Versorgungsbezüge aufgrund der von einem Beamten zur Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten gezahlten Versorgungszuschläge sind Einkünfte gemäß § 19 EStG

Versorgungsbezüge aufgrund der von einem Beamten zur Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten gezahlten Versorgungszuschläge sind Einkünfte gemäß § 19 EStG

Leitsatz

Zahlt ein Beamter während seiner Beurlaubung im dienstlichen Interesse Versorgungszuschläge, um die Anerkennung von ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten zu erlangen, und kann er die Zahlungen als Werbungskosten abziehen, dienen sie rechtlich und wirtschaftlich der Erhöhung seiner Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Diese sind gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu versteuern. Der Beamte erwirbt durch die Zahlung der Versorgungszuschläge kein Rentenrecht.

BFH Urteil vom 23.11.2016 – XR 39/14

Begründung:

Das FG hat zu Recht die Bezüge, die der Kläger vom BEV erhalten hat, als Versorgungsbezüge gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angesehen (unter 1.). Eine Besteuerung mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG scheidet aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG aus.
Die dem Kläger zugeflossenen Bezüge des BEV sind nach den zutreffenden Ausführungen des FG Ruhegelder gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und damit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Gehälter, Löhne und andere Bezüge, die “für eine Beschäftigung” im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, ferner Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile “aus früheren Dienstleistungen” . Die Einnahmen müssen durch das –gegenwärtige oder frühere– Arbeitsverhältnis veranlasst sein, was dann der Fall ist, wenn der Arbeitnehmer die Bezüge als Gegenleistung dafür erhält, dass er seine individuelle Arbeitskraft zur Verfügung stellt bzw. gestellt hat. Einkünfte “für” eine Beschäftigung bzw. “aus” einem früheren Dienstverhältnis liegen nur dann vor, wenn sie dem Steuerpflichtigen aus eben diesem Rechtsgrund zufließen. Um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit kann es sich daher nur handeln, wenn der Steuerpflichtige sie –abgesehen von der zu erbringenden oder erbrachten Dienstleistung– ohne rechtlich ins Gewicht fallenden Eigenbeitrag (Leistung aus seinem Vermögen oder für seine Rechnung) erhält. Dagegen kann die Nutzung eigenen Vermögens nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet werden.

Bei Leibrenten handelt es sich hingegen um wiederkehrende Bezüge, die –sofern sie nicht zur Basisversorgung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG gehören– nur mit ihrem Ertragsanteil steuerbar sind (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG). Der Ertragsanteil ist ein nach biometrischen Durchschnittswerten unter Berücksichtigung eines bestimmten Rechnungszinsfußes pauschalierter Zinsanteil. Er ist nach seiner Rechtsnatur Entgelt für die Überlassung eines auf die Lebenszeit einer oder mehrerer Bezugspersonen zeitlich gestreckt auszuzahlenden Kapitals. Von dem steuerbaren Ertragsanteil zu trennen ist die Auszahlung bzw. die Rückzahlung des mit dem eigenen Vermögen des Steuerpflichtigen gebildeten Kapitalstocks, die als bloße Vermögensumschichtung im privaten Bereich selbst nicht steuerbar ist.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze beruhen die Versorgungsleistungen, die der Kläger von dem BEV erhalten hat, nicht auf einem durch Vermögensumschichtung erworbenen Rentenrecht, sondern sind Ausfluss seiner früheren Tätigkeit.

Die früheren Zahlungen des Klägers dienten rechtlich und wirtschaftlich der Erhöhung seiner Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Denn (nur) durch die jeweilige Zahlung des Versorgungszuschlags erhöhten sich die zu berücksichtigenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten des Klägers während seiner Beurlaubung. Dies hatte die DB, die Rechtsvorgängerin des BEV, in ihrem Schreiben vom 10. Januar 1977 an den Kläger ausdrücklich klargestellt. Damit handelte es sich bei den Zahlungen des Klägers um Aufwendungen zum Erwerb von (höheren) Einnahmen gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Für die Altersversorgung eines Beamten werden keine Beiträge abgeführt. Stattdessen zahlt der Dienstherr entsprechend geringere Bezüge aus. Obschon der Beamte als Gegenleistung für seine Dienst- und Treuepflicht lebenslang alimentiert wird und er deshalb während seiner Tätigkeit ein rechtlich geschütztes Anwartschaftsrecht auf Versorgungsleistungen im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit erwirbt, ist ihm dieses Anwartschaftsrecht einkommensteuerrechtlich nicht zuzurechnen, sondern vermittelt ihm erst nach Abschluss der Erwerbsphase eine geldwerte Rechtsposition. Der Beamte wendet aus seinem Vermögen nichts auf und erhält deshalb nach den Wertungen des Gesetzes mit der Pension kein eigenes bereits versteuertes Kapital zurück.

Aber auch dann, wenn der Steuerpflichtige –wie im Streitfall der Kläger– eine Zahlung leistet, um die bei der Berechnung der Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu berücksichtigenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten zu erhöhen, erwirbt er damit keinen Kapitalanteil und deshalb auch kein ihm steuerrechtlich zuordenbares Wirtschaftsgut.

Erlass von Steuern aus Billigkeitsgründen

Begehrt ein Steuerpflichtiger, der an mehreren Personengesellschaften unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen, weil er übermäßig durch Einkommen- und Gewerbesteuer belastet sei, so ist bei der Entscheidung über den Erlassantrag die bei den Personengesellschaften entstandene Gewerbesteuer, die anteilig auf den Steuerpflichtigen entfällt, einzubeziehen. Allerdings darf eine Gewerbesteuerbelastung, die darauf zurückzuführen ist, dass Gewinne und Verluste einzelner Gesellschaften für Zwecke der Gewerbesteuer nicht saldiert werden können, bei der Prüfung einer Übermaßbesteuerung nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.

BFH Urteil vom 23.02.2017 – III R 35/14

Begründung:

Die Revision ist unbegründet und wird nach § 126 Abs. 4 FGO zurückgewiesen. Denn das FG hat zwar zu Unrecht die Ermessensausübung des FA bei der Entscheidung über den Erlassantrag nicht beanstandet. Aber es hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, weil angesichts einer Ermessensreduzierung auf Null eine andere Entscheidung als eine Klageabweisung nicht in Betracht kam.

Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die Ermessensausübung durch das FA war zwar nicht zutreffend, allerdings kam wegen einer Ermessensreduzierung auf Null eine andere Entscheidung als die Ablehnung des Erlassantrags nicht in Betracht. Wegen dieser Ermessensreduzierung auf Null machen es die fehlerhaften Ermessenserwägungen des FA, welche das FG nicht beanstandet hat, nicht erforderlich, das angefochtene Urteil aufzuheben.

Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden. Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen. Die Entscheidung des FA über den Erlass von Steuern ist eine Ermessensentscheidung, so dass sich die gerichtliche Überprüfung gemäß § 102 FGO darauf zu beschränken hat, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Die Unbilligkeit kann in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben. In der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen liegende (persönliche) Billigkeitsgründe hat der Kläger trotz Aufforderung nicht substantiiert gegenüber dem FA geltend gemacht, so dass dieses seine Prüfung zu Recht auf sachliche Billigkeitsgründe beschränkt hat.

Anlass für einen Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen kann eine Übermaßbesteuerung sein, so wie sie der Kläger im Streitfall geltend macht. Nach der Rechtsprechung des BVerfG fällt die Steuerbelastung in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie nach Art. 14 des Grundgesetzes –GG–. Die steuerliche Belastung auch höherer Einkommen darf für den Regelfall nicht so weit gehen, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt wird und damit nicht mehr angemessen zum Ausdruck kommt. Allerdings lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 GG keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung ableiten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97, 114). Die frühere Rechtsprechung des BVerfG zum sog. Halbteilungsgrundsatz (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 93, 121, 138), auf die sich der Kläger noch gegenüber dem FA berufen hatte, ist damit überholt.

Aufteilung eines Erstattungsbetrages auf zusammenveranlagte Ehegatten

Werden Einkommensteuer-Vorauszahlungen für zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute geleistet, kann aus der Sicht des Finanzamts als Zahlungsempfänger mangels entgegenstehender ausdrücklicher Absichtsbekundungen aufgrund der zwischen den Eheleuten bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft angenommen werden, dass derjenige Ehegatte, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehepartners begleichen will (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

Das hat zur Folge, dass bei einer Überzahlung beide Ehegatten erstattungsberechtigt sind. Der Erstattungsbetrag ist zwischen ihnen hälftig aufzuteilen. Allein der Umstand, dass über das Vermögen des anderen Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Die Entscheidung über die Aufteilung eines Erstattungsbetrags auf Ehegatten ist nicht notwendigerweise einheitlich zu treffen, weswegen keine Pflicht zur Beiladung des anderen Ehegatten nach § 60 Abs. 3 FGO Satz 1 besteht.
Eine notwendige Beiladung nach § 218 Abs. 3 AO i.V.m. § 174 Abs. 5 AO ist in Fällen, in denen das Finanzamt den diesbezüglichen Antrag (§ 174 Abs. 5 Satz 2 AO) nicht gestellt hat, nicht geboten.

BFH Beschluss vom 20.02.2017 – VII R 22/15 BFH/NV 2017, 906

Begründung:

Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung des vom FA seiner Ehefrau zugerechneten hälftigen Betrags hat und dass der angefochtene Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) rechtmäßig ist.

Nach § 37 Abs. 2 AO ist erstattungsberechtigt (Erstattungsgläubiger), auf dessen Rechnung eine Zahlung ohne rechtlichen Grund bewirkt worden ist. Das ist nach der Rechtsprechung des BFH derjenige, dessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte, wobei es nicht darauf ankommt, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist.
D
iese Grundsätze gelten auch für den Fall, dass mehrere Personen als Gesamtschuldner die überzahlte Steuer schulden, wie es bei zusammen veranlagten Ehegatten hinsichtlich der Einkommensteuer und der daran anknüpfenden Steuer der Fall ist (§ 26b EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann das FA als Zahlungsempfänger in Ermangelung entgegenstehender ausdrücklicher Absichtsbekundungen, solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will und dass die Zahlung der Einkommensteuer auf Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist. Dabei sind für die Beurteilung der mit der Zahlung verfolgten Absicht diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die dem FA im Zeitpunkt der Zahlung erkennbar waren. Das hat zur Folge, dass beide Ehegatten nach § 37 Abs. 2 AO erstattungsberechtigt sind. Der Erstattungsbetrag ist dann –wie im Streitfall auch geschehen– zwischen beiden Ehegatten nach Köpfen aufzuteilen.

Die Umstände, dass die gegen den Kläger festgesetzten Einkommensteuer-Vorauszahlungen 2010 auf dessen Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) beruhen und dass er für den streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum sämtliche Vorauszahlungen geleistet hat, führen nicht dazu, dass das FA im maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die Einkommensteuer-Vorauszahlungen vom Konto des Klägers abgebucht worden sind, von einer abweichenden Tilgungsbestimmung des Klägers hätte ausgehen müssen.

Dass über das Vermögen der Ehefrau des Klägers am 14. August 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und dass der Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid (auch) dem in diesem Verfahren bestellten Insolvenzverwalter zugestellt wurde, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Nach den Feststellungen des FG, gegen die keine Verfahrensrügen erhoben worden sind und an die der Senat infolgedessen nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat der Kläger den Abbuchungen von seinem Konto nicht widersprochen und gegenüber dem FA im Zeitpunkt der Abbuchung keine ausdrückliche Tilgungsbestimmung getroffen. Wie der erkennende Senat entschieden hat, gibt allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten keinen zwingenden Hinweis auf eine bestimmte Tilgungsabsicht, so dass im Zeitpunkt der Bewirkung der Vorauszahlungen nicht ohne
Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Vorauszahlungen allein auf Rechnung des vom Insolvenzverfahren nicht betroffenen Ehegatten bewirkt werden sollten. Das FA muss nämlich in diesem Zeitpunkt keine Vermutungen über eine bestimmte wirtschaftliche Interessenlage auf Seiten des steuerpflichtigen Ehegatten für den Fall anstellen, dass die Vorauszahlungen später zu einem Erstattungsanspruch führen könnten. Ebenso ist es nicht gehalten, Vermutungen darüber anzustellen, ob das Insolvenzverfahren andauert oder ob der Anspruch ggf. nachträglich der Insolvenzmasse zugeführt wird.

Bei der rechtlichen Beurteilung hat sich der Senat bei seiner Entscheidung von den Überlegungen leiten lassen, dass es auch während eines Insolvenzverfahrens eines der Ehegatten durchaus Gründe für den anderen Ehegatten geben kann, Steuervorauszahlungen auf Rechnung beider Ehegatten zu bewirken und dass gerade bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die noch bestehende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Grund für den nicht insolventen Ehepartner sein kann, bei einer bestehenden Gesamtschuld auch auf die Schuld des jeweils anderen Ehegatten zu leisten, um diesen zu unterstützen, seine Gläubiger zu befriedigen und somit zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens beizutragen, zu der es im Streitfall auch gekommen ist.

Entgegen der Auffassung der Revision kann eine abweichende Tilgungsbestimmung des Klägers auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das FA die Vorauszahlungsbescheide vom 4. März und vom 12. April 2010 nicht nur dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern auch dem Insolvenzverwalter bekannt gegeben hat. Entscheidend ist, dass der Kläger auf die ihm bekannt gegebenen Bescheide die festgesetzten und geschuldeten Einkommensteuer-Vorauszahlungen tatsächlich geleistet und dabei keine Tilgungsbestimmung getroffen hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das FA den für das Insolvenzverfahren seiner Ehefrau bestellten Insolvenzverwalter aufgrund der Gesamtschuldnerschaft zu Recht als zusätzlichen Bekanntgabeadressaten der Bescheide ansehen konnte, zumal die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen gegenüber dem Kläger selbst bei einer rechtsfehlerhaften Bekanntgabe der Vorauszahlungsbescheide gegenüber dem Insolvenzverwalter unberührt bliebe.

Trotz der Bekanntgabe der Vorauszahlungsbescheide an den Insolvenzverwalter konnte das FA in Ermangelung einer anderweitigen Tilgungsbestimmung von einer Zahlung des Klägers auch auf die Steuerschuld seiner Ehefrau ausgehen. Denn die Vorauszahlungen schuldeten die Ehegatten als Gesamtschuldner (§ 44 Abs. 1 AO), so dass das FA erwarten konnte, dass zumindest der Kläger die Gesamtschuld begleichen werde. Jedenfalls musste es nicht davon ausgehen, dass allein aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der dadurch veranlassten Einzelbekanntgabe an den Kläger und an den Insolvenzverwalter der Kläger Zahlungen nur auf seine eigene Steuerschuld leisten würde.

Unbeachtlich für die Bestimmung des Tilgungswillens des Klägers ist der Umstand, dass im Fall der Insolvenz eines der Ehegatten das Veranlagungswahlrecht durch den Insolvenzverwalter ausgeübt wird, denn nach den Feststellungen des FA waren der Kläger und seine Ehefrau im maßgeblichen Zeitpunkt der Leistung der Vorauszahlungen noch zusammen veranlagt. Einen Antrag auf Aufhebung der Zusammenveranlagung hat der Insolvenzverwalter nicht gestellt.

Das FG war nicht verpflichtet, die Ehefrau des Klägers gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO beizuladen. Nach dieser Bestimmung sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, (notwendig) beizuladen. Ein Fall der notwendigen Beiladung liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Wie der erkennende Senat entschieden hat, reicht der Umstand, dass zusammen veranlagten Ehegatten nicht mehr als 100 % der in den Zusammenveranlagungsbescheiden durch Anrechnung der von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einbehaltenen Lohnsteuer festgestellten Erstattungsbeträge erstattet werden dürfen, nicht aus, um die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung gegenüber den Ehegatten zu begründen, denn über Steuerschulden und Guthaben von Steuerpflichtigen wird im Steuererhebungsverfahren grundsätzlich gegenüber jedem Steuerpflichtigen gesondert und einzeln entschieden, auch wenn mehrere Steuerpflichtige im Steuerfestsetzungsverfahren bei Zusammenveranlagung von Eheleuten als Einheit behandelt worden sind und daher die festgesetzte Steuer als Gesamtschuldner schuldeten.

Auch nach der Änderung des § 218 AO durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2014 (BGBl I 2014, 2417), mit dem in § 218 Abs. 3 AO eine Regelung eingefügt worden ist, nach der nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden können, wenn eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen wird, gilt die angeführte BFH-Rechtsprechung weiterhin. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung (BTDrucks 18/3017, S. 35) soll die neue Regelung nur in den Fällen gelten, in denen der andere Ehegatte oder Lebenspartner an dem Verfahren, das zur Aufhebung geführt hat, beteiligt wurde. Hierzu verweist § 218 Abs. 3 Satz 2 AO auf die entsprechende Geltung des § 174 Abs. 4 und 5 AO. Hinsichtlich der Rechtswirkungen gegenüber Dritten stellt § 174 Abs. 5 Satz 1 AO auf die Beteiligung des Dritten an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, ab. In diesem Zusammenhang bestimmt § 174 Abs. 5 Satz 2 AO, dass die Hinzuziehung oder Beteiligung Dritter zu diesem Verfahren zulässig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat die danach für zulässig zu erachtende Beiladung jedoch nur dann zu erfolgen, wenn die Finanzbehörde diese veranlasst oder beantragt hat. Der Gesetzesbegründung kann nicht entnommen werden, dass § 218 Abs. 3 AO in jedem Fall –insbesondere bei der Beteiligung eines Ehegatten– von einer notwendigen Beiladung des Dritten nach § 60 Abs. 3 FGO ausgeht. Im Streitfall hat das FA den von der Rechtsprechung geforderten Antrag nicht gestellt, weshalb eine notwendige Beiladung nach § 218 Abs. 3 i.V.m. § 174 Abs. 5 AO nicht geboten war. Zudem ist im Streitfall der Abrechnungsbescheid weder auf Grund eines Rechtsbehelfs noch auf Grund eines Antrags des Klägers oder dessen Ehefrau zurückgenommen worden, so dass bereits aus diesem Grund der Anwendungsbereich des § 218 Abs. 3 AO nicht eröffnet ist.
E
ntgegen der Ansicht der Revision bestand für das FG kein Anlass, den Sachverhalt hinsichtlich der von den Ehegatten erteilten Einzugsermächtigung weiter aufzuklären (§ 76 Abs. 1 FGO). Nach den Feststellungen des FG hat das FA die festgesetzten Vorauszahlungsbeträge vom Konto des Klägers abgebucht, so dass die Steuerschuld getilgt worden ist. Aus der Sicht des FG bestand daher kein Anlass, an der Wirksamkeit der von beiden Ehegatten erteilten Einzugsermächtigung zu zweifeln, zumal selbst eine unwirksam erteilte Einzugsermächtigung nichts an der Überzahlung und der Entstehung des streitgegenständlichen Erstattungsanspruchs geändert hätte. Daher hätte sich dem FG die Frage nicht aufdrängen müssen, ob die Ehefrau des Klägers aufgrund des Insolvenzverfahrens noch die rechtliche Befugnis hatte, die Ermächtigung selbst zu erteilen. Im Übrigen hat das FG festgestellt, dass nur der Kläger Kontoinhaber war, so dass auch nur er über das Guthaben verfügen konnte. Dass er selbst die Einzugsermächtigung unterschrieben und damit die Abbuchungen ermöglicht hat, bestreitet die Revision nicht.

Keine Gemeinnützigkeit einer Kunststiftung bei Unterbringung der Kunstwerke in nicht öffentlich zugänglichen Privaträumen

Werden Kunstwerke in privaten –nicht der Allgemeinheit zugänglichen– Räumlichkeiten untergebracht und nur teilweise gelegentlich öffentlich ausgestellt, verfolgt eine zur Bewahrung und Förderung von bildender Kunst gegründete Stiftung mangels Selbstlosigkeit keine gemeinnützigen Zwecke.

BFH Urteil vom 23.02.2017 – V R 51/15

Begründung:

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO) von der Körperschaftsteuer befreit. § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) enthält eine entsprechende Regelung für die Befreiung von Gewerbesteuer. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung oder Unterstützung geschieht nach § 55 Abs. 1 AO selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke verfolgt werden und im Übrigen die weiteren in § 55 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 AO genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung handelt eine Körperschaft selbstlos, wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigennützige oder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.

Dabei trägt eine Körperschaft, die eine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke begehrt, die Feststellungslast für die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sie die Voraussetzungen der Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung erfüllt.

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG im Streitfall zu Recht angenommen, dass jedenfalls im Streitjahr das eigennützige Interesse der Stifter im Vordergrund des Handelns der Klägerin stand, so dass es an der gebotenen Selbstlosigkeit i.S. von § 55 Abs. 1 AO mangelte. Die Klägerin hat im Streitjahr den in § 2 der Satzung verankerten Stiftungszweck nicht in ausreichendem Umfang verwirklicht, insbesondere was die vorgesehene Zurverfügungstellung von Werken der Stiftung im Rahmen von öffentlichen Ausstellungen und Leihgaben angeht.

Die Klägerin macht zwar im Rahmen einer Verfahrensrüge geltend, das FG habe zu Unrecht bei seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass sich die Gemälde “in den Wohnräumen” der Stifter befunden hätten, während es sich in Wahrheit lediglich um die gleiche Adresse, aber von der Wohnung getrennte Räumlichkeiten in einer anderen Etage gehandelt habe. Dieser Umstand ist aber schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht entscheidungserheblich, weil es nach den Ausführungen des FG in diesem Zusammenhang auf die durch den ausschließlichen Zugang in derselben Adresse gesicherte tatsächliche –die Allgemeinheit für diesen Zeitraum ausschließende– Sachherrschaft der Stifter an den Gemälden ankam. Dieser Umstand wird auch von der Klägerin nicht grundsätzlich in Frage gestellt, zumal sie auch zu keiner Zeit vorgetragen hat, dass die Gemälde zu bestimmten Öffnungszeiten der Allgemeinheit zugänglich gewesen wären.

Das FG hat hierzu ausgeführt, dass der Stifter und Vorstand der Klägerin, Herr A, sich unstreitig aufgrund seiner Kunst- und Sammelleidenschaft seit Jahren in diesem Bereich engagiert habe. Sein Eigeninteresse liege im Sammeln und Besitzen von Kunstgegenständen aus der geographischen Mitte Deutschlands. Dieses Interesse habe Herr A mit der Gründung der Stiftung weiterverfolgt. Denn auch nach der Übertragung seiner privat angeschafften Kunstwerke auf die Stiftung habe sich für ihn faktisch nichts geändert, weil er nach wie vor den unmittelbaren Besitz an diesen Kunstwerken –ebenso wie an den von der Klägerin in den Streitjahren angeschafften Kunstwerken– habe. Sämtliche Kunstwerke hätten sich noch bis Juli 2013 im Besitz von Herrn A befunden. Auch danach seien die Kunstwerke in einer von diesem in der Nähe angemieteten Wohnung gelagert worden. Die Allgemeinheit habe in dieser Zeit kaum einen Nutzen an den Kunstwerken gehabt, da ihnen diese –abgesehen von wenigen Kunstwerken als Leihgaben bei Kunstausstellungen– nicht zugänglich gemacht worden seien. Gegen das Vorliegen der Selbstlosigkeit spreche auch, dass durch die in § 7 der Satzung enthaltene Regelung der Verbleib der Stiftung und damit auch der unmittelbare Besitz am Stiftungsvermögen für die nächsten beiden Generationen unmittelbar im Familienbesitz bereits sichergestellt sei. Daran ändere der in § 12 der Satzung vorgesehene Anfall des Vermögens der Stiftung bei Auflösung derselben auf andere gemeinnützige Einrichtungen nichts, weil diese Regelung lediglich den in § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO vorgesehenen Mindestvorgaben für die Anerkennung der Selbstlosigkeit entspreche.

Die Behauptung der Klägerin, mit der tatsächlichen Sachherrschaft an den Gemälden in den nur ihnen zugänglichen Räumlichkeiten werde den Stiftern lediglich ein unbeachtlicher ideeller Vorteil gewährt, geht fehl. Denn auf diese Weise wird der interessierten Allgemeinheit abgesehen von einzelnen Ausstellungen in entscheidungserheblicher Weise der zur Erfüllung des Stiftungszwecks maßgebliche Kunstgenuss an den Gemälden verwehrt.

Die nach Darstellung der Klägerin gebotene “Bewahrung von Gemeingut von Kunst und Kultur” steht im Einklang mit dem aufgezeigten eigennützigen Interesse der Stifter an der Anschaffung und dem Sammeln der Kunstwerke und vermag Letzteres daher nicht zu entkräften.

Dasselbe gilt für den Hinweis der Klägerin, dass die Kunstwerke durch die Stiftung auf Dauer dem Vermögen der Stifter entzogen seien mit der Maßgabe, dass das Stiftungsvermögen zugleich nach § 4 Abs. 2 der Satzung in seinem Bestand dauernd und ungeschmälert zu erhalten sei; denn dieser Umstand bedeutet angesichts der Lagerung der Kunstwerke im Erdgeschoss des eigenen Wohnhauses bzw. in hierfür später angemieteten Räumlichkeiten nicht, dass die Stifter ihren tatsächlichen Besitz –und damit auch ihren durch jederzeitigen Zugang möglichen eigennützigen Genuss– an den früheren und von der Stiftung neu erworbenen Kunstwerken der Sammlung in irgendeiner Form grundsätzlich eingeschränkt hätten. Auf die von der Klägerin beschriebenen geänderten Eigentumsverhältnisse an dem Gebäude durch die Übertragung auf den Sohn der Stifter kommt es insoweit nicht an, da sich an der tatsächlichen Sachherrschaft bezogen auf die Gemälde für die Öffentlichkeit nichts geändert hat.

Steuerbegünstigung als unzulässige Beihilfe

Das BMF wird aufgefordert, dem Revisionsverfahren beizutreten und zum Verhältnis von § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG, nach deren Wortlaut § 6a GrEStG auf Umwandlungsvorgänge, bei denen ein Rechtsträger untergeht oder neu entsteht (Verschmelzung, Aufspaltung, Abspaltung oder Vermögensausgliederung zur Neugründung), nicht anwendbar ist, zu § 6a Satz 1 GrEStG, der durch die Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG auch diese Umwandlungsvorgänge in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezieht, sowie zum möglichen Beihilfecharakter des § 6a GrEStG Stellung zu nehmen.

BFH Beschluss vom 25.11.2015, II R 62/14

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, ob eine grunderwerbsteuerrechtliche Begünstigung des nationalen Rechts gegen das Beihilfeverbot des Unionsrechts verstößt und deshalb angewendet werden darf. Mit Beschluss vom 30. Mai 2017 II R 62/14 hat er daher dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Rahmen eines sog. Vorabentscheidungsersuchens die Frage vorgelegt, ob die für die Grunderwerbsteuer geltende Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern nach § 6a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) eine unionsrechtlich verbotene Beihilfe darstellt.

Im Streitfall war die Klägerin seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin einer grundbesitzenden Tochtergesellschaft, die auf die Klägerin verschmolzen wurde. Das Finanzamt (FA) sah darin einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang, für den die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG nicht zu gewähren sei. Nach dieser Vorschrift wird für bestimmte steuerbare Erwerbe aufgrund einer Umwandlung (z.B. Verschmelzung) die Grunderwerbsteuer nicht erhoben. Voraussetzung ist, dass an dem Umwandlungsvorgang ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft beteiligt sind und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft in Höhe von mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang besteht. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

Der BFH sieht die Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Klägerin als nach § 6a GrEStG begünstigt an. Unschädlich sei, dass die Klägerin nach der Verschmelzung aus umwandlungsrechtlichen Gründen keine Beteiligung an der Tochtergesellschaft mehr halten konnte. Der BFH hat zugleich deutlich gemacht, dass er den Begriff des herrschenden Unternehmens i.S. des § 6a Satz 3 GrEStG weit fasst. Damit legt er die Vorschrift entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung sehr weit aus. Nach nationalem Recht wäre folglich die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

Fraglich ist aber, ob die Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG eine unzulässige Beihilfe i.S. von Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist. Verboten sind danach selektive Beihilfen für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige.

Der BFH sieht es als klärungsbedürftig an, ob § 6a GrEStG einen unzulässigen selektiven Vorteil dadurch verschafft, dass die Vorschrift nur für Umwandlungen, nicht aber auch für andere Umstrukturierungsmaßnahmen gilt, auf eine Beteiligungshöhe von mindestens 95 % abstellt und eine Mindesthaltedauer von fünf Jahren verlangt. Nach Auffassung des BFH ist allerdings die Regelung als Korrektur des grunderwerbsteuerrechtlichen Referenzsystems gerechtfertigt.

Sollte der EuGH das Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV bejahen, wäre § 6a GrEStG bis zu einer Entscheidung der Europäischen Kommission über die Vereinbarkeit der Steuerbegünstigung mit dem Binnenmarkt nicht anwendbar. Der Streitfall und wie auch die weitere Anwendung dieser Vorschrift müsste bis zu einer Entscheidung durch die Kommission ausgesetzt werden.

Keine steuerneutrale Übertragung der einzigen wesentlichen Betriebsgrundlage bei Fortführung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit durch den Übergeber möglich

Die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird.
Es ist insoweit unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird.

BFH Urteil vom 25.1.2017, X R 59/14

Begründung (BFH):
Ein Gewerbetreibender kann seinen Betrieb nicht steuerneutral an seinen Nachfolger übergeben, wenn er sich den Nießbrauch vorbehält und seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fortführt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 25. Januar 2017 X R 59/14 zu § 6 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes entschieden. Diese Vorschrift erlaubt es, einen Betrieb ohne die Aufdeckung stiller Reserven zu übertragen. Nach dem Urteil des BFH setzt dies allerdings voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird.

Im Streitfall hatte die Klägerin das Grundstück, auf dem sich eine von ihr verpachtete Gaststätte befand, auf ihren Sohn übertragen, sich aber gleichzeitig den Nießbrauch vorbehalten und in der Folgezeit die Gaststätte weiter verpachtet. Das Finanzamt (FA) und ihm folgend das Finanzgericht (FG) waren der Auffassung, sie habe durch die Übertragung des Grundstücks, das die einzige wesentliche Betriebsgrundlage war, einen steuerpflichtigen, wenn auch steuerbegünstigten Gewinn erzielt. Mit ihrer Revision wehrte sich die Klägerin gegen ihre Steuerpflicht.
Der BFH gab dem FA und dem FG Recht. Die Klägerin habe zwar unentgeltlich einen Betrieb übertragen, für eine steuerneutrale Übertragung sei aber zusätzlich erforderlich, dass dem Erwerber die betriebliche Betätigung ermöglicht werde und sich der Übertragende gleichzeitig einer weiteren Tätigkeit im Rahmen des übertragenen Gewerbebetriebes enthalte. Dabei mache es keinen Unterschied, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb übertragen werde.
Mit diesem Urteil bestätigt der BFH seine bisherige, für die Übertragung von Gewerbebetrieben geltende Rechtsprechung. Hiervon ist die Judikatur zu unterscheiden, die eine steuerneutrale Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt erlaubt. Diese sei -so der X. Senat- auf den Streitfall nicht übertragbar. Entscheidend ist, dass der Begriff “Gewerbebetrieb” eine tätigkeitsbezogene Komponente aufweist. Daher ist Voraussetzung einer Betriebsübergabe, dass der Gewerbetreibende nicht nur die Betriebsmittel überträgt, sondern auch seine durch den betrieblichen Organismus bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgibt.

Buchwertfortführung bei Ausscheiden aus Personengesellschaft gegen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern

Wird eine Mitunternehmerschaft aufgelöst, führt dies zur Aufgabe ihres Gewerbebetriebs i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG.
Die Grundsätze der Realteilung gelten sowohl für die Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens (“echte Realteilung”) als auch für das Ausscheiden (mindestens) eines Mitunternehmers unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft (“unechte Realteilung”). Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet.

BFH Urteil vom 16.3.2017, IV R 31/14

Begründung:
Gesellschafter können künftig weitergehend als bisher aus ihren Personengesellschaften gewinnneutral und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven ausscheiden. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 30. März 2017 IV R 11/15 entschieden hat, liegt eine sog. gewinnneutrale Realteilung in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters vor, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. So wird eine Buchwertfortführung auch dann ermöglicht, wenn der ausscheidende Gesellschafter lediglich Einzelwirtschaftsgüter ohne sog. Teilbetriebseigenschaft erhält. Damit wendet sich der BFH ausdrücklich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Dezember 2016 IV C 6 S 2242/07/10002:004, BStBl I 2017, 36), die eine Gewinnneutralität nur dann gewähren will, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält.
Der Auflösung der Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern wird damit das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Gesellschaft gleichgestellt. Den ersten Fall bezeichnet der BFH als „echte Realteilung“, beim Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft gegen Abfindung mit Gesellschaftsvermögen handelt es sich um eine „unechte Realteilung“.
Im Fall des Urteils vom 30. März 2017 hatte ein Gesellschafter seinen Anteil an einer KG zunächst in eine neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG eingebracht, die dann sogleich unter demselben Datum aus der KG ausschied. Zur Abfindung erhielt die ausscheidende neue Gesellschaft alle Wirtschaftsgüter eines nicht als Teilbetrieb organisierten Geschäftsbereichs der KG, den sie anschließend fortführte. Der BFH hielt diesen Vorgang für eine gewinnneutrale unechte Realteilung und bestätigte damit im Ergebnis das erstinstanzliche Urteil des Finanzgerichts (FG). Die Finanzverwaltung, die im entschiedenen Fall unter Einbeziehung einer kurz zuvor vorgenommenen Übertragung vom Gesellschafter auf die Gesellschaft ein gewinnrealisierendes Tauschgeschäft angenommen hatte, ist bislang mit der Anwendung von Realteilungsgrundsätzen auf Fälle des Ausscheidens gegen Abfindung mit einzelnen Wirtschaftsgütern nicht einverstanden. Negative Auswirkungen kann die Handhabung der Finanzverwaltung insbesondere dann haben, wenn der ausscheidende Gesellschafter mit den erhaltenen Wirtschaftsgütern verbundene Schulden oder sonstige Verpflichtungen übernimmt.
Das Urteil vom 16. März 2017 IV R 31/14 betraf einen Fall, in dem eine von Vater und Sohn betriebene GmbH & Co. KG aufgelöst worden war. Von den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens erhielt der Vater nur einen geringen Teil, während der Sohn mit dem wesentlichen Teil des ehemaligen Gesellschaftsvermögens weiter alleine betrieblich tätig blieb. Das Finanzamt hatte eine gewinnneutrale Realteilung abgelehnt, weil die betriebliche Tätigkeit fortgesetzt worden sei. Der BFH stützte sich demgegenüber ebenso wie zuvor das FG darauf, dass die Tätigkeit der Gesellschaft infolge ihrer Auflösung und Vollbeendigung eingestellt worden sei. Es habe deshalb eine echte gewinnneutrale Realteilung stattgefunden.

Keine Rückstellung für Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer

Eine Rückstellung kann auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht gebildet werden, wenn die Verpflichtung wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist.
Die Verpflichtung muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten. Das ist der Fall, wenn sie auch dann zu erfüllen ist, wenn der Betrieb zum Ende des Bilanzzeitraums aufgegeben würde.
Das Going-Concern-Prinzip bezieht sich auf die Bewertung, nicht den Ansatz von Bilanzpositionen.
Für Kammerbeiträge eines künftigen Beitragsjahres, die sich nach der Höhe des in einem vergangenen Steuerjahr erzielten Gewinns bemessen, kann keine Rückstellung gebildet werden.

BFH Urteil vom 5.4.2017, X R 30/15

Begründung:
Der Inhaber eines Handwerksbetriebs kann keine Rückstellung für seine künftig zu erwartenden Zusatzbeträge zur Handwerkskammer bilden. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 5. April 2017 X R 30/15 entschieden hat, gilt dies auch dann, wenn diese in der Vergangenheit jeweils nach dem Gewerbeertrag bereits abgelaufener Wirtschaftsjahre berechnet worden sind und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Zusatzbeiträge auch künftig in der geltend gemachten Höhe entstehen und er hierfür in Anspruch genommen werden wird.
Im Streitfall war der Kläger Mitglied einer Handwerkskammer, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die nach ihrer Beitragsordnung einen Grund- und einen Zusatzbeitrag erhebt. Bemessungsgrundlage des Zusatzbeitrags war in der Vergangenheit jeweils der Gewerbeertrag des drei Jahre vor dem Beitragsjahr liegenden Steuerjahres. In der Bilanz zum 31. Dezember 2009 passivierte der Kläger seine zu erwartenden Zusatzbeiträge für die Jahre 2010, 2011 und 2012 aufgrund seiner Gewerbeerträge der Jahre 2007, 2008 und 2009 unter „sonstige Rückstellungen“.

Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt (FA) die Rückstellung nicht an. Die Zusatzbeiträge seien erst im jeweiligen Beitragsjahr wirtschaftlich verursacht. Anders als das Finanzgericht gab der BFH dem FA Recht.
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende oder überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus. Der Steuerpflichtige muss ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Besteht die Verbindlichkeit rechtlich noch nicht, ist ein wirtschaftlicher Bezug zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich.
Rückstellungen für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht können nur dann gebildet werden, wenn die Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt sind (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Urteil vom 9. November 2016 I R 43/15, BFHE 256, 270, BStBl II 2017, 379). Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen; die Verbindlichkeit muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten.
Im Streitfall dürfe keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden. Zum Bilanzstichtag 2009 seien die Beitragspflichten des Klägers für die Jahre 2010, 2011 und 2012 rechtlich noch nicht entstanden. Weder seien sie durch Verwaltungsakt festgesetzt worden noch seien die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands erfüllt. Die Beitragspflicht sei zudem zwingend an die Kammerzugehörigkeit im Beitragsjahr geknüpft. Gebe der Kläger seinen Handwerksbetrieb auf, entfalle diese und er schulde weder den Grund- noch den Zusatzbeitrag.

Werbungskosten nach gescheitertem Anschaffungsgeschäft

Das Fehlen einer rechtlichen Grundlage für die Hingabe verlorener Aufwendungen, die zu Anschaffungskosten eines Vermietungsobjekts hätten führen sollen, schließt den wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit einer beabsichtigten Vermietung nicht aus.

BFH Urteil vom 9.5.2017, IX R 24/16

Begründung:
Wer einem betrügerischen Grundstücksmakler Bargeld in der Annahme übergibt, der Makler werde damit den Kaufpreis für ein bebautes Grundstück bezahlen, kann den Verlust bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Dies setzt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Mai 2017 IX R 24/16 allerdings voraus, dass er bei Hingabe des Geldes zum Erwerb und zur Vermietung des Grundstücks entschlossen war.
Steuerrechtlich sind die anteilig auf ein zur Fremdvermietung bestimmtes Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar. Sie können im Regelfall aber nicht sofort, sondern nur zeitanteilig in Form der Absetzungen für Abnutzung geltend gemacht werden. Anders ist dies, wenn die Gegenleistung nicht erbracht wird, wenn es also entweder nicht zur Herstellung des Gebäudes oder nicht zur Anschaffung kommt. In diesem Fall sind die vergeblich aufgewandten Beträge sofort in voller Höhe als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Das gilt nicht nur, wenn für die Hingabe des Geldes (wie üblich) eine vertragliche Verpflichtung bestand, sondern auch, wenn es hieran fehlt.
Im Streitfall beabsichtigte der Kläger den Erwerb eines Villengrundstücks. Die Villa wollte er teilweise vermieten. Eigentümer war eine Stiftung nach Liechtensteinischem Recht. Der Kläger vertraute dem Makler X den Kaufpreis in bar an, nachdem dieser ihm versichert hatte, das Geschäft bei Barzahlung in der Schweiz zum Abschluss zu bringen. Tatsächlich verwendete der Makler das Geld jedoch für sich.
Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) erkannten die geltend gemachten Werbungskosten des Klägers nicht an. Die von ihm an den Makler ohne rechtliche Grundlage geleisteten Zahlungen führten nicht zu Werbungskosten. Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und dem Kläger im Grundsatz Recht gegeben. Die einzige Voraussetzung für die Anerkennung vorab entstandener (vergeblicher) Aufwendungen ist die Erwerbs- und Vermietungsabsicht. Daran bestanden keine Zweifel, denn der Kläger hatte das Grundstück später erworben und tatsächlich vermietet.
Der BFH hat die Sache gleichwohl an das FG zurückverwiesen. Das FG muss noch prüfen, in welchem Zeitpunkt der Kläger davon ausgehen musste und durfte, dass er sein Geld von X nicht mehr zurückbekommen würde. Hierauf kommt es für die Abziehbarkeit als Werbungskosten entscheidend an.

Entfallen der Geschäftsgrundlage bei tatsächlicher Verständigung

Die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung im Steuerfestsetzungsverfahren kann nach den Grundsätzen vom Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage ausnahmsweise entfallen, wenn ihr eine (irrtümlich) von beiden Parteien angenommene Geschäftsgrundlage von vornherein gefehlt hat oder wenn sie nachträglich weggefallen ist und einem der Beteiligten unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein Festhalten an dem Vereinbarten nicht zuzumuten ist.
BFH Urteil vom 11.4.2017, IX R 24/15

Begründung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11. April 2017 IX R 24/15 entschieden, dass einer tatsächlichen Verständigung keine Bindungswirkung zukommt, wenn ein Umstand, den beide Parteien der Vereinbarung als Geschäftsgrundlage zugrunde gelegt haben, von vornherein gefehlt hat.
Im Streitfall machten die Kläger aus der insolvenzbedingten Auflösung einer GmbH für das Streitjahr 2007 einen Verlust geltend. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens schlossen die Kläger auf Vorschlag des Finanzgerichts (FG) mit dem Finanzamt (FA) eine sog. tatsächliche Verständigung. Danach sollte in tatsächlicher Hinsicht von einem bereits im Jahr 2005 entstandenen Verlust ausgegangen werden. Bei der Umsetzung der Vereinbarung stellte das FA fest, dass die Einkommensteuerfestsetzung 2005 wegen einer vom vormaligen Berater der Kläger erklärten Einspruchsrücknahme nicht mehr änderbar war. Daher machten die Kläger geltend, dass die tatsächliche Verständigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufzuheben und der Auflösungsverlust im anhängigen Streitjahr 2007 anzusetzen sei. Das FG folgte dem nicht und wies die Klage als unbegründet ab.
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und das Verfahren an das FG zurückverwiesen. Nach seinem Urteil entfällt die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung, wenn ein wesentlicher Umstand, den die Parteien als gemeinsame Grundlage der Verständigung vorausgesetzt haben, nicht vorliegt, sodass ein Festhalten an der Vereinbarung jedenfalls einem der Beteiligten nicht zuzumuten ist.
Im Streitfall seien die Beteiligten übereinstimmend von der verfahrensrechtlichen Änderbarkeit des Einkommensteuerbescheids 2005 ausgegangen. Da diese angenommene gemeinsame Geschäftsgrundlage von vornherein gefehlt habe, komme der tatsächlichen Verständigung keine Bindungswirkung zu. Es komme nicht darauf an, ob in Bezug auf die Fehlvorstellung ein Verschulden der Kläger vorliege. Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang ohne Bindung an die Verständigung zu prüfen haben, ob der Auflösungsverlust -wie von den Klägern vorgebracht- im Streitjahr 2007 zu berücksichtigen ist.