Verpflegungsmehraufwand eines Arbeiters, der einer Fährstelle zugewiesen wurde

Ein einer Fährstelle des Nord-Ostsee-Kanals zugewiesener Arbeiter übt keine Fahrtätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG aus und kann deswegen keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend machen.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil 13.12.2011, 5 K 161/08

Begründung:

Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG, der für die Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nicht selbstständiger Tätigkeit gemäß § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß anzuwenden ist, sind Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar. Eine Ausnahme davon gilt dann, wenn der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig oder wenn der Steuerpflichtige bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 2 und 3 EStG). Der BFH hat in diesem Zusammenhang zur Auswärtstätigkeit eines Seemannes entschieden, dass ein auf einem Schiff eingesetzter Seemann eine Fahrtätigkeit ausübt und sich auf Auswärtstätigkeit befindet (vgl. BFH Urteil vom 24. Februar 2011 VI R 66/10 BFH/NV 2011, 908).

Eine Fahrtätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Fahrten nicht von einem Tätigkeitsmittelpunkt im Sinne einer regelmäßigen Arbeitsstätte antritt (vgl. BFH Urteile vom 11. Mai und 16. November 2005, BStBl. II 2005, 788 und 789 sowie BStBl. II 2006, 267). Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauernd angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist im Regelfall der Betrieb oder die ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig aufsucht. Der zeitliche Umfang, mit welchem der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte beruflich tätig wird, ist nicht von Belang. Eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers stellt auch dann eine regelmäßige Arbeitsstätte dar, wenn der Arbeitnehmer diesen Ort stets nur aufsucht, um die täglichen Aufträge entgegen zu nehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten oder wenn er dort ein Dienstfahrzeug übernimmt, um damit anschließend von der einen Arbeitsstätte aus eine Auswärtstätigkeit (Fahr- oder Einsatzwechseltätigkeit) anzutreten (vgl. BFH Urteil vom 11. Mai 2005 VI R 16/04 BStBl. II 2005, 789).

Dies vorausgeschickt übt der Kläger nach Überzeugung des Senats vorliegend keine Fahrtätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG aus. Vielmehr tritt der Kläger seinen Dienst auf der Kanalfähre … immer über die Fähranleger nördlich oder südlich des Kanals an. Die beiden Fähranleger, in deren Nähe die der Fährstelle zugeordneten Arbeitskräfte ihre PKW abstellen können, sind aber Teil der Arbeitsstätte des Klägers, nämlich der „Fährstelle ….“ Dieser Arbeitsstätte ist der Kläger arbeitsvertraglich zugeordnet. Sofern denn in Bezug auf die Pendeltätigkeit der Kanalfähre zwischen den zwei Fähranlegern begrifflich überhaupt von einer Fahrtätigkeit im Sinne der Regelungen zu den Verpflegungsmehraufwendungen gesprochen werden kann, würde diese Fahrtätigkeit jedenfalls von einem Tätigkeitsmittelpunkt, der eine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt, angetreten werden. Dabei ist es unmaßgeblich, wie lange sich der Kläger an den Fähranlegern aufhält und ob er sich dort verpflegen kann. Ausreichend und entscheidend ist, dass der Kläger seinen Dienst notwendig und sich ständig wiederholend von diesem Ort antritt und den Dienst auch an diesem Ort beendet. Damit unterscheidet sich der Kläger nicht von einem Linienbusfahrer, der seinen Fahrdienst regelmäßig an einem Busdepot beginnt.

Steuerfreie Mahlzeiteneinnahme bei Betreuern eines Kinderheims

In der unentgeltlichen Gestellung von Mahlzeiten des Betreibers eines Kinderheims an die bei ihm angestellten Betreuer der Kinder liegt dann lediglich eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen und kein lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn eine arbeitsvertraglich verpflichtende Weisung zur Teilnahme an den gemeinsam mit den Kindern einzunehmenden Mahlzeiten besteht und diese Maßnahme einerseits der Überwachung der Kinder während der Mahlzeiten dient, zum anderen mit der gemeinsamen Essensaufnahme das Ziel verfolgt wird, eine familienähnliche Alltagstrukturierung zu erreichen.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil von 23.01.2012, 5 K 64/11

Begründung:

Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die „für seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Diesem Tatbestandsmerkmal ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für die zur Verfügung stellende Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen . Der Arbeitslohncharakter kann dann verneint werden, wenn der Vorteil in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt wird. Da eine betriebliche Veranlassung jeder Art von Lohnzahlung zu Grunde liegt, muss sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und insbesondere Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergeben, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesses des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse.

Ob sich eine unentgeltliche oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ergibt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Zuwendung ausschließlich oder ganz überwiegend der Entlohnung des Arbeitnehmers dient, ist der geldwerte Vorteil in voller Höhe Arbeitslohn. Ergibt die Würdigung demgegenüber, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist (vgl. BFH, Urteil vom 11. März 2010 VI R 7/08, BFHE 228, 505, BStBl II 2010 763). In diesem Zusammenhang ist bspw. die ehrenamtlichen Helfern von Wohlfahrtsverbänden, die Kinder und Jugendliche auf Ferienreisen betreuen, unentgeltlich gewährte Unterkunft und Verpflegung nicht als steuerpflichtiger Sachbezug angesehen worden, wenn eine der wesentlichen Aufgaben der Helfer in der Überwachung der Teilnehmer während des Essens und Schlafens besteht und diese Tätigkeit während der gesamten Dauer des Aufenthalts ausgeübt werden muss (vgl. BFH, Urteil vom 28. Februar 1975 VI R 28/73, BFHE 115, 342, BStBl II 1976, 134). Demgegenüber wird in der Gewährung von Verpflegungsleistungen an Haus-, Hotel- oder Krankenhausangestellte in der Regel steuerpflichtiger Arbeitslohn gesehen.

Hiervon ausgehend hat der Beklagte zu Unrecht in der unentgeltlichen Gewährung der Mahlzeiten an die Betreuer einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil erblickt. Nach Würdigung der Gesamtumstände ist vielmehr anzunehmen, dass im Streitfall der in der unentgeltlichen Essensabgabe liegende Vorteil für die Betreuer nahezu ausschließlich eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung ist.

Aufwendungen eines Arztes für ein Theologiestudium nicht als Werbungskosten abziehbar

Aufwendungen für ein Theologiestudium als Fortbildungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit kann bei einem Arzt nicht berücksichtigt werden.

Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz Urteil vom 20. Juni 2012 (Az.: 3 K 1240/10)

Begründung:

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, Aufwendungen für eine solche Bildungsmaßnahme seien als WK abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit bestehe. Ob die Bildungsaufwendungen aus beruflichem Anlass getätigt würden oder ob es sich um privat veranlasste Aufwendungen handele, sei anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Im Streitfall habe der Kläger das Theologiestudium nicht begonnen, um einen theologischen Abschluss anzustreben, sondern um seine Kommunikationsfähigkeit beim Umgang mit Patienten in lebensbedrohenden Situationen zu verbessern. Nach der Beschreibung des Grundaufbaus des Studiums sei – bei den sehr umfangreichen Fachgebieten – für das Gericht jedoch nicht ersichtlich, dass der Aspekt der seelsorgerisch/psychologischen Betreuung überhaupt eine ausschlaggebende Rolle spiele. Die Kompetenzen, die der Kläger mit dem Theologiestudium erlangen möchte, würden in diesem Studium nur am Rande berührt. Die Aspekte, bei denen der Kläger einen Fortbildungsbedarf für seine Berufsausübung sehe, seien bei einem Theologiestudium nur von ganz untergeordneter Bedeutung und die Interessen der übrigen Studierenden seien vollkommen andere, als die des Klägers. An einem objektiv feststellbaren, hinreichend konkreten Zusammenhang der Aufwendungen zu der ärztlichen Tätigkeit des Klägers fehle es demnach im Streitjahr.

Ort der Leistung für die von einem Reiseveranstalter im Rahmen von Pauschalreisepaketen mitverkaufte Verpflegung von Hotelgästen im Ausland

Die Verpflegung von Hotelgästen stellt eine Nebenleistung zur Übernachtung dar, die als Teil der Gesamtleistung gem. § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG am Ort des Hotels steuerbar ist.

Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Urteil vom 19.09.2011, 5 K 319/10 (Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt)

Begründung:

Zu Unrecht hat der Beklagte darin Umsatzerlöse in Höhe von 43.781,11 € der Umsatzsteuer unterworfen. Bei diesen von der Klägerin erbrachten Restaurationserlösen handelt es sich um Nebenleistungen zur Unterbringung, die nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG im übrigen Gemeinschaftsgebiet am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels steuerbar sind.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. Urteile des EuGH vom 25.02.1999 Rs. C-349/96, Card Protection Plan Ltd. –CPP–, Slg. 1999, I-973 Rn. 28 ff.; vom 27.10.2005 Rs. C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433 Rn. 19 ff., und vom 21.06.2007 Rs. C-453/05, Ludwig, Slg. 2007, I-5083, BFH/NV Beilage 2007, 398 Rn. 17 f.; und des BFH vom 09.06.2005 V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98 m.w.N.) ist zum einen jede Leistung in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Nach dem EuGH-Urteil vom 22.10.1998 Rs. C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin (Slg. 1998, I-6229, HFR 1999, 129) stellen gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen, auf die im Verhältnis zur Unterbringung nur ein geringer Teil des Pauschalbetrags entfällt und die zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehören, für die Kundschaft das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, so dass es sich um Nebenleistungen handelt. Nach diesem zu einem pauschalen Leistungspaket, bestehend aus einer Hotelunterbringung mit Halbpension und Busbeförderung, ergangenen EuGH-Urteil (Rn. 24 bis 26) "ist es üblich, dass Wirtschaftsteilnehmer wie Hoteliers, die gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen erbringen, bei Dritten bezogene Leistungen in Anspruch nehmen, die nicht nur einen im Vergleich zu den Umsätzen, die die Unterbringung betreffen, geringen Teil des Pauschalbetrags ausmachen, sondern auch zu den traditionellen Aufgaben dieser Wirtschaftsteilnehmer gehören. Diese von Dritten bezogenen Leistungen erfüllen somit für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern stellen das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung dieses Wirtschaftsteilnehmers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. In einem solchen Fall bleiben die bei Dritten bezogenen Leistungen gegenüber den Eigenleistungen reine Nebenleistungen; der Wirtschaftsteilnehmer unterliegt somit nicht der Besteuerung nach Artikel 26 der Sechsten Richtlinie. Bietet jedoch ein Hotelier seinen Kunden neben der Unterbringung regelmäßig auch Leistungen an, die über traditionelle Aufgaben der Hoteliers hinausgehen und deren Erbringung nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Pauschalpreis bleiben kann, wie etwa die Anreise zum Hotel von weit entfernten Abholstellen aus, so können solche Leistungen nicht reinen Nebenleistungen gleichgestellt werden" (BFH-Urteil vom 15.01.2009 V R 9/06, BFHE 224, 166, BStBl II 2010, 433).

Unerheblich ist, dass die Klägerin selbst kein Hotelier ist und die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen nicht unmittelbar gegenüber den Hotelgästen, sondern gegenüber anderen Unternehmern ausgeführt hat. Denn den Reiseunternehmern als Empfänger der von der Klägerin erbrachten Leistungen kam es entscheidend darauf an, Pauschalpakete aus Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen zusammen mit anderen Leistungspaketen zu erwerben, um diese als einheitliche Leistung gegenüber Reisenden anbieten zu können.

Die Klägerin ist Paketanbieterin und biete fast ausschließlich komplette Reisen ins Ausland an. Sie verkaufe Leistungspakete an Reiseunternehmen, die diese wiederum als Pauschalreisen anböten. Die Leistungspakete umfassten Übernachtungsleistungen mit Halb- und Vollpension sowie ergänzende Leistungen in Form von Ausflügen, Besichtigungen, Exkursionen etc.. Die streitbefangenen Leistungen unterliegen nicht gem. § 25 UStG der Umsatzsteuer. § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass die vom Unternehmer erbrachten Reiseleistungen nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers erbracht werden. Für Reiseleistungen an andere Unternehmer ist § 25 UStG daher nicht anwendbar.

Privatfakten bei einem GmbH-Geschäftsführer

Auch bei einem GmbH-Geschäftsführer streitet der Anscheinsbeweis nur dann für die Privatnutzung eines Dienstwagens, wenn der Wagen zur privaten Nutzung überlassen wurde.
Fahrten im Interesse eines anderen Unternehmens stellen keine Privatfahrten dar, wenn der Gesellschafter die Fahrten gestattet.

Niedersächsisches Finanzgericht 3. Senat, Urteil vom 08.02.2012, 3 K 406/10 (Revision eingelegt)

Begründung:

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nicht um einen geldwerten Vorteil für die private Nutzung eines dienstlich überlassenen Kraftfahrzeugs zu erhöhen. Einnahmen sind gem. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-7 EStG zufließen. Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeuges zu privaten Fahrten ist nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kalendermonat 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Kann das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der Wert für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG).

Die Einkünfte der Klägerin sind nicht um einen entsprechenden Nutzungsvorteil zu erhöhen, weil der Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass die Klägerin das ihr überlassene betriebliche Fahrzeug auch zu privaten Fahrten nutzt. Dies geht zum Nachteil des Beklagten, der insoweit die Feststellungslast trägt.

Die Anwendung der 1 %-Regelung setzt indessen voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hatte. Denn § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG begründet ebenso wenig wie § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG originär einen steuerbaren Tatbestand, sondern bewertet lediglich der Höhe nach einen Vorteil, der dem Grunde nach feststehen muss. Dementsprechend bezeichnet die ständige Rechtsprechung des BFH die 1 %-Regelung auch als eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung, die nicht zur Anwendung kommt, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (BFH Urteile vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BStBl II 2003, 472; vom 7. November 2006 VI R 19/05, BStBl II 2007, 116.). Der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils rechtfertigt sich deshalb nur insoweit, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen. Die unbefugte Privatnutzung des betrieblichen PKW hat dagegen keinen Lohncharakter. Denn ein Vorteil, den der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers erlangt, wird nicht "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt und zählt damit nicht zum Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG.

Im Streitfall ist der Klägerin nach ihrem Anstellungsvertrag die private Nutzung des Porsches 911 ausdrücklich untersagt. Damit greift nach der neueren Rechtsprechung des VI. BFH der Anscheinsbeweis nicht ein. Soweit nicht das Nutzungsverbot nur zum Schein ausgesprochen wurde (BFH Urteil vom 6. Oktober 2011 VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408), streitet der aus der Lebenserfahrung abgeleitete Beweis des ersten Anscheins nicht dafür, dass die Klägerin den ihr zur ausschließlich dienstlichen Nutzung überlassenen Pkw abredewidrig für Privatfahrten verwendet.

Allerdings verkennt das Gericht nicht, dass sich der Sachverhalt insoweit von den jüngst vom VI. Senat des BFH entschiedenen Fällen dadurch unterscheidet, dass die Klägerin nicht Angestellte, sondern Geschäftsführerin der G Baugesellschaft GmbH war. Der VI. Senat des BFH hat in seiner Argumentation unter anderem darauf abgestellt, dass ein Arbeitnehmer, würde er sich über ein arbeitsvertragliches Nutzungsverbot hinwegsetzen, arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zur Kündigung zu gewärtigen hätte oder sich unter Umständen gar einer Strafverfolgung aussetzen würde (BFH Urteil vom 6. Oktober 2011 VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408). Dieses Argument versagt hingegen im Streitfall. Denn die Klägerin ist Alleingeschäftsführerin der G Baugesellschaft GmbH; es gibt keinen ihr übergeordneten Bediensteten, der auf die Einhaltung des Nutzungsverbots dringen und bei Verstoß gegen das Nutzungsverbot ihr gegenüber Sanktionen verhängen oder gegebenenfalls eine Kündigung aussprechen könnte. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der mit ihr zusammenveranlagte Ehemann, der Kläger, zu 50 % an der G Baugesellschaft GmbH beteiligt ist und die übrigen Anteile von den beiden Söhnen des Klägers gehalten werden. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen unerlaubter Privatnutzung des Pkw wäre auf die Höhe des Familienvermögens ohne Einfluss; eine Kündigung der Klägerin würde die Einkommenssituation der Familie eher schädigen, weil gegebenenfalls ein familienfremder Geschäftsführer bestellt werden müsste.

Dennoch bleibt es auch in einer solchen Sachverhaltskonstellation dabei, dass es an einer bewussten Überlassung des Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Geschäftsführer fehlt und so kein Vorteil „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wird. Das Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung der oben zitierten Umsatzsteuersenate des BFH nicht, sondern schließt sich der Rechtsprechung des VI. Senats des BFH (Urteil vom 21. April 2010 VI R 46/08, BStBl. II 2010, 848) an.

Gewerblicher Grundstückshandel bei Übernahme des letzten Grundstücks einer Grundstückshandels-GbR

Gewerblicher Grundstückshandel bei Übernahme des letzten Grundstücks einer Grundstückshandels-GbR.

BFH Beschluss vom 20.6.2012, X B 165/11

Begründung:

Soweit das FA den Sachverhalt in der Beschwerdebegründung dahingehend würdigt, dass die Übertragung des Grundstücksanteils zu einer Betriebsaufgabe der GbR geführt habe, weil V eine Darlehensverbindlichkeit zurückbehalten habe, die letzten Grundstücksverkäufe bereits mehr als fünf Jahre zurückgelegen hätten und der Kläger zunächst Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt habe, ist dies im Verfahren über die Zulassung der Revision unbeachtlich.

Vorsteuerabzug bei Bezug von Grundstückssanierungsleistungen

Der Vorsteuerabzug bei Bezug von Grundstückssanierungsleistungen ist von der wWirtschaftlichen Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu den Verwendungsumsätzen abhängig.

BFH Urteil vom 14.3.2012, XI R 23/10

Begründung:

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist aber die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Der Steuerpflichtige ist nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zum Vorsteuerabzug befugt, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Dieses Recht gilt auch für den Abzug der geschuldeten oder entrichteten Steuer für Investitionen, die für die Zwecke der noch erst beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigt werden unter der Voraussetzung, dass die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden ist und durch objektive Anhaltspunkte belegt wird.

Das Recht auf Abzug der Steuer für die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen setzt voraus, dass die für den Bezug dieser Leistungen getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören. Die Aufwendungen müssen Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden. Daher müssen die Kostenelemente in der Regel entstanden sein, bevor der Steuerpflichtige die besteuerten Umsätze ausführt, denen sie zuzurechnen sind.

Die Aufwendungen für die Sanierungsleistungen gehören  jedenfalls im Streitfall nicht zu den Kostenelementen der früheren Ausgangsumsätze der …verarbeitenden GmbH . Denn eine solche Einordnung ließe unberücksichtigt, dass die Aufwendungen erst entstanden sind, nachdem der Betrieb der GmbH eingestellt worden war, und dass der Kläger die streitigen Sanierungsleistungen von Beginn an im Hinblick auf die beabsichtigte (steuerfreie) Grundstücksveräußerung bezogen und sich im Kaufvertrag vom 20. Juni 2000 gegenüber der KG zur Grundwassersanierung und zum Abbruch der Betriebsgebäude verpflichtet hat.

Ernstliche Zweifel an Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze aus der Veranstaltung von Fahrsicherheitstrainings

Ernstliche Zweifel an Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze aus der Veranstaltung von Fahrsicherheitstrainings

BFH Beschluss vom 10.7.2012, V B 33/12

Begründung:

Der daraufhin beim Finanzgericht (FG) gestellte Antrag auf AdV hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, hinsichtlich der streitbefangenen Umsätze bestünden keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geänderten Umsatzsteuerbescheides, da der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG nicht hinreichend belegt und nachgewiesen habe. Fahrsicherheitstraining, das die Teilnehmer in der Beherrschung ihres Fahrzeuges in Gefahrensituationen ausbilden soll, sei nicht ohne weiteres als Fortbildung zu beurteilen. Die sichere Beherrschung eines Fahrzeuges in einer Gefahrensituation sei für die Ausübung eines Berufes nicht zwingend erforderlich. Zwar könne ein Fahrsicherheitstraining auch außerhalb der nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz erforderlichen Qualifikationen einer beruflichen Fortbildung dienen. Hierfür könne es ausreichen, dass der Teilnehmer an einem solchen Fahrsicherheitstraining aus beruflichen –nicht nur privaten– Gründen auf ein Kraftfahrzeug und dessen Beherrschung in Gefahrensituationen angewiesen sei und dieses hierfür –und nicht nur, um zu seiner regelmäßigen Arbeitsstelle zu gelangen– auch regelmäßig und nicht nur gelegentlich nutze.

Darüber hinaus sei eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG ausgeschlossen, weil der Beschwerdeführer ausweislich seines Jahresabschlusses die streitbefangenen Umsätze weder in seinem ideellen Bereich noch in seinem Zweckbetrieb, sondern in seinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erlöst habe. Der Grundgedanke, der § 64 der Abgabenordnung (AO) zugrunde liege, gebiete es, auch dann, wenn ein –im Übrigen gemeinnütziger– Verein Leistungen nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG im Rahmen seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ausführe, ihm die Steuervergünstigung nur zuzubilligen, wenn es sich dabei um einen Zweckbetrieb handele. Der Steuerbarkeit der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe liege der Gedanke zugrunde, die steuerpflichtigen privaten Unternehmen im Wettbewerb nicht zu schädigen; die Wettbewerbsgleichheit solle gewahrt werden. Ein vergleichbarer Gedanke liege auch Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) bzw. nunmehr Art. 134 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) zugrunde. Der Beschwerdeführer stehe mit seinem Fahrsicherheitstraining in einem Wettbewerb zu vergleichbaren Angeboten privater Anbieter oder von Verkehrsclubs. Ihm die Steuerbefreiung zuzubilligen, den anderen Anbietern indes nicht, würde zu einer Verzerrung des Wettbewerbes führen.

Zweitgutachten zur Feststellung des Grads der Behinderung

Zweitgutachten zur Feststellung des Grads der Behinderung.

BFH Beschluss vom 29.6.2012, III S 35/11 (PKH)

Begründung:

Nach § 82 FGO i.V.m. § 411a ZPO darf das FG die schriftliche Begutachtung durch die Verwertung eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzen. Entscheidet sich das Gericht für die Verwertung, dann ist das "Fremdgutachten" als vollwertiger Sachverständigenbeweis zu behandeln . Erachtet das Gericht das Gutachten aus einem anderen Verfahren für ungenügend, dann kann es eine neue Begutachtung durch dieselben oder andere Sachverständige anordnen (§ 82 FGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Wie der Wortlaut der §§ 411a und 412 Abs. 1 ZPO ("kann") deutlich macht, steht sowohl die Verwertung des "Fremdgutachtens" als auch die Einholung eines Zweitgutachtens im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung gutachterlicher Stellungnahmen absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer zusätzlichen Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Dies gilt auch für die Einholung eines Zweitgutachtens. Ein solches ist insbesondere dann einzuholen, wenn die Einschätzung des Erstgutachters nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht, widersprüchlich oder von unsachlichen Erwägungen getragen ist .

Zum Begriff der Uneinbringlichkeit i.S.d. § 17 UStG

Zum Begriff der Uneinbringlichkeit i.S.d. § 17 UStG.

BFH Urteil vom 8.3.2012, V R 49/10

Begründung:

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, hat nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Das gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind der Steuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG sind die Berichtigungen für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, indem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.

§ 17 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG beruhen auf Art. 11 Teil C Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach wird die Besteuerungsgrundlage im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert, wobei die Mitgliedstaaten im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung jedoch von dieser Regel abweichen können.

"Uneinbringlich" ist eine Forderung, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (BFH-Urteile vom 20. Mai 2010 I R 5/09, BFH/NV 2011, 77, unter II.2.; vom 22. Juli 2010 V R 4/09, BFHE 231, 260, unter II.4.b dd; in BFHE 214, 471, BStBl II 2007, 22, unter II.1.a; in BFH/NV 2005, 928; in BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684). Das ist der Fall, wenn und ggf. soweit der Leistungsempfänger das Bestehen dieser Forderung ganz oder teilweise substantiiert bestreitet und damit erklärt, dass er die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) nicht bezahlen werde. Damit entfällt seine Berechtigung für den Abzug der Vorsteuer und dementsprechend ist die Umsatzsteuerschuld des Leistenden nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu korrigieren.

Diese Auslegung des Begriffes der Uneinbringlichkeit ist geboten im Hinblick auf die Unterschiede zwischen der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten und nach vereinnahmten Entgelten nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b UStG insoweit, als der nach vereinbarten Entgelten versteuernde Unternehmer die für den Steuertatbestand der entgeltlichen Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG entstehende Umsatzsteuer gegenüber dem Steuergläubiger vorfinanzieren muss, wenn er die Leistung vor der Entgeltvereinnahmung erbringt. Eine Auslegung des Begriffes der Uneinbringlichkeit, wonach diese z.B. erst bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder wie im Streitfall erst nach Abschluss eines Klageverfahrens in Bezug auf die Entgeltforderung vorläge, ließe sich mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbaren. Den Besteuerungsunterschieden ist aber durch die Auslegung des Begriffes der Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) in der unter II.2.a) genannten Rechtsprechung hinreichend Rechnung getragen.

Die Forderung auf Zahlung des Restwerklohnes ist bereits vor dem Streitjahr 2001 uneinbringlich geworden. Die Klägerin hatte bereits zuvor das Bestehen der Restwerklohnforderung substantiiert bestritten und damit erklärt, dass sie die noch ausstehende Entgeltforderung nicht bezahlen werde. Dabei braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob die Uneinbringlichkeit bereits mit dem Schreiben der Klägerin vom 12. März 1982, in dem sie "Minderungen bzw. Einbehalte" sowie eine Vertragsstrafe geltend machte, oder erst mit ihrer Klageerhebung im Jahr 1983 wegen Zahlung der Vertragsstrafe beim Landgericht (LG) bzw. der Klage des leitenden Unternehmens gegen die Klägerin wegen der Restwerklohnforderung im Jahr 1984 beim LG eingetreten ist. Die bereits eingetretene Uneinbringlichkeit schließt eine erneute Uneinbringlichkeit im Streitjahr 2001 aus. Dies wird letztlich bestätigt durch den weiteren Verfahrensablauf, in dem mehrere Rechtsstreite über einen Zeitraum von 19 Jahren geführt wurden und heute noch Uneinigkeit darüber besteht, ob der Vergleich aus dem Jahr 2001 zu einer Erfüllung der Restwerklohnforderung oder zu einer Minderung geführt hat.

Der Auffassung des FG, dass vor 2001 keine Uneinbringlichkeit eingetreten sei, weil die Klägerin zahlungsfähig und wegen der gerichtlichen Verfahren die Zahlung des Restwerklohnes bzw. die Verpflichtung der Klägerin hierzu zu erwarten gewesen sei, folgt der Senat nicht. Einerseits hindert die Zahlungsfähigkeit nicht den Eintritt der Uneinbringlichkeit, weil hierfür aus den oben genannten Gründen die substantiierte Zahlungsverweigerung ausreicht; Zahlungsunfähigkeit ist hierfür nicht erforderlich. Andererseits lässt sich aus einem Klageverfahren über die streitige Forderung in der Regel nicht  die Vermutung herleiten, die Forderung werde im Zuge des Klageverfahrens beglichen werden.

Schließlich spricht auch die bilanzielle Behandlung der Restwerklohnforderung als offene Verbindlichkeit nicht gegen die Uneinbringlichkeit. Zum einen ist diese Behandlung einer streitigen Verbindlichkeit durch das im Handelsrecht geltende Vorsichtsprinzip (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches) geboten. Zum anderen ist die bilanzielle Behandlung für die umsatzsteuerrechtliche Frage des substantiierten Bestreitens der Forderung ohne Belang.