Selbst getragene Krankheitskosten können nicht als Sonderausgaben abgezogen werden

Der von einem Steuerpflichtigen vereinbarte und getragene Selbstbehalt ist kein Beitrag zu einer Krankenversicherung und kann daher nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abgezogen werden.

Er kann nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn er die zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG übersteigt.

Ein darüber hinausgehender Abzug des Selbstbehalts ist von Verfassungs wegen nicht geboten.

BFH Urteil vom 1.6.2016, X R 43/14

Begründung:

Vereinbart ein Steuerpflichtiger mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen einen Selbstbehalt, können die deswegen von ihm zu tragenden Krankheitskosten nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgezogen werden, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 1. Juni 2016 (X R 43/14) entschieden hat.

Im Urteilsfall hatte der Kläger für sich und seine Töchter einen Krankenversicherungsschutz vereinbart, für den er aufgrund entsprechender Selbstbehalte geringere Versicherungsbeiträge zu zahlen hatte. Die von ihm getragenen tatsächlichen krankheitsbedingten Aufwendungen machte der Kläger bei seiner Einkommensteuererklärung geltend. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht ließen im Streitfall indes einen Abzug der Kosten zu.

Der BFH sah das ebenso und versagte die steuerliche Berücksichtigung der Krankheitskosten des Klägers. Weil die Selbstbeteiligung keine Gegenleistung für die Erlangung des Versicherungsschutzes darstelle, sei sie kein Beitrag “zu” einer Krankenversicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG und könne daher nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. Die selbst getragenen Krankheitskosten seien zwar außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG. Da im Streitfall die Aufwendungen die zumutbare Eigenbelastung des § 33 Abs. 3 EStG wegen der Höhe der Einkünfte des Klägers nicht überschritten hätten, komme ein Abzug nicht in Betracht.

Eine darüber hinausgehende steuerliche Berücksichtigung des Selbstbehalts lehnt der BFH ab. Diese sei auch nicht durch das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums geboten. Denn dieser Grundsatz gewährleiste –wie bereits das Bundesverfassungsgericht entschieden habe– dem Steuerpflichtigen keinen Schutz des Lebensstandards auf Sozialversicherungs-, sondern lediglich auf Sozialhilfeniveau. Die Aufwendungen für Krankheitskosten im Rahmen von Selbstbehalten seien aber nicht Teil des sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveaus.

Kein Sonderausgabenabzug von Bestattungskosten als Unterhaltsleistungen

Übernahme von Bestattungskosten der geschiedenen Ehefrau stellen keines Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Ein Sonderausgabenabzug ist nicht möglich.

BFH Urteil vom 20.8.2014, X R 26/12

Begründung:

Sonderausgaben sind u.a. nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten bis zu 13.805 EUR im Kalenderjahr, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Die Zustimmung ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG mit Ausnahme der nach § 894 Abs. 1 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.

Die Wendung in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG “an den geschiedenen … Ehegatten” verlangt eine Leistung an den geschiedenen Ehegatten und setzt damit schon begrifflich Leistungen zu Lebzeiten voraus. Der Kläger hat die Bestattungskosten möglicherweise im weitesten Sinne gedanklich “für” die verstorbene geschiedene Ehefrau erbracht. Empfängerin der Leistung konnte sie aber nach ihrem Tode nicht mehr sein

Da tauglicher Empfänger der Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur der geschiedene oder dauernd getrennt lebende und –vor allem– unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatte sein kann, ist der Empfänger mit denjenigen Unterhaltsleistungen, die der Geber abziehen kann, seinerseits stets nach § 22 Satz 1 Nr. 1a EStG steuerpflichtig. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt sicher, dass das Korrespondenzprinzip gewahrt bleibt. Damit ist es systemgerecht, nicht systemfremd.

 

Berücksichtigung von Sonderausgaben

Vorsorgeaufwendungen, zu denen auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gehören, sind gemäß dem auch bei den Sonderausgaben geltenden Zufluss- und Abflussprinzip in dem Veranlagungszeitraum abzugsfähig, in dem sie abgeflossen sind.

Ist der Steuerpflichtige durch die Aufwendungen jedoch nicht tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet, da die Beiträge ihm (ggfs. teilweise) erstattet werden, sind die Aufwendungen nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.

FG Köln 06.02.2014, 10 K 2042/12

Begründung:

Der Beklagte hat zu Unrecht die Beitragsrückerstattung für das Jahr 2009 im Jahr 2010 bei den Sonderausgaben berücksichtigt.

Vorsorgeaufwendungen, zu denen auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gehören, sind gemäß dem auch bei den Sonderausgaben geltenden Zufluss- und Abflussprinzip in dem Veranlagungszeitraum abzugsfähig, in dem sie gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – abgeflossen sind. Ist der Steuerpflichtige durch die Aufwendungen jedoch nicht tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet, da die Beiträge ihm (ggfs. teilweise) erstattet werden, sind die Aufwendungen nicht als Sonderausgaben abzugsfähig. Erfolgt die Erstattung nicht in demselben Jahr, erfolgt die Verrechnung erstatteter Sonderausgaben mit im Erstattungsjahr gezahlten gleichartigen Sonderausgaben (ständige Rechtsprechung des. Für die Bestimmung der Gleichartigkeit hat der BFH auf die Ähnlichkeit bzw. Unterschiedlichkeit des Sinns und Zwecks sowie der wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkung der Sonderausgaben für den Steuerpflichtigen abgestellt.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf ist der erkennende Senat der Auffassung, dass keine „Gleichartigkeit“ zwischen der Rückerstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für 2009 und den Beiträgen zur Basisabsicherung in der Krankenversicherung bzw. den Beiträgen zur Pflegeversicherung für 2010 besteht.

Die Gleichartigkeit ist auch an den steuerlichen Auswirkungen zu messen. Die Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen wirkt sich jedoch in den Jahren 2009 und 2010 gravierend unterschiedlich aus, wie der Fall der Kläger plastisch zeigt. Während Beitragsrückerstattungen in VZ vor 2010 den Sonderausgabenabzug nicht minderten und sich damit steuerlich nicht auswirkten, wenn der Steuerpflichtige Versicherungsbeiträge über den Höchstbeträgen leistete, da die Beitragserstattung mit dem „überschießenden“ Betrag verrechnet wurde, mindern Beitragserstattungen ab VZ 2010 den abzugsfähigen „Basisabsicherungsbeitrag“ und wirken sich damit steuerlich immer aus.

Dass die gesetzliche Neuregelung durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 16. Juli 2009 insgesamt im Ergebnis zu einer Verbesserung der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen gegenüber der zuvor geltenden Rechtslage geführt hat, ist kein Grund, die Gleichartigkeit zu bejahen.

Sonderausgabenabzug des Selbstbehalts zur Krankenversicherung

Der im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsverhältnisses vereinbarte Selbstbehalt stellt keinen Beitrag zur Krankenversicherung dar und kann nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG als Vorsorgeaufwendung berücksichtigt werden.

Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 06.05.2013, 9 K 265/12

Begründung:

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG gehören zu den Sonderausgaben unter anderem Beiträge zu Krankenversicherungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden.

Bei dem im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsverhältnisses vereinbarten Selbstbehalt des Klägers handelt es sich nicht um einen Beitrag zu einer Krankenversicherung.

Nach § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) können Krankenkassen in ihren Satzungen vorsehen, dass Mitglieder für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Dies bedeutet, dass ein zuvor festgelegter Teil der im Kalenderjahr anfallenden Krankheitskosten durch den Versicherungsnehmer aus eigenen Mitteln zu zahlen sind.

Auch in der privaten Krankenversicherung, in der grundsätzlich das Erstattungsprinzip gilt, besteht für den Versicherungsnehmer die Möglichkeit Tarife, die eine Selbstbeteiligung beinhalten, individuell zu vereinbaren und so die an die Krankenversicherung zu zahlenden Beiträge (Versicherungsprämie) zu beeinflussen.

Zu den Beiträgen zu Versicherungen im Sinne der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG gehören nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden und vom Versicherungsnehmer zu tragenden Nebenleistungen . Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG muss es sich jedoch um Beiträge „zu“ einer Krankenversicherung handeln. Daraus folgt, dass nur solche Ausgaben zu den Beiträgen zur Krankenversicherung gehören können, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit – als Vorsorgeaufwendungen – letztlich der Vorsorge dienen. Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten sind nach herrschender Auffassung daher keine Beiträge zu einer Versicherung

Ausgehend von diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, steht der vom Kläger im Streitjahr getragene Selbstbehalt nicht im Zusammenhang mit der Erlangung eines Versicherungsschutzes. Denn der (Kranken-)Versicherungsschutz des Klägers wird durch seine monatliche Beitragszahlung gewährleistet und ist unabhängig von der Leistung des Selbstbehalts. Selbst wenn in einem Kalenderjahr keine ambulanten, ärztlichen, zahnärztlichen oder physiotherapeutischen Leistungen in Anspruch genommen werden, so dass kein Selbstbehalt anfällt, besteht für diesen Zeitraum grundsätzlich Versicherungsschutz.

Entgegen der Auffassung des Klägers begründet auch die ausdrückliche Vereinbarung des Selbstbehalts im Krankenversicherungsvertrag keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Selbstbehalt und der Erlangung des Versicherungsschutzes. Während der Versicherungsschutz durch die Zahlung der monatlichen Versicherungsprämie begründet wird, wird der Selbstbehalt ausschließlich durch die tatsächliche, krankheitsbedingte Inanspruchnahme einer ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder physiotherapeutischen Leistung ausgelöst. Aufgrund einer entsprechenden Ausgestaltung des Krankenversicherungsverhältnisses werden die ersten im Kalenderjahr anfallenden Krankheitskosten in Höhe von 600 EUR nicht vom Versicherungsschutz erfasst. Erst wenn der vereinbarte und mit einem verminderten Versicherungsbeitrag honorierte Selbstbehalt „ausgeschöpft“ ist, entsteht ein Erstattungsanspruch des Klägers.

Die infolge des vereinbarten Selbstbehalts zu tragenden Krankheitskosten verbleiben dabei als originäre krankheitsbedingte Aufwendungen beim Kläger. Diese finden im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG einkommensteuerlich Berücksichtigung, soweit sie nicht – wie vorliegend – an der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG scheitern.

Die dem Kläger zur Geltendmachung seines Erstattungsanspruchs obliegende Verpflichtung, sämtliche im Kalenderjahr anfallenden Krankheitskosten seiner Krankenversicherung durch die Vorlage entsprechender Belege  nachzuweisen, basiert auf dem Bedürfnis der …Versicherung die vereinbarte Eigenleistung zu überprüfen und ihren Pflichten aus dem Versicherungsvertrag nachzukommen. Sie steht jedoch nicht in Verbindung mit einer nachträglichen Erhebung von Versicherungsbeiträgen.

 

Anrechnung des steuerfreien Arbeitgeberzuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung auf die Beiträge zur Basisversicherung

Bei der Freistellung der Beiträge zur Basisversicherung sind die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung anzurechnen.

FG Nürnberg 3. Senat, Urteil vom 16.01.2013, 3 K 974/11

Begründung:

Die vom Finanzamt im angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2010 vorgenommene Besteuerung, insbesondere die Berechnung der zu berücksichtigenden Sonderausgaben, entspricht der gesetzlichen Regelung. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Streitjahres 2010 steht ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG) als Sonderausgaben unter der Voraussetzung, dass diese nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stehen insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die vollständige Anrechnung dieser steuerfreien Zuschüsse auf die Aufwendungen zur Krankenversicherung der Basisversorgung ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien. So lautet die Gesetzesbegründung.

„Erhält der Steuerpflichtige einen Zuschuss zu seinen Krankenversicherungsbeiträgen und werden im Rahmen der Krankenversicherung neben den in § 10 Absatz 1 Nummer 3 EStG beschriebenen Leistungen auch Mehrleistungen abgesichert, dann steht der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss insgesamt in unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 3 EStG. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Beiträge zur Absicherung von Mehrleistungen bei den privat krankenversicherten Arbeitnehmern genauso behandelt werden wie bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern.“

Die Klägerseite bestreitet nicht, dass die Berechnung der zu berücksichtigenden Sonderausgaben im angefochtenen Bescheid dem Gesetz entspricht. Die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs auf 1.900 € im Streitfall ergibt sich aus § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG 2010. Der Höchstbetrag beträgt 1.900 € bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung – wie bei der Klägerin – Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG). Auch hier wird von Klägerseite nicht bestritten, dass der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2010 der gesetzlichen Regelung entspricht.

 

Kosten für Logopädieschule

Kosten für Logopädieschule  sind nicht als Sonderausgaben 2006 abzugsfähig.

Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 3. März 2010, AZ.: 1 K 2338/08

Sachverhalt und Begründung: Im Streitfall besuchte die Tochter der Kläger von 2005 bis 2008 eine staatlich anerkannte Berufsfachschule für Logopädie in Rheinland-Pfalz (RLP). Im Jahre 2006 entrichteten die Kläger für den Besuch der Schule durch ihre Tochter Schulgeldzahlungen in Höhe von rd. 8.600.- € und machten diesen Betrag in ihrer Einkommensteuererklärung 2006 als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt ließ jedoch die Schulgeldzahlungen nicht zum Sonderausgabeabzug zu und begründete das damit, die Kläger hätten den Nachweis, dass es sich bei der von der Tochter besuchten Schule um eine nach Landesrecht anerkannte Ersatzschule handele, nicht erbracht.

Nachdem die Kläger bereits im Einspruchsverfahren geltend gemacht hatten, dass die Logopädieschule eine Ersatzschule sei, trugen sie mit der Klage weiter vor, die Schule sei staatlich anerkannt im Sinne des Logopädiegesetzes, sie sei auch eine staatlich genehmigte Schule. Die Logopädieschule stelle eine private Schule als Ersatz für eine öffentliche Schule dar und sei somit eine zum Sonderausgabenabzug berechtigende Ersatzschule im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zwar fielen die innerhalb von RLP betriebenen Ausbildungen in Gesundheitsberufen nicht unter das Privatschulgesetz, hieraus sei aber nicht zu folgern, dass deshalb die staatliche Genehmigung oder Anerkennung zu versagen sei. Die Anwendung des Privatschulgesetzes sei nicht Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug.

Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, ein Sonderausgabenabzug sei beim Besuch einer staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bildenden Ergänzungsschule möglich. Hinsichtlich der Sonderausgaben knüpfe der Gesetzgeber erkennbar an (landes-)schulrechtliche Begriffe an. Schulgeld für den Besuch von Ergänzungsschulen sei nur begünstigt, wenn es sich um eine nach Landesrecht anerkannte allgemein bildende Ergänzungsschule handele. Daran fehle es hier. Die Logopädieschule sei auch keine staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule. Die vorliegende staatliche Anerkennung beziehe sich insoweit lediglich auf Anforderungen, die die Schule bei der Ausbildung und Prüfung der Schüler erfülle. Die Schule diene nicht als Ersatz für eine in RLP vorhandene öffentliche Schule. Ebenso wenig ersetze sie eine regelmäßig erforderliche öffentliche Schule, da für die Ausbildung zum Logopäden eine Schule in staatlicher Trägerschaft grundsätzlich nicht vorgesehen sei.

Die Kläger würden durch die Versagung des Sonderausgabenabzugs auch nicht gleichheitswidrig benachteiligt. Schulgeld sei nur als Sonderausgaben abziehbar, wenn eine Schule tatsächlich als Ersatzschule genehmigt oder nach Landesrecht als allgemein bildende Ergänzungsschule förmlich anerkannt sei. Durch die Anknüpfung des EStG an eine landesrechtliche Anerkennung werde zudem den Landesgesetzgebern im Rahmen ihrer (Privat-) Schulhoheit die Möglichkeit eingeräumt, durch Gestaltung eines Anerkennungsverfahrens die Förderungsbedürftigkeit und – würdigkeit der Schulen näher zu regeln. Die steuerrechtliche Voraussetzung, dass die Schulen als Bedingung für eine Förderung ein Genehmigungs-, Erlaubnis- oder Anerkennungsverfahren durchlaufen müssten, in dem gegebenenfalls nach Maßgabe der landesrechtlichen Regelung Mindestanforderungen z.B. an Lehrziele, Schuleinrichtung und die Ausbildung der Lehrkräfte überprüft würden, sei jedenfalls nicht sachfremd.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde nicht zugelassen

 

 

Kürzung Vorwegabzug

Bei einem Steuerpflichtigen, der als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH tätig ist und der von dieser eine Pensionszusage erhalten hat, ist der Vorwegabzug dann nicht gem. § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung zu kürzen, wenn der Aufwand, welcher der GmbH auf Dauer gesehen für diese Pensionsverpflichtung entsteht, im Vergleich zu ihrem Aufwand für die Pensionsansprüche der anderen Gesellschafter-Geschäftsführer die Beteiligungsquote des Steuerpflichtigen an dieser Gesellschaft nicht überschreitet. Hinsichtlich der Versorgungsanwartschaften und der Beteiligungsquote ist auf die im jeweiligen Veranlagungszeitraum gegebenen Verhältnisse abzustellen.

BFH Urteil vom 24.06.2009 –  X R 54/08 BFH NV 2010 S. 22

Gleichartigkeit der Sonderausgaben bei Verrechnung

Die Verrechnung erstatteter oder zurückgezahlter mit gezahlten Sonderausgaben setzt Gleichartigkeit voraus. Ob die Sonderausgaben gleichartig sind, richtet sich nach deren Sinn und Zweck sowie deren wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkungen für den Steuerpflichtigen. Bei Versicherungsbeiträgen kommt es auf die Funktion der Versicherung und das abgesicherte Risiko an.

BFH Urteil vom 21. Juli 2009 X R 32/07

Begründung:

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. sind bestimmte, im Einzelnen aufgeführte "Aufwendungen" als Sonderausgaben abziehbar. Hierzu gehören auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Keine wirtschaftliche Belastung hat der BFH beim Sonderausgabenabzug z.B. angenommen, wenn geleistete Aufwendungen in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden. Ist der Einkommensteuerbescheid des Zahlungsjahres noch nicht (materiell) bestandskräftig, ist der Sonderausgabenabzug um die nachträgliche Erstattung zu mindern. Ein bereits bestandskräftiger Bescheid kann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geändert werden. Dies gilt auch, wenn der sog. Erstattungsüberhang daraus resultiert, dass die im Veranlagungszeitraum erstatteten Sonderausgaben die im Veranlagungszeitraum gezahlten übersteigen.

Eine Bestätigung einer differenzierten Betrachtungsweise liefern die Überlegungen der Bundesregierung zu der vom BVerfG im Beschluss in BVerfGE 120, 125 aufgegebenen Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Kranken- und die Pflegeversicherung. Hier hatte die Bundesregierung längere Zeit die Absicht verfolgt, für einen Teil der entstehenden steuerlichen Entlastung eine Gegenfinanzierung durch vollständige Aberkennung der Abziehbarkeit der Beiträge zu anderen Versicherungen, wie der Haftpflicht-, der Arbeitslosen-, der Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung zu erreichen. Das zeigt die fehlende Gleichartigkeit der unterschiedlichen Versicherungsarten.

Somit ist für die Bestimmung der Gleichartigkeit nach dem tatsächlichen Charakter und der Funktion der jeweiligen Sonderausgabe für den Steuerpflichtigen auszugehen.

Europäische Schulen sind den staatlichen Schulen gleichzustellen.

Die “Europäischen Schulen” erfüllen die Voraussetzungen, unter denen bei einer deutschen Schule eine Genehmigung zu erteilen wäre, und sind durch den deutschen Gesetzgeber in einer Weise anerkannt, die einer staatlichen Genehmigung gleichkommt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG können 30 v.H. des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er einen Kinderfreibetrag erhält, für den Besuch einer staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule entrichtet als Sonderausgaben abgezogen werden.
Im Streitfall ist die Europäische Schule nicht durch eine nationale Behörde staatlich genehmigt. Sie erfüllt aber die Voraussetzungen, unter denen bei einer deutschen Schule eine Genehmigung zu erteilen wäre und ist durch den deutschen Gesetzgeber in einer Weise anerkannt, die einer staatlichen Genehmigung gleichkommt. Die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG enthält insoweit eine (verdeckte) Regelungslücke, die der Senat im Wege teleologischer Extension in einer Art. 3 Abs. 1 GG entsprechenden Weise zu schließen hat.

BFH Urteil vom 5. April 2006 XI R 1/04