Zur Aussetzung der Vollziehung bei verfassungsrechtlichen Zweifeln an den Regelungen zur Zinsschranke

Trotz ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke (des § 4h EStG i.V.m. § 8 Abs. 1, § 8a Abs. 1 KStG)  und damit an der Rechtmäßigkeit des vorgenannten Bescheides lehnt das FG Münster die Aussetzung der Vollziehung aus Gründen des öffentlichen Interesses ab.

FG Münster 29.04.2013;  9 V 2400/12 K

Begründung:

An der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG i.V.m. § 8 Abs. 1, § 8a Abs. 1 KStG bestehen ernstliche Zweifel und damit auch an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides 2008.

Nach der in den vorgenannten Normen geregelten sog. Zinsschranke sind Zinsaufwendungen eines Betriebes nur in Höhe des verrechenbaren EBITDA, d.h. in Höhe von 30 % des um Zinsaufwendungen und bestimmte Abschreibungen erhöhten Einkommens abziehbar. Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen. Die vorgenannte Abzugsbeschränkung greift allerdings gem. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) bis c) EStG nicht, falls der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als 3 Mio. € beträgt, der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört oder der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote (annähernd) gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich).

Die Vorgaben des § 4h Abs. 1 EStG hat das FA in dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2008 zutreffend umgesetzt. Die Voraussetzungen einer der Ausnahmen des § 4h Abs. 2 Buchst. a)-c) EStG liegen nicht vor, weil die Zinsaufwendungen die Zinserträge um mehr als 3 Mio. € übersteigen, die Antragstellerin Muttergesellschaft eines Konzerns ist und ihre Eigenkapitalquote nicht (annähernd) gleich hoch oder höher als die des Konzerns ist. § 8a KStG führt zu keinem anderen Ergebnis; in seinem Abs. 1 finden sich lediglich abweichende Definitionen und in seinen Abs. 2 und 3 Einschränkungen zu den Ausnahmen des § 4h Abs. 2 EStG. Die Anwendung der Zinsschranke ausgehend vom Wortlaut der vorgenannten Normen ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig; im vorliegenden summarischen Verfahren bedarf es deshalb dazu weder weiterer Ausführungen noch über den Akteninhalt hinausgehender Überprüfungen (etwa zum Eigenkapitalvergleich).

Der Senat hat im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zinsschrank. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung zudem folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürften eines besonderen sachlichen Grundes. Liegen gewichtige Gründe vor, kann der Gesetzgeber auch das objektive Nettoprinzip durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen. Die Missbrauchsbekämpfung ist als Rechtfertigungsgrund grundsätzlich anerkannt.

Mit den Regelungen zur sog. Zinsschranke (§ 8a KStG i.V.m. § 4h EStG) ist der Gesetzgeber von seiner Grundentscheidung abgewichen, dass Betriebsausgaben in dem Jahr abziehbar sein sollen, in dem sie angefallen sind und den Steuerpflichtigen belasten. Hierdurch will er die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen in Abhängigkeit vom Gewinn zur Sicherung inländischen Steuersubstrats sowie zur Vermeidung von missbräuchlichen Steuergestaltungen beschränken. Aufgrund der weiten Auslegung der unionsrechtlichen Marktfreiheiten durch den Europäischen Gerichtshof (bzw. jetzt den Gerichtshof der Europäischen Union – EuGH –) werden speziell grenzüberschreitend verbundene Unternehmen in die Lage versetzt, mittels Gesellschafterfremdfinanzierungen inländische Gewinne in das abkommensbegünstigte Ausland zu verlagern und andererseits ohnehin entstehenden Aufwand wie Zinsen gezielt im Inland anfallen zu lassen. Der Zweck der Zinsschranke, die steuerlichen Auswirkungen speziell konzerninterner Gestaltungen zur Gewinnverlagerung zu beschränken, kommt insbesondere durch die sog. Stand-alone-Klausel des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG zum Ausdruck, nach der Betriebe, die nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehören, insoweit folgerichtig nicht von der Zinsschranke erfasst werden.

Konzerninterne Gestaltungen zur Gewinnverlagerung sind allerdings nicht von vornherein auf Gesellschafterfremdfinanzierungen beschränkt. Auch über die Entscheidung, welche Konzerngesellschaft stärker mittels Eigenkapital und welche in erster Linie durch Fremdkapital finanziert wird, lässt sich beeinflussen, in welcher Gesellschaft vorrangig Gewinne anfallen sollen. An einer derartigen Gestaltung zu Lasten eines konzernangehörigen Betriebs fehlt es allerdings, wenn dessen Eigenkapitalquote höher oder zumindest annähernd gleich hoch ist wie die des Konzerns. Diesem Gesichtspunkt wollte der Gesetzgeber erkennbar durch die sog. Escape-Klausel in § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG Rechnung tragen.

 

Abgrenzung der Pensionszusage in Anwartschaftsphase und Leistungsphase

Die Frage, ob Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung nach Eintritt des Versorgungsfalles als vGA zu beurteilen sind, wenn die Zuführungen zur Pensionsrückstellung während der Anwartschaftsphase die sog. 75 v.H.-Grenze überschreiten, stellt sich nicht, wenn bezüglich der Berufsunfähigkeitsrente der Versorgungsfall eingetreten ist. Die Fragestellung lässt außer Acht, dass zwischen der Zusage einer Altersrente und einer Berufsunfähigkeitsrente zu unterscheiden ist.

BFH Beschluss vom 04.04.2012 – I B 96/11 BFHNV 2012 Seite 1179

Begründung:

Es ist zu klären, ob auch nach Eintritt des Versorgungsfalles Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung teilweise nicht betrieblich veranlasst und damit als vGA zu beurteilen sind, wenn die Zuführungen zur Pensionsrückstellung während der Anwartschaftsphase wegen Überschreitung der 75 v.H.-Grenze im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) innerbilanziell zu korrigieren waren oder gewesen wären und die in diesem Sinne überhöhte Rente tatsächlich gezahlt wird.

Zuführungen zur Pensionsrückstellung des H erfolgten nur noch im Hinblick auf die Zusage einer Altersrente. Diesbezüglich war der Versorgungsfall noch nicht eingetreten, da H die vereinbarte Altersgrenze nicht erreicht hatte; die Pensionszusage im Hinblick auf die Altersrente befand sich noch in der Anwartschaftsphase. Ausgehend von dieser grundlegenden Unterscheidung stellt sich die vom FA aufgeworfene Frage im anhängigen Verfahren nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats führt eine Überversorgung, die typisierend dann angenommen wird, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt, grundsätzlich zu einer Kürzung der Pensionsrückstellung. Denn künftige noch ungewisse Pensionssteigerungen oder -minderungen dürfen, auch wenn deren Eintritt wahrscheinlich ist, nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG am Bilanzstichtag noch nicht berücksichtigt werden.

Eine Vorwegnahme künftiger Entwicklungen liegt jedoch nicht mehr vor, wenn der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Lediglich für diesen Fall einer ausfinanzierten Anwartschaft sieht der BFH im Fall der "Überversorgung" keinen Raum für eine entsprechende Auflösung der Rückstellung. Da die Zuführungen zur Pensionsrückstellung in Bezug auf die Altersrente des H nicht nach Eintritt des Versorgungsfalles erfolgten, sind sie allein nach der Bewertungsregel des § 6a EStG zu beurteilen.

 

Sonn- und Feiertagszuschläge eines Gesellschaftergeschäftsführers

Die an einen GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer gezahlten Zuschläge für Dienste an Sonn- und Feiertagen sind regelmäßig gesellschaftsrechtlich veranlasst und damit als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen.

BFH Urteil vom 27.03.2012 – VIII R 27/09 BFHNV 2012 Seite 1127

Begründung:

Im Revisionsverfahren ist nur noch streitig, ob die an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gezahlten zusätzlichen Vergütungen für Arbeit an Sonn- und Feiertagen zu Recht im Einkommensteuerbescheid als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) berücksichtigt sind.

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die vom Kläger erhaltenen Zuschläge für Dienste an Sonn- und Feiertagen als vGA zu beurteilen und damit als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen sind.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch vGA. Eine vGA einer Kapitalgesellschaft ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte. Zahlt eine GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer gesonderte Vergütungen für die Ableistung von Überstunden, liegt aus steuerrechtlicher Sicht regelmäßig eine vGA vor

Dies gilt auch dann, wenn die zusätzliche Vergütung nur für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen und zur Nachtzeit gezahlt werden soll, da eine solche Regelung die Annahme rechtfertigt, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen die in § 3b EStG vorgesehene Steuervergünstigung verschafft werden soll. Eine solche Vereinbarung widerspricht dem Gedanken, dass ein Geschäftsführer sich in besonderem Maße mit den Interessen und Belangen der von ihm geleiteten Gesellschaft identifizieren und die notwendigen Arbeiten auch dann erledigen muss, wenn dies einen Einsatz außerhalb der üblichen Arbeitszeiten oder über diese hinaus erfordert. Allerdings kann eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall durch überzeugende betriebliche Gründe gerechtfertigt sein, die geeignet sind, die Vermutung für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu entkräften. Dann liegt keine vGA vor. Eine solche betriebliche Veranlassung kann u.a. dann anzunehmen sein, wenn trotz Unüblichkeit im allgemeinen Wirtschaftsverkehr mit vergleichbaren gesellschaftsfremden Personen ähnliche Vereinbarungen abgeschlossen wurden.

Ob eine Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ausschließlich betrieblich oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, muss im gerichtlichen Verfahren in erster Linie das FG anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilen. Dessen Würdigung kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen ist und ob sie gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt. Ist dies nicht der Fall, so ist der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO auch dann an die Beurteilung seitens des FG gebunden, wenn eine abweichende Würdigung des Veranlassungszusammenhangs gleichermaßen möglich oder naheliegend ist.

Nach diesen Grundsätzen ist die tatsächliche Würdigung des FG, dass die Leistung der Zuschläge für Sonn- und Feiertage von der S-GmbH an den Kläger gesellschaftsrechtlich veranlasst war, revisionsrechtlich bindend.

Das FG hat seine Würdigung wie folgt begründet: Besondere betriebliche Gründe, die für eine arbeitsvertragliche Veranlassung sprechen könnten, lägen nicht vor. Zum einen gebe es keinen gesellschaftsfernen Angestellten, der eine vergleichbare Vergütungsstruktur wie der Kläger aufweise. Sämtliche anderen Angestellten der S-GmbH, die die steuerfreien Zuschüsse erhalten, hätten in den Streitjahren nicht nur geringere Vergütungen bezogen, sondern hätten auch keinen Anspruch auf eine Tantieme gehabt. Denn die im November an die Angestellten geleisteten Prämien seien das arbeitsvertraglich vereinbarte Weihnachtsgeld. Alle anderen Angestellten hätten im Gegensatz zum Kläger fest vereinbarte Wochenarbeitsstunden gehabt. Der deutlich erhöhte Grundlohn des Klägers und der Anspruch auf die Tantieme sprächen dafür, dass damit der besondere Einsatz des Klägers auch an Sonn- und Feiertagen sowie außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeiten bereits berücksichtigt worden sei. Von einem Geschäftsführer werde gewöhnlich ein höherer persönlicher Einsatz erwartet, der sich gerade nicht an einer konkreten Wochenarbeitszeit orientiere. Ein ordentlicher Geschäftsleiter hätte mit dem Kläger daher kein zusätzliches Entgelt für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen vereinbart. Zudem sei von Anfang an klar gewesen, dass der Kläger am Kundengeschäft mitwirken müsse und dies eben auch an Sonn- und Feiertagen. Dies hätte ein ordentlicher Kaufmann bereits bei der Bemessung des Geschäftsführergehalts berücksichtigt. Aus der Tatsache, dass eine wöchentliche Arbeitsstundenanzahl nicht vereinbart gewesen sei, gehe hervor, dass die Bezahlung am Arbeitsergebnis und nicht an der Arbeitszeit ausgerichtet gewesen sei. Daher gelte die Vermutung, dass die Vereinbarung nur getroffen worden sei, um dem Kläger die Steuerfreiheit des § 3b EStG zu ermöglichen.

Diese Würdigung des Streitfalls durch das FG bindet den erkennenden Senat als Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO. Zu den der Bindung unterliegenden Feststellungen gehören auch die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art. Die Schlussfolgerung des FG, dass die Vereinbarung der S-GmbH mit dem Kläger über Zuschläge für Dienste an Sonn- und Feiertagen gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, ist verfahrensrechtlich fehlerfrei zustande gekommen, aufgrund der tatsächlichen Feststellungen möglich und in sich widerspruchsfrei. Die Kläger haben dagegen auch keine durchgreifenden Revisionsrügen vorgebracht, sondern ziehen aus dem festgestellten Sachverhalt lediglich eine andere tatsächliche Schlussfolgerung als das FG. Dadurch wird jedoch die Bindung des Revisionsgerichts gemäß § 118 Abs. 2 FGO nicht aufgehoben.

 

Zuwendungen an Gesellschafter-Geschäftsführer

Werden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung rückerstattet, ist nicht klärungsbedürftig, ob für eine GmbH eine arbeitsrechtliche Verpflichtung bestand, ihrem Geschäftsführer die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung steuerneutral zu erstatten.

Eine vGA liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH vor, wenn eine Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter eine Leistung erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Diese Indizwirkung zivilrechtlich unwirksamer Vereinbarungen wird verstärkt, wenn bei klarer Zivilrechtslage Formvorschriften nicht beachtet werden.

BFH Beschluss vom 26.10.2011-I B 58/11 BFHNV 2012 S. 612

Begründung:

Das FG hat bei seiner Entscheidung keine von der Rechtsprechung des BFH abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt. Ausgehend von den bindenden Sachverhaltsfeststellungen des FG, ist das FG vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH davon ausgegangen, dass bei der Zuwendung eines Vermögensvorteils durch eine Kapitalgesellschaft an einen beherrschenden Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1999 auch dann anzunehmen sein kann, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an diesen erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Diese Indizwirkung gegen einen vertraglichen Bindungswillen, die zivilrechtlich unwirksamen Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter für die Annahme einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 beizumessen sein kann, wird nach der Rechtsprechung des BFH verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insbesondere bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden kann. Davon ist das FG ausgegangen. Es hat deshalb die Nichtbeachtung der Formvorschriften der Klägerin angelastet. Diese Würdigung des FG kann eine Divergenz nicht begründen.

 

Klare und eindeutige Vereinbarung bei verdeckter Gewinnausschüttung

Eine im Voraus getroffene, klare und eindeutige Vereinbarung zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter kann auch vorliegen, wenn sich der Inhalt der Vereinbarung mit der gebotenen Bestimmtheit erst im Wege der Auslegung ermitteln lässt.

Kommt das FG im Rahmen seiner Vertragsauslegung zu dem Ergebnis, dass der zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter geschlossene Konzessionsvertrag auch Entgelte für die Durchleitung von Strom erfasse, so ist der BFH an dieses Vertragsverständnis grundsätzlich gebunden.

BFH Beschluss vom 25.01.2012 – I B 17/11 BFH NV 2012 Seite 1003

Begründung:

Das gilt zunächst für den Vortrag, dem Rechtsstreit komme deshalb grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), weil es der Klärung bedürfe, ob im Sinne der für vGA geltenden Grundsätze eine im Voraus getroffene, klare und eindeutige Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter auch dann vorliege, wenn die Vereinbarung auf eine bestimmte Rechtsverordnung (hier: KAV) verweise, nunmehr aber erstmalig auch andere Zahlungen an den Gesellschafter aufgrund einer neuen Fassung der Verordnung geleistet werden. Der Vortrag lässt außer Acht, dass nach zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung eine klare und eindeutige Vereinbarung auch dann anzunehmen ist, wenn sich deren Inhalt mit der gebotenen Bestimmtheit im Wege der Auslegung ermitteln lässt und die Vorinstanz im Streitfall anhand des konkreten Wortlauts des zwischen der Klägerin und der Stadt geschlossenen Generalkonzessionsvertrags zu dem Ergebnis gekommen ist, dass § 5 des Vertrags auch für sog. Durchleitungsfälle ein Konzessionsentgelt vorsehe.

Demgemäß ist auch die, gleichfalls im Zusammenhang mit der Behandlung der Konzessionsabgaben vorgebrachte, Rüge des FA unschlüssig, es bedürfe der Klärung, ob durch den Wortlaut des § 2 Abs. 6 KAV i.V.m. § 14 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes 1998 eine Regelung getroffen worden sei, die, zur Vermeidung von vGA, eine klare, eindeutige und im Vorhinein getroffene  Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft entbehrlich mache. Diese Rechtsfrage kann sich nach den vorstehenden Erläuterungen nicht stellen, da das FG davon ausgegangen ist, dass der von der Klägerin abgeschlossene Konzessionsvertrag sie auch zur Entrichtung von Konzessionsentgelten für die Energiedurchleitung verpflichtet habe.

 

Anwendbarkeit des Halbabzugsverbots auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen und auf Forderungsverzichte bei nicht mehr werthaltigen Gesellschafterdarlehen

Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen aufgrund von Wertminderungen, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, unterliegen –unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis– mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (gegen BMF-Schreiben vom 8. November 2010, BStBl I 2010, 1292, Nr. 2).

Diese Grundsätze gelten entsprechend im Falle des Verzichts auf ein nicht mehr werthaltiges Gesellschafterdarlehen.

BFH Urteil vom 18.4.2012, X R 7/10

Begründung:

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Bei Begründung der Forderung durch Vertrag entsprechen die Anschaffungskosten dem Nennwert. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 5 Abs. 1 EStG ermitteln, ergibt sich aufgrund des Grundsatzes der Maßgeblichkeit und des handelsrechtlichen strengen Niederstwertprinzips für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (§ 253 Abs. 3 HGB) bei gesunkenem Teilwert steuerrechtlich eine Pflicht zur Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann in Fällen der Betriebsaufspaltung der Teilwert einer Forderung des Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft –dem Grunde nach– jedoch nur nach denselben Kriterien abgeschrieben werden, die für die Teilwertabschreibung der Beteiligung am Betriebsunternehmen durch das Besitzunternehmen bestehen. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen notwendig; sind die Ertragsaussichten dauerhaft so gering, dass der gedachte Erwerber des Besitzunternehmens für die Anteile am Betriebsunternehmen einen Preis zahlen würde, der unter dem Buchwert der Beteiligung am Betriebsunternehmen liegt, ist eine Teilwertabschreibung der Darlehensforderung gerechtfertigt.

Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich im Fehlerjahr oder –soweit dies wegen Bestandskraft, Festsetzungsverjährung oder mangels Korrekturvorschriften nicht möglich ist– nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs in der ersten, verfahrensrechtlich noch "offenen" Schlussbilanz richtigzustellen, und zwar grundsätzlich erfolgswirksam.

 

Sonn- und Feiertagszuschläge eines Gesellschaftergeschäftsführers

Zuschläge für Dienste an Sonn- und Feiertagen für einen Gesellschafter-Geschäftsführer sind  als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu beurteilen und damit nicht als Arbeitslohn zu erfassen.

BFH Urteil vom 27.3.2012, VIII R 27/09

Begründung:

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch vGA. Eine vGA einer Kapitalgesellschaft ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte. Zahlt eine GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer gesonderte Vergütungen für die Ableistung von Überstunden, liegt aus steuerrechtlicher Sicht regelmäßig eine vGA vor. Dies gilt auch dann, wenn die zusätzliche Vergütung nur für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen und zur Nachtzeit gezahlt werden soll, da eine solche Regelung die Annahme rechtfertigt, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen die in § 3b EStG vorgesehene Steuervergünstigung verschafft werden soll.

Eine solche Vereinbarung widerspricht dem Gedanken, dass ein Geschäftsführer sich in besonderem Maße mit den Interessen und Belangen der von ihm geleiteten Gesellschaft identifizieren und die notwendigen Arbeiten auch dann erledigen muss, wenn dies einen Einsatz außerhalb der üblichen Arbeitszeiten oder über diese hinaus erfordert.

Allerdings kann eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall durch überzeugende betriebliche Gründe gerechtfertigt sein, die geeignet sind, die Vermutung für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu entkräften. Dann liegt keine vGA vor. Eine solche betriebliche Veranlassung kann u.a. dann anzunehmen sein, wenn trotz Unüblichkeit im allgemeinen Wirtschaftsverkehr mit vergleichbaren gesellschaftsfremden Personen ähnliche Vereinbarungen abgeschlossen wurden.

Ob eine Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ausschließlich betrieblich oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, muss im gerichtlichen Verfahren in erster Linie das FG anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilen. Im vorliegenden Fall lagen keine besondere betriebliche Gründe, die für eine arbeitsvertragliche Veranlassung sprechen könnten, vor.

Zum einen gebe es keinen gesellschaftsfernen Angestellten, der eine vergleichbare Vergütungsstruktur wie der Kläger aufweise. Sämtliche anderen Angestellten der S-GmbH, die die steuerfreien Zuschüsse erhalten, hätten in den Streitjahren nicht nur geringere Vergütungen bezogen, sondern hätten auch keinen Anspruch auf eine Tantieme gehabt. Denn die im November an die Angestellten geleisteten Prämien seien das arbeitsvertraglich vereinbarte Weihnachtsgeld.

Alle anderen Angestellten hätten im Gegensatz zum Kläger fest vereinbarte Wochenarbeitsstunden gehabt. Der deutlich erhöhte Grundlohn des Klägers und der Anspruch auf die Tantieme sprächen dafür, dass damit der besondere Einsatz des Klägers auch an Sonn- und Feiertagen sowie außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeiten bereits berücksichtigt worden sei. Von einem Geschäftsführer werde gewöhnlich ein höherer persönlicher Einsatz erwartet, der sich gerade nicht an einer konkreten Wochenarbeitszeit orientiere. Ein ordentlicher Geschäftsleiter hätte mit dem Kläger daher kein zusätzliches Entgelt für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen vereinbart.

Zudem sei von Anfang an klar gewesen, dass der Kläger am Kundengeschäft mitwirken müsse und dies eben auch an Sonn- und Feiertagen. Dies hätte ein ordentlicher Kaufmann bereits bei der Bemessung des Geschäftsführergehalts berücksichtigt. Aus der Tatsache, dass eine wöchentliche Arbeitsstundenanzahl nicht vereinbart gewesen sei, gehe hervor, dass die Bezahlung am Arbeitsergebnis und nicht an der Arbeitszeit ausgerichtet gewesen sei. Daher gelte die Vermutung, dass die Vereinbarung nur getroffen worden sei, um dem Kläger die Steuerfreiheit des § 3b EStG zu ermöglichen.

 

 

Einzahlungen auf einem sog. Zeitwertkonto führen auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer

Einzahlungen auf einem sog. Zeitwertkonto führen auch bei einer Gesellschafter-Geschäftsführerin im Einzahlungsjahr noch nicht zu steuerpflichtigem Zufluss von Arbeitslohn.

Hessische Finanzgericht Urteil 19.01. 2012 vom Az. 1 K 250/11.

Begründung:

Die Klägerin war beherrschende Gesellschafterin und gleichzeitig angestellte Geschäftsführerin einer GmbH. Im Jahre 2008 hatte sie mit der GmbH die Ansammlung von Wertguthaben auf einem sog. Zeitwertkonto vereinbart. Im Jahre 2009 wurde zusätzlich eine sog. Zeitwertkontengarantie vereinbart, wonach die GmbH als Arbeitgeberin für alle Einzahlungen ab dem 1.1.2009 die Rückzahlung in voller Höhe garantierte.

Für 2009 setzte das Finanzamt bei der Klägerin Einkommensteuer für die Zuführungen auf dem Zeitwertkonto fest. Die Klägerin sei als GmbH-Geschäftsführerin sowohl Arbeitnehmerin als auch Organ der Gesellschaft. Deshalb führe bereits die Gutschrift des künftig fälligen Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn.

Das Hessische Finanzgericht gab der Klage statt. Die Einzahlungen auf dem Zeitwertkonto der Klägerin seien gemäß §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) im Streitjahr 2009 nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen.

Die Klägerin sei zwar beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführerin gewesen, habe jedoch als Geschäftsführerin und damit als Arbeitnehmerin nichtselbständige Einkünfte erzielt. Entscheidend sei somit, wann ihr tatsächlich Arbeitslohn zugeflossen sei. Dies sei nicht schon im Jahre 2009 der Fall gewesen. Denn die einzelnen Beträge seien weder bar ausgezahlt noch einem ihrer Konten bei einem Kreditinstitut oder einem von der GmbH für sie geführten Konto gutgeschrieben worden. Auch die Bilanzierung der Verbindlichkeiten durch die GmbH führe nicht zu einem Zufluss. Die Klägerin habe auf das Zeitwertkonto auch nicht frei zugreifen können und nicht das wirtschaftliche Risiko eines Verlustes auf dem Zeitwertkonto getragen. Vielmehr sei das dortige Guthaben vertraglich dazu bestimmt gewesen, der Klägerin erst später in Zeiten der Arbeitsfreistellung den dann ausfallenden Arbeitslohn zu ersetzen.

 

Ist die sog. Zinsschranke verfassungsgemäß?

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. jedenfalls insoweit verfassungsrechtlichen Anforderungen standhält, als dadurch nicht nur sog. Back-to-back-Finanzierungen, sondern auch übliche Fremdfinanzierungen von Kapitalgesellschaften bei Banken erfasst und damit die entsprechenden Zinsaufwendungen der Betriebsausgabenabzugsbeschränkung der sog. Zinsschranke unterworfen werden.

BFH Beschluss vom 13.3.2012, I B 111/11

Begründung:
Mit Beschluss vom 13. März 2012 I B 111/11 hat der Bundesfinanzhof (BFH) einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes überwiegend stattgegeben, den die Antragstellerin, eine Immobiliengesellschaft in der Rechtsform einer AG, auf verfassungsrechtliche Zweifel an der sog. Zinsschranke stützte.

Die Zinsschranke verhindert den vollständigen Abzug betrieblicher Zinsaufwendungen, um konzerninternen Fremdkapitalfinanzierungen mit dem Ziel der Gewinnverlagerung ins Ausland zu begegnen. Von diesem Ziel ausgehend gilt sie konsequenterweise grundsätzlich nicht, wenn der Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört (sog. Stand-alone-Klausel). Diese Ausnahme von der Regel traf zwar auch auf die Antragstellerin für ihre fremdfinanzierten Immobilienobjekte in dem nun entschiedenen Fall zu. Es gibt aber eine Rückausnahme: Weil es sich um eine AG handelte, wäre die Zinsschranke nur dann unanwendbar gewesen, wenn die Bank, die die Zinszahlungen erhielt, nicht i.H.v. mehr als 10 % des Zinssaldos auf einen zu mehr als 25 % unmittelbar oder mittelbar an der AG Beteiligten hätte Rückgriff nehmen können; dies war aber aufgrund von Bürgschaften eines Aktionärs und eines mittelbaren Gesellschafters der Fall.

Dennoch war dem Antrag überwiegend stattzugeben. Hierfür musste der BFH nicht auf die viel diskutierte Frage einer Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke im Allgemeinen eingehen. Es genügten im Streitfall verfassungsrechtliche Zweifel an der für Körperschaften geltenden Rückausnahme von der Stand-alone-Klausel. Der BFH hatte solche Zweifel, soweit durch die Rückausnahme nicht nur Umgehungsgestaltungen erfasst werden, bei denen die Gefahr einer Verlagerung von Steuersubstrat besteht, sondern auch Zinsaufwendungen für übliche, lediglich durch Bürgschaften gesicherte Bankdarlehen. Insoweit könnte es an der ausreichend zielgenauen Formulierung der Regelung als Missbrauchstypisierung fehlen.

Der Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichts, das den Antrag schon wegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung abgelehnt hatte, konnte sich der BFH nicht anschließen. Die allein durch die Zinsschranke eintretende Steuerbelastung von über 1,1 Mio. € begründet auch ohne konkrete Existenzgefährdung ein Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, das im Streitfall das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung überwiegt.

 

Verdeckte Gewinnausschüttung bei inländischen Betriebsstätte

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen, wenn sie auf einem Vorgang beruht, der sich im Aufwand dieser Betriebsstätte niedergeschlagen hat. Die Bezugnahme in Art. 5 Abs. 2 DBA-Niederlande auf "eine" Betriebsstätte rechtfertigt es nicht, die Angemessenheit einer Vergütung bei Aufspaltung einer Tätigkeit auf mehrere Betriebsstätten anders zu beurteilen, als wenn sämtliche Tätigkeiten in einer Betriebsstätte erbracht würden. Dies gilt auch dann, wenn den einzelnen Betriebsstätten unterschiedliche Geschäftsfelder zugeordnet sind.

BFH Urteil vom 24.08.2011 – IR 5/10 BFHNV 2011 S. 271

Begründung:

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in den Niederlanden, die in den Streitjahren in Deutschland Betriebsstätten unterhielt. Das FG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin mit den von ihren inländischen Betriebsstätten erzielten Einkünften der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Dem liegt die von den Beteiligten nicht gerügte Annahme zugrunde, dass sich auch der Ort der Geschäftsleitung in den Niederlanden befindet. Der Besteuerung der Betriebsstätteneinkünfte in Deutschland steht das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete nicht entgegen.

Der beschränkten Steuerpflicht der Klägerin unterliegen die von ihr in ihren inländischen Betriebsstätten erzielten Einkünfte. Zu diesem Zweck sind die Gesamteinkünfte der Klägerin nach Maßgabe des deutschen Rechts zu ermitteln und sodann, soweit sie durch die deutschen Betriebsstätten erzielt worden sind, diesen Betriebsstätten zuzurechnen. Dabei sind jeder Betriebsstätte diejenigen Einkünfte zuzuweisen, die sie erzielt hätte, wenn sie sich als selbständiges Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Geschäften unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen befasst und Geschäfte wie ein unabhängiges Unternehmen getätigt hätte.

Demzufolge gehören die von der Klägerin aufgrund der Managementverträge an die A-B.V. und die B-B.V. gezahlten Vergütungen sowie die Aufwendungen für den Werbebus zu den Betriebsstätten zuzurechnenden Aufwendungen. Allerdings hat das FG die Vergütungen teilweise als vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG den Betriebsstätteneinkünften hinzugerechnet.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG sowohl die von der Klägerin an die A-B.V. und die B-B.V. gezahlten Managementvergütungen als auch den Aufwand für die Anmietung des Werbebusses zu Recht als vGA beurteilt.