Gegenseitige Risikolebensversicherungen von Gesellschaftern einer GbR

Beiträge für eine Risikolebensversicherung sind nicht betrieblich veranlasst, wenn sich die Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät im Gesellschaftsvertrag gegenseitig zum Abschluss einer Versicherung auf den Todesfall verpflichten, um sich gegen die wirtschaftlichen Folgen des Ausfalls eines Gesellschafters abzusichern.

Ein Urteil ist ausreichend begründet und ein Verfahrensmangel nach § 119 Nr. 6 FGO nicht gegeben, wenn zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren.

BFH Urteil vom 23.4.2013, VIII R 4/10

Begründung:

Davon ist im Streitfall auszugehen. Das FG hat in den Gründen seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass es einen Betriebsausgabenabzug ablehne, weil die Prämien der Risikolebensversicherungen privat und nicht betrieblich veranlasst seien. Die Abgrenzung erfolge danach, ob durch den Versicherungsabschluss berufliche oder private Risiken abgedeckt werden sollten. Aus diesem Grunde komme der Abzug von Prämien für einen Lebensversicherungsvertrag als Betriebsausgaben regelmäßig nicht in Betracht. Aus diesen Ausführungen wird hinreichend deutlich, aus welchen Gründen das FG die Klage abgewiesen hat.

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die von den Gesellschaftern der Klägerin gezahlten Versicherungsprämien für die auf das Leben des jeweils anderen Gesellschafters abgeschlossene Risikolebensversicherung nicht als Sonderbetriebsausgaben bei der Gewinnermittlung abzuziehen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtet sich die Veranlassung von Versicherungsprämien nach der Art des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches und im Schadensfall verwirklichtes Risiko, sind die Prämien Betriebsausgaben und die Versicherungsleistungen Betriebseinnahmen. Ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden, während die Versicherungsleistungen nicht steuerbar sind.

Dabei kommt es für die Einordnung eines Risikos als betrieblich oder privat nicht darauf an, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherer zu ersetzen sind. Ohne Bedeutung ist auch, ob die Versicherungsleistungen aufgrund von Vereinbarungen für den Betrieb verwendet werden sollen. Ausschlaggebend ist, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird, was insbesondere bei dem speziellen Risiko einer Berufskrankheit oder bei einer Gefahrerhöhung durch eine besondere berufliche oder betriebliche Tätigkeit der Fall sein kann, weil die Risikoursache im betrieblichen Bereich liegt. Nur in diesem Fall sind Versicherungen, die Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren (Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle) gewähren, der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen. Dagegen stellen Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko, zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden, grundsätzlich außerbetriebliche Risiken dar, da sie bei wertender Betrachtung der privaten Lebensführung zuzurechnen sind.

Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die Versicherungsbeiträge, die die Gesellschafter der Klägerin für die jeweils auf das Leben des anderen Gesellschafters abgeschlossene Risikolebensversicherung geleistet haben, nicht betrieblich veranlasst und somit nicht nach § 4 Abs. 4 EStG als Sonderbetriebsausgaben abziehbar.

Zwar ging es den Gesellschaftern der Klägerin beim Abschluss der Versicherungen um die Absicherung der Risiken, die mit dem Versterben eines der Gesellschafter für das Unternehmen der Klägerin verbunden waren. So konnte sich das Risiko verwirklichen, dass der überlebende Gesellschafter durch den Ausfall der Arbeitskraft des Verstorbenen bei unvermindert hohen Kosten Umsatzeinbußen erleidet. Jedoch kommt es für die Einordnung des Risikos als betrieblich oder privat nicht darauf an, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalles mit der Versicherungssumme abgedeckt werden. Prämien bilden auch dann keine Betriebsausgaben, wenn die Versicherungssumme für betriebliche Zwecke verwendet werden soll.

Ausschlaggebend ist, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst ist. Versicherte Gefahr ist bei einer Risikolebensversicherung der Todesfall. Die Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts ist mit keinem erhöhten berufsspezifischen Risiko verbunden, zu versterben. Mit dem Tod verwirklicht sich ein allgemeines Lebensrisiko, das der Privatsphäre zuzurechnen ist, sodass die Zahlung der Versicherungsbeiträge nicht betrieblich veranlasst ist.

 

Eignung des Zeitreihenvergleichs als Schätzungsmethode

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung über die Rechtsfrage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen oder Einschränkungen der sog. "Zeitreihenvergleich" eine geeignete Methode zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen darstellt, zugelassen.

BFH Beschluss vom 14.5.2013, X B 183/12

Erläuterung:

Der BFH wird höchstrichterlich klären, ob der in der Praxis bei Betriebsprüfungen angewendete Zeitreihenvergleich als Schätzungsmethode für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage angewendet werden kann oder nicht.

Alle Fälle bei denen dieses Verfahren angewendet wurde sollten offen gehalten werden.

 

Zu den Voraussetzungen einer Auftragsprüfung nach § 195 Satz 2 AO

Beauftragt die für die Besteuerung zuständige Finanzbehörde eine andere Finanzbehörde mit der Außenprüfung (§ 195 Satz 2 AO), so darf die beauftragte Finanzbehörde anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen und ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt, aus der sich die Ermessenserwägungen auch für den Auftrag ergeben müssen.

Eine Prüfungsanordnung kann durch eine neue Prüfungsanordnung in Bezug auf den zu prüfenden Steuerpflichtigen, den Prüfungsgegenstand und den Prüfungszeitraum nach § 130 Abs. 1 AO teilweise zurückgenommen werden.

BFH Urteil vom 15.5.2013, IX R 27/12

 Begründung:

Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO). Die beauftragte Finanzbehörde darf anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen; sie ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt, aus der sich die Ermessenserwägungen für den Auftrag ergeben müssen. Die maßgebenden Erwägungen, die bezogen auf den Streitfall eine Auftragsprüfung implizieren, ergeben sich aus den §§ 13 bis 18 BpO. Danach finden Prüfungen zusammenhängender Unternehmen unter einheitlichen Gesichtspunkten und einheitlicher Leitung statt.

Das im Streitfall für die Besteuerung der Klägerin nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 AO zuständige FA war  zunächst das FA W. Durch innerdienstliches Schreiben vom November 2009 hatte das FA W das beklagte FA mit der Durchführung der Außenprüfung bei der Klägerin beauftragt. Dem Auftrag lag eine Ermessensentscheidung der beauftragenden Finanzbehörde (FA W) zugrunde.

Die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung setzt voraus, dass sie mit Gründen versehen ist, die die Ermessenserwägungen der Behörde erkennen lässt. Diese Erwägungen müssen sich aus dem betreffenden Verwaltungsakt ergeben (§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO). Sie können allerdings –unter den Einschränkungen des § 102 Satz 2 FGO bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens– nachgeholt werden (§ 126 Abs. 2 AO).

Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Prüfungsanordnung nicht zu beanstanden. Sie enthält die für die Ermessensausübung auch des beauftragenden FA –des FA W– maßgebenden Erwägungen der einheitlichen Prüfung der Klägerin im Konzernbereich des A-Konzerns. Aus der Prüfungsanordnung ergeben sich die Steuerpflichtige (die Klägerin), der Prüfungsumfang (Einkommensteuer und gesonderte Feststellungen 2002 bis 2004) und die tragenden Ermessenserwägungen für die Auftragsprüfung (einheitliche Prüfung des Konzerns A). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz bedurfte es keiner weiteren Ausführungen, "aus welchem Grund diese unternehmerische Betätigung" der Klägerin einen Bezug zum Konzern A aufweist. Dieser Bezug war nämlich für alle Beteiligten klar und vom beklagten FA überdies nochmals in seiner Einspruchsentscheidung ausgeführt: Die Vermietung von Räumlichkeiten durch die Klägerin an eine gruppenzugehörige Kapitalgesellschaft.

Es kommt entgegen der Vorentscheidung nicht auf die Formulierung der Bitte des beklagten FA um Erteilung des Prüfungsauftrags an. Abgesehen davon suggeriert dieses behördeninterne Schreiben, anders als die Vorinstanz meint, kein gemeinsames Unternehmen der Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann. Die Ausführungen in diesem Schreiben sind im Kontext der Akten und der Vorprüfungen so zu verstehen, wie sie schließlich in der Prüfungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung umgesetzt wurden. Ferner nimmt auch der entscheidende Akt des Prüfungsauftrags keinen Bezug auf ein gemeinsames Unternehmen der Eheleute, sondern überträgt die Befugnis zur Prüfung beider Steuerpflichtiger –der Eheleute (der Klägerin und ihres Ehemannes)– auf das beklagte FA.

 

Auftragsprüfung auch im Falle einer Sonderprüfung

Ein Finanzamt mit sachlicher Sonderzuständigkeit (z.B. für Erbschaft- und Schenkungsteuer) kann ein anderes Finanzamt mit der Durchführung einer Außenprüfung im Bereich der Sonderzuständigkeit beauftragen.

BFH Beschluss vom 10.12.2012 II B 108/11 BFHNV 2013 S. 344

Begründung:

Die Klägerin hat die Rechtsfrage aufgeworfen, ob eine Prüfungsverlagerung im Wege des Prüfungsauftrags von einem sachlich speziell zuständigen Finanzamt, das Prüfungen selbst durchführt, rechtlich zulässig ist oder vielmehr eine erhebliche Ermessensüberschreitung darstellt und unter Umständen sogar zur Nichtigkeit führt. Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Aus § 195 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) ergibt sich, dass ein solcher Prüfungsauftrag zulässig ist.

Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO).

§ 195 Satz 2 AO ermöglicht die Beauftragung eines anderen Finanzamts mit der Außenprüfung auch im Falle einer sachlichen Sonderzuständigkeit des beauftragenden Finanzamts. Gemäß § 16 AO richtet sich die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG). Soweit es sich um Aufgaben der Finanzverwaltung handelt und der Vollzug der Aufgaben verbessert oder erleichtert wird, kann die zuständige Landesregierung nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG durch Rechtsverordnung einem Finanzamt Zuständigkeiten für die Bezirke mehrerer Finanzämter, etwa eine sachliche Sonderzuständigkeit für einzelne Steuerarten, übertragen. Hat ein Bundesland hiervon Gebrauch gemacht, folgt daraus jedoch nicht, dass das mit der sachlichen Sonderzuständigkeit betraute Finanzamt im Einzelfall nicht mehr ein anderes Finanzamt mit der Durchführung einer Außenprüfung im Bereich seiner Sonderzuständigkeit beauftragen darf. Denn § 195 Satz 2 AO stellt insoweit eine andere Bestimmung i.S. von § 16 AO dar, die im gleichen Rang wie § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG i.V.m. der jeweiligen landes-rechtlichen Rechtsverordnung steht und von dieser Vorschrift nicht berührt wird.

Auch Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen dafür, dass ein mit sachlicher Sonderzuständigkeit ausgestattetes Finanzamt im Einzelfall ein anderes Finanzamt mit der Durchführung der Außenprüfung beauftragen kann. Die Sonderzuweisung der sachlichen Zuständigkeit für eine bestimmte Steuerart auf ein Finanzamt bezweckt die Steigerung der Effizienz durch die Zusammenfassung von Sachkenntnissen und Mitteln und einen geringeren Kostenaufwand. Diesen Gesichtspunkten wird auch dann Rechnung getragen, wenn im Einzelfall eine Auftragsprüfung durch ein sachlich nicht zuständiges Finanzamt stattfindet. Denn durch einen Prüfungsauftrag nach § 195 Satz 2 AO wird die Prüfungszuständigkeit des an sich sachlich zur Prüfung berufenen Finanzamts nicht verlagert. Dieses nimmt seine Zuständigkeit lediglich für eine bestimmte Prüfung nicht in Anspruch. Folge hiervon ist, dass bei einem Prüfungsauftrag nach § 195 Satz 2 AO dem beauftragten Finanzamt nicht die Entscheidung darüber überlassen werden kann, ob und in welchem Umfang die Außenprüfung durchgeführt wird. Vielmehr müssen in der Beauftragung der zu prüfende Steuerpflichtige und der zeitliche und sachliche Umfang der Prüfung festgelegt werden. Das tätig werdende Finanzamt ist hieran gebunden.

Nach dem BFH muss die von dem beauftragten Finanzamt erlassene Prüfungsanordnung einen Hinweis auf den erhaltenen Auftrag zur Vornahme der Prüfung und auch die Gründe für die Übertragung der Prüfung durch das zuständige Finanzamt enthalten, wenn diese dem Steuerpflichtigen nicht bekannt oder ohne weiteres erkennbar sind.

Der Entschluss der an sich zuständigen Finanzbehörde, die Außenprüfung nicht selbst durchzuführen, sondern einem anderen Finanzamt anzuvertrauen, ist eine Ermessensentscheidung, bei der auf die angestellten Erwägungen hinzuweisen ist.

 

Pflicht zur Aufbewahrung der sog. Schichtzettel im Taxigewerbe

Die Aufbewahrung der Schichtzettel im Taxigewerbe als Einnahmeursprungsaufzeichnungen ist nicht erforderlich, wenn deren Inhalt täglich sowie unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird.

Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalles durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt insbesondere für Einwände gegen die Richtigkeit von Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen (ständige BFH-Rechtsprechung).

BFH Beschluss vom 25.10.2012 – X B 133/11 BFH NV 2013 S. 341

 Begründung:

Der XI. Senat des BFH hat in seinem Urteil ausdrücklich ausgeführt, dass die Aufbewahrung der Schichtzettel –als Einnahmeursprungsaufzeichnungen– ausnahmsweise dann nicht erforderlich sei, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen werde. Damit hat der XI. Senat klargestellt, dass allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich macht. Wie ausgeführt hat, ist nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen.

Insoweit hat der XI. Senat in seinem Urteil ausgeführt, dass im Bereich des Taxigewerbes –als Erleichterung gegenüber der grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Einzelaufzeichnung der Betriebseinnahmen– die Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, den Mindestanforderungen an die Aufzeichnungspflicht genügten. Durch diese Erleichterung werde den branchenspezifischen Besonderheiten dieses Gewerbes ausreichend Rechnung getragen.

 

Aufforderung zur Datenträgerüberlassung

Bei einer digitalen Betriebsprüfung dürfen die überlassenen Daten auch außerhalb des Prüfungsortes verarbeitet werden.

FG Baden Württemberg Urteil vom 7.11.2012, 14 K 554/1

Begründung

Entgegen der Auffassung des Kl ist die Anordnung der Herausgabe der Daten nicht im Hinblick darauf ermessensfehlerhaft, dass die Daten mit der Übergabe des Datenträgers an den Bekl den Machtbereich des Kl verlassen. Gegenstand einer Ap nach §§ 193 ff. AO ist vor allem die Prüfung der Buchführung. Der Kl hat infolge der Prüfungsanordnung die Ap zu dulden, bei der Feststellung der Sachverhalte mitzuwirken und die Finanzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse nach § 147 Abs. 6 AO zu unterstützen   (§ 200 Abs. 1 S. 1 und S. 2 AO). Er hat nach § 200 Abs. 2 AO am von dem Bekl festgelegten Prüfungsort seine Unterlagen vorzulegen. Zu Recht geht der Kl davon aus, dass in der Prüfungsanordnung seine Geschäftsräume genannt sind und er dort die erforderlichen Unterlagen vorzulegen hat. Entgegen den Ausführungen des Kl schließt diese Regelung indes nicht aus, dass er gespeicherte Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger dem Bekl auch außerhalb seiner Geschäftsräume zur Verfügung zu stellen hat. § 200 Abs. 2 AO normiert weder, dass die Unterlagen in den Geschäftsräumen zu verbleiben haben, noch schränkt die Norm die allgemeinen Mitwirkungspflichten von Stpfl. ein.

Der Bekl hält mit seinem Herausgabeverlangen auch die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens ein. § 147 Abs. 6 S. 2 AO ermöglicht mit seiner Formulierung „zur Verfügung gestellt werden“ dem Bekl, zu verlangen, dass ein maschinell verwertbarer Datenträger zur Nutzung überlassen wird. Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut vereinbar. Der Begriff des „Zurverfügungstellens“ umfasst die Mitnahme der Daten aus der Sphäre des Prüfungsbetroffenen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. November 2011 4 K 4819/08, EFG 2012, 577). Diese Auslegung entspricht ferner dem Willen des Gesetzgebers, wonach die gesetzliche Formulierung „zur Verfügung stellen“ ein umfassendes Bestimmungsrecht und damit auch ein Recht der Finanzbehörde normiert, die auf Datenträger erhaltenen Daten in die Diensträume der Finanzbehörde mitzunehmen.

Die Überlassung eines maschinell verwertbaren Datenträgers setzt nach dem Wortlaut des § 147 Abs. 6 S. 2 AO -entgegen der Ansicht des Kl- nicht voraus, dass der Bekl die Rückgabe des Datenträgers bzw. dessen Löschung zugesagt hat. Eine schriftliche Löschungsbestätigung ist keine Vorbedingung. Aus den genannten Gründen kann dahin gestellt bleiben, ob sich aus den im BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 (IV D 2 – S 0316 – 136/01, BStBl. I 2001, 415) genannten GDPdU ein Anspruch des Kl auf Rückgabe seines Datenträgers und Löschung seiner Daten spätestens nach Bestandskraft der aufgrund der Ap ergangenen Bescheide infolge einer Selbstbindung der Verwaltung. Es kann ferner dahin gestellt bleiben, dass der Bekl dem Kl mit Schreiben vom 12. August 2011 mitgeteilt hat, überlassene Datenträger dem Eigentümer schnellstmöglich zurückzugeben, spätestens nach Bestandskraft der aufgrund der Ap ergangenen Bescheide.

 

Umfang der Erweiterung einer Außenprüfung

§ 194 Abs. 1 Satz 2 AO begrenzt das Ermessen des Finanzamtes beim Erlass einer Prüfungserweiterung nicht dahin gehend, die Prüfung auf den bestimmten Sachverhalt zu beschränken, der voraussichtlich zu einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt und daher i.S. von § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 Grund für die Erweiterung des Prüfungszeitraums ist. Betriebliche Steuerarten, die schon aufgrund der ursprünglichen Prüfungsanordnung Prüfungsgegenstand geworden sind, dürfen auch dann in die Prüfungserweiterung einbezogen werden, wenn sich der Sachverhalt in diesen Steuerarten von vornherein nicht auswirken kann.

BFH Urteil vom 21.06.2012 – IV R 42/11 BFHNV 2012 S. 1927 ff

Begründung:

Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die –wie die Klägerin– einen gewerblichen Betrieb unterhalten, zulässig. Nach § 194 Abs. 1 Satz 2 AO kann eine Außenprüfung mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume umfassen, sie kann sich aber auch auf bestimmte Sachverhalte beschränken. Den Umfang der Außenprüfung hat gemäß § 196 AO die zuständige Finanzbehörde –im Streitfall das FA– in einer schriftlichen Prüfungsanordnung zu bestimmen. Die Bestimmung des Prüfungsumfangs ist eine von den Gerichten nur gemäß § 102 FGO zu überprüfende Ermessensentscheidung.

Die Finanzbehörden haben sich für die Ausübung ihres Ermessens durch die Betriebsprüfungsordnung (Steuer) –BpO 2000– dahin gebunden, dass bei Steuerpflichtigen wie der Klägerin, die kein Großbetrieb oder Unternehmen i.S. der §§ 13 und 19 BpO 2000 sind, der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BpO 2000). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 kann der Prüfungszeitraum aber insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht. Diese Verwaltungsregelung ist als Selbstbindung der Verwaltung bei der Ermessensausübung auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten.

Die Voraussetzungen, unter denen nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 der Prüfungszeitraum drei Besteuerungszeiträume übersteigen kann, haben im Streitfall vorgelegen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, bestand im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung des FA aufgrund konkreter Umstände die Vermutung, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen im Veranlagungszeitraum 2002 hinsichtlich des Gewinns der Klägerin aus Gewerbebetrieb zu rechnen war. Daraus folgt jedoch nicht, dass das FA die Prüfung im Veranlagungszeitraum 2002 inhaltlich nur auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer erweitern durfte, wo sich der Sachverhalt, der Grund für die Erweiterung des Prüfungszeitraums war, auswirken konnte. Die Rechtsfolge des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 besteht darin, das FA bei der Ermessensausübung hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Außenprüfung von der Bindung an die Verwaltungsregelung in § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO 2000 zu befreien. Tritt diese Rechtsfolge ein, hat das FA gemäß § 194 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 196 und § 5 AO zu entscheiden, ob und inwieweit es den Prüfungsumfang wegen der in § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 aufgeführten Sachverhalte erweitert.

§ 194 Abs. 1 Satz 2 AO begrenzt das Ermessen des FA beim Erlass einer Prüfungserweiterung nicht dahin gehend, die Prüfung auf den bestimmten Sachverhalt zu beschränken, der voraussichtlich zu einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt und daher i.S. von § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 Grund für die Erweiterung des Prüfungszeitraums ist. Vielmehr darf das FA die Prüfungserweiterung generell für den Besteuerungszeitraum anordnen, in dem der betreffende Sachverhalt verwirklicht wurde. Betriebliche Steuerarten, die schon aufgrund der ursprünglichen Prüfungsanordnung Prüfungsgegenstand geworden sind, dürfen daher auch dann in die Prüfungserweiterung einbezogen werden, wenn sich der Sachverhalt in diesen Steuerarten von vornherein nicht auswirken kann.

Die Anordnung der Prüfungserweiterung auch auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 widersprach auch nicht dem Zweck des § 194 Abs. 1 Satz 2 AO. Außenprüfungen dienen der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Wird die Prüfung bereits in der Prüfungsanordnung auf einen bestimmten Sachverhalt beschränkt, schließt dies eine umfassende Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen –ggf. auch zu dessen Gunsten– aus und kann zu Streit darüber führen, ob Prüfungshandlungen noch der Aufklärung des in der Prüfungsanordnung bezeichneten Sachverhalts dienen oder über den angeordneten Prüfungsumfang hinausgehen. Dies genügt, um die Entscheidung des FA in Bezug auf den Zweck des § 194 Abs. 1 Satz 2 AO als ermessensfehlerfrei zu beurteilen.

 

Zur Schätzungsbefugnis bei Buchführungsmängeln

Bei der Beurteilung eines Buchführungsfehlers ist nicht auf die formale Bedeutung des Mangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen.

Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln.

Ist eine Buchführung wegen Buchführungsmängeln ganz oder teilweise nicht der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können.

Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Dies gilt auch für § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO, wonach sonstige Unterlagen aufzubewahren sind, soweit sie zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind.

 BFH Urteil vom 14.12.2011 – XI R 5/10 BFHNV 2012 S. 1921 ff.

 

Begründung:

Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Das Gleiche gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO).

Nach § 158 AO sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Eine formell ordnungsmäßige Buchführung hat die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich.

Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen. Das Kassenbuch ist wesentlicher Teil der Buchführung, zumal wenn der Steuerpflichtige nach der Art seines Unternehmens vorwiegend Bargeschäfte tätigt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Dabei ist u.a. ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).  Ergibt die Würdigung des Sachverhalts, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist, so kann das Ergebnis dieser Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden. Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA.

Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall maßgebend. Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Ob ggf. nur unwesentliche formelle Buchführungsmängel vorliegen, unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung.

Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können. Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderungen an die nötigen Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen.

Die Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung möglich ist. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein. Eine vom FA vorgenommene Schätzung wird vom FG in vollem Umfang überprüft und ggf. durch eine eigene Schätzung ersetzt.

Soweit das FA vorträgt, der Kläger habe entgegen der aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO folgenden Aufbewahrungspflicht keine Speise- und Getränkekarten aufbewahrt, ist allerdings zu beachten, dass der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO grundsätzlich durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht begrenzt wird.  Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 147 Abs. 1 AO ist akzessorisch. Das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen. Durch die Abhängigkeit der Aufbewahrungspflicht von einer im Gesetz angeordneten Aufzeichnungspflicht wird der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen sachgemäß begrenzt. Diese Beschränkung trägt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit der in § 147 Abs. 1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht ebenso Rechnung wie der von Verfassungs wegen geforderten Verhältnismäßigkeit der Norm. Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 147 Abs. 1 AO ist akzessorisch. Das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen. Durch die Abhängigkeit der Aufbewahrungspflicht von einer im Gesetz angeordneten Aufzeichnungspflicht wird der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen sachgemäß begrenzt. Diese Beschränkung trägt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit der in § 147 Abs. 1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht ebenso Rechnung wie der von Verfassungs wegen geforderten Verhältnismäßigkeit der Norm.

Zwar lässt der weite Wortlaut der Vorschrift die Deutung zu, dass nach ihr ohne Rücksicht auf eine Aufzeichnungpflicht sämtliche für die Besteuerung bedeutsamen Unterlagen aufzubewahren sind. Dementsprechend hat das FG München im Urteil vom 29. Oktober 2009  15 K 219/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 10) ohne nähere Begründung im dortigen Streitfall angenommen, durch die Nichtaufbewahrung von Speisekarten habe der Kläger gegen § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO verstoßen. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist aber unter Berücksichtigung der generellen Akzessorietät der Aufbewahrungspflicht im Lichte der im Einzelfall jeweils bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungspflichten einschränkend auszulegen. Danach müssen bei einer abstrakten Bestimmung der Reichweite der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4a AO fallenden, Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind.

Das FA hat in der Einspruchsentscheidung sowie in der Klageerwiderung auf die "nicht identische" Übertragung mehrerer Kassenbons in das Kassenbuch durch den Kläger und darauf hingewiesen, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Mit diesem für die Frage der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung maßgeblichen Vortrag hat sich das FG nicht erkennbar auseinandergesetzt, denn es hat sich in den Entscheidungsgründen weder mit der Verbuchung der Bareinnahmen noch mit der Führung des Kassenbuchs befasst. Zu diesen wesentlichen Umständen gehört im Streitfall insbesondere auch die Feststellung, ob der Kläger seiner Pflicht, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen und die Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten, nachgekommen ist. Zumal wenn –wie hier– vorwiegend Bargeschäfte getätigt worden sind, können Mängel in der Kassenbuchführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen. Dies gilt umso mehr im vorliegenden Fall, in dem die Aufzeichnungen zugleich dazu dienten, die Umsätze entsprechend § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG nach unterschiedlichen Steuersätzen aufzuteilen.

 

Vom Erblasser herrührende Steuerschulden für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeiten

Die auf den Erben entsprechend seiner Erbquote entfallenden Abschlusszahlungen für die vom Erblasser herrührende Einkommensteuer des Todesjahres, einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag, sind als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig (Änderung der Rechtsprechung).

Bei einer Zusammenveranlagung von im selben Jahr verstorbenen Ehegatten sind Abschlusszahlungen für das Todesjahr analog § 270 AO aufzuteilen und als Nachlassverbindlichkeiten beim jeweiligen Erwerb von Todes wegen abzugsfähig.

BFH Urteil vom 4.7.2012, II R 15/11

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 4. Juli 2012 II R 15/11 entschieden, dass die vom Erben in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger zu leistende, noch vom Erblasser herrührende Einkommensteuer-Abschlusszahlung für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes abzugsfähig ist.

Im Streitfall war die Klägerin neben ihrer Schwester Miterbin ihrer Eltern geworden. Die Eltern waren beide kurz nacheinander im Kalenderjahr 2004 verstorben. Für den Einkommensteuer-Veranlagungszeitraum 2004 waren von den Erbinnen als Gesamtrechtsnachfolger ihrer Eltern nach Anrechnung der von den verstorbenen Eltern entrichteten Vorauszahlungen erhebliche Nachzahlungen zu entrichten.

Nach Ansicht des BFH gehören zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten nicht nur die Steuerschulden, die zum Zeitpunkt des Erbfalls (Todeszeitpunkt) in der Person des Erblassers bereits rechtlich entstanden waren, sondern auch solche Steuerverbindlichkeiten, die der Erblasser als Steuerpflichtiger durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen begründet hat und die erst mit dem Ablauf des Todesjahres entstehen. Dies gelte in Übereinstimmung mit der zivilrechtliche Rechtsprechung, wonach sich aus dem Begriff "herrühren" ergibt, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb "für den Erblasser" als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht.

Das Urteil hat weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus praktische Bedeutung. Durch den Abzug der Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten hat die Einkommensteuer für das Todesjahr unmittelbare Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Erbschaftsteuer. Im Falle der Zusammenveranlagung von Eheleuten, von denen ein Ehepartner im Laufe des Jahres verstirbt, ist, so der BFH, entsprechend § 270 der Abgabenordnung zu ermitteln, inwieweit die Einkommensteuernachzahlung auf den Erblasser, d.h. auf den vorverstorbenen Ehegatten entfällt.

 

Anforderung von Unterlagen und Auskunftsverlangen während der Betriebsprüfung als Verwaltungsakt

Die schriftliche Aufforderung, im Rahmen einer Betriebsprüfung Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, ist ein Verwaltungsakt.

Niedersächsisches Finanzgericht 6. Senat, Urteil vom 10.05.2012, 6 K 27/12

Begründung.
Ebenso wird z.B. auch die Aufforderung, im Rahmen einer Außenprüfung einen Zugriff auf bestimmte Daten zu ermöglichen, als Verwaltungsakt angesehen ).Allerdings hat der BFH  die während einer Außenprüfung vom Prüfer gegenüber dem Steuerpflichtigen erlassene schriftliche Aufforderung, bestimmte Fragen zu beantworten sowie genau bezeichnete Belege, Verträge und Konten vorzulegen, in der Regel nicht als Verwaltungsakt, sondern als eine nicht selbständig anfechtbare Vorbereitungshandlung angesehen, wenn sie ausschließlich der Ermittlung steuermindernder Umstände dient und deshalb nicht erzwingbar ist.