Die Vertragsstrafen aus einem Sozietätsvertrages sind nicht steuerlich begünstigt

Die Vertragsstrafen aus einem Sozietätsvertrages sind nicht steuerlich begünstigt.

FG Hessen Urteil vom 27.06.2012, Az. 11 K 459/07

Begründung:

In dem anderen Verfahren (Az. 11 K 459/07) ging es um die Frage, ob eine Vertragsstrafe, die ein Rechtsanwalt und Notar an eine Rechtsanwalts- und Notarsozietät zu zahlen hatte, bei der Sozietät als laufende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder als steuerbegünstigte Entschädigung oder als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn zu behandeln ist. Im Streitfall hatte die Sozietät mit dem anderen Rechtsanwalt vereinbart, sich bis zum Abschluss eines zunächst nur beabsichtigten Sozietätsvertrages zuerst in Form einer Bürogemeinschaft in noch anzumietenden Räumen zusammenzuschließen. Der Rechtsanwalt nahm jedoch in der Folgezeit nicht an der vereinbarten Bürogemeinschaft teil, weshalb er später aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zum Ausgleich aller vertraglichen Ansprüche an die Sozietät einen erheblichen Betrag zu zahlen hatte.

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass es sich bei der Zahlung nicht um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach §§ 34,24 EStG, sondern um laufende Einkünfte der Sozietät aus selbstständiger Tätigkeit handele. Denn nach den konkreten Verhältnissen und nach dem Inhalt der Vereinbarung über eine Bürogemeinschaft sowie nach dem gerichtlichen Vergleich fehle es an Leistungen, die als Ersatz für den Wegfall von Einnahmen gewährt worden seien. Bei der streitigen Zahlung handele es sich vielmehr um die bereits im Vertrag über eine Bürogemeinschaft verabredete pauschale Vertragsstrafe. Damit fehle es an dem für die Annahme einer Entschädigung erforderlichen Wegfall der bisherigen Grundlage für den Erfüllungsanspruch. Der Sozietät sei auch weder dauerhaft die Grundlage für die Erzielung künftiger Einnahmen entzogen worden noch handele es sich um einen außergewöhnlichen Vorgang. Schließlich lägen auch nicht die Voraussetzungen für eine Tarifvergünstigung nach §§ 16,18 Abs. 3, 34 EStG vor, weil die Sozietät insbesondere keinen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgegeben habe.

 

Mietentschädigungen sind keine steuerbegünstigte Entschädigungen

Die Entschädigungszahlung für die Aufhebung eines gewerblichen Mietvertrages ist nicht steuerlich begünstigt.

FG Hessen Urteil vom 01.08.2012, 10 K 761/08

Begründung:

Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass die Abfindungszahlung, die der Kläger von dem neuen Eigentümer für die Auflösung des Mietverhältnisses erhalten hatte, keine steuerbegünstigte Entschädigung im Sinne der §§ 34,24 Einkommensteuergesetz (EStG) darstelle. Maßgeblich sei dabei die Sicht der Vertragsparteien. Dazu sei der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, heranzuziehen.

Nach dem Wortlaut der Vereinbarung des Klägers mit dem neuen Eigentümer sei die gesamte Abfindung jedoch ausschließlich als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung – steuerbegünstigt – als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit gezahlt worden sei, seien nicht zu erkennen. Gegenstand der Vertragsverhandlungen sei lediglich der Preis für die Entmietung gewesen, was das Vorliegen einer steuerbegünstigten Entschädigung für entgangenen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers ausschließe.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

Besteuerung von Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte an Sportveranstaltungen nach dem DBA-Österreich

Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 setzt nicht voraus, dass Vergütungen aus einer im anderen Staat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen werden. Es muss sich jedoch um Vergütungen handeln, die dem Sportler selbst gezahlt werden.

Bei Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte handelt es sich nicht um Einkünfte des Künstlers oder Sportlers

BFH Urteil vom 13.6.2012, I R 41/11

Begründung:

Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 13. Juni 2012 I R 41/11 entschieden, dass Vergütungen, die eine im Ausland ansässige Gesellschaft für die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten an Sportveranstaltungen von einer im Inland ansässigen Gesellschaft erhält, nicht in Deutschland besteuert werden können.

Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin, eine in Österreich ansässige GmbH, mit einer im Inland ansässigen Sportrechtevermarktungsgesellschaft Verträge über die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten abgeschlossen. Zweck der Überlassung war die Liveübertragung bzw. Aufzeichnung bestimmter internationaler Sportveranstaltungen im deutschen Fernsehen. Die inländische Gesellschaft zahlte entsprechende Vergütungen an die Klägerin aus, behielt jedoch Steuerabzugsbeträge ein, die an das zuständige Finanzamt abgeführt wurden. Die Klägerin beantragte daraufhin beim beklagten Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die Erstattung dieser einbehaltenen Beträge, da aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich (DBA-Österreich) Deutschland kein Besteuerungsrecht an diesen Vergütungen zustehe. Dem waren zunächst das BZSt und dann das Finanzgericht nicht gefolgt. Der BFH gab nun der Klägerin Recht.

Nach der Entscheidung des BFH ordnet das DBA-Österreich in seinem Art. 17 (zur Besteuerung von Künstlern und Sportlern) das Besteuerungsrecht dem anderen Vertragsstaat zu, in dem der Rechteinhaber ansässig ist (hier Österreich). Die Vergütungen für die Fernsehübertragungsrechte, welche vom Rechteinhaber erworben werden, werden geleistet, um die Sportveranstaltung im Fernsehen zeigen zu dürfen. In der Übertragung schlagen sich zwar maßgeblich auch die sportlichen Tätigkeiten der einzelnen Sportler nieder. Bei Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte handelt es sich aber nicht um Einkünfte des Sportlers selbst. Dies ist nach Auffassung des BFH aber Voraussetzung, um zu einer Besteuerung dieser Einkünfte im Quellenstaat (hier Deutschland) kommen zu können.

 

Teilweise Nichtberücksichtigung von Anschaffungskosten nach Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

Die ursprünglichen Anschaffungskosten eines nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters für den Erwerb der Gesellschaftsanteile einer GmbH mindern, nachdem die GmbH formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt worden ist, nicht den Gewinn aus einer späteren Veräußerung des Mitunternehmeranteils.

BFH Urteil vom 12.7.2012, IV R 39/09

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12. Juli 2012 IV R 39/09 entschieden, dass die Anschaffungskosten einer nicht wesentlichen GmbH-Beteiligung bei einer späteren Veräußerung der Anteile nicht zu berücksichtigen sind, nachdem die GmbH zuvor formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt worden ist.

Der Rechtsformwechsel einer GmbH in eine Personengesellschaft ist auf Grund des Regimewechsels von der Besteuerung der Körperschaft zur Besteuerung der Gesellschafter mit erheblichen steuerlichen Übergangsproblemen behaftet. Diese resultieren insbesondere aus den unterschiedlichen Beteiligungsformen der Gesellschafter. So können die Beteiligungen im steuerverstrickten Betriebsvermögen und je nach Beteiligungshöhe im steuerverstrickten oder nicht steuerverstrickten (sog. nicht wesentliche Beteiligung) Privatvermögen gehalten werden. Der Gesetzgeber hat im Umwandlungssteuergesetz an die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft. Für den Fall der nicht wesentlichen Beteiligung sieht das Umwandlungssteuergesetz vor, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten der Beteiligung nach der formwechselnden Umwandlung der GmbH in eine Personengesellschaft nicht mehr zu berücksichtigen sind. Dies hat zur Folge, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten den Gewinn einer späteren Veräußerung der Mitunternehmeranteile nicht mindern. Insbesondere bei einer zeitnahen Veräußerung der Mitunternehmeranteile nach dem Formwechsel ergeben sich Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundsatz, dass Anschaffungskosten bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns abgezogen werden können.

Der BFH hat dies vom Gesetzgeber erkannte und ausdrücklich gewollte Ergebnis gleichwohl auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten bestätigt. Dabei hat er sich maßgeblich davon leiten lassen, dass der nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter zivilrechtlich die Möglichkeit hatte, dem Formwechsel zu widersprechen und die Anteile zum Verkehrswert an die Gesellschaft zu veräußern.

 

Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, können auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.

BFH Urteil vom 20.6.2012, IX R 67/10

Begründung (BFH):

Mit Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Schuldzinsen für ein Darlehen, das ursprünglich zur Finanzierung von Anschaffungskosten einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommen wurde, grundsätzlich auch dann noch als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, wenn das Gebäude veräußert wird, der Veräußerungserlös aber nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen.

Der Kläger hatte 1994 ein Wohngebäude erworben, dieses vermietet und hieraus Einkünfte erzielt. Im Jahr 2001 veräußerte er das Gebäude mit Verlust. Mit dem Veräußerungserlös konnten die bei der Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen nicht vollständig abgelöst werden; dadurch musste der Kläger auch im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden. Das Finanzamt erkannte die vom Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung für 2004 geltend gemachten „nachträglichen Schuldzinsen“ nicht als Werbungskosten an.

Der BFH gab dem Kläger Recht; die geltend gemachten Schuldzinsen seien zu Unrecht nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden. Der BFH hielt damit an seiner bisherigen – restriktiveren – Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht länger fest. Der BFH begründet seine Rechtsprechungsänderung sowohl mit der im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, Wertsteigerungen bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken innerhalb einer auf 10 Jahre erweiterten Frist zu erfassen, als auch mit der gesetzestechnischen Verknüpfung von privaten Veräußerungsgeschäften mit einer vorangegangenen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks durch die Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes, welche bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem steuerbaren Grundstücksveräußerungsgeschäft strukturell der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt werde. Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, den nachträglichen Schuldzinsenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf den im Streitfall zu entscheidenden Sachverhalt auszuweiten und damit die notwendige steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Gewinn- und bei den Überschusseinkünften wieder herzustellen.

 

Grundstückserwerb vom früheren Ehegatten ist nur dann nicht grunderwerbsteuerpflichtig, wenn die Scheidung Anlass für die Vermögensübertragung war

Grundstückserwerb vom früheren Ehegatten ist nur dann nicht grunderwerbsteuerpflichtig, wenn die Scheidung Anlass für die Vermögensübertragung war.

Überträgt ein geschiedener Ehegatte seinen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück auf seinen ehemaligen Ehepartner, fällt nur dann keine Grunderwerbsteuer an, wenn Anlass für die Vermögensübertragung die Scheidung und nicht andere Gründe waren. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden

Hessisches Finanzgericht Urteil  vom 10. Mai 2012,  5 K 2338/08

Begründung (FG):

Überträgt ein geschiedener Ehegatte seinen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück auf seinen ehemaligen Ehepartner, fällt nur dann keine Grunderwerbsteuer an, wenn Anlass für die Vermögensübertragung die Scheidung und nicht andere Gründe waren. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az. 5 K 2338/08).

Die Klägerin und ihr ehemaliger Ehegatte waren seit 1990 je zur Hälfte Eigentümer eines Hauses mit Grundstück. Die Ehe wurde im Jahre 2005 geschieden, wobei lediglich ein Versorgungsausgleich durchgeführt wurde; weitere Vereinbarungen über die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens wurden nicht getroffen. Nach der Scheidung bewohnten die eine Wohnung des Hauses der geschiedene Ehemann und die andere Wohnung des Hauses die Mutter der Klägerin. Die Mutter starb im Jahre 2007. Zwei Monate nach dem Tod der Mutter übertrug der ehemalige Ehemann, der sich zwischenzeitlich mit seiner neuen Partnerin für einen Hausneubau entschieden hatte, seinen hälftigen Miteigentumsanteil auf die Klägerin.

Das Finanzamt versagte diesbezüglich die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Ziffer 5 Grunderwerbsteuergesetz, weil erst gravierende Veränderungen der Lebensverhältnisse, nämlich der Tod der Mutter sowie der Hausneubau mit neuem Partner und nicht die Scheidung als solche zur Grundstücksübertragung geführt hätten. Die Klägerin machte dagegen geltend, dass es sich um den klassischen Fall einer Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung handele, der von der Grunderwerbsteuer ausgenommen sei.

Das Hessische Finanzgericht wies die Klage ab. Nach § 3 Ziffer 5 Grunderwerbsteuergesetz sei zwar der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung ohne zeitliche Beschränkung von der Besteuerung ausgenommen. Im Streitfall fehle es jedoch an der erforderlichen Ursächlichkeit der Scheidung für die Vermögensauseinandersetzung. Anlass für die Vermögensübertragung sei vielmehr der Tod der Mutter gewesen. Die Vermögensauseinandersetzung sei nach der Scheidung zunächst verschoben worden, weil der Mutter die dauerhafte Grundstücksnutzung ermöglicht worden sei. Dies betreffe aber nicht die eigentlichen ehelichen Beziehungen der früheren Eheleute und damit auch nicht den Begünstigungszweck der gesetzlichen Steuervergünstigung des § 3 Ziffer 5 Grunderwerbsteuergesetz.

 

Recht auf Akteneinsicht nur in die dem Gericht vorliegenden Akten

Recht auf Akteneinsicht nur in die dem Gericht vorliegenden Akten

BFH Beschluss vom 16.7.2012, IX B 67/12

Begründung:

Ein Verstoß gegen § 78 Abs. 1 FGO liegt nur dann vor, wenn dem Kläger Akteneinsicht ausdrücklich verwehrt wurde. Dies macht der Kläger selbst nicht geltend; vielmehr hat er sein Recht auf Akteneinsicht lediglich nicht wahrgenommen, weil er der Auffassung war, die Akten seien "nicht vollständig". Dem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, sich Akteneinsicht zu verschaffen. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begründet der Gehörsanspruch auch keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Akten, die dem Gericht von der Finanzbehörde nicht zur Verfügung gestellt worden sind und ihm folglich nicht vorliegen; vielmehr besteht lediglich das Recht der Beteiligten, in die dem Gericht vorliegenden Gerichtsakten –einschließlich der beigezogenen Akten– Einsicht zu nehmen.

 

Verletzung rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Beiziehung von Ermittlungsakten

Verletzung rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Beiziehung von Ermittlungsakten

BFH Beschluss vom 26.7.2012, IX B 164/11

Begründung:

Nach § 96 Abs. 2 FGO darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Es handelt sich bei dieser Vorschrift um eine Ausgestaltung des durch Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör, dessen Verletzung einen absoluten Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 3 FGO darstellt. Zieht das Gericht die Akten eines anderen Verfahrens bei, so sind die Beteiligten davon zu benachrichtigen (§ 79 Abs. 2, § 155 i.V.m. § 273 Abs. 4 der Zivilprozessordnung). Eine Mitteilung über die Beiziehung von Akten kann selbst dann nicht unterbleiben, wenn den Prozessbeteiligten der Inhalt der Akten vollständig bekannt ist. Denn diese Kenntnis bedeutet noch nicht, dass sich die Beteiligten zu diesen Tatsachen äußern konnten. Sie müssen   im anhängigen Verfahren   von der möglichen Verwertung der Akten erfahren. Nur dann besteht für sie ein Anlass zur Stellungnahme unter Berücksichtigung des Inhalts der beigezogenen Akten.

Das FG hat strafrechtliche Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft X beigezogen, Teile davon kopiert und den FG-Akten hinzugefügt, ohne die Beteiligten darüber zu informieren oder ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu deren Inhalt zu geben. Die Klägerin erfuhr erst durch den Inhalt der Vorentscheidung von der Beiziehung. Das FG informierte die Klägerin darüber ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 20. September 2011 nicht schon in der mündlichen Verhandlung. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners und Beklagten (Finanzamt) sind die Ermittlungsakten dort nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, indem der Berichterstatter den Inhalt der Akten vortrug. Zwar mag es sein, dass sich der wesentliche Inhalt der Akten grundsätzlich im Tatbestand des angefochtenen Urteils widerspiegelt, das in seinem Tatbestand einen Hinweis auf die Beiziehung enthält. Indes folgt daraus nicht, dass der Berichterstatter den im Urteil formulierten Tatbestand auch wörtlich vorgelesen hat. Der Vortrag des wesentlichen Inhalts der Akten gemäß § 92 Abs. 2 FGO ist vielmehr eine gedrängte Darstellung des Sachverhalts (vgl. dazu Schallmoser in HHSp, § 92 FGO Rz 39; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 92 Rz 6), die naturgemäß nicht jedes Detail enthält, das im Tatbestand des Urteils aufgeführt ist.


Das FG hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft nicht nur vorsorglich beigezogen, sondern sie ersichtlich für die Entscheidung des Streitfalls als ergiebig angesehen und verwertet. Es hat auf S. 15 seines Urteils auf die Ermittlungsakten explizit Bezug genommen und ihnen Hinweise zu den Lebenshaltungskosten der Klägerin entnommen, die in die Gesamtwürdigung des Sachverhalts offenkundig eingeflossen sind. So stellt das Urteil auf S. 28 unten maßgeblich auf den "gemeinsam gepflegten Lebensstil" ab.

Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist überdies schlüssig erhoben worden und enthält den substantiierten Vortrag der Klägerin, zu welchem Inhalt der vom FG beigezogenen und ohne ihr Wissen verwerteten Ermittlungsakten sie sich nicht hat äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass bei der Berücksichtigung ihres Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (zu den Darlegungsvoraussetzungen vgl. zusammenfassend.

Tauschgeschäft zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter

Tauschgeschäft zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter

BFH Beschluss vom 9.7.2012, III B 66/11

Begründung:

Das FA macht geltend, das FG habe seinem Urteil den abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt, die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts bei Erwerb durch Tausch bestimmten sich nach dem gemeinen Wert des empfangenen, nicht nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts. Hierdurch weiche das FG von dem in dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) ) aufgestellten Rechtssatz ab, wonach für die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts bei Erwerb gegen Verzicht auf eine Forderung nicht der Marktwert des empfangenen Wirtschaftsguts, sondern der gemeine Wert der Forderung maßgeblich sei.

Das FG hat jedoch den vom FA behaupteten abweichenden abstrakten Rechtssatz nicht aufgestellt. Ein solcher Rechtssatz kann sich zwar auch aus scheinbar nur fallbezogenen Ausführungen des FG ergeben. Der Entscheidung des FG liegt aber der Standpunkt zugrunde, dass sich die Anschaffungskosten des empfangenen Wirtschaftsguts –wie in § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG geregelt– nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts bemessen. Dementsprechend hat das FG in seinem Urteil (unter I.3.a und b der Entscheidungsgründe) die Anschaffungskosten der nachgelieferten zwei Maschinen anhand der Zuzahlung und dem Wert des Anspruchs auf Vertragsstrafe bestimmt. Auch wenn das FG bei der Ermittlung des Werts des genannten Anspruchs die Marktpreise der zuvor gelieferten acht Maschinen mitberücksichtigt hat, liegt hierin keine Abweichung im Grundsätzlichen, sondern, wenn überhaupt, eine rechtlich unzutreffende Ermittlung des gemeinen Werts des hingegebenen Wirtschaftsguts (Anspruch auf Vertragsstrafe) im Einzelfall. Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass auch der BFH in einem Fall, in dem die Ermittlung bzw. Schätzung des gemeinen Werts des hingegebenen Wirtschaftsguts außerordentlich schwierig oder gar unmöglich war, es für zulässig erachtete, den gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts anhand des gemeinen Werts des empfangenen Wirtschaftsguts zu bestimmen.

 

Zurückbehaltene Forderungen bei Einbringung

Zurückbehaltene Forderungen bei Einbringung

BFH Beschluss vom 26.6.2012, VIII R 41/09

Begründung:

Streitig ist, ob die bei der Einbringung einer freiberuflichen Praxis in eine Sozietät zurückbehaltenen Honorarforderungen erfolgswirksam im Rahmen der Übergangsbesteuerung oder als (fingierte) Privatentnahme oder erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen sind.

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat bereits entschieden, dass Forderungen, die im Rahmen einer Praxiseinbringung zurückbehalten werden, nicht zwangsläufig in das Privatvermögen des Einbringenden übergehen. Erklärt der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich eine Entnahme der zurückbehaltenen betrieblich begründeten Forderungen ins Privatvermögen, kann er diese auch ohne Betrieb als Restbetriebsvermögen behandeln und schrittweise einziehen . Der erkennende Senat hat zu entscheiden, ob er sich dieser Rechtsprechung anschließt und ob der Einbringende seine Forderungen ggf. in einem bestimmten Abwicklungszeitraum einziehen muss.