Zumutbarkeit eines Benennungsverlangens nach § 160 AO

Das Verlangen, den Empfänger einer Zahlung zu benennen, kann ermessensfehlerhaft sein, wenn der Zahlende Opfer einer für ihn nicht durchschaubaren Täuschung geworden ist und sich ihm keine Zweifel hinsichtlich seines Geschäftspartners hätten aufdrängen müssen. Ob sich solche Zweifel hätten aufdrängen müssen, ist im Regelfall nach der Sichtweise eines objektiven Betrachters zu beurteilen.
Die Zugehörigkeit zu einem ausländischen Kulturkreis verdrängt nicht die allgemein bei der Prüfung von Betrieben geltenden Darlegungs- und Nachweisanforderungen.
BFH Beschluss vom 01.12.2016 – X S 6/16 BFH/NV 2017, 440
Sachverhalt:
Die Antragstellerin wurde in den Streitjahren 2003 bis 2005 mit ihrem Ehemann (E) zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. E kam im Jahr 1991 aus Bosnien nach Deutschland und war hier zunächst als Arbeitnehmer tätig. Seit 2001 erzielte er mit der Montage von Baufertigelementen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
E leistete in den Streitjahren u.a. erhebliche Barzahlungen an vier Subunternehmen, die in der Rechtsform der GmbH auftraten. Schriftliche Werkverträge, Angebote, Annahmeerklärungen, Abrechnungspapiere sowie Unterlagen über die Abnahme der Leistungen existieren nicht. Die von den Subunternehmern gestellten Rechnungen enthalten keine genauen Leistungsbeschreibungen, sondern Angaben wie “vereinbarungsgemäß” oder “pauschal”.
Im Rahmen einer bei E durchgeführten Außenprüfung kam der Prüfer zu der Auffassung, aufgrund vorliegender Unterlagen hätten drei der vier Subunternehmen keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhalten. In allen vier Fällen sei die wahre Identität der Geschäftsführer entweder nicht zu ermitteln gewesen oder die Geschäftsführer hätten ausgesagt, den E nicht zu kennen. Der Prüfer forderte E auf, die Personen zu benennen, an die die Barzahlungen letztlich gelangt seien. Nachdem E diesem Verlangen nicht nachkam, schlug der Prüfer vor, auf der Grundlage des § 160 der Abgabenordnung (AO) den Betriebsausgabenabzug für die folgenden Beträge zu versagen:
Begründung:
Die Antragstellerin beruft sich weiterhin darauf, das Benennungsverlangen sei ermessensfehlerhaft gewesen, weil E Opfer einer für ihn nicht durchschaubaren Täuschung geworden sei und sich ihm keine Zweifel hinsichtlich seiner Geschäftspartner hätten aufdrängen müssen. Sie führt weiter aus, in der bisherigen Rechtsprechung und Kommentierung –der das FG gefolgt sei– werde für diese Beurteilung auf die Sichtweise eines objektiven Betrachters abgestellt (z.B. Größenordnung der durchgeführten Arbeiten, Vorliegen schriftlicher Vertragsunterlagen, hohe Barzahlungen).
Im Übrigen dürfte die Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren auch nicht klärungsfähig sein, weil das Revisionsgericht an die vom FG festgestellten Tatsachen gebunden wäre (§ 118 Abs. 2 FGO), die vorliegend vom FG festgestellten Tatsachen aber keine Subsumtion unter den von der Antragstellerin für zutreffend gehaltenen Rechtssatz zulassen.
Im Verwaltungs- und Klageverfahren hatte sich der seinerzeit noch verfahrensbeteiligte E –soweit ersichtlich– noch nicht auf seine vermeintlich individuell fehlenden Fähigkeiten und Erfahrungen berufen. Folglich hatte das FG keine Gelegenheit, die hierfür maßgebenden Tatsachen festzustellen. Entsprechende Rechtsausführungen sind dem Gericht vielmehr erstmals im Beschwerdeverfahren unterbreitet worden. Auch in diesem Verfahrensstadium trägt die Antragstellerin aber keine konkreten Tatsachen für individuell fehlende Fähigkeiten vor –was vom Rechtsmittelgericht ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfte–, sondern beruft sich pauschal darauf, dass E erst im Jahr 1991 nach Deutschland eingewandert sei und erst im Jahr 2001 die gewerbliche Tätigkeit aufgenommen habe.
Daraus allein lässt sich aber keinesfalls auf eine geschäftliche Unerfahrenheit schließen. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der sich –hier zugunsten der Antragstellerin auf das erste Streitjahr bezogen– erst seit 13 Jahren in Deutschland aufhält und erst seit drei Jahren gewerblich tätig ist, nicht zu der Erkenntnis fähig ist, dass bei Geschäften im Volumen von 200.000 EUR jährlich, die ohne schriftliche Vertragsunterlagen und ausschließlich gegen Barzahlung abgewickelt werden, ein höheres Risiko der Verschleierung der Identität des Vertragspartners als im Normalfall besteht.
Ergänzend verweist der Senat auf seine Rechtsprechung, wonach die Zugehörigkeit zu einem ausländischen Kulturkreis nicht die allgemein bei der Prüfung von Betrieben geltenden Darlegungs- und Nachweisanforderungen verdrängt.

Offenbare Unrichtigkeit bei unvollständig ausgefülltem Steuererklärungsvordruck und unvollständigem Beleg

Eine Unrichtigkeit i.S. von § 129 Satz 1 AO ist nur dann offenbar, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig erkennbar ist. Davon ist nicht auszugehen, wenn die einem unvollständig ausgefüllten Steuererklärungsformular beigefügte Bescheinigung einer privaten Rentenversicherung nicht das Vorliegen sämtlicher im Gesetz für den Abzug der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben genannter Voraussetzungen bestätigt.
Anknüpfungspunkte für die Annahme eines groben Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO können sowohl Versäumnisse bei der Erstellung der Steuererklärung als auch bei der Überprüfung des noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheids sein.
BFH Urteil vom 03.08.2016 – X R 20/15 BFH/NV 2017, 437
Sachverhalt:
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr 2008 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen. In seiner ohne Mitwirkung eines steuerlichen Beraters erstellten, am 9. Juni 2009 bei dem damals für die Veranlagung zuständigen Finanzamt A-Stadt in Papierform eingereichten Einkommensteuererklärung für 2008 nahm er in Zeile 64 des Mantelbogens “Beiträge zu (…) eigenen kapital-gedeckten Rentenversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG) mit Laufzeitbeginn nach dem 31.12.2004” keine Eintragung vor. Allerdings enthielt die der Steuererklärung beigefügte Belegsammlung nach den –vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt –FA–) nicht angegriffenen– Feststellungen der Vorinstanz eine Bescheinigung der X-Versicherung vom 17. Februar 2009, die das Finanzgericht (FG) durch Bezugnahme zum Gegenstand seines Urteils gemacht hat. Die Bescheinigung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
“Sehr geehrter Herr (…),
wir bescheinigen Ihnen für das Kalenderjahr 2008 folgende Versicherungsbeiträge:
(…) 2.460,00 EUR
Wir bestätigen, dass es sich um als Sonderausgaben abzugsfähige Beiträge zu einem Basisrentenvertrag (…) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG handelt.
Der Vertrag sieht die Zahlung einer lebenslangen Leibrente vor, die nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres erbracht wird.
Zu der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG 2008) für den Sonderausgabenabzug zusätzlich normierten Voraussetzung, wonach “darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen” bestehen darf, enthielt die Bescheinigung keine Angaben.
Das Finanzamt A-Stadt setzte die Einkommensteuer des Klägers für das Jahr 2008 mit Bescheid vom 22. Juni 2009 erklärungsgemäß fest. Einen Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2008 gewährte es nicht, weil der zuständige Bearbeiter nach –vom FA ebenfalls nicht beanstandeter– Überzeugung der Vorinstanz bei “lebensnaher Betrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls (…) die vorliegende Bescheinigung der X-Versicherung bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen 2008 schlicht übersehen” habe. Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig.
Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
Die Vorentscheidung ist bereits aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben, weil das FG zu Unrecht entschieden hat, im Streitfall gestatte § 129 AO eine Berichtigung des streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheids. Auf die vom FA erhobene Sachaufklärungsrüge kommt es folglich nicht mehr an. Die Sache ist indessen nicht spruchreif. Anhand der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht endgültig beurteilen, ob die vom Kläger beantragte Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützt werden kann.
Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen (§ 129 Satz 2 AO).
Offenbare Unrichtigkeiten i.S. von § 129 AO sind mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts eine offenbare Unrichtigkeit aus. § 129 AO ist ferner nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht. Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO setzt grundsätzlich voraus, dass der offenbare Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist. Da die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss, ist die Vorschrift aber auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt.
Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls und dabei insbesondere nach der Aktenlage beurteilt werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Tatfrage, die der revisionsgerichtlichen Prüfung nur in eingeschränktem Umfang unterliegt.
Die Würdigung des FG, mit der es eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2008 dem Grunde nach zugelassen hat, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
Das FG hat in der Nichtberücksichtigung der Beiträge des Klägers zur Basisrenten-Versicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2008 eine aus dem unvollständig ausgefüllten Mantelbogen übernommene offenbare Unrichtigkeit gesehen, weil die Angaben in der dem FA vorgelegten Bescheinigung der X-Versicherung einen offensichtlichen Widerspruch zu den fehlenden Eintragungen in Zeile 64 des Erklärungsvordrucks begründeten. Somit hat die Vorinstanz hinsichtlich der Offenbarkeit der von ihr angenommenen Unrichtigkeit wesentlich auf den Inhalt der –nach ihrer Überzeugung vom Veranlagungssachbearbeiter “schlicht übersehen(en)”– Versicherungsbescheinigung abgestellt.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Unrichtigkeit hingegen dann offenbar, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Bei Anwendung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den Streitfall ist eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2008 gemäß § 129 AO nicht möglich.
Da von einer objektivierten Sichtweise auszugehen ist, ist bei dem (fiktiven) unvoreingenommenen Dritten grundsätzlich vom Akteninhalt –Steuererklärung, deren Anlagen sowie die Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr– auszugehen. Dies findet seine Begründung darin, dass eine Anknüpfung an aktenkundige Umstände bei objektiver Betrachtungsweise regelmäßig besonders naheliegt. Im Streitfall bedeutet dies, dass dem unvoreingenommenen Dritten aufgrund der beigefügten Bescheinigung der X-Versicherung deren Inhalte bekannt waren.
Die Bescheinigung äußerte sich indes nicht zu allen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2008 für den Sonderausgabenabzug aufgestellten Tatbestandsvoraussetzungen. Es fehlte an Angaben dazu, ob dem Kläger aufgrund des mit der X-Versicherung geschlossenen Vertrags über die Basisrenten-Versicherung neben dem Rentenauszahlungsanspruch weitere (“darüber hinaus”) wie auch immer geartete Auszahlungsansprüche zustanden. Nur wenn dem nicht so gewesen sein sollte, wäre eine Unrichtigkeit des streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheids aufgrund Nichtberücksichtigung der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben für jeden unvoreingenommenen Dritten anhand des Inhalts der Versicherungsbescheinigung klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar gewesen. Dem war hier jedoch nicht so. Vielmehr hätte es in diesem –die Sonderausgabenabzugsberechtigung dem Grunde nach betreffenden– Punkt einer weiteren Sachaufklärung durch das FA bedurft. In einer solchen Situation kann aber nicht mehr davon gesprochen werden, die Unrichtigkeit des betroffenen Verwaltungsaktes sei im genannten Sinne offenbar gewesen. Eine –in Abgrenzung dazu– denklogisch nicht ausgeschlossene, jedoch nach den Umständen des Einzelfalls weder “auf der Hand” liegende noch durchschaubare, eindeutige oder augenfällige Unrichtigkeit gestattet die Vornahme einer Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO gerade nicht.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die X-Versicherung in der genannten Bescheinigung bestätigte, “dass es sich um als Sonderausgaben abzugsfähige Beiträge (…) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG handelt”. An dieses Vorbringen war das FA gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AO nicht gebunden. Dies gilt umso mehr, als in der Bescheinigung im Anschluss die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Halbsatz 4 EStG 2008 genannten Negativtatbestandsmerkmale in Spiegelstrichen aufgezählt wurden, wobei in dieser Aufzählung die zuletzt geforderte Abzugsvoraussetzung –“darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen”– augenscheinlich fehlte.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf der Tatsachenebene eingewendet hat, der streitgegenständliche Basisrentenvertrag sei durch das BZSt zertifiziert gewesen, handelt es sich dabei –ungeachtet dessen, dass diese Zertifizierung erst im Jahr 2010, also nach Ausstellung der Versicherungsbescheinigung, erfolgt sein soll– um einen außerhalb der Feststellungen des FG liegenden Umstand. Damit kann er im Revisionsverfahren nicht gehört werden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Dies unterscheidet den Streitfall von der Konstellation im Senatsbeschluss, in der die nachträgliche Erfassung von Renteneinkünften keiner weiteren Prüfung durch das FA mehr unterzogen werden musste. Aus dem Rentenbescheid ergaben sich sämtliche für die Besteuerung maßgeblichen Informationen.
Aus der vom Kläger zitierten Entscheidung geht ebenfalls nichts Abweichendes hervor. In jenem Fall waren die bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen bei der Einkommensteuerfestsetzung unberücksichtigt geblieben, obwohl sich diese aus den zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärungen ergaben und die Umsatzsteuer jeweils erklärungsgemäß vom FA festgesetzt worden war. Demnach war auch dort die Unrichtigkeit (Nichtabzug der gezahlten Vorsteuer als Betriebsausgabe) offenbar i.S. von § 129 Satz 1 AO. Zur Zurückverweisung dieser Sache an die Vorinstanz kam es allein aus prozessualen Gründen, weil die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht ausreichten, um den VIII. Senat in die Lage zu versetzen, die Höhe des Betriebsausgabenabzugs selbst zu bestimmen. Die für ein “Durchentscheiden” i.S. von § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO erforderlichen Tatsachen kann das Revisionsgericht –im Gegensatz zum FG– nicht feststellen.
Auch vorliegend ist die Sache nicht spruchreif. Das FG hat sich –unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung konsequent– nicht mit dem Vorliegen der Voraussetzungen der Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO befasst und dementsprechend auch keine darauf bezogenen spezifischen Feststellungen getroffen. Diese sind nunmehr nachzuholen.
Sollte sich im zweiten Rechtsgang herausstellen, dass dem Kläger aufgrund des Basisrentenvertrags mit der X-Versicherung tatsächlich kein über den Rentenauszahlungsanspruch hinausgehender Auszahlungsanspruch zustand, wird das FG insbesondere aufklären und tatrichterlich bewerten müssen, ob den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden dieser –für eine eventuelle Bescheidsänderung letztlich entscheidenden– Tatsache ein grobes Verschulden trifft. Anknüpfungspunkte dieser Verschuldensprüfung können sowohl Versäumnisse bei der Erstellung der Steuererklärung als auch bei der Überprüfung des noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheids sein. Der dabei anzulegende Sorgfaltsmaßstab wird sich u.a. an der Überschaubarkeit der steuerlichen Verhältnisse des Klägers, d.h. dem Umfang und der Komplexität der von ihm sonst im Erklärungsvordruck vorgenommenen Eintragungen, und der –dazu ins Verhältnis zu setzenden– wirtschaftlichen Bedeutung des nicht berücksichtigten Sonderausgabenabzugsbetrags auszurichten haben. Ein die Änderung ausschließendes grobes Verschulden läge danach dann vor, wenn das FG zu der Überzeugung gelangte, der nicht erfolgte Übertrag bzw. die Nichtberücksichtigung der Versicherungsbeiträge im Steuerbescheid hätten sich bereits bei einer nur flüchtigen Kontrolle des Mantelbogens bzw. Steuerbescheids durch den Kläger unschwer feststellen lassen.
Zu dem vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierten BFH-Urteil ist abschließend zu bemerken, dass der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei schriftlich und elektronisch gefertigten Steuererklärungen identisch auszulegen ist. Danach ist es im Wesentlichen Tatfrage, ob ein Beteiligter grob fahrlässig gehandelt hat.

Vermietung eines häuslichen Arbeitszimmers an den Auftraggeber eines Gewerbetreibenden

Einkünfte aus der Vermietung eines häuslichen Arbeitszimmers an den Auftraggeber eines Gewerbetreibenden sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn die Vermietung ohne den Gewerbebetrieb nicht denkbar wäre.
Ein steuerlich berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer unterscheidet sich von einer nicht berücksichtigungsfähigen Arbeitsecke durch eine feste bauliche Abgrenzung gegen die privat genutzten Teile der Wohnung.
BFH Urteil vom 13.12.2016 – X R 18/12 BFH/NV 2017, 670
Sachverhalt:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Die Klägerin war in einem Klinikum angestellte Sekretärin eines Professors und Chefarztes (G). Daneben erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb, indem sie für G die im Rahmen von dessen Nebentätigkeit erstellten Gutachten schrieb, die Abrechnung der Nebentätigkeit wahrnahm und den Zahlungseingang kontrollierte. Diese Arbeiten erledigte sie in dem von den Klägern gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus.
Mit Vertrag vom 20. Dezember 2000 vermieteten die Kläger an G ein Arbeitszimmer zu einem Mietpreis von 100 DM. Der Vertrag wurde am 1. Januar 2007 dahingehend geändert, dass nunmehr ein Arbeitszimmer “zur Ausübung einer selbständigen Schreib- und Sachbearbeitertätigkeit im Auftrag von G” vermietet und der Mietpreis auf 100 EUR angehoben wurde. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag kann jederzeit von beiden Seiten gekündigt werden. Der vermietete Raum befindet sich im Obergeschoss des Einfamilienhauses. Er hat eine Größe von 24 qm und auf drei Seiten feste Mauern ohne Türen. Die vierte Seite (Gesamtlänge: 6,75 m) grenzt nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) an den Treppenaufgang und den Flur und besteht aus einer 3,44 m langen Steinwand, einer 1,36 m langen Glasverkleidung zum Treppenaufgang/Flur und einer 1,95 m breiten Öffnung, durch die das Zimmer vom Flur aus betreten werden kann. Einer Fotografie in den Akten, auf die das FG Bezug genommen hat, ist zu entnehmen, dass es sich bei der Glasverkleidung um ein Geländer aus Rohr in üblicher Höhe mit einer Glasfüllung handelt, das in etwa in Höhe des Treppenaufgangs ansetzt. Der Raum oberhalb dieser Konstruktion ist frei. Über den Flur sind das Bad, der Dachboden sowie ein weiterer Wohnraum erreichbar.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2008 erklärten die Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich dieses Raumes. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) lehnte die Berücksichtigung der erklärten Verluste ab und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008, ferner Vorauszahlungsbescheide für das IV. Quartal 2009 und die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011.
Im Rahmen der Einspruchsentscheidung erhöhte das FA die Steuern für 2005, 2007 und 2008, indem es die Vermietungseinnahmen den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb zurechnete. Die im Jahre 2006 vorgenommene entsprechende Änderung wirkte sich wegen einer anderweitigen Verminderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage nicht aus.
Begründung:
Nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH über die Vorlagefrage ist die Verfahrensruhe beendet und das Verfahren fortzusetzen. Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Sie ist hinsichtlich der Streitjahre 2005 bis 2008 unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Hinsichtlich der Streitjahre 2009 bis 2011 ist das FG-Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und die Klage erneut abzuweisen. Während des Revisionsverfahrens sind die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2011 nach § 68 Abs. 1 FGO an die Stelle der Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide getreten und zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Das FG-Urteil kann insoweit keinen Bestand haben, weil ihm nicht mehr existierende Bescheide zugrunde liegen. Einer Zurückverweisung nach § 127 FGO bedarf es gleichwohl nicht, da das Urteil nicht an einem Verfahrensmangel leidet und die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte unberührt bleiben.
Das Begehren, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, ist unbegründet. Die formal als Vermietung gestaltete Vertragsbeziehung mit G führt nicht zu Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG, sondern zu Einkünften (nur) der Klägerin aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG.
Die Vermietung gehört zum Gewerbebetrieb der Klägerin, so dass nach § 21 Abs. 3 EStG keine Einkünfte aus der subsidiären Einkunftsart Vermietung und Verpachtung vorliegen können. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig, dass die Schreib- und Sachbearbeitertätigkeit der Klägerin eine Betätigung i.S. des § 15 Abs. 2 EStG darstellt und sie daraus gewerbliche Einkünfte erzielt. Die Einkünfte aus dem Mietverhältnis sind Teil dieser Einkünfte.
Als untrennbarer Bestandteil der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin ist die Vermietung steuerlich ebenso zu qualifizieren wie diese. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Vermietung von Wohnraum nur gewerblich sein, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, nach denen die Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen, vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erhält, hinter der die bloße Nutzung des Mietobjekts als Vermögensanlage zurücktritt. Ein solches Gepräge entsteht, wenn ein Mietvertrag so eng mit dem Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen verbunden ist, dass er ohne den Gewerbebetrieb nicht denkbar wäre und diesem nach dem gesamten Erscheinungsbild der Verhältnisse als unselbständiger Teil untergeordnet ist. Unter diesen Umständen stellen sich Gewerbebetrieb und Mietvertrag als integrale und durch die gewerbliche Tätigkeit dominierte Einheit dar.
So verhält es sich im Streitfall. Das FG hält es für ausgeschlossen, dass die Kläger den streitgegenständlichen Raum ohne die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin an G vermietet hätten, damit dieser oder eine dritte Person dort einer Bürotätigkeit hätte nachgehen können. Bei dieser Schlussfolgerung handelt es sich um eine tatsächliche Würdigung, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. In Bezug darauf haben die Kläger keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht. Soweit sie beanstanden, das FG habe den unstreitigen Tatsachenstoff nur unvollständig ausgewertet, und so einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO geltend machen, ist nicht erkennbar, um welche konkreten Tatsachen es sich handeln soll. Der Vortrag, die Vermietung sei auch ohne das Gewerbe der Klägerin denkbar, stellt eine abweichende Sachverhaltswürdigung dar, mit der sie im Revisionsverfahren nicht gehört werden können.
Die Würdigung des FG weist auch keine denklogischen Fehler auf, die im Revisionsverfahren zu prüfen wären, sondern ist denklogisch zwingend. Ohne die Tätigkeit der Klägerin für G wäre der Mietvertrag offensichtlich nicht abgeschlossen worden. Die Kläger übersehen, dass die Vermietung des betreffenden Raumes nicht ohne die vermeintliche Rücküberlassung an die Klägerin vorstellbar ist. G sollte den Raum formell zwar mieten, insbesondere ein Entgelt entrichten, ihn selbst aber –insoweit mietvertragsuntypisch– nicht nutzen. Das bedeutet in der Gesamtschau, dass G der Klägerin im Gewand des Mietzinses einen Aufschlag für ihre Arbeit gezahlt hat. Der Mietvertrag über den im Einfamilienhaus der Kläger belegenen Raum wäre nicht in Betracht gekommen, um einer anderen Schreibkraft oder G selbst zu ermöglichen, in gerade diesem Raum Büroarbeiten zu erledigen. Der Einwand der Kläger, G hätte auch für eine andere Schreibkraft in deren Haus ein Büro angemietet, trägt nicht. Er zeigt gerade, dass für alle Beteiligten eine Vermietung der vorliegenden Art an Schreib- und Bürodienste in der eigengenutzten Wohnung geknüpft war.
Der Hinweis der Kläger, dass die typischen Zusatzleistungen des Hotelleriegewerbes fehlen, die der Überlassung von Zimmern eine gewerbliche Prägung geben, ist zwar zutreffend, jedoch unerheblich. Die gewerbliche Raumüberlassung ist, wie sich bereits aus der Formulierung “Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen” ergibt, nicht auf diese spezielle Fallgruppe beschränkt.
Der Einbeziehung des Mietverhältnisses in die gewerblichen Einkünfte der Klägerin steht nicht entgegen, dass nicht die Klägerin allein, sondern beide Kläger als Vermieter aufgetreten sind. Einkünfte werden demjenigen zugerechnet, der den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 128/78, BFHE 131, 216, BStBl II 1981, 299). Da die Vermietung Teil der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin ist, können nur dieser die aus der Vermietung resultierenden Einkünfte zugerechnet werden.
Etwas anderes folgt nicht aus den Grundsätzen, die der BFH in ständiger Rechtsprechung für die Vermietung von selbstgenutzten Arbeitszimmern u.a. in der Wohnung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber aufgestellt hat.
Der BFH hat derartige Mietverhältnisse in Sachverhaltsgestaltungen anerkannt, in denen sich der betreffende Raum der Sache nach als Büro des Arbeitgebers darstellte. Die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn nach § 19 EStG einerseits und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG andererseits richtet sich in solchen Fällen danach, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung eines solchen Raumes erfolgt. Überwiegen die Interessen des Arbeitnehmers, so ist von Arbeitslohn auszugehen. Liegt die Nutzung vor allem im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers und geht dieses über die Entlohnung des Arbeitnehmers und die Arbeitsleistung hinaus, liegen Mieteinkünfte vor, u.a. mit der Folge, dass die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht greift. Indizien dafür sind weitere Rechtsbeziehungen des Arbeitgebers zu gleichen Bedingungen auch mit fremden Dritten, die nicht in einem Dienstverhältnis zu ihm stehen, ferner ausdrückliche, schriftliche Vereinbarungen über die Bedingungen der Nutzung.
Diese Rechtsprechung ist jedoch in ihrer Allgemeinheit auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht übertragbar.
Wie bereits das FG zu Recht ausgeführt hat, unterscheiden sich Arbeitnehmer wesentlich von Gewerbetreibenden. Es ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), der seinerseits im Kern eine zutreffende Auslegung des Gesetzes enthält konstitutives Merkmal des Dienstverhältnisses und damit des Arbeitnehmerbegriffs, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft schuldet, namentlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 LStDV) in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung seines Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Diese Kriterien zeigen, dass typischerweise der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Arbeitsmittel und Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, während der Gewerbetreibende regelmäßig selbst hierfür verantwortlich ist. Vermietet der Arbeitnehmer ein Arbeitszimmer an den Arbeitgeber, so schafft er erst die Voraussetzung für ein typisches Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz kostenlos stellt. Das kann die auch steuerliche Trennung dieses Vertrages von den Einkünften aus § 19 EStG rechtfertigen. Bei dem Gewerbetreibenden hingegen, der regelmäßig selbst für seinen Arbeitsplatz verantwortlich ist und deshalb typischerweise sein eigenes Arbeitszimmer selbst stellt, liegen alle Voraussetzungen für die typische Abwicklung des Auftragsverhältnisses bereits vor. Die Vermietung und Rücküberlassung eines Arbeitszimmers ist dort in der Sache lediglich ein Hin und Her ohne sachliche Bedeutung.
Dem steht nicht entgegen, dass es Arbeitnehmer gibt, denen ihr Arbeitgeber keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, ebenso wie es Gewerbetreibende gibt, bei denen die Kunden oder Auftraggeber für den Arbeitsplatz sorgen. Der Arbeitnehmerbegriff ist ein offener Typusbegriff. Es ist daher zulässig, die Übertragbarkeit der in der Rechtsprechung entwickelten und ihrerseits typisierten Grundsätze von typischen Merkmalen der beiden Personengruppen abhängig zu machen. Zudem ist der Fall der Klägerin in diesem Punkte nicht atypisch, da selbständige Schreib- und Bürodienste regelmäßig ihren Arbeitsplatz selbst stellen. Die untypische Beschränkung auf einen einzigen Auftraggeber ändert hieran nichts.
Diese charakteristischen Unterschiede rechtfertigen auch eine Ungleichbehandlung zwischen Gewerbetreibenden und Arbeitnehmern, soweit es überhaupt zu einer solchen kommt. Die Kläger selbst erkennen, dass der Gewerbetreibende üblicherweise die Kosten für seine Arbeitsmittel einschließlich der erforderlichen Räumlichkeiten selbst tragen und über den Preis für die angebotenen Waren oder Dienstleistungen als Teil seiner Gemeinkosten auf seine(n) Auftraggeber umlegen muss. Dies zeigt gerade, dass eine gesonderte Vertragsbeziehung mit dem Auftraggeber über diese Räume in der Sache eine künstliche Aufspaltung der das Gewerbe prägenden Leistungsbeziehung wäre. In einem typischen Arbeitsverhältnis verhält es sich umgekehrt. Die Vertragsbeziehung über den Arbeitsraum tritt als ungewöhnliches Zusatzelement zu dem normalen Arbeitsvertrag hinzu.
Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass eine Ungleichbehandlung nicht entsteht, wenn der betreffende Raum bei dem Gewerbetreibenden als Betriebsstätte zu qualifizieren wäre. In diesem Falle stünde ihm der nicht durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG beschränkte Abzug der Raumkosten als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zur Verfügung. Das steuerliche Ergebnis unterschiede sich nicht von dem Ergebnis, das die Anerkennung eines Mietverhältnisses bewirkte. Die Rechtsprechung ist ebenfalls zu Konstellationen ergangen, in denen die betreffenden Räume als Büro des Arbeitgebers und damit in der Sache als ausgelagerte Betriebsstätten des Arbeitgebers aufgefasst wurden. Ob sie förmlich auf solche Fälle begrenzt ist, kann an dieser Stelle dahinstehen. Jedenfalls ist das steuerliche Ergebnis in Bezug auf Betriebsstätten bei Arbeitnehmern und Gewerbetreibenden gleich.
Die Revision ist auch mit dem hilfsweisen Begehren unbegründet. Die Aufwendungen für den streitigen Raum sind weder ganz noch teilweise als Betriebsausgaben abziehbar. Um eine Betriebsstätte im o.g. Sinne handelt es sich unstreitig nicht. Im Übrigen stehen dem Betriebsausgabenabzug die Abzugsbeschränkungen für häusliche Arbeitszimmer entgegen.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG waren in allen Streitjahren die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur unter einschränkenden, wenn auch im Laufe der Zeit unterschiedlichen, Voraussetzungen als Betriebsausgaben abziehbar. Stets allerdings hat der BFH die Anerkennung solcher Aufwendungen daran geknüpft, dass das Arbeitszimmer von dem privaten Wohnbereich klar abgegrenzt ist. Mit seinem hat auch der Große Senat des BFH verdeutlicht, dass diese Abgrenzung nicht lediglich angedeuteter oder symbolischer Natur sein darf, sondern sich in festen baulichen Elementen manifestieren muss, um hinreichend Gewähr für die fehlende private Mitnutzung zu bieten.
Im Streitfall sind diese Anforderungen nicht erfüllt. Der Senat kann noch dahinstehen lassen, ob nicht bereits ein offener Durchgang in der Breite einer doppelflügeligen Tür zu dem unzweifelhaft auch privat genutzten Flur schädlich ist, da eine derartige Raumöffnung auch bei entsprechendem Bedarf niemals abgeschlossen werden kann und sich insofern maßgebend von einer tatsächlich vorhandenen Tür unterscheidet, die offenstehen, aber auch geschlossen werden kann. Jedenfalls aber bricht dieser Durchgang in Verbindung mit der Glasverkleidung den Raum in einem solchen Maße auf, dass die Trennung der privaten und der gewerblichen Nutzung nicht mehr zuverlässig gewährleistet ist. Die Funktion der Glasverkleidung beschränkt sich in der Sache ganz nach Art eines Geländers auf einen Schutz gegen Fehltritte zum Treppenaufgang hin und ist mit ihrer Länge mehr dem offenen denn dem geschlossenen Teil der betreffenden Zimmerseite zuzurechnen. Nach den Umständen hat das FG den Flurbereich und den Arbeitsbereich in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als einen einheitlichen Raum gewürdigt.
Sind demnach der streitige Raum und der Flur für Zwecke des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG als Einheit zu betrachten, so kommt die Berücksichtigung der Kosten nicht in Betracht. Ein anteiliger Abzug der Kosten für derartige Teilflächen, die keine selbständigen Arbeitszimmer sind (sog. “Arbeitsecke”) findet nicht statt.
Es liegt kein denklogischer oder systematischer Widerspruch darin, dass die Einnahmen im Zusammenhang mit dem streitigen Raum zu versteuern, die entsprechenden Aufwendungen hingegen nicht abziehbar sind. Durch Einbeziehung des Mietverhältnisses in die gewerblichen Einkünfte der Klägerin sind alle Aufwendungen und Erträge, die mit diesem Mietverhältnis in Zusammenhang stehen, unselbständiger Teil dieser Einkünfte und Teil der Gewinnermittlung. Folglich unterliegen sie den Gewinnermittlungsvorschriften und damit auch dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG. Es besteht kein Anlass und keine Rechtfertigung, eine teleologische Reduktion dieser Vorschrift vorzunehmen, weil die Vertragsparteien einen Teil der Erträge dem nicht abziehbaren Aufwand zuordnen.

Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts bei Ratenzahlung

Bei zeitlich gestreckter Zahlung des Veräußerungserlöses in verschiedenen Veranlagungszeiträumen fällt der Veräußerungsverlust anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zu dem Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungszuflüsse an.
BFH Urteil vom 06.12.2016 – IX R 18/16 BFH/NV 2017, 668
Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr 1995 gegründete Grundstücksgemeinschaft. Mit Vertrag vom 15. September 1998 erwarb die Klägerin jeweils hälftige Miteigentumsanteile an zwei zusammenhängenden, insgesamt 3 089 qm großen Grundstücken in A (Flurstücke X und Y) für 231.339,23 EUR (einschließlich Anschaffungsnebenkosten). Die anderen Miteigentumsanteile an den Grundstücken befanden sich aufgrund eines früheren unentgeltlichen Erwerbs bereits im Eigentum der Klägerin.
Mit notariellem Vertrag vom 4. Mai 2007 verkaufte die Klägerin die Grundstücke in A zu einem Kaufpreis von 250.000 EUR an die E-GmbH. Die E-GmbH beabsichtigte, das Flurstück X so aufzuteilen, dass der mit einer Halle bebaute Grundstücksteil getrennt wird, eine Fläche von 1 381 qm erhält und als Parzelle 1 bezeichnet wird. Der andere Grundstücksteil des Flurstücks X, der mit einem Mehrfamilienhaus bebaut war, sollte eine Fläche von 688 qm und die Parzellennummer 3 erhalten. Der Zugang und die Medienanbindung der Parzelle 3 sollten über das andere Grundstück (Flurstück Y) mit der Parzellennummer 2 erfolgen.
Als Kaufpreis vereinbarten die Parteien für die Parzelle 1 100.000 EUR und für die Parzellen 2 und 3 jeweils 75.000 EUR. Die Hälfte des Teilkaufpreises für die Parzelle 1 in Höhe von 50.000 EUR war binnen vier Wochen nach Zugang einer Mitteilung des Notars beim Erwerber zu überweisen, dass Auflassungsvormerkungen eingetragen und Negativatteste erteilt waren. Der Restbetrag war bis zum Ablauf von 15 Monaten nach der Beurkundung zu zahlen. Die Teilkaufpreise für die Parzellen 2 und 3 waren binnen 18 Monaten nach der Beurkundung, nicht jedoch vor Eintritt der Fälligkeit der ersten Hälfte des Teilkaufpreises für die Parzelle 1 fällig.
Die Klägerin war berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten, sofern die Erwerberin eine der Teilzahlungen trotz Nachfristsetzung nicht überwiesen hätte.
Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur teilweisen Stattgabe der Klage. Das FG hat zu Unrecht nicht gemäß § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG einen Verlust aus dem Veräußerungsgeschäft in Höhe von 26.861 EUR berücksichtigt. Eine darüber hinausgehende Verlustberücksichtigung ist im Streitjahr jedoch ausgeschlossen.
Nach § 22 Nr. 2 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG. Diese umfassen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Grundstücksveräußerungen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Dieser Tatbestand ist bei den in Rede stehenden Grundstückshälften unstreitig erfüllt.
Anders als das FG und die Beteiligten meinen, ist der Veräußerungsverlust anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zum Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungszuflüsse anzusetzen.
Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften i.S. des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG). Der im Streitfall in der Höhe unstreitige “Unterschied” oder Gesamtverlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft beträgt 67.152,50 EUR (= anteiliger –steuerbarer– Veräußerungserlös in Höhe von 125.000 EUR./. Anschaffungskosten in Höhe von 231.339,23 EUR + Absetzungen für Abnutzung in Höhe von 39.347,73 EUR./. Veräußerungskosten in Höhe von 161 EUR).
§ 23 Abs. 3 EStG betrifft aber als Einkünfteermittlungsregel nur die Frage, wie der Gewinn oder Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft errechnet wird. Hierfür ist der tatsächliche Veräußerungspreis maßgebend, unabhängig davon, wann und auf welche Weise er zu entrichten ist. Für welches Kalenderjahr der Gewinn oder Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft erfasst wird, ist nach dem Zufluss (§ 11 Abs. 1 EStG) des Veräußerungserlöses zu beurteilen. Bei zeitlicher Streckung der Zahlung wird der Veräußerungspreis in mehreren Veranlagungszeiträumen erfasst. Vor diesem Hintergrund ist es in Verlustfällen sachgerecht, dass mit dem Zufluss des jeweiligen Teilzahlungsbetrags der Verlust anteilig entsteht. Der Veräußerungsverlust fällt mithin anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zum Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungszuflüsse an. Die mit dem privaten Veräußerungsgeschäft wirtschaftlich zusammenhängenden Aufwendungen, d.h. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Werbungskosten, sind in einem solchen Fall erst in dem Veranlagungszeitraum anteilig abziehbar, in dem der jeweilige Teilerlös aus dem privaten Veräußerungsgeschäft zufließt. Mit diesem veranlagungszeitraumbezogenen Ausgleich zwischen den vom dem Steuerpflichtigen erwirtschafteten, steuerbaren Einnahmen und den zur Erzielung dieser Einnahmen aufgewendeten, anteiligen Ausgaben, tritt dem Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit folgend eine periodengerechte Leistungsfähigkeitsbemessung nach dem objektiven Nettoprinzip ein. Aus der Geltung des Zuflussprinzips und der veranlagungszeitraumbezogenen Leistungsfähigkeitsbeurteilung folgt für die hier in Rede stehenden Verlustfälle ebenfalls, dass es nicht möglich ist, den Gesamtverlust bereits im ersten Zuflussjahr einer Kaufpreisrate oder erst im letzten Zuflussjahr einer Kaufpreisrate zu berücksichtigen, oder –wie die Klägerin geltend macht– dass von dem Teilzahlungsbetrag des ersten Zuflussjahres die gesamten (lediglich um die Absetzungen für Abnutzung geminderten) Anschaffungskosten und Werbungskosten abgezogen werden können, was zu einem überhöhten, nicht den tatsächlichen Umständen entsprechenden Verlust in diesem Veranlagungszeitraum führen würde.
Auch können Gewinne oder Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften den Veräußerungsgewinnen oder -verlusten, die bei der Veräußerung von Beteiligungen gemäß § 17 EStG zu erfassen sind, nicht gleichgestellt werden. Der nach § 17 Abs. 2 EStG zu errechnende Veräußerungsgewinn oder -verlust gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und ist damit den gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 EStG nach besonderen Grundsätzen zu erfassenden Gewinneinkünften zuzurechnen. Die Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG ist nicht nach dem Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 EStG, sondern nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Entstehung des Gewinns oder Verlusts vorzunehmen. Maßgebender Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung ist derjenige, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 EStG nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre. Gerade diese frühzeitige steuerliche Erfassung von Gewinnen soll aber durch § 11 Abs. 1 EStG bei der Besteuerung der Überschusseinkünfte verhindert werden, um den Steuerpflichtigen nicht vor Zufluss seiner Einnahmen mit der vollen Steuer und dem Risiko des Kaufpreiseingangs zu belasten. Aus Gründen der Gleichbehandlung muss das Zuflussprinzip ebenso für den hier gegebenen Verlustfall gelten. Im Übrigen entsteht auch bei Wahl der Zuflussbesteuerung gemäß R 17 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. R 16 Abs. 11 Satz 7 der Einkommensteuer-Richtlinien 2012 der Veräußerungsgewinn nicht bereits im Zeitpunkt der Veräußerung, sondern sukzessive mit dem Zufluss jeder einzelnen Zahlung nach dem Überschreiten der Gewinnschwelle.
Da das FG-Urteil den vorgenannten Grundsätzen nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist insoweit stattzugeben, als im Feststellungsbescheid für das Streitjahr ein Verlust aus dem Veräußerungsgeschäft in Höhe von 26.861 EUR zu berücksichtigen ist. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr vom 30. März 2009 ist dahingehend zu ändern, dass der Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 26.861 EUR festgestellt wird. Dies sind 40 % des Gesamtverlustes aus dem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 67.152,50 EUR. Der Anteil von 40 % ergibt sich aus dem Verhältnis des im Streitjahr zugeflossenen Teilzahlungsbetrages in Höhe von 50.000 EUR zum Veräußerungserlös für die Grundstückshälften in Höhe von 125.000 EUR. Im Jahr 2008 ist ein Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 4.848,41 EUR (7,22 % von 67.152,50 EUR) und im Jahr 2009 in Höhe von 35.443,09 EUR (52,78 % von 67.152,50 EUR) anzusetzen.
Anders als die Klägerin meint, steht einer solchen Verteilung des Verlustes das alleine den Gewinnfall betreffende der bestehenden Rechtsprechungnicht entgegen. In jener Entscheidung urteilte der VI. Senat nur über den Zeitpunkt der Versteuerung des Spekulationsgewinns bei Zufluss des Veräußerungserlöses in Raten, nicht aber über die zeitliche Erfassung des Verlustes bei Ratenzahlung. Im Übrigen hielt auch der VI. Senat für die Verteilung des Gewinns auf die einzelnen Jahre (nach dem Überschreiten der Gewinnschwelle) den tatsächlichen Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 EStG für maßgebend.
Dass die Klägerin berechtigt gewesen wäre, vom Kaufvertrag zurückzutreten, sofern die Erwerberin eine der Kaufpreisraten trotz Nachfristsetzung nicht überwiesen hätte, ist für die Besteuerung des privaten Veräußerungsgeschäfts unerheblich, weil eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bereits gegeben ist, wenn die rechtsgeschäftlichen Erklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind Dies ist hier der Fall.

Steuerliche Berücksichtigung von Zuzahlungen für Bereitschaftsdienstzeiten

Werden Bereitschaftsdienste pauschal zusätzlich zum Grundlohn ohne Rücksicht darauf vergütet, ob die Tätigkeit an einem Samstag oder einem Sonntag erbracht wird, handelt es sich nicht um steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit i.S. des § 3b Abs. 1 EStG.
BFH Urteil vom 29.11.2016 – VI R 61/14 BFH/NV 2017, 663
Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt Fachkliniken in der Rechtsform einer GmbH. Seit den 1990er Jahren bezahlte sie Vergütungen für ärztlichen Bereitschaftsdienst. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 1999 wurde festgestellt, dass die Assistenzärzte für den Bereitschaftsdienst an Samstagen für die Zeit von 13:00 Uhr bis 20:00 Uhr einen Zuschlag erhielten, der während dieser Zeit nicht nach § 3b des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei behandelt werden könne. In der darauffolgenden Lohnsteuer-Außenprüfung wurde die Handhabung der Vergütungen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nicht beanstandet.
Der Manteltarifvertrag (MTV) vom 1. April 2000 enthält zum ärztlichen Bereitschaftsdienst in § 8 Nr. 1 Buchst. a ebenso wie der MTV vom 28. März 2006 in § 12 Nr. 1 folgende Regelung:
“Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich auf Anforderung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer, vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.”
Der Entgelttarifvertrag der Klägerin lautet auszugsweise wie folgt:
“§ 5 Mehrarbeitsvergütung/Zeitzuschläge


2. Für Arbeiten zu folgenden Zeiten werden folgende Zuschläge pro Stunde bezahlt:
a) für Nachtarbeit 1,43 EUR
b) für Arbeiten an Samstagen 7,15 EUR
c) für Arbeiten an Sonntagen/vor dem 1. Weihnachtsfeiertag ab 12:00 Uhr/vor dem Neujahrstag ab 12:00 Uhr 7,67 EUR
d) für Arbeiten an Feiertagen 8,69 EUR.
§ 6 Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft
Der Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft werden pauschal vergütet. Die Beträge ergeben sich aus folgender Tabelle:
Werktag Samstag/Sonntag/Feiertag
Ärztlicher Bereitschaftsdienst 135,85 EUR 202,98 EUR
Technische Rufbereitschaft 35,79 EUR 71,58 EUR.”
In den Arbeitsverträgen mit den Ärzten vereinbarte die Klägerin bezüglich der Arbeitszeit Folgendes:
“Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit richtet sich jeweils nach § 6 des Manteltarifvertrages (MTV), sie beträgt zur Zeit ausschließlich der Pausen… Wochenstunden und wird im Einzelnen durch den Dienstplan bzw. entsprechende Dienstanweisung geregelt.
Zudem ist Bereitschaftsdienst zu leisten. Dieser wird ebenfalls im Dienstplan festgelegt und dauert von montags bis freitags vom Ende der regulären Arbeitszeit bis zum Beginn der regulären Arbeitszeit am Folgetag. An Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen dauert der Bereitschaftsdienst jeweils 24 Stunden.”
Als Folge dieser Regelungen wurden die in § 5 des Entgelttarifvertrags unter Ziffer 2 aufgeführten Zuschläge an Ärzte nicht ausbezahlt, da Nachtarbeit, Arbeit an Samstagen, Sonn- und Feiertagen unter den Bereitschaftsdienst sowie dessen in § 6 geregelte Vergütung fielen. Für die Bereitschaftsdienstzahlungen war es irrelevant, ob bzw. wie viele Einsätze während dieser Zeit zu leisten waren.
In den Entgeltabrechnungen der Ärzte wurden die Bereitschaftsdienstzahlungen auf einen Stundensatz von 5,66 EUR/Werktag (WT) und 8,46 EUR/Samstag (Sa), Sonntag (So) und Feiertag (FT) umgerechnet und zusammen mit der Anzahl der jeweils geleisteten Stunden verschiedenen Lohnarten zugeordnet. Dabei wurden folgende Lohnarten als steuerfrei behandelt:
525 BD an WT (25 %) 5,66
526 BD an WT (40 %) 5,66
527 BD an So (40 %) 8,46
528 BD an So in WT (90 %) 5,66
529 BD an FT in WT (165 %) 5,66
531 BD an Sa (25 %) 8,46
533 BD an So (50 %) 8,46
534 BD an So (75 %) 8,46
536 BD an FT (125 %) 8,46
Im Lohnsteuer-Außenprüfungsbericht für den Zeitraum 1. August 2003 bis 30. November 2007 wurde die gezahlte Pauschale als Grundlohn für die Zeit des Bereitschaftsdienstes behandelt, der noch der Lohnsteuer zu unterwerfen sei. Die Klägerin habe die Pauschale in einen Stundensatz umgerechnet und diesen Stundenlohn sodann zu Unrecht als steuerfreien Zuschlag behandelt.
Begründung:
Das FA hat zu Recht Lohnsteuer für die Vergütung des Bereitschaftsdienstes nachgefordert, wie das FG zutreffend erkannt hat. Nach § 3b Abs. 1 EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden.
§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG definiert Grundlohn als laufenden Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Der laufende Arbeitslohn ist, wie sich aus § 39b EStG ergibt, von sonstigen Bezügen abzugrenzen. Laufender Arbeitslohn ist das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, Wochen- oder Tageslohn, Überstundenvergütung, laufend gezahlte Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen); er ist in einen Stundenlohn umzurechnen.
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist weiter, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Nacht- und Sonntagsarbeit und der Lohnhöhe hergestellt. Die Steuerbefreiung greift zudem nur, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind, und setzt grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit voraus.
Dadurch soll von vornherein gewährleistet werden, dass ausschließlich Zuschläge steuerfrei bleiben, bei denen betragsmäßig genau feststeht, dass sie nur für die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden und keine allgemeinen Gegenleistungen für die Arbeitsleistung darstellen. Hieran fehlt es jedoch, wenn die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit lediglich allgemein abgegolten wird, da hierdurch weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach %-Sätzen des Grundlohns) möglich ist.
Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin im Streitfall neben dem Grundlohn keine Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt. Vielmehr hat sie ausweislich der für den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG die streitigen Zusatzzahlungen allgemein –ohne Ansehung der von den Ärzten im Einzelnen tatsächlich zu den nach § 3b Abs. 2 EStG begünstigten Zeiten geleisteten Arbeitsstunden– gewährt. Aus den geleisteten Bereitschaftsdienstzeiten wurden lediglich im Nachhinein die Stunden zu begünstigten Zeiten herausgerechnet und als steuerfrei behandelt.
Die einzelnen genannten Beträge werden einheitlich für Werktagsdienst einerseits und Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit andererseits angegeben. Die streitige Vergütung ist somit Teil einer einheitlichen –erhöhten– Entlohnung für die gesamten Bereitschaftsdienste, die auch die Erschwernisse der Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entgilt. Bei derartigen Zahlungen handelt es sich nicht um Zuschläge i.S. des § 3b Abs. 1 EStG. Vielmehr haben diese Vergütungen den Charakter einer generell erhöhten Entlohnung.
Dadurch werden gerade nicht die besonderen Erschwernisse und Belastungen finanziell ausgeglichen, die mit Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbunden sind, sondern vielmehr die Bereitschaftsdienstzeiten allgemein, d.h. sowohl für Samstage, Sonntage und Feiertage als auch für die Werktage, mit einer Zusatzvergütung bedacht.
Die Klägerin ist ihrer Verpflichtung zur Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer (§ 41a Abs. 1 EStG) in gesetzlicher Höhe nicht nachgekommen. Folglich konnte sie durch den angefochtenen Lohnsteuernachforderungsbescheid gemäß § 155 i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO in Anspruch genommen werden. Dabei musste das FA, weil es sich um die behördliche Änderung der Steueranmeldung der Klägerin und somit um eine Steuerfestsetzung handelte, kein Entschließungs- und Auswahlermessen ausüben..

Keine Eintragungen von Einzahlungen in einen Basisrentenvertrag auf der Lohnsteuerkarte

Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse muss auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Revisionsinstanz vorliegen, was vom BFH von Amts wegen zu prüfen ist. Ausnahmsweise kann die Prüfung des Feststellungsinteresses unterbleiben, wenn feststeht, dass der Feststellungsantrag aus sachlichen Gründen unbegründet ist.
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden können.
BFH Urteil vom 10.11.2016 – VI R 55/08 BFH/NV 2017, 656
Sachverhalt:
Der im Jahr 1951 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr (2007) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im April 2007 schloss er mit einem Versicherungsunternehmen einen Vertrag über eine sog. Basisrente (“Rürup-Rente”). Darin wurde dem Kläger gegen eine Einmalzahlung in Höhe von 35.000 EUR ab 1. Mai 2016 eine lebenslange Garantierente von 163,43 EUR monatlich zugesagt.
Anfang Mai 2007 beantragte der Kläger beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) die Eintragung eines Freibetrags in Höhe von 22.400 EUR (64 % des gezahlten Beitrags von 35.000 EUR) auf seiner Lohnsteuerkarte. Das FA lehnte dies mit der Begründung ab, § 39a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sehe die Eintragung eines entsprechenden Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte nicht vor.
Begründung:
Die begehrte Feststellung, die Ablehnung der Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte des Klägers für das Streitjahr sei rechtswidrig, kommt nicht in Betracht. Die vom Kläger geleistete Einmalzahlung auf seinen Basisrentenvertrag (“Rürup-Rente”) ist vom FA zu Recht nicht auf der Lohnsteuerkarte des Streitjahres als Freibetrag eingetragen worden.
Zutreffend hat das FG im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage und das insoweit erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers bejaht.
Zwar ist im Streitfall die Frist des § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG, innerhalb der sich die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte 2007 beim Abzug der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber auswirken kann, Ende März 2008 abgelaufen. Für das Begehren, auf dieser Lohnsteuerkarte einen Freibetrag einzutragen, ist deshalb das Rechtsschutzbedürfnis entfallen.
In einem solchen Fall kann aber, wie im Streitfall geschehen, beim FG gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO eine Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Begehren erhoben werden, festzustellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt (hier: der Bescheid über die Ablehnung des Eintrags eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte) rechtswidrig gewesen ist. Das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse wird von der Rechtsprechung u.a. bejaht, wenn eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr besteht.
Die Revision des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das FA hat die Eintragung eines Freibetrags in Höhe der Einmalzahlung in den Basisrentenvertrag (“Rürup-Rente”) auf der Lohnsteuerkarte zu Recht abgelehnt.
Die Lohnsteuererhebung ist ebenso wie die Erhebung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen ihrem Charakter nach lediglich eine Vorauszahlung auf die mit Ablauf des Jahres entstehende Einkommensteuerschuld. Dementsprechend soll § 39a EStG gewährleisten, dass der Arbeitnehmer nicht im Wege des Lohnsteuerabzugs erhöhte Vorauszahlungen leistet, die er erst bei der Veranlagung zurückerhält.
Gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG sind auf der Lohnsteuerkarte die negative Summe der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, 6 und 7 EStG und der negativen Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG eintragungsfähig. Danach sind auch negative sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) zu berücksichtigen. Solche können dann gegeben sein, wenn vorab entstandene Werbungskosten bei dieser Einkunftsart anfallen. Hierzu rechnen Beiträge in einen eigenen Basisrentenvertrag nicht, da der Gesetzgeber die Altersvorsorgeaufwendungen zulässigerweise mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugewiesen hat
Die vom Kläger geleistete Einmalzahlung in den Basisrentenvertrag (“Rürup-Rente”) kann auch nicht als Sonderausgaben auf der Lohnsteuerkarte gemäß § 39a EStG eingetragen werden.
Gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind nur Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 4, 5, 7 bis 9 EStG und des § 10b EStG, soweit sie den Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 EUR übersteigen, auf der Lohnsteuerkarte als Freibetrag eintragungsfähig. Aus dieser enumerativen Aufzählung ergibt sich, dass Vorsorgeaufwendungen generell –und damit auch Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG– nicht eintragungsfähig sind.
Nach § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG bemessen sich die Einkommensteuer-Vorauszahlungen grundsätzlich nach der Einkommensteuer, die sich nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge und der Körperschaftsteuer bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Hierbei bleiben nach Satz 5 dieser Vorschrift bestimmte Aufwendungen außer Ansatz. Die Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG rechnen nicht hierzu.
Mit dem ganz überwiegenden Teil der Literatur hat der X. Senat des BFH die fehlende Eintragungsfähigkeit von Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet Das BVerfG hat in seinem Nichtannahmebeschluss die Regelung des § 39a Abs. 1 EStG, wonach für Altersvorsorgeaufwendungen kein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden kann, ebenfalls verfassungsrechtlich nicht beanstandet.
Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung auch für Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG an. Denn Basisrentenverträge wie im Streitfall sind lediglich unter bestimmten Voraussetzungen begünstigt, um sicherzustellen, dass nur Beiträge zu solchen Vorsorgeprodukten gefördert werden, die zu Ansprüchen vergleichbar mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung führen und nicht die sonstige Leistungsfähigkeit und das Konsumpotential erhöhen.
Sind aber Beiträge zu einer Basisrente i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG den Beiträgen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG vergleichbar, ist es auch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass Einmalzahlungen in einen Basisrentenvertrag (ebenfalls) nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden können, aber im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt werden dürfen. Die unterschiedliche Behandlung von Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG im Vorauszahlungs- und im Lohnsteuerabzugsverfahren stellt ebenso wenig wie die von Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst a EStG einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, sondern ist schon dadurch gerechtfertigt, dass beim Lohnsteuerabzug die Vorsorgeaufwendungen durch die –ggf. gekürzte– Vorsorgepauschale des § 10c Abs. 2, Abs. 5 i.V.m. § 39b Abs. 2 Satz 6 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden.
Es ist es auch nicht zu beanstanden, dass im Rahmen von § 39a EStG und in § 10c Abs. 2 EStG keine Sonderregelung für Beiträge i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG getroffen wurde, die über die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hinausgehen, weil vom Fehlen einer Sonderregelung nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist und die damit verbundenen Nachteile nicht gravierend sind. Insoweit handelt es sich vor allem um Arbeitnehmer, die erhöhte (freiwillige) Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung leisten.
Hiernach ist es nach Ansicht des erkennenden Senats ebenfalls nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Rahmen von § 39a EStG und in § 10c Abs. 2 EStG auch keine Sonderregelung für Beiträge i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG getroffen hat. Auch insoweit ist –bezogen auf die Gesamtheit der Arbeitnehmer– nur ein kleiner Kreis betroffen. Einmalzahlungen in einen eigenen Basisrentenvertrag in einer Größenordnung von 35.000 EUR sind, zumal wenn sie über mehrere aufeinanderfolgende Jahre getätigt werden, der Mehrheit der Arbeitnehmer, an der sich die im Streit stehenden Regelungen ausrichten, nicht möglich.
Der Gesetzgeber ist insbesondere im Steuerrecht grundsätzlich befugt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen (BVerfG-Beschluss vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, unter C.III.2.d bb). Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Absehen von einer Sonderregelung auf eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen bezieht und dies auch nicht mit gravierenden Nachteilen verbunden ist.
Bei Anlegung dieses Maßstabes war es verfassungsrechtlich nicht geboten, eine Sonderregelung für Arbeitnehmer vorzusehen, die –wie der Kläger– größere Einmalzahlungen in eine eigene ergänzende Basisrentenversicherung erbringen.
Auch ist davon auszugehen, dass zu dieser verhältnismäßig kleinen Gruppe von Arbeitnehmern, die (wiederholt) hohe Einmalzahlungen in eine eigene Basisrentenversicherung erbringen, auch Steuerpflichtige gehören, die andere Einkünfte beziehen und daher Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu leisten haben, so dass eine Berücksichtigung der höheren Beiträge gemäß § 37 EStG möglich ist.
Zudem darf der oben dargestellte Gesichtspunkt des Belastungsvergleichs zwischen den Lohneinkünften und den anderen Einkunftsarten nicht unberücksichtigt bleiben.
Bei einem solchen Gesamtvergleich wird die Belastungsgleichheit in der Zeit durch die in der Regel monatliche Lohnsteuererhebung angesichts der beim Lohnsteuerabzug berücksichtigten Vorsorgepauschale und des Sonderausgaben-Pauschbetrags jedenfalls nur in einem Maße berührt, das den Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtete, für die kleine Gruppe der nichtselbständig Tätigen, die eine Einmalzahlung in einen Basisrentenvertrag (“Rürup-Rente”) leisten, eine Sonderregelung vorzusehen (vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2016, 829, Rz 102 zu Arbeitnehmern mit erhöhten Beiträgen an ein berufsständisches Versorgungswerk). Entgegen der Ansicht des Klägers ist dabei sehr wohl zu berücksichtigen, dass es sich bei der von ihm getätigten Einmalzahlung um eine Sondersituation handelt, die vom Steuerpflichtigen gesteuert werden kann. Der Senat verkennt dabei nicht, dass eine spätere Erbringung der Einmalzahlung sich negativ auf die spätere Rentenleistung auswirken wird. Der Steuerpflichtige hat es jedoch gleichwohl in der Hand, sich den Zeitpunkt unter Abwägung der Vor- und Nachteile im Hinblick auf die spätere Rentenleistung einerseits und einen gegenwärtigen Zins- und Liquiditätsgewinn andererseits auszusuchen. Dies gilt umso mehr für die vom Kläger angeführten außersteuerlichen “Beeinträchtigungen” durch an das letzte Nettogehalt anknüpfende Ersatzleistungen (wie bspw. beim Eltern-, Kranken-, Übergangs-, Verletzten- oder Arbeitslosengeld), die als lediglich mittelbare Effekte im Übrigen für die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 39a EStG ohnehin keine Rolle spielen können. Denn für die verfassungsrechtliche Würdigung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG kommt es ausschließlich auf die einkommensteuerliche Belastung an, die die relevanten Normen (gegebenenfalls im Verbund mit anderen Normen des Einkommensteuerrechts) bei verschiedenen Steuerpflichtigen bewirken. Be- und Entlastungswirkungen, die sich jenseits der einkommensteuerlichen Belastung erst aus dem Zusammenspiel mit anderen außersteuerrechtlichen Normen ergeben, liegen außerhalb der verfassungsrechtlich maßgeblichen Vergleichsperspektive.

Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Polizeibeamten

Ein Polizeibeamter im Einsatz- und Streifendienst ist schwerpunktmäßig überwiegend außerhalb der Polizeidienststelle im Außendienst tätig.
BFH Urteil vom 29.11.2016 – VI R 19/16 BFH/NV 2017, 447
Sachverhalt:
Streitig ist der Werbungskostenabzug von Fahrtkosten und von Verpflegungsmehraufwendungen einer Polizeibeamtin im Streifendienst.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielt als Polizeibeamtin im Streifendienst Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie versah im Streitjahr (2013) ihren Dienst bei der Polizeiwache Z, die sie arbeitstäglich mit dem eigenen PKW aufsuchte. Von dort nahm sie ihren Streifendienst im Streifenwagen mit einem Kollegen auf. In der Wache erledigte sie die verwaltungsmäßige Bearbeitung der sich im Streifendienst ergebenden Vorfälle, erstellte Berichte und nahm Anzeigen auf. Ein eigenes Büro stand ihr dort nicht zur Verfügung.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte sie, die Kosten für die Fahrten zu der Polizeiwache in Z nicht mit der sog. Pendlerpauschale, sondern nach Dienstreisegrundsätzen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen. Sie machte insoweit Fahrtkosten in Höhe von 1.872 EUR geltend. Darüber hinaus erklärte sie damit im Zusammenhang stehende Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.170 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Begründung:
Das FG hat zu Unrecht darauf erkannt, dass die Klägerin in der Polizeiwache eine regelmäßige Arbeitsstätte hatte.
Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig, so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzuziehen.
Tätigkeitsmittelpunkt i.S. des § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG und (regelmäßige) Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist die dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Das ist regelmäßig der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers..
Eine (regelmäßige) Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit.
Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer eine betriebliche Einrichtung seines Arbeitgebers nachhaltig (arbeitstäglich) aufsucht, kann dort keine regelmäßige Arbeitsstätte begründen. Der Einwand, auch in solchen Fällen sei es dem Arbeitnehmer möglich, sich auf die Wegekosten einzustellen und auf deren Minderung hinzuwirken, selbst wenn er dort ein Fahrzeug übernimmt und auf diesem auswärts tätig wird, trifft zwar in der Sache zu, vermag diese Fälle aber nicht aus dem Regeltypus einer “Auswärtstätigkeit” (Leistungsort außerhalb des Betriebs oder der Betriebsstätte des Arbeitgebers) herauszulösen. Im Übrigen weist der Senat nochmals darauf hin, dass die Vorhersehbarkeit wechselnder Tätigkeitsstätten und die “Möglichkeit”, Wegekosten zu mindern, nicht Tatbestandsmerkmale der in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geregelten Entfernungspauschale sind. Der Umstand, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und gegebenenfalls sogar durch eine entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann, beschreibt lediglich generalisierend und typisierend den Regelfall, nach dem sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip erweist. Individuelle Zufälligkeiten und Besonderheiten in der tatsächlichen Ausgestaltung eines Arbeitsverhältnisses bleiben hierbei unberücksichtigt.
Nach diesen Grundsätzen ist bei der Klägerin von einer Auswärtstätigkeit auszugehen, die zum Werbungskostenabzug von Wegekosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in tatsächlicher Höhe und nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG von Mehraufwendungen für die Verpflegung berechtigt. Denn sie war nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Einsatz- und Streifendienst und damit schwerpunktmäßig überwiegend außerhalb der Polizeidienststelle im Außendienst tätig. Die Auswärtstätigkeit der Klägerin bildete entgegen der rechtlichen Würdigung des FG auch den qualitativen Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit als Polizistin im Streifendienst.
Die Sache ist spruchreif. Einwände gegen die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Fahrtkosten und dem erklärten Verpflegungsmehraufwand sind vom FA weder vorgetragen noch ersichtlich. Damit war der Klage stattzugeben. Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Aktien eines Börsenbetreibers bei einem Börsenmakler

Werden einem selbstständigen Kursmakler Anteile einer AG zur Erfüllung seiner Courtageforderung übertragen, gelangen die Anteile im Erwerbszeitpunkt in das Betriebsvermögen. Ihre spätere Entnahme ist dadurch nicht ausgeschlossen.
Die Entnahme erfordert eine unmissverständliche, von einem Entnahmewillen getragene Entnahmehandlung und darüber hinaus, dass der Steuerpflichtige die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus der Entnahme gezogen hat.
BFH Urteil vom 29.09.2016 – III R 42/13 BFH/NV 2017, 650
Sachverhalt
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war als amtlich bestellter Kursmakler an einer Wertpapierbörse tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte.
Die Mitglieder der Kursmaklerkammer hatten 1990 einstimmig beschlossen, im Rahmen einer bevorstehenden Kapitalerhöhung 5 % der Aktien zu zeichnen. Diesem Beschluss entsprechend zeichnete die Kursmaklerkammer vinkulierte Namensaktien zu einem Ausgabepreis von 200 DM pro Aktie. Die Kosten für die Anschaffung der Anteile wurden zu gleichen Teilen mit den Ansprüchen der Kursmakler gegenüber dem Courtagepool verrechnet, aus dem die monatlichen Maklercourtagen an die jeweiligen Kursmakler gezahlt wurden.
Der Kläger beteiligte sich nach seiner Bestellung zum Kursmakler an dem von der Kursmaklerkammer gehaltenen Aktienanteil. Die anteiligen Anschaffungskosten in Höhe von 210.000 DM wurden bei ihm in vier Raten im Juni, Juli, August und September 1996 mit den Ansprüchen aus dem Courtagepool verrechnet.
Oktober 1996 fassten die Kursmakler den Beschluss, den größten Teil der von der Kursmaklerkammer gehaltenen Aktien anteilig an alle Kammermitglieder zu übertragen. Ein geringer Restanteil sollte im Eigentum der Kursmaklerkammer verbleiben, um an Hauptversammlungen der AG teilnehmen zu können. Februar 1997 übertrug die Kursmaklerkammer Aktien auf die zu diesem Zeitpunkt bestellten Kursmakler. Dabei entfielen auf jedes der Kammermitglieder –darunter auch der Kläger– 1 050 Aktien; bei der Kursmaklerkammer verblieb ein Restanteil von 351 Aktien.
Der Kläger buchte nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) am 31. März 1997 “Entnahme” an “Erlöse aus Courtagepool” mit einem Betrag von 210.000 DM (1.050 x 200 DM). In der Folgezeit erklärte er die jährlichen Dividendenerträge aus den Aktien im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Zum 31. Dezember 2000 brachte der Kläger sein Einzelunternehmen in eine nach ihm benannte Wertpapierhandels-GmbH ein; die nach seiner Auffassung im Privatvermögen gehaltenen Aktien wurden nicht eingebracht. Mit dem Börsengang der AG 2001 entfiel die Vinkulierung der Aktien.
Die Betriebsprüfungsstelle des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt –FA–) vertrat nach einer im Dezember 2005 begonnenen Außenprüfung die Auffassung, dass die im Eigentum des Klägers stehenden Aktien der AG notwendiges Betriebsvermögen des Kursmaklergewerbes des Klägers darstellten und mit den Anschaffungskosten in Höhe von 107.371,29 EUR zu aktivieren seien.
Begründung:
Die Aktien wurden im Zeitpunkt ihres Erwerbs (1996) Teil des notwendigen Betriebsvermögens des Klägers. Zum Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) gehören alle Wirtschaftsgüter, die aus betrieblicher Veranlassung angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Dieser Zusammenhang wird nicht nur durch die Widmung des angeschafften Wirtschaftsguts zu betrieblichen Zwecken begründet; er wird auch unabhängig von der tatsächlichen oder beabsichtigten Nutzung des Wirtschaftsguts dadurch hergestellt, dass die Anschaffung als solche ein betrieblicher
Im Streitfall hatte der Kläger im Jahr 1996 eine Courtageforderung gegen die Kursmaklerkammer. Diese Forderung gehörte unzweifelhaft zum Betriebsvermögen. Zur Erfüllung dieser Forderung erhielt der Kläger unter anderem Rechte an den Aktien. Somit war bereits durch den Anschaffungsvorgang objektiv eine wirtschaftliche und tatsächliche Verbindung der Aktien oder eines auf darauf gerichteten Anspruchs zum Betriebsvermögen hergestellt. Die Anteilsrechte wurden dadurch notwendiges Betriebsvermögen. Mit ihrem Erwerb wurde letztlich die Courtageforderung realisiert. Die Anteile waren und blieben grundsätzlich auch Teil des notwendigen Betriebsvermögens, da sie nicht nur für private Zwecke genutzt werden konnten.
Das FG hat die Umstände des Streitfalls dahin gewürdigt, dass die von der Kursmaklerkammer auf den Kläger übertragenen Aktien am 31. März 1997, dem Zeitpunkt der vermeintlichen Entnahme, beim Kläger nicht mehr in einem über den Anschaffungsvorgang hinaus gehenden notwendigen betrieblichen Förderungszusammenhang standen und daher grundsätzlich entnommen werden konnten. Es hat seine Würdigung der Entnahmefähigkeit der Aktien im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Aktien nicht dazu dienten, die geschäftliche Beziehung des Einzelunternehmens des Klägers zur Beteiligungsgesellschaft, der AG, zu fördern oder zu sichern Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Das FG hat ausgeführt, der Kläger habe aus der Beteiligung weder geschäftliche Vorteile gezogen noch solche angestrebt –z.B. vergünstigte Maklerkonditionen– und durch sie auch keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der AG nehmen können.
Diese Würdigung ist angesichts seines geringfügigen Anteils –ca. 0,14 %– und der Tatsache, dass andere Kursmakler keine Anteile an der AG hielten und gleichwohl denselben geschäftlichen Bedingungen unterworfen waren, nicht zu beanstanden. Der Kläger war im Übrigen seit dem 1. Januar 1996 Kursmakler, beteiligte sich aber erst ab Juni 1996 an den Anschaffungskosten der Aktien; für eine Veränderung seiner geschäftlichen Bedingungen ab Juni 1996 ist nichts ersichtlich.
Die insofern mangelnde Förderung des Betriebes hat das FG weiterhin nachvollziehbar damit begründet, dass die Aktionäre der AG die Geschäftspolitik –z.B. hinsichtlich der Zulassung von Personen, Unternehmen und Produkten sowie Preisfeststellungen– nicht beeinflussen konnten, weil die Wertpapierbörse als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts öffentlich-rechtlich verfasst gewesen sei und durch eigene Organe gehandelt habe. Der Einfluss der Kursmakler auf die Angelegenheiten der Wertpapierbörse erfolge nicht über die AG, sondern über den Börsenrat der Wertpapierbörse, dem die Leitung der Börse obliege und dem nach § 3 Abs. 1 des Börsengesetzes auch Vertreter der Kursmakler angehörten. Die Aktien vermittelten somit keine zusätzlichen Rechte, was als Kriterium für die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen sprechen würde.
Da die zwangsweise Kammerzugehörigkeit des Klägers nach den Feststellungen des FG nicht mit der Verpflichtung zur Zeichnung von Aktien verbunden war, handelte es sich auch nicht um sog. Pflichtanteile, die bereits aus diesem Grunde zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten. Der Aktienbesitz war auch nicht mit betriebsbezogenen Pflichten des Klägers verknüpft.
Die Aktien waren auch nicht dauerhaft dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen, weil
Da die Aktien –unstreitig– nicht zum notwendigen Privatvermögen gehörten, können sie nur durch eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen des Klägers ausgeschieden sein. Dazu bedürfte es einer unmissverständlichen, von einem Entnahmewillen getragenen Entnahmehandlung. Der Steuerpflichtige muss darüber hinaus auch die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus der Entnahme ziehen und einen Entnahmegewinn erklären
Das FG hat zur Entnahme lediglich festgestellt, dass der Kläger am 31. März 1997 Kto. 1800 “Entnahme” an Kto. 8005 “Erlöse aus Courtagepool” mit einem Betrag von 210.000 DM gebucht hat. Es hat nicht festgestellt, wie die Erlösminderung in den Monaten Juni bis September 1996 verarbeitet wurde, ob und gegebenenfalls wann der Anspruch auf die Aktien oder die Aktien selbst aktiviert worden sind und ob der Buchungssatz vom 31. März 1997 durch Bezugnahme auf die Aktien erläutert wurde. Angesichts dieses vom FG so festgestellten Sachverhalts ist mithin nach außen weder erkennbar, dass der Kläger bisher dem Betriebsvermögen zugeordnete Aktien entnehmen wollte noch, dass er den Anschaffungskosten der Aktien einen von ihm ermittelten Teilwert der Aktien gegenübergestellt hat, um einen eventuellen Entnahmegewinn oder -verlust zu errechnen.
Die diesbezüglichen Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung und die dazu nachgereichten Unterlagen kann der Senat als neues tatsächliches Vorbringen nicht berücksichtigen. Denn der BFH ist im Revisionsverfahren auf eine rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt (§ 118 Abs. 2 FGO). Im zweiten Rechtsgang wird aber der Kläger für entsprechenden Sachvortrag Gelegenheit haben.
Das FG wird im zweiten Rechtsgang entsprechende weitere Feststellungen zu treffen haben, um anhand derer nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze prüfen zu können, ob der Kläger die Aktien durch eine wirksame Entnahmehandlung entnommen hatte. Es wird insbesondere zu prüfen sein, ob nach außen erkennbar die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus einer Entnahme (Gewinnrealisierung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) innerhalb oder außerhalb des Buchführungswerks gezogen wurden Eine fehlende Eindeutigkeit der Entnahmehandlung ginge zulasten des Klägers.

Zufluss von Zinsen aus einem Lebensversicherungsvertrag nach Änderung des Vertrages mit Festlegung eines späteren Fälligkeitszeitpunkts

Wird ein Lebensversicherungsvertrag vor Ablauf der Versicherungslaufzeit durch Änderung von Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer geändert, ohne dass eine solche Vertragsänderung von vornherein vertraglich vereinbart war oder einem Vertragspartner bereits im ursprünglichen Vertrag eine Option auf eine Änderung der Vertragsbestandteile eingeräumt worden ist, liegt hinsichtlich der Änderungen in ertragsteuerlicher Hinsicht ein neuer Vertrag vor.
Erfolgt die Änderung des Vertrages vor Fälligkeit der vertragsgemäß geschuldeten Versicherungsleistung unter (neuer) Vereinbarung eines späteren einheitlichen Fälligkeitszeitpunkts für die dem Steuerpflichtigen als Versicherungsnehmer zustehenden Zinsen (auch hinsichtlich des Zeitraums vor Änderung des Vertrages), entsteht die Zahlungspflicht des Versicherungsunternehmens erst zu diesem Zeitpunkt; erst mit dem dann veranlassten tatsächlichen Eingang der Zahlungen fließen die Zinsen dem Steuerpflichtigen nach Maßgabe des § 11 EStG zu.
BFH Urteil vom 27.09.2016 – VIII R 66/13 BFH/NV 2017, 646
Sachverhalt:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2001) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Der Kläger hatte am 15. Oktober 1981 –rückwirkend ab 1. Juli 1979– mit einer Laufzeit bis zum 1. Juli 1993 eine sog. Bankdarlehen-Tilgungsversicherung bei einer Lebensversicherungsgesellschaft abgeschlossen und die erste Prämienzahlung –einschließlich einer sogenannten Reservenachzahlung für den Zeitraum 1. Juli 1979 bis 15. Oktober 1981– am 12. November 1981 sowie in der Folgezeit die jeweils fälligen Jahresprämien geleistet.
Anlässlich einer in den Jahren 1986/1987 durchgeführten Außenprüfung wies der Prüfer den Kläger darauf hin, dass der Versicherungsvertrag eine Laufzeit von weniger als 12 Jahren habe und daher die künftigen Erträge aus der Versicherung zu versteuern seien.
Begründung:
Zu Recht hat das FG die Auffassung des FA bestätigt, dass die streitigen Zinserträge in Höhe von 625.875 DM bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen in der Einkommensteuerveranlagung der Kläger für das Streitjahr zu berücksichtigen sind. Denn sie sind erst in diesem Jahr und nicht bereits im Zeitpunkt der 1989 vorgenommenen Vertragsänderungen zugeflossen. Außerdem erfüllen sie nicht die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG.
Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, unterliegen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 36 EStG der Steuerpflicht. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrages nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gehören u.a. Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil, wenn der Vertrag für die Dauer von mindestens 12 Jahren abgeschlossen worden ist. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG konnten mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.
Werden Versicherungsverträge vor Ablauf der Zwölfjahresfrist geändert, so ist die Frage, ob sie nach Inhalt und wirtschaftlichem Gehalt unverändert geblieben sind oder ob aufgrund der Änderungen Neuverträge vorliegen, im Wesentlichen nach den den Vertrag prägenden Merkmalen, nämlich Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer zu beurteilen. Danach liegt ein neuer Vertrag –mit der Folge einer ab dem Änderungszeitpunkt neu laufenden Zwölfjahresfrist i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG– vor, wenn der zuvor abgeschlossene Versicherungsvertrag u.a. hinsichtlich der Merkmale Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer nachträglich geändert wird, ohne dass eine solche Vertragsänderung von vornherein vertraglich vereinbart war, oder dass einem Vertragspartner bereits im ursprünglichen Vertrag eine Option auf eine Änderung der Vertragsbestandteile eingeräumt worden.
Der Zufluss der nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerbaren Zinsen richtet sich nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich über sie verfügen kann. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Hingabe eines (gedeckten) Schecks führt zum Zufluss des entsprechenden. Geldbetrages.
Ebenso kann eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten den Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Der Gläubiger muss allerdings in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.
Danach kann ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten grundsätzlich nur in Betracht kommen, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht.
Der Zufluss kann zudem durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger, nach der der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll, bewirkt werden. In einer solchen Schuldumwandlung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch Zahlung beglichen und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag in Erfüllung des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte.
Die Novation stellt sich dann als eine bloße Verkürzung des Leistungswegs dar und setzt mithin eine Zahlungspflicht des Schuldners voraus. Fehlt eine solche Zahlungspflicht, ist die Annahme einer Schuldumschaffung nicht veranlasst.
Die Novation muss sich zudem als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers über den Gegenstand der Altforderung darstellen, also auf seinem freien Entschluss beruhen. Ein nicht geltend gemachter (bestehender) Anspruch kann deshalb mangels Ausübung für sich genommen noch nicht zu einem Zufluss führen.
Dementsprechend hat der BFH den Verzicht auf Teilzahlungsansprüche aus einer Lebensversicherung nicht als Schuldumschaffung, sondern allenfalls als Stundung angesehen Auch das Schrifttum geht in einem solchen Fall “verschobener Auszahlung” vor Fälligkeit durch Änderung eines Versicherungsvertrages von einem fehlenden Zufluss aus, weil der Sachverhalt grundsätzlich –vorbehaltlich eines besonderen eigenen Interesses an einer späteren und deshalb höheren Auszahlung– nicht anders zu werten sei als derjenige, in dem eine Auszahlung von vornherein (schon bei Begründung des Versicherungsvertrages) erst später vorgesehen sei.
Eine zum Zufluss führende Novation kann auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage bereits vor der Entstehung und Fälligkeit der Kapitalerträge getroffen hat.
Eine entsprechende Vereinbarung wirkt als Vorausverfügung auf die Zeitpunkte der späteren Wiederanlage fort. Eine Vorausverfügung über (zukünftige) Einkünfte stellt lediglich eine –an der Zurechnung der Einkünfte nichts ändernde.
Ob eine solche Vorausverfügung vorliegt, ist grundsätzlich anhand der für die Annahme einer Novation geltenden Maßstäbe zu prüfen, wobei die Interessenlage der Vertragspartner als Indiz weniger Gewicht hat, wenn die Modalitäten einer Auszahlung bzw. Verrechnung im Vorhinein vereinbart werden
Ob der Steuerpflichtige im Einzelfall tatsächlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt und ausgeübt hat und ob eine Schuldumschaffung im alleinigen oder überwiegenden In-teresse des Gläubigers lag, ist eine Frage der Tatsachenfest-stellung und -würdigung, die dem FG obliegt. Hierbei hat das FG alle Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Entscheidend kommt es auf den Zeitpunkt des mutmaßlichen Zuflusses an.
Im Ausgangspunkt ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die im Jahr 1989 vereinbarten Änderungen des Versicherungsvertrages vom 15. Oktober 1981 steuerlich zu einem neuen Vertrag zwischen den Vertragsbeteiligten geführt haben und deshalb sowohl für den Alt- wie für den Neuvertrag gesondert zu prüfen ist, ob jeweils die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der daraus erzielten Zinserträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG gegeben sind.
Dies rechtfertigt den Schluss des FG, dass in steuerlicher Hinsicht ab dem Änderungszeitpunkt hinsichtlich der vorgenommenen Änderungen ein neuer Vertrag mit einer neu laufenden Zwölfjahresfrist i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG vorliegt.
Auf dieser Grundlage wird der alte Vertrag (hier der Vertrag vom 15. Oktober 1981) durch die späteren Änderungen nicht obsolet, sondern nur hinsichtlich seiner Laufzeit bis zum Zeitpunkt dieser Änderungen begrenzt. Er ist deshalb hinsichtlich seiner Merkmale und der vertraglichen Ansprüche nach den Verhältnissen in diesem Zeitpunkt (insbesondere hinsichtlich der für die Steuerfreiheit nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG zu wahrenden –hier aber im maßgeblichen Zeitpunkt der Änderung nicht gewahrten– Mindestlaufzeit und der in jenem Zeitpunkt erwirtschaften Zinsen) zu beurteilen.
Danach ist die für eine Steuerfreiheit erforderliche Mindestlaufzeit von 12 Jahren (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG) mit Blick auf das ursprünglich vereinbarte Laufzeitende 1. Juli 1993 nicht gewahrt. Denn für die Bemessung der Mindestlaufzeit kommt es allein auf die Zeitspanne zwischen Abschluss des Vertrages (hier 15. Oktober 1981) und dem vereinbarten Endzeitpunkt (hier 1. Juli 1993) an; auf die vereinbarte Rückdatierung des Vertrages in das Jahr 1979 können sich die Kläger wegen der Maßgeblichkeit des Abschlussdatums des Vertrages für die Mindestlaufzeit nicht berufen.
Hinsichtlich des mit den unter dem 17. August 1989 vereinbarten Änderungen abgeschlossenen Neuvertrages fehlt es ebenfalls an der Einhaltung der Zwölfjahresfrist des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG, weil insoweit die von der Vorschrift vorausgesetzte zwölfjährige Beitragspflicht mangels laufender Beitragszahlungen nicht gewahrt wurde, nachdem die Versicherung am 5. Juli 1990 (rückwirkend ab dem 1. Juli 1990) bis zum Vertragsablauf am 1. Juli 2001 beitragsfrei gestellt und die Versicherungssumme herabgesetzt wurde
Zugeflossen sind die streitigen Zinserträge erst mit Ablauf eines neu vereinbarten und gleichermaßen für
Für die Annahme eines Zuflusses im Zeitpunkt der 1989 vereinbarten Änderung des Lebensversicherungsvertrages fehlt es schon an einer in diesem Zeitpunkt bestehenden Zahlungspflicht des Gläubigers; denn die Vertragsänderung erfolgte noch vor Fälligkeit der Zinszahlungen nach Maßgabe des Altvertrages und bezweckte lediglich, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG zu erreichen. Eine vorzeitige wirtschaftliche Verfügungsmacht des Klägers über die Zinserträge sollte damit nicht verbunden sein. Vielmehr sollte die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Zinserträge zur Einhaltung der Mindestlaufzeit gerade länger als ursprünglich vereinbart hinausgeschoben werden.

Abgrenzung zwischen Bordellbetrieb und bloßer Zimmervermietung

Das Überlassen von Zimmern in einem Bordell ist keine Vermietungsleistung.
BFH Beschluss vom 07.02.2017-V B 48/16 BFH/NV 2017, 629
Sachverhalt:
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der am 10. Juni 2016 verstorbenen Frau X, die in einem bis zum 31. Juli 2005 gepachteten Gebäude ein Bordell betrieben und dazu Räume an Prostituierte überlassen hat. Nachdem die Klägerin ausschließlich Umsätze aus Zimmervermietung erklärte, gelangte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) zu der Rechtsauffassung, die Klägerin habe sämtliche Dienstleistungen erbracht und schätzte weitere Umsätze hinzu, sodass sich insgesamt (einschließlich der als Vermietungsleistung erklärter Umsätze) ein täglicher Umsatz in den Streitjahren 2004 und 2005 von 90 EUR pro Prostituierter ergab.
Begründung:
Die Klägerin hebt die Rechtsfrage heraus, “ob eine Umsatzsteuerpflicht eines Bordellbetreibers für die Entgelte auf sexuelle Dienstleistungen auch dann gilt, wenn dieser keinen Einfluss auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Prostituierten und ihren Kunden hat, bzw. die konkreten vertraglichen Vereinbarungen nicht beeinflussen kann und den Inhalt der Vereinbarungen nicht einmal zur Kenntnis erhält”. Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie durch die Rechtsprechung des BFH grundsätzlich geklärt ist.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) sowie des BFH liegt eine steuerfreie Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor, wenn dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre es dessen Eigentümer. Die entgeltliche Überlassung von Räumen ist aber dann keine Vermietungsleistung mehr, wenn die Überlassung der Zimmer wegen darüber hinausgehender weiterer Leistungen ein anderes Gepräge erhält. Dies ist der Fall, wenn nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die Vermietung eines Grundstücks oder von Grundstücksteilen durch andere wesentliche Leistungen überlagert wird und die Zimmervermietung nur vorgeschoben ist. Denn maßgebend bei einem Leistungsaustausch ist der objektive Inhalt des Vorgangs und nicht die Bezeichnung, die die Parteien ihm geben. So kann trotz Bezeichnung der Beteiligten als Vermietungsverhältnis nach dem objektiven Inhalt eine sonstige Leistung des Bordellinhabers anzunehmen sein, wenn dieser nach den nach außen erkennbaren Gesamtumständen aufgrund von Organisationsleistungen selbst derjenige ist, der durch die Anwerbung von Prostituierten und Unterbringung das Bordell betreibt. Hierbei ist es unerheblich, ob die Prostituierten weisungsgebunden als Arbeitnehmerinnen oder als Subunternehmerinnen anzusehen sind Von diesen Grundsätzen ist auch das FG im Rahmen einer tatsächlichen Würdigung ausgegangen.
Weiteren Klärungsbedarf hat die Klägerin nicht dargetan, wenn sie ausführt, dass von der bisherigen Rechtsprechung die Regelungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 –ProstG– (BGBl I 2001, 3983) nicht berücksichtigt worden sei. Hieraus ergibt sich keine weitere klärungsbedürftige Rechtsfrage. Während in der älteren Rechtsprechung die Steuerbarkeit der Umsätze trotz der vormals angenommenen Sittenwidrigkeit unter Berufung auf die Regelung des § 40 der Abgabenordnung angenommen wurde, führt die Regelung des § 1 ProstG, wonach die Vereinbarung bei einem Rechtsgeschäft über sexuelle Handlungen nach neuerer Rechtslage rechtswirksam ist, nicht zu einem anderen Ergebnis. Zur vorliegend streitigen Frage, ob die streitbefangenen Umsätze dem Bordellbetreiber oder den Prostituierten zuzurechnen sind, enthält das ProstG keinerlei Regelungen.
Geklärt ist auch, dass eine Zimmervermietung in einem Bordell nicht mit der Raumvermietung in einem Einkaufszentrum gleichgestellt werden kann, in dem die Umsätze der einzelnen Geschäfte nicht dem Eigentümer zugerechnet werden können. Denn die Vermietung an Geschäfte verschiedener Branchen in einem Einkaufszentrum erfolgt ausschließlich langfristig und nicht –wie im Streitfall bei einer Kündigungsfrist von drei Tagen– kurzfristig. Zudem erbringt der Vermieter von Geschäftslokalen innerhalb eines Einkaufszentrums keinerlei weitere wesentliche Organisationsleistungen, die ihn nach der Verkehrsauffassung als Erbringer der Umsätze der völlig unabhängig geführten Einzelhandelsgeschäfte erscheinen lassen, während in einem Bordell gleichartige Leistungen (im Streitfall in 18 Zimmern) erbracht werden. Es stellt auch keinen verfassungswidrigen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 des Grundgesetzes) dar, wenn demjenigen, dem als Bordellbetreiber wegen seiner Organisationsleistung Umsätze zuzurechnen sind, diese auch zu versteuern hat.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass nach der Rechtsauffassung der Klägerin die Umsatzzurechnung zum Bordellbetreiber bei Annahme einer Subunternehmerstellung der Prostituierten zu einer Doppelbesteuerung führe. Abgesehen davon, dass eine Doppelbesteuerung nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofes (Bericht vom 24. Januar 2014 VIII-2010-0500, S. 16 f.) in aller Regel wegen des fehlenden Erklärungsverhaltens der Prostituierten und ihres häufigen Wohnortwechsels rein faktisch nicht erfolgt, ist bereits entschieden, dass dem Bordellinhaber im Falle der Beschäftigung von Subunternehmern der Vorsteuerabzug aus Leistungen der Damen zusteht, sofern Rechnungen vorliegen und diese die hierzu erforderlichen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllen (BGH-Urteil in HFR 1996, 363).