Kosten behinderungsbedingter Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastungen

Kosten für die behinderungsbedingte Unterbringung in einer sozial-therapeutischen Einrichtung können außergewöhnliche Belastungen sein.

Ist das FG auf Grund eines von einem fachkundigen Arzt erstellten Gutachtens von der Notwendigkeit der Unterbringung überzeugt, bedarf es nicht mehr eines amtsärztlichen Attestes.

BFH Urteil vom 9.12.2010, VI R 14/09

Begründung:

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, können nicht nochmals nach § 33 EStG berücksichtigt werden. Krankheitskosten sind regelmäßig eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG.

Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim. Liegt ein durch Krankheit veranlasster Aufenthalt in einem Heim vor, stellen sich die Aufwendungen für die Heimunterbringung als Krankheitskosten dar. Nach diesen Grundsätzen sind die Aufwendungen des Klägers als Krankheitskosten abziehbar. Das FG hat unter Bezugnahme auf das im Rahmen des Betreuungsverfahrens vorgelegte ärztliche Gutachten nach § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindend festgestellt, dass der Kläger im Streitjahr krankheitsbedingt im Heim untergebracht war. Dem Abzug der Kosten steht nicht entgegen, dass dem Kläger keine Pflegekosten in Rechnung gestellt worden sind.

Privat veranlasste Kosten für umgekehrte Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung nicht abziehbar

Tritt der den doppelten Haushalt führende Ehegatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht an, sind die Aufwendungen für die stattdessen durchgeführte Besuchsfahrt des anderen Ehegatten zum Beschäftigungsort keine Werbungskosten.

BFH Beschluss vom 2.2.2011, VI R 15/10

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 2. Februar 2011 VI R 15/10 entschieden, dass Aufwendungen des am Familienwohnsitz lebenden Ehegatten für Besuchsreisen zur Wohnung des anderenorts beruftstätigen Ehegatten zumindest dann nicht als Werbungskosten bei der Einkommensteuer abziehbar sind, wenn die Besuchsreisen privat veranlasst waren.

In dem vom BFH entschiedenen Fall, lebten die Ehegatten (Kläger) gemeinsam in der Stadt X. Die Klägerin war in der Stadt Y als Angestellte tätig und führte dort einen weiteren Haushalt. An den Wochenenden reiste die Klägerin in der Regel nach X. Jedoch besuchte der Kläger die Klägerin auch mehrfach in Y, und zwar nicht etwa wegen einer beruflichen Verhinderung der Klägerin, sondern aufgrund privater Entscheidungen der Ehegatten. Das Finanzamt erkannte die Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung im Wesentlichen an. Allerdings ließ es die Reisekosten des Klägers für Besuche in Y nicht zum Werbungskostenabzug zu.

Der BFH entschied -wie zuvor schon das Finanzgericht (FG)- dass die Reisekosten des Klägers für Besuche in Y keine Werbungskosten seien. Weder handele es sich um eine Familienheimfahrt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), noch seien es sonstige Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Denn das FG habe insoweit bindend festgestellt, dass den Besuchsreisen des Klägers private Motive zu Grunde lagen und daher die Reisen nicht beruflich veranlasst gewesen seien. Auch Art. 6 des Grundgesetzes erfordere nach Auffassung des BFH kein anderes Ergebnis. Die Regelungen des EStG zu Familienheimfahrten seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Werbungskostenabzug für Reisen

Begleitet ein Pfarrer Angehörige einer Pfarrei auf ihrer Pilgerwallfahrt nach Rom und übernimmt er dabei deren seelsorgerische Betreuung, sind die entsprechenden Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar  .

Nimmt ein Pfarrer an einer sog. Tertiatskursfahrt von Geistlichen nach Jordanien teil, kann der Umstand, dass er zur Teilnahme dienstlich verpflichtet ist, die berufliche Veranlassung maßgeblich indizieren.

BFH Urteil vom 9.12.2010, VI R 42/09

Begründung:

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehören hierzu auch Bildungsaufwendungen, sofern sie beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden.

Auch Aufwendungen für Reisen, die der beruflichen Fortbildung dienen, sind demnach dann als Werbungskosten abziehbar, wenn sie durch den Beruf bzw. den Betrieb veranlasst sind. Ob dies zutrifft, ist durch die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Der uneingeschränkte Abzug der Reisekosten setzt voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist zum einen der Fall, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet. Gleiches gilt, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen, wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist. Ist eine Bildungsreise gemischt veranlasst, ist nach den Grundsätzen, die der Große Senat des BFH aufgestellt hat, (nur) der beruflich veranlasste Teil der Reisekosten zum Abzug als Werbungskosten zuzulassen.

Sollte sich im zweiten Rechtsgang der Vortrag des Klägers bestätigen, wird das FG von einer ausschließlich beruflich veranlassten Reise ausgehen können. Denn wie dargestellt führen Aufwendungen für eine Reise u.a. dann in voller Höhe zu Werbungskosten, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt. Der Senat hat einen unmittelbaren beruflichen Anlass der Teilnahme an einer Gruppenreise beispielsweise angenommen, wenn die Organisation und Durchführung dieser Reise Dienstaufgabe des damit betrauten Arbeitnehmers ist. Gehört zum Aufgabenbereich eines Pfarrers auch die geistliche Betreuung von pfarrangehörigen Pilgern auf ihrer Reise und begleitet er diese nach Einholung einer entsprechenden dienstrechtlichen Genehmigung, ist die Situation mit der eines Lehrers vergleichbar. Die seelsorgerische Tätigkeit des Geistlichen auf einer Pilgerwallfahrt ist nicht anders zu bewerten als seine sonstige geistliche Tätigkeit vor Ort in der Pfarrei.

Für eine Auslandsgruppenreise gelten auch nach der Entscheidung des Großen Senats entwickelten Abgrenzungsmerkmale grundsätzlich fort. Für eine berufliche Veranlassung ist daher neben einer fachlichen Organisation vor allem maßgebend, dass das Programm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten und der Teilnehmerkreis im Wesentlichen gleichartig (homogen) ist. Von maßgeblicher Bedeutung ist auch, ob die Teilnahme freiwillig oder verpflichtend ist. Kommt der Steuerpflichtige mit seiner Teilnahme einer Dienstpflicht nach, indiziert dies in besonderer Weise den beruflichen Veranlassungszusammenhang. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Steuerpflichtige die rechtliche oder praktische Möglichkeit gehabt hätte, sich der Teilnahme an der konkreten Reise zu entziehen. Im Streitfall hat der Kläger die Jordanienreise zwar als eine Pflichtveranstaltung bezeichnet, das FG hat jedoch auch insoweit von einer Feststellung abgesehen.

Einer (ausschließlich) beruflichen Veranlassung steht im Übrigen nicht schon entgegen, dass die im beruflichen Interesse gewonnenen Erkenntnisse auch im privaten Bereich angewendet werden können. Die berufliche Veranlassung kann auch nicht mit der Begründung abgesprochen werden, der Beruf erfordere Aufwendungen, die für andere Steuerpflichtige Privataufwendungen sind.

 

 

 

Steuerfreier Zuschlag nach § 3b EStG

Der Begriff des Zuschlags in § 3b EStG setzt voraus, dass für die zuschlagsfähige Tätigkeit eine Grundvergütung gezahlt wird, zu der ein besonderes Entgelt für die mit der Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbundene Erschwernis dazugeschlagen wird.

BFH Beschluss vom 11.11.2010 – VI B 72/10 BFHNV 2010 S. 254

Begründung:

Das FG ist im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH davon ausgegangen, dass der Begriff des Zuschlags voraussetzt, dass für die zuschlagsfähige Tätigkeit eine Grundvergütung gezahlt wird, zu der ein besonderes Entgelt für die mit der Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbundene Erschwernis dazugeschlagen wird.

Voraussichtlich dauernde Wertminderung als Voraussetzung einer Teilwertabschreibung

Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bei aktiven Wirtschaftsgütern liegt nur vor, wenn der Teilwert nachhaltig und langfristig anhaltend unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Hierzu muss bei Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens der Wert des jeweiligen Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegen.

Maßgeblich ist grundsätzlich die objektive Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts und nicht die individuelle Verbleibensdauer beim betreffenden Steuerpflichtigen.

Die Erzielung eines Verlustes bei der Veräußerung eines Wirtschaftsguts ist nur dann für die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung von Bedeutung, wenn dies zugleich eine nachhaltige Wertminderung indiziert.

BFH Urteil vom 09.09.2010  IV R 38/08 BFHNV 2011 S. 423 ff

Begründung:

Das Gericht hat ausgeführt, dass eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bei aktiven Wirtschaftsgütern nur vorliege, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Von einem "nachhaltigen" Sinken des Teilwerts unter die Anschaffungskosten sei auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags auf Grund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss. Hierfür bedürfe es einer an der Eigenart des Wirtschaftsguts ausgerichteten Prognose. Für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens hat sich der erkennende Senat dabei der Auffassung des I. Senats angeschlossen, dass eine Teilwertabschreibung voraussetzt, dass der Wert des jeweiligen Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt.

Ob bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (u.a. Grund und Boden) eine Wertminderung voraussichtlich andauern wird, richtet sich nach Auffassung des erkennenden Senats danach, ob aus Sicht des Bilanzstichtags mehr Gründe für ein Andauern der Wertminderung sprechen als dagegen. Welcher Prognosezeitraum hierbei zugrunde zu legen ist, kann nicht generell beantwortet werden, sondern richtet sich nach den prognostischen Möglichkeiten zum Bilanzstichtag, die je nach Art des Wirtschaftsguts und des auslösenden Moments für die Wertminderung unterschiedlich sein können.

Ansparrücklage eines Existenzgründers

Bei Existenzgründern eines noch zu eröffnenden Betriebs ist eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen notwendig, um die Ansparrücklage im Jahr vor der Eröffnung des Betriebs bilden zu können.

BFH Urteil vom 15.09.2010-X R 16/08 BFHNV 2010 S. 33

Begründung:

Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage darf dabei 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird". Eine Ansparabschreibung kann auch gebildet werden, wenn dadurch –wie im Streitfall– ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g Abs. 3 Satz 4 EStG).

Wird die Rücklage von einem Existenzgründer im Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung und in den fünf folgenden Wirtschaftsjahren (Gründungszeitraum) gebildet, sind gemäß § 7g Abs. 7 EStG die Abs. 3 bis 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass- das begünstigte Wirtschaftsgut vom Steuerpflichtigen voraussichtlich bis zum Ende des fünften auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft oder hergestellt wird. Der Höchstbetrag in Abs. 3 Satz 5 für im Gründungszeitraum gebildete Rücklagen 307.000 EUR beträgt und die Rücklage spätestens am Ende des fünften auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs gewinnerhöhend aufzulösen ist. Bei diesen Rücklagen wird der Gewinnzuschlag nach Abs. 5 bei nicht durchgeführter Investition nicht erhoben.

Das EStG enthält keine Regelung dazu, ob und ggf. wie darzulegen ist, dass eine Investition i.S. von § 7g Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 EStG "beabsichtigt" ist. Der Steuerpflichtige ist jedenfalls nicht gehalten, die Absicht einer Investition nachzuweisen. Allerdings muss die geplante Investition nach Art, Umfang und Investitionszeitpunkt ausreichend konkretisiert sein.

In Bezug auf die Ansparrücklage eines noch zu eröffnenden Betriebs entschieden, dass die Betriebseröffnung im Jahr der Rücklagenbildung noch nicht vollendet sein müsse. Ausgehend von dem mit der Fördermaßnahme beabsichtigten Zweck, mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, im Vorgriff auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten zur Finanzierung künftiger Investitionen eine Rücklage zu bilden, dürfe die Bildung einer Ansparrücklage einerseits nicht vom Vorhandensein sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen abhängig gemacht werden, andererseits müsse jedoch –um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der für bestehende oder zukünftige Betriebe vorgesehenen Förderung zu vermeiden– von erst noch zu eröffnenden Betrieben verlangt werden, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert sei. Sollten die wesentlichen Betriebsgrundlagen noch angeschafft werden, setze das ihre verbindliche Bestellung voraus.

Unabhängig davon, ob eine Wohnung in hotelmäßiger Weise zur kurzfristigen Überlassung angeboten wird, kann auch die Übernahme von Sonderleistungen dazu führen, dass die Vermietung als gewerbliche Betätigung zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur dann, wenn Teile einer Wohnung an Dritte zwar (langfristig) zur Nutzung überlassen werden, aber zusätzlich Sonderleistungen erbracht werden, die vergleichbar einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb eine unternehmerische Organisation erfordern. Diese Grundsätze gelten vielmehr in gleicher Weise, wenn eine unternehmerische Organisation erfordernde Zusatzleistungen im Rahmen der Überlassung einer Wohnung erbracht werden, die nicht zu einer Ferienanlage gehört.

Fahrtkosten behinderter Menschen als außergewöhnliche Belastungen

Steuerpflichtige, die so gehbehindert sind, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mit Hilfe eines Kraftfahrzeugs bewegen können, können zwar grundsätzlich alle Kraftfahrzeug-Kosten als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Angemessen sind jedoch nur Aufwendungen für Fahrten bis zu 15.000 km im Jahr und nur bis zur Höhe der Kilometerpauschbeträge, die in den Einkommensteuer-Richtlinien und Lohnsteuer-Richtlinien als Werbungskosten oder Betriebsausgaben festgelegt sind.

BFH Beschluss vom 26.10.2010 – VI B 52/10 BFHNV 2011 S. 253

Begründung:

 Die Entscheidung des FG entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des BFH. Danach können Steuerpflichtige, die so gehbehindert sind, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mit Hilfe eines Kraftfahrzeugs bewegen können, zwar grundsätzlich alle Kraftfahrzeug-Kosten, soweit sie nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind, neben den Pauschbeträgen für behinderte Menschen (§ 33b EStG) als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Angemessen sind jedoch nur Aufwendungen für Fahrten bis zu 15.000 km im Jahr und nur bis zur Höhe der Kilometerpauschbeträge, die in den Einkommensteuer-Richtlinien und Lohnsteuer-Richtlinien für den Abzug von Kraftfahrzeug-Kosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben festgelegt sind.

Abgrenzung von Anschaffungskosten und Erhaltungsaufwendungen

Bei der Einordnung einzelner Aufwendungen als Erhaltungsaufwand bzw. als Anschaffungskosten ist zu berücksichtigen, dass Teile des Gebäudes unterschiedlich genutzt werden.

Steuerobjekt ist die einzelne "Einkunftsquelle", die sich nach dem jeweiligen einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang einer Sache bestimmt.

Wer Aufwendungen für ein leer stehendes und noch nicht vermietetes Objekt als vorab entstandene Werbungskosten geltend macht, muss seinen endgültigen Entschluss, dieses Objekt zu vermieten, durch ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen belegen. Bei einem Leerstand von mehr als 20 Jahren spricht allein die Dauer des Leerstandes dafür, dass die Vermietungsabsicht nicht vorhanden war.

Gewerbliche Verluste sind nur dann für die Dauer einer betriebsspezifischen Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn seiner Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde er insgesamt ein positives Ergebnis erzielen können.

BFH Urteil vom 18.08.2010 – X R 30/07 BFHNV 2011 S. 216

Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH stellen Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB diejenigen Aufwendungen dar, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (zu Betriebsbereitschaftskosten als Teil der Anschaffungskosten Schmidt/Kulosa, EStG, 29. Aufl., § 6 Rz 44). Ein Vermögensgegenstand (hier: Gebäude) ist betriebsbereit, wenn er entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Zu den Anschaffungskosten zählen daher auch die Aufwendungen, die erforderlich sind, um den Vermögensgegenstand bestimmungsgemäß nutzen zu können. Die Art und Weise, wie das Wirtschaftsgut genutzt werden soll, bestimmt der Erwerber. Der Erwerber bestimmt daher auch, ob das Gebäude zu Wohnzwecken oder als Büroraum genutzt werden soll. Soll das Gebäude zu Wohnzwecken genutzt werden, so gehört zur Zweckbestimmung auch die Entscheidung, welchem Standard das Gebäude entsprechen soll (sehr einfacher, mittlerer oder sehr anspruchsvoller Standard).

Bei gebrauchten (leerstehenden) Immobilien sind Modernisierungsaufwendungen (insbesondere Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsarbeiten an vorhandenen und im Wesentlichen funktionierenden Installationen) nur dann unter dem Gesichtspunkt der Betriebsbereitschaftskosten als Anschaffungskosten zu behandeln, wenn sie den Ausstattungsstandard in mindestens drei der vier funktionswesentlichen Bereichen (Heizung, Sanitär, Elektro, Fenster) anheben. Diese Beurteilung ist für jede Nutzungseinheit (Wohnung, Büro) getrennt vorzunehmen.

Betriebsbereitschaftskosten entstehen ferner bei der Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile, die für die geplante Nutzung unerlässlich sind (z.B. Reparatur einer defekten Heizung oder eines schweren Wasser- oder Brandschadens.

Differenziert man zwischen den einzelnen Gebäudeteilen, so kann z.B. die Funktionstüchtigkeit (Betriebsbereitschaft) der im Erdgeschoss gelegenen Gaststätte (und deren Wiederherstellung) anders zu beurteilen sein als die des im 1. Obergeschoss gelegenen Büros oder die der im 2. Obergeschoss gelegenen Pächterwohnung; in diesem Zusammenhang könnten neben (unterschiedlichen) technischen Erfordernissen auch optische (ästhetische) Gesichtspunkte relevant sein. 

Das FG hat wegen der Fassadenrenovierung nur auf die Gaststätte (im Erdgeschoss) abgestellt, ohne zu berücksichtigen, dass die Fassadengestaltung in Bezug auf die Nutzung des 1. und 2. Obergeschosses differenziert zu beurteilen sein kann. Ein Zuordnungsproblem existiert auch bei der Kellersanierung. Das gilt jedenfalls dann, wenn man den Sachverhalt mit der Klägerin in der Weise interpretiert, dass die vorgenommenen Sanierungsmaßnahmen im Keller des Gebäudes zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Lokals, nicht hingegen auch der Herbeiführung der Betriebsbereitschaft der Raumeinheiten im 1. Obergeschoss (Büro) und im 2. Obergeschoss (Pächterwohnung) gedient hätten.

Aufwendungen für leer stehende Gebäude oder Gebäudeteile können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus durch spätere Vermietung Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht wieder aufgegeben hat. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Entsprechendes gilt (soweit es das als Büro genutzte 1. Obergeschoss betrifft) für vorweggenommene Betriebsausgaben.

Aufwendungen für leer stehende Gebäude oder Gebäudeteile können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus durch spätere Vermietung Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht wieder aufgegeben hat. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird.. Entsprechendes gilt (soweit es das als Büro genutzte 1. Obergeschoss betrifft) für vorweggenommene Betriebsausgaben.

Wer Aufwendungen für ein leer stehendes und noch nicht vermietetes Objekt als vorab entstandene Werbungskosten geltend macht, muss seinen endgültigen Entschluss, dieses Objekt zu vermieten, durch ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen belegen. Die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen dienen als Belege für die Einkünfteerzielungsabsicht.

Bei einem Leerstand von mehr als 20 Jahren spricht allein die Dauer des Leerstandes dafür, dass die Vermietungsabsicht nicht vorhanden war. Für die Annahme der Einkunftserzielungsabsicht genügt jedenfalls nicht, dass eine Veräußerungsabsicht nicht bestanden habe.  

 

Ort der Leistung bei Übernahme von radioaktiven Strahlenquellen

Die Übernahme von ausgedienten Strahlenquellen durch einen inländischen Unternehmer im Ausland kann im Verhältnis zu den in diesem Zusammenhang erbrachten weiteren Leistungen als Hauptleistung anzusehen sein, die gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG im Inland ausgeführt wird.

Bei dem Ausbau und der Übernahme von Strahlenquellen handelt es sich nicht um Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen i.S. von § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG.

Der Ausbau und die Übernahme von Strahlenquellen als maßgebliche Hauptleistung gehören nicht zu den Tätigkeiten, die im Rahmen des Ingenieurberufs hauptsächlich und gewöhnlich erbracht werden.

BFH Urteil vom 13.1.2011, V R 63/09

Erläuterungen:

Mit Urteil vom 13. Januar 2011 V R 63/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Übernahme im Ausland befindlicher ausgedienter Strahlenquellen durch einen inländischen Unternehmer der deutschen Umsatzbesteuerung unterliegt.

Klägerin war ein deutsches Recyclingunternehmen, das radioaktive Stoffe von ihren Kunden (Universitäten, Kliniken und Laboratorien) im Ausland übernahm und im Inland verwertete. Zu den mit ihren Auftraggebern vereinbarten Leistungen gehörte im Wesentlichen die Einholung von Genehmigungen, das Bereitstellen eines Spezialcontainers, der Ausbau und die Umladung der Strahlenquellen in den Container, der Abtransport des Containers aus dem Bestrahlungsraum, die sog. Freimessung sowie Transportleistungen (Gefahrguttransport einschließlich Versicherungen) im Aus- und Inland. Das Finanzamt war – anders als die Klägerin – der Auffassung, der Leistungsort der Leistungen der Klägerin liege im Inland und die Leistungen unterlägen daher in Deutschland der Umsatzsteuer.

Der BFH billigte die Würdigung der Vorinstanz, wonach die Leistungen der Klägerin als Einheit anzusehen seien, deren Hauptzweck in der Übernahme der ausgedienten Strahlenquellen liege. Da es sich hierbei nicht um Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen handelt und die Übernahme von Strahlenquellen auch nicht zu den Tätigkeiten gehört, die im Rahmen des Ingenieurberufs hauptsächlich und gewöhnlich erbracht werden, richtet sich die Ortsbestimmung nach dem Grundsatz des § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes. Eine sonstige Leistung wird danach an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Im Streitfall betrieb die Klägerin ihr Unternehmen von einem Ort im Inland aus, so dass ihre Leistungen der inländischen Umsatzbesteuerung unterliegen.

 

Umsatzsteuerbare Verzichtsleistung

Ein steuerbarer Verzicht liegt auch vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrages gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrages verzichtet.

BFH Beschluss vom 19.10.2010 – VB 103/09 BFHNV 2011 S. 327

Begründung:

Denn es ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass der entgeltliche Verzicht, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ganz oder teilweise auszuüben, als sonstige Leistung anzusehen ist.

Ein steuerbarer Verzicht liegt dementsprechend auch vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrages gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrages verzichtet.

Das Gericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei vom Mieter für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2004 entrichteten Mietausgleichszahlungen um ein Entgelt für eine Leistung und nicht um "Schadensersatz" gehandelt hat.