Übertragung eines Unternehmen im Ganzen

Der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfrage, “ob bei mehreren zeitlich versetzten Kausalgeschäften über sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen an verschiedene Erwerber eine Betriebsveräußerung im Ganzen ausgeschlossen ist, wenn zwischen den Kausalgeschäften ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht”, kommt auf der Grundlage des vom Finanzgericht (FG) festgestellten Sachverhalts und der zu § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ergangenen Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung zu.

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 18.8.2008, XI B 192/07

Sachverhalt:
Vor dem FG war streitig, ob es sich bei dem Erwerb von vier Beschriftungslasern durch die Klägerin um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gehandelt hat und der Klägerin deshalb gemäß § 1 Abs. 1a UStG kein Recht zum Vorsteuerabzug zusteht.

Das FG ist zu dem Ergebnis gelangt, die die Maschinen veräußernde KG habe mit dem Verkauf ihren Geschäftsbetrieb auf die Klägerin übertragen und diese habe an Stelle der KG die Geschäftstätigkeit aufgenommen. Den Umstand, dass eine von ursprünglich fünf Beschriftungsmaschinen nicht von der Klägerin übernommen wurde, sondern kurz zuvor an die X-GmbH verkauft worden war, hat das FG als für die Frage einer Geschäftsfortführung nicht maßgeblich angesehen, weil eine Geschäftsfortführung auch mit den vier Geräten möglich gewesen sei.

Begründung:
Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Die Vorschrift erfasst daher die Übertragung der Geschäftsbetriebe und der selbständigen Unternehmensteile, die jeweils materielle und immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der Erwerber muss darüber hinaus die Absicht haben, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben.

Im Hinblick auf die nach der EuGH-Rechtsprechung erforderliche Absicht des Erwerbers, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben, kommt es maßgeblich darauf an, ob die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit zu ermöglichen, und der Übernehmer diese Tätigkeit ausübt. Um dies zu ermitteln, sind der Vorgang und seine Begleitumstände einer Gesamtbewertung zu unterziehen, bei der insbesondere die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen sind.

Danach steht es der Annahme einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG nicht entgegen, wenn im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Geschäftsaufgabe durch den Veräußerer und der Fortführung der Geschäftstätigkeit durch den Erwerber einzelne Betriebsgrundlagen nicht mit übertragen werden.

Vorlage für den EuGH „Unterschrift auf dem Vergütungsanspruch“

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist der Begriff der “Unterschrift”, der in dem Muster lt. Anhang A der Richtlinie 79/1072/EWG zur Stellung eines Antrags auf Vergütung der Umsatzsteuer gemäß Art. 3 Buchst. a dieser Richtlinie verwendet wird, ein einheitlich auszulegender gemeinschaftsrechtlicher Begriff?

Falls die Frage zu 1. bejaht wird:
Ist der Begriff der “Unterschrift” dahin zu verstehen, dass der Vergütungsantrag zwingend von dem Steuerpflichtigen persönlich oder bei einer juristischen Person von dem gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden muss, oder genügt die Unterschrift eines Bevollmächtigten (z.B. eines steuerlichen Vertreters oder Arbeitnehmers des Steuerpflichtigen)?

BFH Beschluss vom 13. August 2008 XI R 19/08

Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine in den Niederlanden ansässige Gesellschaft (BV). Sie beantragte am 30. Juni 2006 eine Vergütung der Vorsteuerbeträge für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2005 auf dem dafür in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehenen amtlichen Vordruck.
Dieser Vordruck sieht in Feld 9 die “Eigenhändige Unterschrift und Firmenstempel” vor. In einem Begleitschreiben wiesen die in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Rechtsanwälte der Klägerin, die in dem Vordruck auch als Zustellungsvertreter benannt sind, darauf hin, dass der Vergütungsantrag von ihnen im Auftrag der Mandantin unterzeichnet worden sei.
Dem Schreiben war als Anlage eine von dem Vertretungsberechtigten der Klägerin ausgestellte “Vollmacht für das Vorsteuervergütungsverfahren” beigefügt. Die Rechtsanwälte sind darin bevollmächtigt, die Klägerin in anhängigen und anhängig werdenden Vorsteuervergütungsverfahren rechtsverbindlich zu vertreten.

Begründung:
Nach nationalem Recht hat die Klägerin im Streitfall keinen wirksamen Antrag auf Vergütung der Vorsteuerbeträge gestellt. Denn der am letzten Tag der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG eingegangene Antrag war nicht “eigenhändig” i.S. des § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG unterschrieben.

Zwar gilt als eigenhändige Unterschrift i.S. des § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten. Diese Vorschrift gilt aber nicht für Steuererklärungen. Hier bestimmt § 150 Abs. 3 AO, dass dann, wenn die Steuergesetze anordnen, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur zulässig ist, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist.

Bei dem der Richtlinie 79/1072/EWG als Anhang A beigefügten Muster handelt es sich um ein Formular für eine Steuererklärung i.S. des § 150 AO. Dafür spricht, dass der Unternehmer in Feld 9 des Musters verschiedene, für die Festsetzung der Steuervergütung erforderliche Erklärungen abzugeben hat. Dass das Ziel dieser Erklärungen nicht eine Steuerfestsetzung, sondern eine Steuervergütung (§§ 37, 43 AO) ist, steht einer Qualifizierung als Steuererklärung nicht entgegen. Denn nach § 155 Abs. 4 AO sind die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

Der Senat hat Zweifel, ob diese nationale Rechtslage im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht steht. Nach der Richtlinie 79/1072/EWG lautet es:
“Um die Erstattung zu erhalten, muß ein in Artikel 2 genannter Steuerpflichtiger, der im Inland keine Gegenstände liefert oder Dienstleistungen erbringt, a) bei der in Artikel 9 bezeichneten zuständigen Behörde nach dem in Anhang A aufgeführten Muster einen Antrag stellen, dem die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente beizufügen sind.
Die Mitgliedstaaten stellen den Antragstellern eine Erläuterung zur Verfügung, die auf jeden Fall die Mindestinformationen laut Anhang C enthalten muß; …”

Art. 6 der Richtlinie 79/1072/EWG bestimmt:
“Die Mitgliedstaaten dürfen den in Artikel 2 genannten Steuerpflichtigen außer den Pflichten nach den Artikeln 3 und 4 keine anderen Pflichten auferlegen als die, in Sonderfällen die Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob der Erstattungsantrag begründet ist.”

Würdigung:
Wenn eine Richtlinie für einen bestimmten Antrag ausdrücklich ein bestimmtes Muster vorsieht, wie es in Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/EWG in Verbindung mit dem Anhang A geschehen ist, dann kann der mit der Richtlinie verfolgte Zweck der Harmonisierung des Verfahrens nur erreicht werden, wenn die in dem Muster verwendeten Begriffe in den Mitgliedstaaten dieselbe Bedeutung haben.

Folgt man dieser Auffassung, kommt es nicht mehr darauf an, ob darin, dass in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG die Eigenhändigkeit der Unterschrift gefordert wird, möglicherweise auch ein Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinie 79/1072/EWG liegen könnte. Der in dem Muster des Anhangs A der Richtlinie 79/1072/EWG verwendete Begriff der “Unterschrift” enthält nicht den Zusatz der “Eigenhändigkeit”. Bis zur Änderung des § 18 Abs. 9 UStG durch das Jahressteuergesetz 1996 hat dementsprechend auch die deutsche Finanzverwaltung nicht zwingend die Eigenhändigkeit der Unterschrift i.S. des § 150 Abs. 3 AO verlangt, sondern die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten, der zur Hilfeleistung in Steuersachen zugelassen war, als ausreichend erachtet

Abgrenzung Zuschuss oder Entgelt für Leistungsaustausch

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 22.7.2008, V B 34/07
Begründung:
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften –EuGH– setzt die Annahme einer Leistung gegen Entgelt –und damit eines steuerbaren Umsatzes i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG– das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und einer empfangenen Gegenleistung voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.
Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer können nicht steuerbarer Zuschuss oder Entgelt für eine Leistung sein. In Fällen, in denen eine Person des privaten Rechts die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts übernimmt und im

Zusammenhang damit Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung (“Zuschuss”) verknüpft ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor.
Dagegen sind Zahlungen, durch die lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein-politischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll, kein Entgelt für eine steuerbare Leistung.

Umsätze eines ambulanten Pflegedienstes durch Gestellung von Haushaltshilfen steuerfrei

Umsätze, die eine Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen durch Gestellung von Haushaltshilfen i.S. des § 38 SGB V erzielt, sind, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG erfüllt sind, steuerfrei.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 30.7.2008, XI R 61/07

Begründung:
Mit Urteil vom 22. April 2004 V R 1/98 (BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849) hatte der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass ein ambulanter Pflegedienst, der Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung gegenüber pflegebedürftigen Personen erbringt, mit seinen Einnahmen von der Umsatzsteuer befreit ist, wenn er als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist. Daran schließt nun das Urteil an und erweitert die Steuerbefreiung auf die Umsätze, die ein solcher Pflegedienst als sog. Haushaltshilfe im Sinne des § 38 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) durch die Versorgung und Betreuung von Kindern erzielt, weil der den Haushalt führende Elternteil hierzu krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.
Damit ist der BFH nicht der Auffassung des Finanzamts gefolgt, wonach nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit seien, die der ambulante Pflegedienst unmittelbar gegenüber dem erkrankten Elternteil erbringt. Er hat das damit begründet, dass die Versorgung und die Betreuung kleiner oder selbst hilfsbedürftiger Kinder eng mit der Pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung des erkrankten und pflegebedürftigen Elternteils verbunden ist und nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Rs. Kinderopvang Enschede die Einnahmen aus der Kinderbetreuung nach Gemeinschaftsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Eltern dazu nicht in der Lage sind (Urteil vom 9. Februar 2006 Rs. C-415/04 Slg. 2006. I-1385).

Beginn der Versendung

Eine Lieferung gilt auch dann bei Beginn der Versendung in einem anderen Mitgliedstaat als dort ausgeführt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG), wenn die Person des inländischen Abnehmers dem mit der Versendung Beauftragten im Zeitpunkt der Übergabe der Ware nicht bekannt ist, aber mit hinreichender Sicherheit leicht und einwandfrei aus den unstreitigen Umständen, insbesondere aus Unterlagen abgeleitet werden kann (Änderung der Rechtsprechung).

Dem steht nicht entgegen, dass die Ware von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Erwerber herausgegeben wird.

BFH Urteil vom 30. Juli 2008 XI R 67/07

Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist in Großbritannien ansässig. Sie lieferte im Streitjahr 1998 Waren an den in Deutschland ansässigen Abnehmer HS, indem sie diese aus Großbritannien durch Einschaltung eines Spediteurs in das Inland transportierte.

Aufgrund einer Bestellung des HS vom 6. April 1998 beauftragte die Klägerin die Spedition M, die Ware in das Inland nach X zu befördern. Der Speditionsauftrag erfolgte unter der Referenz “Ship to hold Our Ref 980422 HS”. Empfänger der Sendung war die D-GmbH, eine Schwestergesellschaft der Klägerin. Mit Schreiben vom 8. April 1998 beauftragte die Klägerin die D-GmbH, die Ware erst nach einer gesondert zu erteilenden Freigabe an HS zu übergeben. Nach Bezahlung der Ware durch HS erteilte die Klägerin die Freigabe gegenüber der D-GmbH, die die Ware im Anschluss hieran an HS übergab.

Begründung:
Nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG gilt die Lieferung im Fall der Beförderung oder Versendung des gelieferten Gegenstands durch den Lieferer, den Abnehmer oder durch einen von diesen beauftragten Dritten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung “an den Abnehmer” oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Daraus folgt, dass der Abnehmer bei Beginn der Versendung oder Beförderung feststehen muss. Die Versendung beginnt gemäß § 3 Abs. 6 Satz 4 UStG mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten. Danach muss im Falle der Versendung der Abnehmer bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Liefergegenstands feststehen.

Dient die “shipment on hold”-Klausel darüber hinaus dazu, die Kaufpreiszahlung zu sichern, führt dies im Übrigen nur dazu, dass der Lieferung der Charakter einer Nachnahmelieferung zukommt. Auch bei einer Versendungslieferung per Nachnahme, bei der die Übergabe an den Abnehmer davon abhängt, dass dieser den Kaufpreis entrichtet, gilt die Lieferung bereits an dem Ort als ausgeführt, an dem die Ware an den Beauftragten übergeben wird, ohne dass der Vorbehalt der Kaufpreiszahlung dem entgegensteht.

Denn bereits bei der Übergabe an die Spedition und damit bei Beginn der Versendung stand fest, dass HS Abnehmer der Lieferungen ist. Dies ergibt sich aus den unstreitigen Gesamtumständen, insbesondere aus der Übergabe der von HS zuvor bestellten Ware an die Spedition sowie aus der in zeitlichem Zusammenhang mit dieser Übergabe erfolgten Weisung an die D-GmbH, die zu ihr transportierte Ware nach einer gesondert zu erteilenden Freigabe an HS herauszugeben. Unerheblich ist demgegenüber, ob der Spedition M bereits bei Beginn der Beförderung in Großbritannien bekannt war, dass die Ware über die ihr als Empfänger benannte D-GmbH letztlich an HS zu übergeben war.

Handys als unentgeltliche Zuwendung

Die kostenlose Abgabe von Handys durch den Vermittler von Handyverträgen ist als unentgeltliche Zuwendung gem. § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 3 UStG umsatzsteuerpflichtig.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Außensenate Karlsruhe, Urteil vom 17. Juni 2008 1 K 21/05 – vorläufig nicht rechtskräftig (Az. des BFH: XI 5 13/08 ).EFG 2008 S. 1498 ff

Begründung:
Die Klin. hat die Mobilfunkgeräte jedenfalls unentgeltlich i. S. des § 3 Abs. 1lb Satz 1 Nr. 3 UStG an Kunden zugewendet. Der Abschluss des Mobilfunkvertrags auf Vermittlung der Klin. ist keine Gegenleistung des Kunden an die Klin. Die späteren Zahlungen des Kunden an den Mobilfunkanbieter sind Zahlungen an diesen für dessen Dienstleistungen. Der Kunde zahlt nichts für das überlassene Mobilfunkgerät. Die Min. erhält keinerlei Zahlung vorn Kunden. Entscheidend ist nach der Rspr. des EuGH dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem Rechtsverhältnis, d. h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält, denn die Entrichtung der Gegenleistung für Lieferungen oder sonstige Leistungen kann auch durch einen anderen als den Leistungsempfänger (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG), also durch einen Dritten – hier den Mobilfunkanbieter – erfolgen. Die Provisionszahlungen, die die Klin. vom Mobilfunkanbieter bekommen hat, sind jedoch nicht in vertraglicher Abhängigkeit mit der Ausgabe des Geräts an den Kunden verbunden worden. Es mag sein, dass der Kunde bei einer unentgeltlichen Abgabe des Geräts bereit ist, sich längerfristig an den Mobilfunkanbieter zu binden, was eine höhere Provision für die Klin. auslöst. Daraus kann man jedoch keine Gegenleistung des Kunden oder des Mobilfunkunternehmens für die Abgabe des Geräts ableiten.

Kein ermäßigter Umsatzsteuertarif auf Leistungen eines Car-Sharing-Vereins

Die entgeltliche Überlassung von Kfz durch einen “Carsharing”-Verein an seine Mitglieder unterliegt dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 und nicht dem ermäßigten Steuersatz nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG .

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.6.2008, V R 33/05

Begründung:
Mit Urteil vom 12. Juni 2008 V R 33/05 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die entgeltliche Überlassung von Kraftfahrzeugen durch einen “Carsharing”-Verein an seine Mitglieder dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) und nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegt.
Der BFH ging in seiner Entscheidung davon aus, dass die Tätigkeit eines Carsharing-Vereins im Rahmen des Umweltschutzes grundsätzlich gemeinnützig sein kann. Er betonte aber zugleich, dass sich aus der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nicht zwingend die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf entgeltliche Leistungen des Vereins ergibt. Auch wenn bei der Erbringung entgeltlicher Leistungen gemeinnützige Zwecke verfolgt werden, sei vielmehr der Regelsteuersatz anzuwenden, wenn Leistungen im Rahmen eines sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Anders sei es nur, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb als Zweckbetrieb anzusehen sei.
Dies setze aber insbesondere voraus, dass der steuerbegünstigte Zweck nur durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erreicht werden könne. Im Hinblick auf dieses Erfordernis verneinte der BFH die Anwendung des ermäßigten Umatzsteuersatzes, da der steuerbegünstigte Zweck des Umweltschutzes auch durch andere Mittel als Carsharing erreicht werden könne.

Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen eines Rechenzentrums gegenüber Kreditinstituten

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.6.2008, V R 32/06
Begründung:
Mit Urteil vom 12. Juni 2008 V R 32/06 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) zu der für die Bankenpraxis bedeutsamen Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen Dienstleister beim sog. “Outsourcing” gegenüber Banken umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen können.
Im Streitfall ging es um die Leistungen eines Rechenzentrums, das für Banken Datenverarbeitungsleistungen erbrachte, die von den Banken insbesondere für Zwecke des steuerfreien Überweisungsverkehrs genutzt wurden.
Dabei verarbeitete das Rechenzentrum Datensätze und nahm Prüfungen vor, die sich auf die Kontodaten des Überweisenden wie z.B. Kontostand oder Kreditlinie, die Kontonummer und den Name des Begünstigten, die Bankleitzahl der Empfängerbank und das Bestehen besonderer Überweisungssperren bezogen. Stand der Überweisung kein Hinderungsgrund entgegen, veranlasste das Rechenzentrum die Abbuchung vom Konto des Überweisenden und die Weiterleitung an die Bank des Begünstigten.

In seinem Urteil betont der BFH die Bedeutung der vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entwickelten Grundsätze zur Erbringung steuerfreier Leistungen im Banken- und Finanzbereich. Danach könnten steuerfreie Bank- und Finanzdienstleistungen nicht nur durch Banken und Finanzinstitute, sondern auch durch Dienstleister wie z.B. Rechenzentren gegenüber Banken oder Finanzinstituten erbracht werden. Erforderlich sei hierfür, dass die jeweilige Leistung als eigenständiges Ganzes die spezifischen und wesentlichen Funktionen der steuerfreien Bank- oder Finanzdienstleistung erfülle. Das Betreiben eines automatisierten Überweisungssystems könne danach Gegenstand einer steuerfreien Leistung sein.
Gleichwohl hielt der BFH die Leistungen des Rechenzentrums in dem von ihm zu entscheidenden Streitfall für steuerpflichtig, da das Rechenzentrum gegenüber den Banken auch steuerpflichtige Leistungen allgemeiner Art erbracht hatte und der steuerfreie Leistungsbereich nicht hinreichend klar von den unstrittig steuerpflichtigen Leistungen abgegrenzt werden konnte.

§ 25 UStG bei Reiseleistungen im eigenen Namen auf fremde Rechnung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 26.6.2008, V B 42/07
Begründung.
Es ist die Frage durch die Rechtsprechung bereits mehrfach, auch nach Ergehen der anders lautenden Verwaltungsauffassung in Abschn. 32 Abs. 4 Satz 5 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 dahingehend entschieden, dass § 25 UStG auch bei der Ausführung von Reiseleistungen im eigenen Namen auf fremde Rechnung vorliegen kann (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 2. März 2006 V R 25/03, BFHE 213, 134, BStBl II 2006, 788, unter II. 2. c).
Auch die Frage, ob ein “Handeln ohne Vertriebsrisiko nur gegen Provision als Handeln für eigene Rechnung” angesehen werden kann, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Da ein Handeln für eigene Rechnung aus den o.g. Gründen nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 UStG zählt, ist die Frage nicht entscheidungserheblich.

Vorsteuervergütungsverfahren – Bindungswirkung der Unternehmerbescheinigung –

Die von einem anderen Mitgliedstaat für das Vorsteuervergütungsverfahren erteilte Unternehmerbescheinigung begründet die Vermutung, dass das betreffende Unternehmen in dem Mitgliedstaat, dessen Steuerverwaltung ihm die Bescheinigung ausgestellt hat, steuerpflichtig und ansässig ist. Die inländische Steuerverwaltung ist grundsätzlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an die Angaben dieser Bescheinigung gebunden (EuGH-Urteil vom 28. Juni 2007 Rs. C-73/06 –Planzer Luxembourg Sarl–, Slg. 2007, I-5655) .
Die Bindungswirkung der Unternehmerbescheinigung entfällt, wenn die inländische Steuerverwaltung bei Zweifeln an deren Richtigkeit aufgrund von Aufklärungsmaßnahmen (z.B. eigene Auskünfte des Steuerpflichtigen, Amtshilfe) Informationen erhält, aus denen hervorgeht, dass die in der Bescheinigung angegebene Anschrift weder dem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen entspricht noch die einer festen Niederlassung ist, von der aus der Steuerpflichtige seine Umsätze tätigt .

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 14.5.2008, XI R 58/06