Kein Vorsteuerabzug, wenn in der zugrunde liegenden Rechnung lediglich Scheinsitz des Leistenden angegeben ist

Die Angabe einer Anschrift, an der keinerlei geschäftliche Aktivitäten des Leistenden stattgefunden haben, reicht für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht aus.

Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug vornehmen möchte, muss nachweisen, dass die entsprechende Leistung tatsächlich an ihn bewirkt worden ist.

BFH Beschluss vom 08.07.2015 – XI B 5/15 BFH/NV 2015, 1444

Sachverhalt:

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nahm in den Streitjahren (2005 und 2006) u.a. aus der Rechnung der Firma … GmbH (X-GmbH) vom 28. November 2005 und der Firma … GmbH (Y-GmbH) vom 14. Dezember 2006 den Vorsteuerabzug vor. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) versagte nach Durchführung einer Außenprüfung in den Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden für die Streitjahre vom 30. Januar 2012 den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen. Das FA nahm an, die X-GmbH sei eine „Briefkastenfirma”, die tatsächlich nicht wirtschaftlich tätig gewesen sei. Es sei nicht glaubhaft, dass die X-GmbH die abgerechneten Leistungen erbracht habe.

Begründung:

Der Vortrag des Klägers, das FG habe hinsichtlich der X-GmbH den Rechtssatz aufgestellt, eine Büroserviceadresse reiche als Geschäftssitz nicht aus, trifft nicht zu. Das FG hat vielmehr unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH lediglich den (zutreffenden) abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der Vorsteuerabzug scheide aus, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz tatsächlich nicht bestanden habe. Die Angabe einer Anschrift, an der keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfänden, reiche nicht. Es hat so dann für den Senat bindend, dass die X-GmbH an der in der Rechnung angegebenen Anschrift keine Geschäftstätigkeit in irgendeiner Form ausgeübt habe.

Kein Vorsteuerabzug des Lagerhalters für Einfuhrumsatzsteuer

Kein Vorsteuerabzug des Lagerhalters für Einfuhrumsatzsteuer

FG Schleswig Holtstein  Urteil vom 9. Oktober 2014 (Az. 4 K 67/13,  EFG 2015, 258)

Begründung:

Das Finanzgericht hat entschieden, dass einem gewerblichen Lagerhalter kein Vorsteuerabzug für die ihm gegenüber festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer zusteht, wenn er keine Verfügungsbefugnis an den eingeführten Waren erlangt hat.

Die Klägerin war Inhaberin eines privaten Zolllagers und lagerte dort in den Jahren 1997 und 1998 Reifen ihrer damaligen Schwestergesellschaft sowie Werkzeuge und Damenoberbekleidung fremder Gesellschaften ein. Im Rahmen einer Ende 1998 durchgeführten Bestandsaufnahme stellte das Hauptzollamt erhebliche Fehlmengen im Sollbestand des Zolllagers fest und setzte gegenüber der Klägerin gemäß Art. 218 Abs. 3 ZK i.V.m. § 21 Abs. 2 UStG Einfuhrumsatzsteuer fest. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin den Vorsteuerabzug für die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG.

Der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts wies die Klage ab, da die Klägerin im Streitfall im Hinblick auf die eingelagerten Waren lediglich Logistikdienstleistungen erbracht hat. Die Klägerin hat keine Verfügungsbefugnis an den eingelagerten Waren erlangt, da sie diese weder als Kommissionärin noch als Vertriebsgesellschaft in eigenem Namen veräußert hat.

Nach Auffassung des Senats setzt der Vorsteuerabzug für die vom Lagerhalter gezahlte Einfuhrumsatzsteuer eine Verfügungsbefugnis an den eingelagerten Waren voraus. Dies gilt auch dann, wenn die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer darauf beruht, dass die eingelagerten Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sind. Das Kriterium der Verfügungsbefugnis ergibt sich gleichermaßen aus dem in Art. 168 Buchst. e MwStSystRL enthaltenen Merkmal der Verwendung der eingeführten Gegenstände für Zwecke der besteuerten Umsätze wie aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG enthaltenen Merkmal der Einfuhr für das Unternehmen.

Der Einsatz der eingeführten Waren zur Bewirkung von Logistikumsätzen reicht für den Vorsteuerabzug nicht aus, da hier durch die – stets nur einem Unternehmer zustehende – Abzugsberechtigung bezüglich der Einfuhrumsatzsteuer nicht eindeutig festgestellt werden kann. Die eingeführten Waren und die hierauf lastende Einfuhrumsatzsteuer gehören beim Lagerhalter nur dann zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze, wenn dieser die eingelagerten Gegenstände in eigenem Namen veräußert und diese damit für sein Unternehmen verwendet.

Der Senat hat die Revision zugelassen; das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. V R 68/14 anhängig.

Kein Vorsteuerabzug der Lotsen aus Eingangsleistungen an Lotsenbrüderschaft

Kein Vorsteuerabzug der Lotsen aus Eingangsleistungen an Lotsenbrüderschaft für die Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben

FG Schleswig Holtstein Urteilen vom 10. September 2014 (Aktenzeichen 4 K 53/11, veröffentlicht in EFG 2015, 87, und 4 K 50052/11, veröffentlicht in EFG 2015, 90)

Begründung:

Das Finanzgericht hat entschieden, dass Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen, die an die Lotsenbrüderschaft für die Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben erbracht werden, nicht von den einzelnen Lotsen als Mitglieder der Lotsenbrüderschaft abgezogen werden können, auch wenn die Aufwendungen für diese Leistungen wirtschaftlich von den Lotsen getragen werden.

Im Klageverfahren 4 K 50052/11 hat der Senat zugleich entschieden, dass damit auch keine gesonderte und einheitliche Feststellung des Vorsteuerabzugs auf der Ebene der Lotsenbrüderschaft in Betracht kommt.

Der Kläger im Verfahren 4 K 53/11 ist Seelotse in einer Lotsenbrüderschaft, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Selbstverwaltung die Belange des Seelotsreviers zu wahren und zu fördern hat. Die Lotsenbrüderschaft organisiert die Tätigkeit der Lotsen und stimmt sie aufeinander ab, regelt Dienst- und Urlaubszeiten, nimmt die Lotsgelder für Rechnung der Lotsen ein und verteilt diese nach Abzug ihrer von den Seelotsen anteilig zu tragenden Ausgaben an die Lotsen.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger den anteiligen Vorsteuerabzug für die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes durch die Lotsenbrüderschaft. Klägerin im Verfahren 4 K 50052/11 ist die Lotsenbrüderschaft, deren Klage auf die Durchführung der vom beklagten Finanzamt abgelehnten einheitlichen und gesonderten Feststellung der auf die einzelnen Seelotsen entfallenden Vorsteuerbeträge aus den laufenden Verwaltungskosten und der Errichtung des Verwaltungsgebäudes gerichtet ist.

Der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts wies die Klagen ab, da

Leistungsempfänger der den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Leistungen nicht der einzelne Seelotse, sondern die Lotsenbrüderschaft sei, da diese die den Eingangsumsätzen zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen abgeschlossen habe. Die Seelotsen seien auch nach dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht als Leistungsempfänger anzusehen, auch wenn sie bei einer nicht unternehmerischen Tätigkeit der Lotsenbrüderschaft aufgrund des fehlenden Vorsteuerabzugs wirtschaftlich belastet seien. Denn die streitigen Eingangsumsätze seien nicht von den Seelotsen, sondern von der Lotsenbrüderschaft selbst verwendet worden, die ihrerseits an die Seelotsen Dienstleistungen erbracht habe.

Die Eingangsumsätze dienten damit der Lotsenbrüderschaft zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben und erfolgten nicht für das Unternehmen der Seelotsen, da diese die Tätigkeit der Lotsenbrüderschaft nicht erbringen dürften. Der Streitfall unterscheide sich insoweit von den Fällen der Bruchteils- und Ehegattengemeinschaft sowie der Personengesellschaften, bei denen die Gemeinschaft bzw. die Gesellschaft selbst nicht unternehmerisch tätig sei, aber Liefergegenstände schuldrechtlich erwerbe und den Gemeinschaftern, dem Ehegatten oder Gesellschafter zur Verwendung überlasse.

Der Senat konnte es im Ergebnis offen lassen, ob die Lotsenbrüderschaft im Rahmen der Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben unternehmerisch tätig wird, da es in diesem Fall aufgrund des der Lotsenbrüderschaft zustehenden Vorsteuerabzugs aus den Eingangsumsätzen an einer wirtschaftlichen Belastung der Seelotsen fehlt.

Die im Klageverfahren 4 K 50052/11 begehrte gesonderte und einheitliche Feststellung der auf die Seelotsen entfallenden anteiligen Vorsteuerbeträge scheiterte bereits daran, dass den Seelotsen als möglichen Feststellungsbeteiligten kein Vorsteuerabzug zusteht, so dass es auf die einzelnen weiteren Voraussetzungen des Feststellungverfahrens nicht ankam.

 

Der Senat hat in beiden Entscheidungen die Revision zugelassen; die

Revisionsverfahren sind beim BFH unter den Aktenzeichen XI R 39/14 und XI R 40/14 anhängig.

Kein Vorsteuerabzug bei Falschbezeichnung des Rechnungsempfängers

Ein Unternehmer kann aus Eingangsrechnungen die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen, wenn als Leistungsempfänger zwar die Firma des Unternehmers angegeben wird, zusätzlich aber auch der vormalige Inhaber des Unternehmens namentlich genannt wird.

Eine rückwirkende Rechnungskorrektur ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn in der erstmals ausgestellten Rechnung der Leistende, der Leistungsempfänger, die Leistungsbeschreibung und das Entgelt mit ausgewiesener Umsatzsteuer nicht oder unzutreffend angegeben ist.

Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Urteil vom 23.10.2014, 5 K 140/14

Kein Vorsteuerabzug des Empfängers von Bauleistungen bei sofortiger Zahlungsverweigerung wegen Baumängeln

Verweigert ein Leistungsempfänger von Beginn an für ihm erbrachte Bauleistungen die Entrichtung des hierfür in Rechnung gestellten Entgelts u.a. wegen Baumängeln, entfällt seine Berechtigung zur Geldendmachung des Vorsteuerabzugs aus dieser Rechnung.

BFH Beschluss vom 09.04.2014 – XI B 10/14 (BFHNV 2014,1099) (veröffentlicht am 07.05.2014)

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hatte im Jahr 1997 die A-KG mit der schlüsselfertigen Erstellung eines Bank- und Geschäftshauses in X zu einem Pauschalpreis von 7.178.000 DM netto beauftragt. Im Laufe der Bauarbeiten kam es zu Streitigkeiten über Nachträge, Sicherheitsleistungen und den Baufortschritt. Der für den 30. Mai 1998 geplante Fertigstellungstermin wurde nicht eingehalten. Am 6. August 1998 stellte die A-KG die Bauarbeiten ein. Daraufhin kündigte die Klägerin am 10. August 1998 den Vertrag und verweigerte die Abnahme des teilfertigen Bauwerks wegen Baumängeln.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des FA hat keinen Erfolg.

Der BFH habe in diesem Urteil entschieden, dass Besteuerungsgegenstand der Umsatzsteuer nicht die schuldrechtlichen Vereinbarungen der am Leistungsaustausch Beteiligten, sondern die Erfüllungshandlungen seien. Werde aus der Sicht des ursprünglichen Vertrages das Werk nicht fertig gestellt und eine Vollendung des Werkes durch den Werkunternehmer nicht mehr vorgesehen, müsse sich der Eintritt der Steuerpflicht nach dem neu bestimmten Leistungsgegenstand richten. Der neue Leistungsgegenstand bestimme sich im Falle der Kündigung des Werkvertrages nach Maßgabe des am Tag des Zugangs der Kündigung tatsächlich Geleisteten.

Dagegen habe das FG angenommen, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erstmals mit der Erstellung der Schlussrechnung der A-KG vom 6. Mai 2010 aufgrund des gerichtlichen Vergleichs erfüllt gewesen seien. Erst zu diesem Zeitpunkt habe festgestanden, dass über die Abschlagszahlungen der Klägerin hinaus Umsatzsteuer aus einer von der A-KG ausgeführten Werklieferung entstanden sei, die von der Klägerin als Vorsteuer hätte abgezogen werden können und dass dem in Rechnung gestellten Betrag auch die entsprechende Leistung für das Unternehmen der Klägerin gegenüber gestanden habe. Das Urteil des FG stehe daher im Widerspruch zur genannten Entscheidung des hinsichtlich des Zeitpunkts der Leistungsausführung und des damit einhergehenden Zeitpunkts der Steuerentstehung für die ausgeführte Werklieferung.

Soweit das FA ausführt, dass nach den Regelungen in § 17 UStG für den streitbefangenen Zeitraum ebenfalls kein Vorsteuerabzug vorgenommen werden könne, weil die Anwendung dieser Korrekturvorschrift voraussetze, dass der ursprünglich mögliche Vorsteuerabzug seinerzeit in Anspruch genommen worden sei, übersieht es, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH Uneinbringlichkeit i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bereits im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung eintreten kann; dies hat wegen der Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG auch entsprechende Auswirkungen auf den Leistungsempfänger, der danach entsprechend der vom FG vertretenen Auffassung den Vorsteuerabzug nicht geltend machen kann, wenn er –wie hier– von Anfang an das Bestehen dieser Forderung ganz oder teilweise bestreitet und damit zum Ausdruck bringt, dass er die Forderung nicht bezahlen werde.

Im Übrigen ist die vom FA aufgeworfene Rechtsfrage auch deshalb nicht klärungsbedürftig, weil sich aus der Übertragung der Rechtsgrundsätze des BFH in seiner Entscheidung auf den Streitfall ergibt, dass die Klägerin im Jahr 1999 nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG keinen Vorsteuerabzug hätte geltend machen können.

Kein Vorsteuerabzug des Empfängers von Bauleistungen bei sofortiger Zahlungsverweigerung

Kein Vorsteuerabzug des Empfängers von Bauleistungen bei sofortiger Zahlungsverweigerung wegen Baumängeln

BFH  Beschluss vom 9.4.2014, XI B 10/14

Begründung:

Nach Auffassung des FA ist in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren zu klären, “ob für die Anwendung des § 17 UStG Voraussetzung ist, dass ein Vorsteuerabzug nach § 15 UStG vorgenommen wurde”. Denn das FG habe in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass die Klägerin aus dem Abrechnungsdokument vom “31.12.1998/14.07.1999” nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei, weil das von der A-KG geforderte Entgelt durch das substantiierte Bestreiten der Klägerin uneinbringlich gewesen sei. Damit sei das FG bei seiner Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs möglich sei, auch wenn der entsprechende Vorsteuerabzug im betreffenden Besteuerungszeitraum nicht geltend gemacht worden sei. Die Revision sei zuzulassen, weil der BFH über diese dem Streitfall zugrunde liegende Rechtsfrage noch nicht entschieden habe.

Im Übrigen ist die vom FA aufgeworfene Rechtsfrage auch deshalb nicht klärungsbedürftig, weil sich aus der Übertragung der Rechtsgrundsätze des BFH in seiner Entscheidung in BFH/NV 2014, 465 auf den Streitfall ergibt, dass die Klägerin im Jahr 1999 nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG keinen Vorsteuerabzug hätte geltend machen können.

Kein Vorsteuerabzug bei wirksamem Widerspruch gegen Gutschrift

Widerspricht der Empfänger einer Gutschrift dem ihm übermittelten Abrechnungsdokument, verliert die Gutschrift die Wirkung einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung auch dann, wenn die Gutschrift den zivilrechtlichen Vereinbarungen entspricht und die Umsatzsteuer zutreffend ausweist. Es genügt, dass der Widerspruch eine wirksame Willenserklärung darstellt.

BFH Urteil vom 23.1.2013, XI R 25/11

Begründung:

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des für das Streitjahr 2009 maßgebenden Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, dann als Vorsteuer abziehen, wenn er eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

Die Rechnung kann nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG für eine Lieferung oder sonstige Leistung auch von einem Leistungsempfänger, der Unternehmer oder eine nichtunternehmerische juristische Person ist, im sog. Gutschriftverfahren ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG verliert die Gutschrift die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht.

§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG stellt dem Wortlaut nach allein auf die Tatsache des Widerspruchs im Sinne einer wirksamen Willenserklärung ab und nicht darauf, ob die Gutschrift den zivilrechtlichen Vereinbarungen entspricht und ob sie die Umsatzsteuer zutreffend ausweist. Eine Beschränkung des Widerspruchsrechts für solche Fälle bedürfte der gesetzlichen Regelung. Es ist Sache der am Leistungsaustausch beteiligten Unternehmer, sich über die Frage der Richtigkeit der Gutschrift auseinanderzusetzen und ggf. eine neue Abrechnung, sei es durch Gutschrift oder Rechnung, herbeizuführen. Aus einer Gutschrift, die ihre Wirkung als Rechnung verloren hat, kann kein Recht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG begründet werden.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch hinsichtlich der Neufassung des § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG fest, die in der hier maßgeblichen Frage zu keiner Änderung geführt hat. Neu ist insofern im Wesentlichen lediglich, dass es nicht mehr möglich ist, einer Gutschrift nur teilweise zu widersprechen. Im Streitfall hat JI sämtlichen Gutschriften –in vollem Umfang—widersprochen.

 

Kein Vorsteuerabzug beim Beteiligungsverkauf

Beratungsleistungen, die ein Industrieunternehmen bezieht, um eine Beteiligung steuerfrei zu übertragen, stehen im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Anteilsübertragung und berechtigen auch dann nicht zum Vorsteuerabzug, wenn das Unternehmen mittelbar beabsichtigt, den Veräußerungserlös für seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu verwenden.

Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen begründet eine Geschäftsveräußerung hinsichtlich des Unternehmensvermögens der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, wenn alle Anteile an der Gesellschaft übertragen werden.

Werden nicht alle Gesellschaftsanteile, aber Anteile an einer Organgesellschaft veräußert, kommt eine Geschäftsveräußerung in Betracht, wenn zumindest eine die finanzielle Eingliederung ermöglichende Mehrheitsbeteiligung übertragen wird und der Erwerber seinerseits beabsichtigt, eine Organschaft zu der Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, zu begründen.

BFH Urteil vom 27.1.2011, V R 38/09

Erläuterung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zeitgleich drei Grundsatzurteile zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. In allen drei Entscheidungen (s. hierzu auch PM Nr. 18 und 19) betont der BFH, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur besteht, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet. Es muss sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringt und die entweder steuerpflichtig oder wie z.B. Ausfuhrlieferungen einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind demgegenüber unerheblich.

Das Urteil vom 27. Januar 2011 V R 38/09 betrifft den Fall eines Industrieunternehmens, das im Allgemeinen steuerpflichtige Umsätze ausführt, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, und daneben eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft steuerfrei veräußert. Strittig war, ob das Unternehmen aus den Beratungsleistungen, die es für die Beteiligungsveräußerung bezogen hat, im Hinblick auf seine allgemeine Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt war oder ob dieses Recht aufgrund der Steuerfreiheit der Beteiligungsveräußerung nicht in Anspruch genommen werden kann.

Der BFH verneinte den Vorsteuerabzug. Nach Auffassung des BFH besteht der maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zur steuerfreien Beteiligungsveräußerung. Dass das Industrieunternehmen die Beteiligung veräußerte, um den hierdurch erzielten Erlös für seine steuerpflichtige Umsatztätigkeit zu verwenden, rechtfertigt als nur mittelbar verfolgter Zweck keine abweichende Beurteilung.

Kein Vorsteuerabzug beim Betriebsausflug

Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG 1999 zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (Änderung der Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn er mit dieser Entnahme mittelbar Ziele verfolgt, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Der Unternehmer ist aus Leistungen für Betriebsausflüge, die ausschließlich und unmittelbar dem privaten Bedarf des Personals i.S. von § 3 Abs. 9a UStG 1999 dienen, im Regelfall auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er mittelbar beabsichtigt, durch den Betriebsausflug das Betriebsklima zu verbessern. Anders ist es nur, wenn es sich im Verhältnis des Unternehmers zum Betriebsangehörigen um eine sog. Aufmerksamkeit handelt.

BFH Urteil vom 9.12.2010, V R 17/10

Leitsatz

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zeitgleich drei Grundsatzurteile zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. In allen drei Entscheidungen (s. hierzu auch PM Nr. 17 und 19) betont der BFH, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur besteht, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet. Es muss sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringt und die entweder steuerpflichtig oder wie z.B. Ausfuhrlieferungen einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind demgegenüber unerheblich.

 

Das Urteil vom 9. Dezember 2010 V R 17/10 betrifft die Frage des Vorsteuerabzugs bei Betriebsausflügen durch Unternehmer, die –wie der Steuerberater des Streitfalls– nach ihrer allgemeinen Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Bei Betriebsausflügen besteht eine Freigrenze von 110 Euro je Arbeitnehmer, bei deren Einhaltung eine private Mitveranlassung typisierend verneint wird. Der Unternehmer ist dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, ohne dass eine Entnahme zu versteuern ist.

Übersteigen die Aufwendungen für den Betriebsausflug die Freigrenze von 110 Euro, ist von einer Mitveranlassung durch die Privatsphäre der Arbeitnehmer auszugehen. Nach der bisherigen Rechtsprechung war der Unternehmer dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, hatte aber eine Entnahme zu versteuern. Diese Rechtsprechung hat der BFH jetzt aufgegeben. Anders als bisher besteht bei Überschreiten der Freigrenze für den Unternehmer kein Anspruch auf Vorsteuerabzug mehr; dementsprechend unterbleibt die bisherige Entnahmebesteuerung. Maßgeblich ist hierfür, dass sich Entnahme für unternehmensfremde Privatzwecke und Leistungsbezug für das Unternehmen gegenseitig ausschließen. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, das Betriebsklima zu fördern, ändert hieran nichts. Die neue Rechtsprechung kann sich beim Bezug steuerfreier Leistungen wie z.B. Theaterbesuchen als vorteilhaft erweisen. Die Sache wurde an das Finanzgericht zur Aufklärung weiterer Umstände des Einzelfalls zurückverwiesen.

Kein Vorsteuerabzug für Erschließungskosten

Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 1b UStG 1999 zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (Änderung der Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn er mit dieser Entnahme mittelbar Ziele verfolgt, die ihn nach seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigen würde.

Der Unternehmer ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er bei Errichtung von Erschließungsanlagen beabsichtigt, diese einer Gemeinde durch Zustimmung zur öffentlich-rechtlichen Widmung der Anlagen unentgeltlich i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG 1999 zuzuwenden. Dies gilt auch, wenn er bei der Herstellung und Zustimmung zur Widmung der Erschließungsanlagen –mittelbar– beabsichtigt, Grundstücke im Erschließungsgebiet steuerpflichtig zu liefern.

BFH Urteil vom 13.1.2011, V R 12/08

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zeitgleich drei Grundsatzurteile zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. In allen drei Entscheidungen (s. hierzu auch PM Nr. 17 und 18) betont der BFH, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur besteht, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet. Es muss sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringt und die entweder steuerpflichtig oder wie z.B. Ausfuhrlieferungen einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind demgegenüber unerheblich.

 

Das Urteil vom 13. Januar 2011 V R 12/08 betrifft den Vorsteuerabzug aus Erschließungskosten. Die GmbH einer Gemeinde hatte sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet, öffentliche Anlagen für die Erschließung eines Gewerbegebiets wie z.B. Straßen unentgeltlich herzustellen. Die GmbH ging davon aus, dass sie im Hinblick auf die beabsichtigte umsatzsteuerpflichtige Veräußerung der erschlossenen Grundstücke aus den von ihr bezogenen Bauleistungen für die Herstellung von Erschließungsanlagen zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Demgegenüber verneinte der BFH den Vorsteuerabzug. Die GmbH hatte während der Bauphase die einzelnen Grundstücke als öffentlich "erschlossen" verkauft. Aus den Vereinbarungen der GmbH mit der Gemeinde und den Grundstückskäufern ergab sich nach Auffassung des BFH, dass die GmbH beabsichtigte, die von ihr hergestellten Erschließungsanlagen einer öffentlich-rechtlichen Widmung zugänglich zu machen und sie hierdurch unentgeltlich an die Gemeinde zu liefern. Da die unentgeltliche Lieferung einer Entnahme gleichsteht, bestand der maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den bezogenen Bauleistungen und einer Entnahme als unentgeltlicher Umsatz, so dass der Vorsteuerabzug zu versagen war. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, die Grundstücke des Erschließungsgebiets steuerpflichtig zu liefern, ändert hieran nichts.