Häusliches Arbeitszimmer eines Selbständigen

Nicht jeder nur in den Abendstunden oder an Wochenenden nutzbare Schreibtischarbeitsplatz in einem Praxisraum steht zwangsläufig als ein “anderer Arbeitsplatz” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zur Verfügung.
Die Feststellung, ob ein selbständig Tätiger einen Arbeitsplatz in seiner Praxis in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise zumutbar nutzen kann, hat das FG im Rahmen einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls zu treffen.
Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes selbst (Größe, Lage und Ausstattung etc.) als auch aus den Rahmenbedingungen der Nutzung (Ausgestaltung der Nutzung der Betriebsräume, Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitsplatzes) ergeben.
BFH Urteil vom 22.2.2017, III R 9/16

Begründung (BFH):
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes besteht ein Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer; dieses gilt allerdings dann nicht, „wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“ (Satz 2). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22. Februar 2017 III R 9/16 entschieden, dass bei einem Selbständigen nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in seinen Betriebsräumen zwangsläufig einen solchen zumutbaren „anderen Arbeitsplatz“ darstellt.
Im Urteilsfall war der als Logopäde selbständig tätige Kläger in zwei Praxen in angemieteten Räumen tätig, die weit überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzgericht (FG) gelangte aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände zu der Auffassung, dass eine Erledigung der Büroarbeiten in den Praxisräumen – auch außerhalb der Öffnungszeiten – nicht zumutbar sei, so dass die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer begrenzt (Höchstbetrag: 1.250 €) abzugsfähig seien.
Dem folgte der BFH. Soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes in einer Weise eingeschränkt ist, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit verrichten muss, kommt das Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen. Auch der selbständig Tätige kann daher auf ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein. Ob dies der Fall ist, muss die Tatsacheninstanz (das FG) anhand objektiver Umstände des Einzelfalls klären. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben. Im Streitfall ergab sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten (Nutzung der Räume durch die Angestellten, Tätigkeit des Klägers außerhalb der Praxis, die Größe, die Ausstattung, die konkrete Nutzung der Praxisräume durch die vier Angestellten, Vertraulichkeit der für die Bürotätigkeit erforderlichen Unterlagen und den Umfang der Büro- und Verwaltungstätigkeiten) eine Unzumutbarkeit der Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer.

Häusliches Arbeitszimmer eines Hochschuldozenten ist steuerlich anzuerkennen

Ein Häusliches Arbeitszimmer eines Hochschuldozenten ist auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn im Labor ein eingeschränkter Arbeitsplatz zur Nutzung zur Verfügung steht.

FG Rheinland Pfalz Urteil vom 7. September 2016 (1 K 2571/14)

Begründung:

Der Kläger ist Hochschuldozent (Fachbereich Chemie) an einer Universität in Rheinland-Pfalz. In dem Gebäude des Instituts für Chemie steht ihm ein Laborraum zur Verfügung, der mit einem Schreibtisch, einem für das Stadtgebiet freigeschalteten Telefonanschluss und einem PC ausgestattet ist. Daneben nutzt der Kläger ein häusliches Arbeitszimmer mit einer Größe von rd. 15 m².

Die mit seiner Einkommensteuererklärung für 2012 geltend gemachten Aufwendungen für dieses häusliche Arbeitszimmer wurden vom beklagten Finanzamt nicht anerkannt mit der Begründung, der Kläger sei auf das Arbeitszimmer nicht angewiesen, weil ihm der Laborraum als Arbeitsplatz zugewiesen sei. Der Raum sei nach Auffassung seines Vorgesetzten auch ausreichend ausgestattet und werde geheizt und geputzt.

Die Klage des Klägers hatte Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, dass der Kläger den ihm zugewiesenen Laborraum nicht in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Weise nutzen könne und daher auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen sei. In dem Raum befänden sich weder ein Drucker noch ein Scanner noch die erforderliche Fachliteratur. Für die Tätigkeit des Klägers als Lehrbeauftragter sei der Raum daher nicht ausreichend ausgestattet. Die Einschätzung seines Vorgesetzten habe sich nur auf die Labormöglichkeiten bzw. Forschung bezogen. Ob sich der Kläger um einen geeigneten Arbeitsplatz bemüht habe, sei steuerlich unbeachtlich. Unabhängig davon sei seine Anfrage beim Dienstvorgesetzten ohnehin ergebnislos verlaufen.

Keine Aufteilung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer

Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird.

BFH Urteil vom 16.02.2016 – IX R 23/12

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bewohnte im Streitjahr 2006 mit seiner Ehefrau ein beiden Ehegatten gehörendes Einfamilienhaus. Er erklärte für das Streitjahr aus der Vermietung mehrerer Objekte Mieteinnahmen in Höhe von insgesamt 94.047 EUR und Werbungskosten in Höhe von insgesamt 99.852 EUR.

Mit seinem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 machte der Kläger erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in dem Einfamilienhaus in Höhe von 804 EUR bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, weil das Zimmer den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit –der Vermietung von Immobilienobjekten– bilde. Dabei verwies der Kläger auf einen „Tätigkeitsbericht” über die Arbeiten, die er in diesem Raum verrichtet habe, sowie auf Fotos u.a. eines Schreibtisches, diverser Büroschränke und Regale sowie diverser Leitzordner. Im Arbeitszimmer steht ein Computer.

Begründung:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Das gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG). Dies gilt gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG entsprechend für den Werbungskostenabzug.

Häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Nach diesen Grundsätzen sind im Streitfall die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht –auch nicht anteilig– als Werbungskosten abziehbar. Unstreitig liegt zwar ein seiner Ausstattung nach der Einkünfteerzielung dienender Raum vor. Auch stand dem Kläger jedenfalls kein anderer Arbeitsplatz für seine Tätigkeit im Rahmen der Vermietung und Verpachtung zur Verfügung. Jedoch nutzte der Kläger den streitbefangenen Raum nicht (nahezu) ausschließlich für Vermietungszwecke, sondern auch zu 40 % zu privaten Zwecken.

Häusliches Arbeitszimmer bei mehreren Einkunftsarten

Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, so bleibt für den Zeitraum von 2007 bis 2009 der Abzug der Kosten in voller Höhe auch dann möglich, wenn für die Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (teleologische Reduktion der Rückwirkung).
Der Begriff des Tätigkeitsmittelpunkts ist weiterhin nach dem qualitativen Schwerpunkt der gesamten Tätigkeit zu bestimmen (Festhalten an der Rechtsprechung).

Das Zusammentreffen mehrerer Einkunftsarten führt nicht zur Vervielfältigung des Abzugsbetrags von 1.250 EUR.

BFH Urteil vom 16.07.2014 – X R 49/11 BFHNV 2015 S. 177

Begründung:

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Abzug von Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Klägers über den bereits berücksichtigten Betrag von 1.250 EUR hinaus. Das Arbeitszimmer war weder Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers noch vermag der von den Klägern herangezogene Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit den Abzug der gesamten Kosten zu rechtfertigen. Der Betrag von 1.250 EUR ist auch nicht aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Einkunftsarten zu vervielfältigen.

Wie das FG zu Recht erkannt hat, war das Arbeitszimmer nicht Tätigkeitsmittelpunkt des Klägers. Der Senat hält an der zu der Rechtslage seit 1996 entwickelten Begriffsbestimmung des Tätigkeitsmittelpunktes fest. Die Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist, beruhen daher auf zutreffenden Rechtsgrundsätzen.
Die Abziehbarkeit der Kosten häuslicher Arbeitszimmer ist seit dem Jahre 1996 deutlich beschränkt und durch ein grundsätzliches Abzugsverbot mit gewissen –ihrerseits mehrfach geänderten– Ausnahmen gekennzeichnet. Unverändert allerdings ist in dem Zeitraum von 1996 bis 2009 (dazu b) und damit auch im Streitjahr der Abzug der Kosten der Höhe nach unbeschränkt möglich gewesen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Nachdem bis 1995 keine spezialgesetzlichen Regelungen zur Abziehbarkeit der Kosten für häusliche Arbeitszimmer existierten, hat das JStG 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250) durch Einfügung des neuen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung dem Grunde nach ausgeschlossen. Ausnahmen galten –unter Beschränkung des Abzugs auf den Höchstbetrag von 2.400 DM (später 1.250 EUR)–, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit betrug oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Die Beschränkung der Höhe nach galt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete.

Die Änderungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG durch das StÄndG 2007 führten insgesamt zu einer deutlich weitergehenden Einschränkung des Abzugs. Der Abzug bei überwiegender Nutzung des Arbeitszimmers sowie Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes fiel fort. Der Abzug der Kosten war nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG fortan nur noch –dies allerdings ohne weitere Voraussetzungen und betragsmäßig unbeschränkt– möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete.

Mit Beschluss vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09 (BVerfGE 126, 268, BGBl I 2010, 1157, BStBl II 2011, 318) hat das Bundesverfassungsgericht diese Vorschrift insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für unvereinbar erklärt, als das Abzugsverbot auch dann galt, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, und den Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Neuregelung
Das JStG 2010 nahm daraufhin mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2007 (§ 52 Abs. 12 Satz 9 EStG) mit der noch heute geltenden Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 1 bis 3 EStG die Systematik der bis 2006 geltenden Regelung wieder auf. Der Abzug bleibt dem Grunde nach ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Die bis 2006 in Satz 2 vorhandene weitere Ausnahme –betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers zu mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit– wurde nicht wieder eingeführt.

Der Senat folgt dem FG insoweit, als die in § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG angeordnete Rückwirkung aus verfassungsrechtlichen Gründen teleologisch zu reduzieren ist, um eine rückwirkende Verschärfung der Rechtslage durch das JStG 2010 gegenüber der Regelung nach dem StÄndG 2007 zu vermeiden. Bildete das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, so bleibt, gegen den Wortlaut der Fassung des JStG 2010, aber wie nach der Fassung des StÄndG 2007, jedenfalls für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des JStG 2010 und damit für den Zeitraum der Rückwirkung der Abzug in voller Höhe auch dann möglich, wenn für die Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Wie diese Frage für die Veranlagungszeiträume seit 2010 zu beurteilen ist, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

Ebenfalls zu Recht hat das FG für die Bestimmung des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung an die Rechtsprechung angeknüpft, die zu der vor Inkrafttreten des JStG 2010 geltenden Rechtslage ergangen ist. Der Senat sieht keinen Anlass, die hierfür geltenden Rechtsgrundsätze zu ändern. Das gilt auch, soweit der Steuerpflichtige mehreren verschiedenen Tätigkeiten nachgeht.
Bei einem Steuerpflichtigen, der lediglich eine einzige berufliche Tätigkeit –teilweise zu Hause und teilweise auswärts– ausübt, bestimmt sich der Mittelpunkt danach, ob er im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Die für den Beruf wesentlichen und prägenden Leistungen werden auch mit dem Begriff des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkts der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen umschrieben. Maßgebend ist, ob –unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung– das qualitativ für eine bestimmte steuerbare Tätigkeit Typische im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird.

Auch bei Steuerpflichtigen, die mehreren Tätigkeiten zur Einkünfteerzielung nachgehen, ist der Schwerpunkt qualitativ im Rahmen einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen festzustellen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die Tätigkeit im Arbeitszimmer für das Berufsbild prägend ist.

Es ist zwar nicht erforderlich, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt “jedweder” oder “einer jeden einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit” bilden muss, da es gerade darum geht, alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Gleichwohl bedarf es zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, um auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln. Sodann wird der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit durch den Mittelpunkt der Haupttätigkeit indiziert. Fehlt für die Feststellung einer solchen Haupttätigkeit eine insoweit indizielle nichtselbständige Vollzeitbeschäftigung auf Grund privat- oder öffentlich-rechtlicher Arbeits- oder Dienstverhältnisse, so ist in Zweifelsfällen zur Feststellung der Haupttätigkeit auf die Höhe der jeweils erzielten Einnahmen, das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht und den auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallenden Zeitaufwand abzustellen. Die Gewichtung dieser einzelnen Indizien ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen und obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsachengericht.

Allerdings lassen sich insoweit Fallgruppen unterscheiden. Geht der Steuerpflichtige mehreren Erwerbstätigkeiten nach und bilden bei allen –jeweils– die im häuslichen Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten den qualitativen Schwerpunkt, so liegt dort auch der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit. Bilden hingegen die außerhäuslichen Tätigkeiten –jeweils– den qualitativen Schwerpunkt der Einzeltätigkeiten bzw. lassen sich diese keinem Schwerpunkt zuordnen, so kann das häusliche Arbeitszimmer auch nicht durch die Summe der darin verrichteten Arbeiten zum Mittelpunkt der Gesamttätigkeit werden. Bildet das häusliche Arbeitszimmer schließlich den qualitativen Mittelpunkt lediglich einer Einzeltätigkeit oder mehrerer Einzeltätigkeiten, nicht jedoch im Hinblick auf die übrigen, so muss das FG anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles wertend entscheiden, ob die Gesamttätigkeit gleichwohl einem einzelnen qualitativen Schwerpunkt zugeordnet werden kann und ob dieser im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Abzustellen ist dabei auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung, nicht auf die Vorstellung des betroffenen Steuerpflichtigen

Für alle im Streitfall maßgebenden Rechtslagen bleibt grundsätzlich die qualitative Beurteilung maßgeblich. Soweit das StÄndG 2007 in Mittelpunktsfällen –insoweit punktuell großzügiger als vorher– ohne weitere Voraussetzungen den unbeschränkten Abzug zuließ, gibt dies für sich genommen keinen Anlass, zusätzlich die Anforderungen an den Tätigkeitsmittelpunkt herabzusetzen, zumal das StÄndG 2007 grundsätzlich nicht eine Erweiterung, sondern eine Beschränkung der Abzugsmöglichkeiten beabsichtigt und bewirkt hat. Diese Überlegung gilt entsprechend, soweit trotz der rückwirkenden Geltung des JStG 2010 durch teleologische Reduktion des § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG die durch das StÄndG 2007 geschaffene Rechtslage maßgebend ist.

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass seit 2007 die allein an ein quantitatives Kriterium anknüpfende Abzugsmöglichkeit, nämlich der –betragsmäßig beschränkte– Abzug bei einer beruflichen und betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers von mehr als 50 %, fortgefallen war. Zwar durfte nach der bis 2006 geltenden Rechtslage die Mittelpunktsdefinition schon deshalb keinen quantitativen Tätigkeitsschwerpunkt voraussetzen, weil dies zu einer ungewollten und auch sachwidrigen Koppelung der Voraussetzungen für den Abzug dem Grunde und der Höhe nach geführt hätte. Diejenigen Steuerpflichtigen, denen für ihre Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, wären niemals in den Genuss des der Höhe nach unbeschränkten Abzugs gekommen, wenn sie nicht zusätzlich ihre Tätigkeit zu mehr als 50 % in dem Arbeitszimmer verrichteten und so die weitere Tatbestandsvoraussetzung für den der Höhe nach begrenzten Abzug erfüllten.

Diese Erwägungen bedeuten allerdings umgekehrt nicht, dass mit Fortfall dieser Abzugsmöglichkeit quantitative Elemente zum Kern der Mittelpunktsdefinition werden müssten. Der BFH hat mit Rücksicht auf die quantitativ begründete Abzugsmöglichkeit dem Grunde nach eine Einengung des –primär qualitativ zu verstehenden– Mittelpunktsbegriffs durch zusätzliche quantitative Voraussetzungen vermieden. Eine Ersetzung der bisher maßgebenden qualitativen Gesichtspunkte durch solche quantitativer Art, wie die Kläger es in der Sache wohl begehren, widerspräche der grundsätzlichen Anknüpfung an die das Berufsbild prägenden Leistungen. Diese setzt eine Beurteilung in qualitativer Hinsicht voraus.

Auch an den Kriterien, die die Rechtsprechung zur Bestimmung des Mittelpunkts bei Ausübung mehrerer Tätigkeiten zur Einkünfteerzielung entwickelt hat, ist festzuhalten. Ist bei einer Tätigkeit der Mittelpunkt nach dem qualitativen Schwerpunkt zu bestimmen, so ist es konsequent, bei mehreren Tätigkeiten ebenso zu verfahren. Die Änderungen der Gesetzeslage geben keinen Anlass, die diesbezügliche methodische Verfahrensweise zu ändern, nämlich in einem ersten Schritt die Mittelpunkte der verschiedenen Tätigkeiten zu ermitteln, um in einem zweiten Schritt durch sachgerechte Gewichtung den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit insgesamt zu bestimmen.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß geltend machen, der Mittelpunkt könne auch dann im Arbeitszimmer liegen, wenn dies für den Mittelpunkt aller einzelnen Tätigkeiten nicht der Fall sei, weil gerade die Mehrheit der Tätigkeiten die gesamte betriebliche und berufliche Tätigkeit präge und ein Arbeitszimmer zur Bewältigung dieser Mehrheit von Aufgaben notwendig sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es mag Konstellationen geben, in denen das häusliche Arbeitszimmer gewissermaßen als zentrale Koordinierungsstelle unverzichtbar ist, um mehrere unterschiedliche Tätigkeiten überhaupt ausüben zu können. Ob dies beim Kläger der Fall war, kann dahinstehen. Jedenfalls ist der Umstand, dass ein Arbeitszimmer für die Gesamttätigkeit notwendig ist, nicht gleichbedeutend damit, dass es der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit wäre.

Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des FG, der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit habe sich nicht in dem häuslichen Arbeitszimmer befunden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie stellt eine mögliche, weder den Denkgesetzen noch den allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechende Würdigung dar, an die der erkennende Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist.
Das FG hat zunächst zu Recht die jeweiligen qualitativen Mittelpunkte der beiden Haupttätigkeiten ermittelt und ist in tatsächlicher Hinsicht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Mittelpunkt der Arbeitnehmertätigkeit beim Arbeitgeber und der Mittelpunkt des Betriebs in der Verkaufsstätte vor Ort liege. Soweit die Kläger sich auf ein anderes Berufsbild berufen, ist auch dies Gegenstand der Gesamtwürdigung, die der Beurteilung des BFH entzogen ist.

Es stellte –anders als die Kläger meinen– einen zutreffenden Bestandteil der Gesamtabwägung und nicht etwa deren Fehlen dar, wenn das FG aufgrund der nachrangigen Bedeutung der selbständigen Tätigkeiten diese nicht mehr für erheblich hielt. Der Einwand der Kläger, das FG hätte die im Arbeitszimmer verbrachte Zeit aufaddieren müssen, trägt angesichts des Vorrangs der qualitativen Beurteilung nicht. Soweit der Zeitfaktor ein Kriterium (nur) für die Feststellung sein kann, welche Tätigkeit als Haupttätigkeit zu werten ist, verstößt das FG-Urteil gegen diesen Grundsatz nicht, da die selbständigen Tätigkeiten sowohl zeitlich als auch

Der weitere Einwand der Kläger, eine typisierende Betrachtung sei in dem vorliegenden untypischen Fall mehrerer Tätigkeiten nicht möglich, geht ins Leere. Bei Zusammentreffen mehrerer Tätigkeiten ist eine typisierende Betrachtung der Gesamttätigkeit weder nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen geboten noch angesichts der vielfältigen Möglichkeiten, verschiedene Tätigkeiten zu kombinieren, überhaupt möglich. Das FG hat folgerichtig eine derartige typisierende Gesamtbetrachtung auch nicht vorgenommen.

Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, so begründet gerade dieser Umstand nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG die Abzugsmöglichkeit dem Grunde nach, indes nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift betragsmäßig beschränkt. Dieser betragsmäßig beschränkte Abzug ist dem Kläger –für die selbständige Tätigkeit– bereits gewährt worden.
Aus diesem Grunde ist es im Streitfall auch unerheblich, ob zusätzlich für die notwendige Koordinierung aller Tätigkeiten ein Arbeitszimmer unverzichtbar war. Auch dieser Umstand könnte allenfalls zur Gewährung des betragsmäßig beschränkten Abzugs führen.
Schließlich rechtfertigt das Zusammentreffen mehrerer Einkunftsarten die Vervielfältigung des Abzugsbetrags von 1.250 EUR selbst dann nicht, wenn für mehrere Tätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden haben sollte. Aus diesem Grunde kommt es im Ergebnis auch nicht darauf an, ob dem Kläger für seine gewerbliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, ob wegen der Mehrheit der Tätigkeiten im wertenden Sinne davon auszugehen sein sollte, dass für die Arbeitnehmertätigkeit jedenfalls teilweise kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand und ob schließlich die Koordinierungsaufgaben als solche ein Arbeitszimmer erforderten. Der Betrag von 1.250 EUR ist in jedem Falle nur einmal zu gewähren.

Häusliches Arbeitszimmer bei mehreren Einkunftsarten

Häusliches Arbeitszimmer bei mehreren Einkunftsarten

BFH Urteil vom 16.07.2014 X R 49/11

Sachverhalt

Der Kläger unterhielt ein häusliches Arbeitszimmer. Im Streitjahr fielen dafür Aufwendungen in Höhe von insgesamt 7.859,04 EUR an. In ihrer Einkommensteuererklärung teilten die Kläger diese, einer Praxis früherer Jahre entsprechend, zu jeweils 30 % auf die Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit und zu 40 % auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) versagte den Abzug im angefochtenen Bescheid und der Einspruchsentscheidung zunächst vollen Umfangs. Im Rahmen des Klageverfahrens berücksichtigte das FA Aufwendungen in Höhe von 1.250 EUR bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Die Kläger begehrten im Klageverfahren darüber hinaus, die verbleibenden Aufwendungen –bei Zuordnung der 1.250 EUR zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit– auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit nach protokollierten Stundenarbeitszeiten aufzuteilen.

 

Begründung:

Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Abzug von Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Klägers über den bereits berücksichtigten Betrag von 1.250 EUR hinaus. Das Arbeitszimmer war weder Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers (dazu 1.) noch vermag der von den Klägern herangezogene Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit den Abzug der gesamten Kosten zu rechtfertigen (dazu 2.). Der Betrag von 1.250 EUR ist auch nicht aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Einkunftsarten zu vervielfältigen.

Die Abziehbarkeit der Kosten häuslicher Arbeitszimmer ist seit dem Jahre 1996 deutlich beschränkt und durch ein grundsätzliches Abzugsverbot mit gewissen –ihrerseits mehrfach geänderten– Ausnahmen gekennzeichnet. Unverändert allerdings ist in dem Zeitraum von 1996 bis 2009 (dazu b) und damit auch im Streitjahr der Abzug der Kosten der Höhe nach unbeschränkt möglich gewesen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Auch an den Kriterien, die die Rechtsprechung zur Bestimmung des Mittelpunkts bei Ausübung mehrerer Tätigkeiten zur Einkünfteerzielung entwickelt hat, ist festzuhalten. Ist bei einer Tätigkeit der Mittelpunkt nach dem qualitativen Schwerpunkt zu bestimmen, so ist es konsequent, bei mehreren Tätigkeiten ebenso zu verfahren. Die Änderungen der Gesetzeslage geben keinen Anlass, die diesbezügliche methodische Verfahrensweise zu ändern, nämlich in einem ersten Schritt die Mittelpunkte der verschiedenen Tätigkeiten zu ermitteln, um in einem zweiten Schritt durch sachgerechte Gewichtung den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit insgesamt zu bestimmen.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß geltend machen, der Mittelpunkt könne auch dann im Arbeitszimmer liegen, wenn dies für den Mittelpunkt aller einzelnen Tätigkeiten nicht der Fall sei, weil gerade die Mehrheit der Tätigkeiten die gesamte betriebliche und berufliche Tätigkeit präge und ein Arbeitszimmer zur Bewältigung dieser Mehrheit von Aufgaben notwendig sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es mag Konstellationen geben, in denen das häusliche Arbeitszimmer gewissermaßen als zentrale Koordinierungsstelle unverzichtbar ist, um mehrere unterschiedliche Tätigkeiten überhaupt ausüben zu können. Ob dies beim Kläger der Fall war, kann dahinstehen. Jedenfalls ist der Umstand, dass ein Arbeitszimmer für die Gesamttätigkeit notwendig ist, nicht gleichbedeutend damit, dass es der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit wäre.

Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei nicht nutzbarem “Amtszimmer”

Ein anderer Arbeitsplatz steht erst dann zur Verfügung, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz tatsächlich zugewiesen hat.

Ein Raum ist nicht zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet, wenn wegen Sanierungsbedarfs Gesundheitsgefahr besteht.

BFH Urteil vom 26.2.2014, VI R 11/12

Begründung (BFH):

Ein Arbeitnehmer kann die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten in Höhe von 1.250 € als Werbungskosten in Abzug bringen, wenn für seine berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes). Ein “anderer Arbeitsplatz” ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist.

Der VI. Senat des BFH hat mit Urteil vom 26. Februar 2014 VI R 11/12 entschieden, dass ein “anderer Arbeitsplatz” erst dann zur Verfügung steht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz tatsächlich zugewiesen hat. Der Arbeitnehmer hat bei der Inanspruchnahme und Ausgestaltung eines “anderen Arbeitsplatzes” das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beachten. Ferner ist ein Raum nicht zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet, wenn wegen Sanierungsbedarfs Gesundheitsgefahr besteht.

Im Streitfall war einem Pfarrer die im Obergeschoss des Pfarrhofs gelegene Wohnung für Wohnzwecke überlassen worden. Der Pfarrer machte die Kosten für ein zur Wohnung gehörendes häusliches Arbeitszimmer erfolglos als Werbungskosten geltend. Im Klageverfahren trug er vor, der im Erdgeschoss gelegene und ihm als sog. Amtszimmer überlassene Raum sei wegen Baumängeln nicht als Arbeitszimmer nutzbar. Die übrigen im Erdgeschoss gelegenen Räume würden anderweitig genutzt und ständen ihm nicht zur Verfügung.

Das Finanzgericht (FG) hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, eines der sonstigen im Erdgeschoss des Pfarrhofs vorhandenen Zimmer für sich als Büro einzurichten. Der BFH hat diese Entscheidung nun aufgehoben und den Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen. Dieses muss nun klären, ob das vom Arbeitgeber als Arbeitsplatz zugewiesene “Amtszimmer” tatsächlich nicht nutzbar war.

Häusliches Arbeitszimmer

Ein Arbeitszimmer, das sich in einem selbst genutzten Einfamilienhaus befindet, ist grundsätzlich ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG. Eine unmittelbare Verbindung zur Wohnung ist nicht erforderlich.

Die Möglichkeit, das Haus über eine Terrassentür zu verlassen und so einen als Arbeitszimmer genutzten Kellerraum ohne Benutzung von der Allgemeinheit zugänglichen Flächen zu erreichen, spricht für die Einbindung des Kellerraumes in die häusliche Wohnsphäre.

BFH Beschluss vom 30.01.2014 – VIB 125/13 BFHNV 2014 S.688 f.

Begründung:

Es ist in der Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt, dass eine Einbindung in die häusliche Sphäre regelmäßig dann gegeben ist, wenn die betrieblich oder beruflich genutzten Räume zur Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören. Ein Arbeitszimmer, das sich in einem selbst genutzten Einfamilienhaus befindet, ist danach grundsätzlich ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes, es sei denn, die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre wird –etwa durch Publikumsverkehr– aufgehoben oder überlagert. Eine unmittelbare Verbindung zur Wohnung ist nicht erforderlich; auch Mansardenzimmer oder Kellerräume im selben Haus stehen als Zubehörräume zu der Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sie als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt. Sogar die Lage der Räume in einem Anbau, der nicht vom Wohnhaus aus, sondern nur über einen separaten, straßenabgewandten Eingang vom Garten aus betreten werden kann, hat die Rechtsprechung noch für die Einbindung in die häusliche Sphäre als ausreichend angesehen, während ein innerer Zusammenhang zwischen der Wohnsphäre und beruflich genutzten Räumen verneint wird, wenn Letztere nur über der Allgemeinheit zugänglich gemachte Verkehrsflächen erreicht werden können.

Das Finanzgericht (FG) ist im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung  in Übereinstimmung mit den genannten Grundsätzen zu dem Ergebnis gelangt, dass der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) genutzte Kellerraum in die häusliche Sphäre eingebunden sei. Zur Begründung hat es u.a. darauf abgestellt, dass der Kellerraum auch nur über das Grundstück der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erreicht werden kann. Da diese tatrichterliche Würdigung nachvollziehbar ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, ist sie für die Revisionsinstanz bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

Garagenaufbau als häusliches Arbeitszimmer

Ein beruflich genutzter Garagenaufbau kann auch dann zur häuslichen Sphäre gehören und damit ein "häusliches" Arbeitszimmer sein, wenn er sich auf demselben Grundstück wie das selbstgenutzte Einfamilienhaus befindet und vom Privatbereich aus zugänglich ist.

BFH Beschluss vom 23.05.2013 – VIII B 153/12BFH NV 2013 S. 1233

Begründung:

Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) nicht konkret formulierte, aber sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage lautet, ob ein als Arbeitszimmer genutztes ausgebautes Dachgeschoss einer Doppelgarage, die ca. 20 m vom selbstbewohnten Einfamilienhaus entfernt auf dem Grundstück der Kläger steht, (noch) ein häusliches Arbeitszimmer i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist.

Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden. Bezogen auf die tatsächlichen Umstände des Streitfalls ist bereits geklärt, dass auch Zubehörräume zur privaten Wohnung des Steuerpflichtigen grundsätzlich in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind und ein dort befindliches Arbeitszimmer deshalb ein "häusliches" ist

Es ist ferner entschieden, dass ein häusliches Arbeitszimmer die Einbindung in die häusliche Wohnsphäre erfordert, hierfür aber auch der zum Wohnhaus gehörende Garten gehören kann sodass auch ein gesonderter Eingang zum Arbeitszimmer diesem nicht die Zugehörigkeit zur häuslichen Sphäre nehmen muss, während ein innerer Zusammenhang zwischen der Wohnsphäre und beruflich genutzten Räumen verneint wird, wenn Letztere nur über der Allgemeinheit zugänglich gemachte Verkehrsflächen erreicht werden können.

 

“Häusliches” Arbeitszimmer bei Nutzung der zweiten Wohnung in Zweifamilienhaus

Ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG liegt auch dann vor, wenn sich die zu Wohnzwecken und die betrieblich genutzten Räume in einem ausschließlich vom Steuerpflichtigen genutzten Zweifamilienhaus befinden und auf dem Weg dazwischen keine der Allgemeinheit zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche betreten werden muss.

BFH Urteil vom 15.1.2013, VIII R 7/10

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 15. Januar 2013 VIII R 7/10 entschieden, dass Aufwendungen für die berufliche Nutzung der zweiten Wohnung, die sich im Obergeschoss eines ausschließlich von dem Kläger und seiner Familie genutzten Zweifamilienhauses befinden, unter die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer fallen und somit lediglich pauschal in Höhe von 2.400 DM bzw. 1.250 € steuerlich zu berücksichtigen sind.

Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Erfinder. Für die Erstellung von Patenten benötigte er zahlreiche Unterlagen und umfangreiche Fachliteratur, sodass er ein ausschließlich beruflich genutztes Büro unterhielt. Dieses befand sich im Obergeschoss des von ihm und seiner Familie bewohnten Zweifamilienhauses. Eine direkte Verbindung zwischen den zum Büro gehörenden Räumlichkeiten im Obergeschoss und dem Wohnbereich der Kläger im Erdgeschoss bestand nicht. Der Zugang zum Obergeschoss war nur über einen separaten Treppenaufgang möglich, der über eine eigene Eingangstür verfügte. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung die auf die Büroräume entfallenden Aufwendungen in voller Höhe geltend. Das Finanzamt ließ dagegen nur die für ein häusliches Arbeitszimmer geltende Pauschale von 2.400 DM zum Abzug zu. Vor Gericht argumentierte der Kläger, das Arbeitszimmer sei nicht "häuslich" und unterfalle deshalb nicht der Abzugsbeschränkung. Das Finanzgericht folgte dem und gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der BFH rechnet das Arbeitszimmer noch dem häuslichen Bereich zu. Der für die Annahme der Häuslichkeit erforderliche Zusammenhang der beruflich und privat genutzten Räume entfällt erst, wenn das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen ist. Im vorliegenden Fall wurde jedoch das gesamte Grundstück und Gebäude ausschließlich von dem Kläger und seiner Familie genutzt, so dass die baubedingte räumliche Trennung zwischen den beruflich und den privat genutzten Räumen nicht so stark ausgeprägt war, dass der Zusammenhang zur häuslichen Sphäre hinreichend gelöst war.

 

Kellerraum als häusliches Arbeitszimmer

Auch ein Keller kann als häusliches Arbeitszimmer gewertet werden, obwohl dieser Raum außerhalb der Wohnung ist.

FG  Berlin – Brandenburg Urteil vom 12.10.2012, 12 K 12095/09

Begründung:

Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies galt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG dann nicht, wenn entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit betrug oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. In diesen Fällen wurde nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung die Höhe der abziehbaren Aufwendungen regelmäßig auf € 1 250 begrenzt.

Ein Arbeitszimmer weist eine derartige Berührung mit dem privaten Lebensbereich des Steuerpflichtigen auf, wenn es in die häusliche Sphäre eingebunden ist. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn das Arbeitszimmer sich in einem Raum befindet, der zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört. Dabei gehört ein Raum nicht nur dann zur Wohnung, wenn er Teil der eigentlichen Wohnräume ist; vielmehr kann er sich auch in den Zubehörräumen (Abstell-, Keller- und Speicherräumen) befinden.

Arbeitszimmer in auch vom Steuerpflichtigen genutzten Mehrfamilienhäusern, die nicht zu seinen Zubehörräumen zählten, sind als häusliche Arbeitszimmer angesehen worden, wenn sie unmittelbar an die von diesem genutzte Wohnung angrenzten) oder sich jedenfalls auf derselben Etage befanden; sie werden hingegen als außerhäusliche Arbeitszimmer qualifiziert, wenn eine solche innere Verbindung zur privat genutzten Wohnung fehlt (so für den Fall von einem Dritten angemietete Kellerräume, für den Fall einer abgeschlossenen Dachgeschosswohnung; für den Fall eines nicht von der Wohnung des Steuerpflichtigen erreichbaren Büroraumes im Keller.

Das von der Klägerin genutzte Arbeitszimmer stellt bei wertender Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles ein häusliches Arbeitszimmer dar, da die dafür genutzten Räumlichkeiten als Zubehörraum der von den Klägern genutzten Wohnung anzusehen sind.

Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die unterkellert sind und deren Keller neben Räumen für Heizung, Waschküche etc. weiteren Raum bietet, wird in der Regel ein als Abstellraum nutzbarer Kellerraum zugewiesen. Solche der Wohnung zugewiesenen Keller sind – im Gegensatz zu darüber hinaus angemieteten Kellern anderer Nutzer des Hauses – Zubehörräume der Wohnung. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige sie nicht als Abstellraum, sondern als Arbeitszimmer ausstattet und nutzt. So lag der Fall hier. Das im Eigentum stehende Haus der Eheleute verfügte über zwei Wohnungen. Der Keller wurde, wie dies nicht unüblich ist, teilweise für Heizung und Waschküche genutzt; die übrigen Räume waren den Nutzern der Wohnungen zur freien Verfügung zugewiesen. Diese nutzten sie in jeweils unterschiedlicher Weise, nämlich die Klägerin als Arbeitszimmer, der Ehemann der Klägerin für seine berufliche Tätigkeit und der Sohn der Klägerin als Lagerraum. Die Zuordnung einzelner Kellerräume zu einzelnen Wohnungen des Hauses zeigt sich auch daran, dass der zunächst von dem Sohn der Klägerin genutzte Kellerraum nach dessen Auszug aus der von ihm genutzten Wohnung ebenso wie diese Wohnung selbst leer steht. Da es sich bei dem als Arbeitszimmer genutzten Kellerraum um einen Zubehörraum der Wohnung der Klägerin handelt, ist ein besonderer innerer Zusammenhang des Raumes mit der übrigen Wohnung der Klägerin nicht erforderlich. Ein solcher muss nur dann festgestellt werden, wenn es sich nicht um die Wohnung selbst oder die Zubehörräume handelt.