind als Beziehungen zu anderen Personen oder Orten. Dort, wo Eheleute hauptsächlich ihre Ehe leben, ist grundsätzlich auch ihr Haupthausstand (FG München, Urteil vom 31.3.2011 5 K 2018/10, Juris, nachgehend BFH-Beschluss vom 1.2.2012 VI B 88/11, BFH/NV 2012, 945).

Die Wohnung in P  ist auch als familiengerecht anzusehen, da sie drei Zimmer, eine Küche und ein Bad umfasste und eine Größe von fast 82 m2 aufwies. Das Gericht geht auch davon aus, dass die Klägerin zwischen dem 1.4.2009 und dem 30.11.2009 nahezu arbeitstäglich von dort aus ihre Arbeitsstätte aufgesucht hat. Dies ist angesichts der kürzeren Entfernung zwischen K  und P  (49 km) im Vergleich zur Entfernung zwischen K   und T   (96 km) nicht nur lebensnah, sondern entspricht auch den Angaben zu den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Klägerin in der im August 2010 erstellten Einkommensteuererklärung. Dort ist angegeben, dass sie an 22 Arbeitstagen eine Entfernung von 96 km und an 153 Arbeitstagen eine Entfernung von 49 km zurückgelegt habe. Dies entspricht einer Anfahrt von T   aus im Monat März (vor Einzug in die Eigentumswohnung) und im Übrigen von P   aus. Wäre die Klägerin häufig an Wochentagen von der Arbeit aus nach T   gefahren, hätte es nahe gelegen, für diese Fahrten in der Steuererklärung eine höhere Anzahl von Arbeitstagen anzugeben. Darüber hinaus haben die Kläger auch in der Klagebegründung (Seite 2 des Schreibens des Prozessvertreters vom 24.1.2012, Bl. 31 der Gerichtsakte) ausdrücklich vorgetragen, dass die Klägerin die Wohnung in P   vom 1.4. bis zum 30.11.2009 von montags bis freitags genutzt habe. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin in nennenswertem Umfang häufigere Fahrten unter der Woche nach T  unternommen hat. Nachweise für diese Behauptung haben die Kläger nicht erbracht.

Auch der Vergleich der Größe und der Ausstattung der beiden Wohnungen spricht für eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts nach T  . Die Wohnung in P   verfügt über eine um mindestens 20 m2 größere Wohnfläche als die Wohnung in T   sowie über einen Balkon.

Die Begleitumstände des Wohnungserwerbs lassen ebenfalls auf eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts schließen. Der Ankauf erfolgte etwa zeitgleich mit dem Arbeitsantritt der Klägerin in K  , die zuvor in der Nähe von T   beschäftigt gewesen war. Die Kläger haben damit eine Wohnung erworben, von der aus nunmehr beide ihre Arbeitsstätten mit angemessenem Aufwand erreichen konnten. Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Arbeitsantritt der Klägerin (1.3.2009) und dem Abschluss des Kaufvertrages (20.3.2009) spricht dafür, dass gezielt eine Wohnung gesucht und auch tatsächlich bezogen wurde, die den Anforderungen beider Kläger genügte.

Auch der Umstand, dass die Wohnung umfassend nach eigenen Vorstellungen renoviert wurde (z.B. Entfernung einer halben Wand, neue Bodenbeläge), spricht dafür, dass man sich dort einen gemeinsamen Haupthausstand einrichten wollte. In die Anschaffung und in die Renovierung dieser Wohnung wurde viel Zeit und Eigenkapital investiert, während die bereits seit 2007 bestehenden Pläne für den Umbau der Dachgeschosswohnung in T  zunächst nicht umgesetzt wurden. Dies ist zwar dadurch erklärbar, dass das Haus in T  nicht im Eigentum der Kläger, sondern im Eigentum der Eltern der Klägerin stand und das Scheitern der ursprünglichen Planung an deren fehlenden finanziellen Mitteln gescheitert war. Gerade dieses Scheitern der ursprünglichen Pläne spricht aber indiziell dafür, dass die Kläger sich einen anderen Lebensmittelpunkt suchen wollten. Dabei haben sie sich nunmehr nach der Arbeitsstätte des Klägers ausgerichtet, dort ein Eigenheim angeschafft und die Klägerin hat ebenfalls eine Arbeitsstelle in der Umgebung gesucht. Der Erwerb und die Renovierung der Wohnung in P   sind demnach in erster Linie durch die tatsächliche Selbstnutzung veranlasst und nicht – wie die Kläger behaupten – vorrangig durch eine beabsichtigte spätere Vermietung.

Der Umstand, dass die Klägerin ab dem Eintritt in den Mutterschutz Ende 2010 nach eigenen Angaben nicht mehr in P, sondern in T   gewohnt hat, führt nicht dazu, dass bereits im Streitjahr 2009 der Lebensmittelpunkt in T   lag. Vielmehr sprechen die Umstände dafür, dass die durch das erwartete Kind eingetretene neue Lebenssituation zu einer Zurückverlagerung des Lebensmittelpunktes führte. Erst im September 2010 wurde nach Angaben der Kläger mit dem bereits drei Jahre zuvor entworfenem Umbau der Dachgeschosswohnung begonnen. Zwischen dem Beginn der Renovierung und der Schwangerschaft bestand daher ein enger zeitlicher Zusammenhang. Entgegen der ursprünglichen Planungen wurden die Umbaumaßnahmen nunmehr auf eigene Kosten der Kläger durchgeführt. Hätte bereits 2009 der Lebensmittelpunkt hier verbleiben sollen, hätte es nahe gelegen, diese Planung von vornherein so umzusetzen und sich nicht woanders eine Eigentumswohnung anzuschaffen.

Dass die Arbeitsverhältnisse beider Kläger nur befristet waren, kann zwar als Indiz gegen die Verlagerung des Lebensmittelpunkts angesehen werden, fällt aber nach Auffassung des Gerichts im Streitfall nicht so stark ins Gewicht, dass dadurch die anderen Indizien in den Hintergrund treten. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich die Befristung für die Stelle des Klägers als Zeitsoldat unmittelbar vor Anschaffung der Wohnung (Anfang 2009) um weitere vier Jahre bis Januar 2013 verlängert hat. Über diesen Zeitraum war damit eine mittelfristige Planung möglich. Die Stelle der Klägerin in K   war zwar nur bis Ende November 2009 befristet und ist auch tatsächlich zu diesem Zeitpunkt ausgelaufen. Jedoch hat sie nur kurze Zeit später (im Februar 2010) erneut eine Stelle in H   und damit in der näheren Umgebung von P   angetreten.

Dass die Klägerin sich nach eigenen Angaben im Dezember des Streitjahres 2009 nahezu ausschließlich in T   aufgehalten haben will, führt nicht dazu, dass sie ihren Lebensmittelpunkt wieder nach dort zurückverlegt hat. Dadurch, dass sie bereits im Februar 2010 wieder eine neue Arbeitsstelle in der Umgebung von P   angetreten hat, hat sie ihren dortigen Lebensmittelpunkt auch in der Zwischenzeit beibehalten.

Zur Erfassung einer Schadensersatzzahlung des Steuerberaters zum Ausgleich von nichtabziehbaren Bußgeldern als Betriebseinnahme beim Mandanten

Die Schadensersatzzahlung des früheren Steuerberaters der Klägerin, den dieser wegen einer Nichtveröffentlichung von Bilanzen der Klägerin an sie leisten musste, ist bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens als Betriebseinnahme zu erfassen.

FG Münster 11.03.2015 ; 13 K 3129/13 K

Begründung:

Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid vom 13.6.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.9.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht die Schadensersatzzahlung des früheren Steuerberaters der Klägerin als Ertrag erfasst.

Die Schadensersatzzahlung des früheren Steuerberaters der Klägerin, den dieser wegen einer Nichtveröffentlichung von Bilanzen der Klägerin an sie leisten musste, ist bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens als Betriebseinnahme zu erfassen. Denn Kapitalgesellschaften verfügen steuerrechtlich über keine außerbetriebliche Sphäre. Alle Geschäftsvorfälle müssen daher als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden gem. § 8 Abs. 2, § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Der vom früheren Steuerberater der Klägerin geleistete Schadensersatz hat danach als Betriebseinnahme der Klägerin deren Betriebsvermögen erhöht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Erfassung der Schadensersatzzahlung in dem zu versteuernden Einkommen nicht entgegen, dass die Geldbußen, die der frühere Steuerberater ersetzen musste, das steuerpflichtige Einkommen der Klägerin in den jeweiligen Jahren nicht mindern durften gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Die jeweils in den Jahren 2008 und 2010 von der Klägerin geleisteten Geldbußen sind nämlich nur deswegen als Betriebsausgaben nicht abziehbar, weil dies durch die genannte gesetzliche Vorschrift ausdrücklich angeordnet ist. Eine korrespondierende Vorschrift, welche eine Erfassung der Schadensersatzleistung als steuerpflichtige Einnahme verhindern würde, existiert im Ertragsteuerrecht hingegen nicht. Vielmehr gibt es, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Rückzahlungen oder Erstattungen nicht zu Betriebseinnahmen führen dürfen, wenn die Aufwendungen bei Zahlung nicht zu einer Gewinnminderung geführt habe

Diese Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, führt auch dann zu sachgerechten Ergebnissen, wenn – wie im Streitfall – die Erstattung durch einen Dritten erfolgte und für den Erstattungsempfänger betrieblich veranlasst ist Diese Sachbehandlung ist schon deshalb geboten, weil anderenfalls das gesetzliche Abzugsverbot im Ergebnis unterlaufen werden könnte: Könnte sich ein Unternehmer nicht abziehbare Aufwendungen von einem Dritten steuerfrei erstatten lassen, so müsste er diese Aufwendungen im Ergebnis nicht aus versteuertem Einkommen bestreiten, was mit dem Zweck des Abzugsverbots nicht vereinbar wäre.

Im Streitfall ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 3 EStG, dass die Schadensersatzzahlung des früheren Steuerberaters der Klägerin nicht als Ertrag zu erfassen wäre. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG den Gewinn nicht erhöhen darf. Ein solcher Fall liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Denn unter einer „Rückzahlung“ ist, was sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, lediglich die Rückzahlung durch den Gläubiger der Geldbuße gemeint, hier das Bundesamt der Justiz. Die Erstattung durch einen Dritten ist hingegen nicht vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst.

Die vorstehenden Grundsätze verstoßen – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch weder gegen das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung noch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Denn der Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater kann auch die steuerliche Mehrbelastung umfassen, so dass der Ersatzberechtigte im Ergebnis leistungsgerecht besteuert wird.

Scheidungskosten keine außergewöhnliche Belastung

Scheidungskosten sind keine außergewöhnliche Belastungen mehr.

FG Niedersachsen Urteil vom 18. Februar 2015 ; 3 K 297/14

Begründung:

Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass Scheidungskosten im Streitjahr 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können. Die Scheidung stelle nach den gesellschaftlichen Verhältnissen des Streitjahres jedenfalls kein außergewöhnliches Ereignis mehr dar. Das Gericht hat sich insoweit auf die Daten des Statistischen Bundesamtes gestützt, nach denen zurzeit jährlich rund 380.000 Eheschließungen jährlich rund 190.000 Ehescheidungen gegenüber stehen; also rund 50% der Anzahl der Eheschließungen erreichen:

Das Gericht hat überdies die Neufassung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz so ausgelegt, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Jahr 2013 die Abzugsfähigkeit der Scheidungskosten als Prozesskosten generell abgeschafft hat (so auch die rechtskräftige Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts vom 13. Novem­ber 2014 2 K 1399/14, juris). Der Senat weicht damit von der Rechtsprechung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Oktober 2014 (4 K 1976/14, EFG 2015, 39; Revision eingelegt: VI R 66/14) und des Finanzgerichts Münster vom 21. November 2014 (4 K 1829/14 E Revision eingelegt: VI R 81/14) ab. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen.

Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. VI R 19/15 anhängig.