Traineetätigkeit als Ausbildung

Ob es sich bei einer nach abgeschlossenem Studium ausgeübten Tätigkeit als Volontärin, als Trainee oder als bezahlte Praktikantin um eine Berufsausbildung oder um ein Arbeitsverhältnis handelt, hängt davon ab, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen oder die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht.

BFH Urteil vom 26.08.2010 – III R 88/08 BFHNV 2011 S. 26 f.

Begründung:

In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

Eine Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird in der Regel mit einer Prüfung abgeschlossen. Die Berufsausbildung umfasst aber nicht nur Ausbildungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Mindestvoraussetzungen für die Ausübung des gewählten Berufs zu erfüllen, sondern auch solche, die geeignet sind, die berufliche Stellung des Kindes zu verbessern. Danach kann sich ein Kind auch dann noch in Berufsausbildung befinden, wenn es nach einer erfolgreich absolvierten Ausbildung in ernsthafter und nachhaltiger Weise zusätzliche Qualifikationen erwirbt, sofern diese als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

Der BFH Hat insbesondere auch die gegen geringe Entlohnung ausgeübte Volontärtätigkeit einer Wirtschaftsassistentin (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 50/98, BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706) als Ausbildung angesehen. Ob es sich bei einer Tätigkeit als Volontärin, als Trainee oder als bezahlte Praktikantin um eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG oder um ein Arbeitsverhältnis handelt, hängt nicht von der Bezeichnung der Maßnahme ab. Entscheidend ist vielmehr, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen oder die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht.

Mitunternehmerschaft zwischen Freiberuflern und berufsfremden Personen

Geht ein Angehöriger eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit einer berufsfremden Person eine Mitunternehmerschaft ein, so erzielt die Mitunternehmerschaft gewerbliche Einkünfte.

BFH Urteil vom 10.08.2010 – VIII R 44/07 BFH NV 2011 S. 20

Begründung:

Geht ein Angehöriger eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit einer berufsfremden Person eine Mitunternehmerschaft ein, so erzielt diese gewerbliche Einkünfte. Die Kriterien der steuerrechtlichen Mitunternehmerschaft –Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative–, im Einzellfall zwar mehr oder weniger ausgeprägt sein können, jedoch beide vorliegen müssen, sind im Streitfall zu bejahen. Die Kläger haben sich auf eine gemeinsame Einkünfteerzielung durch Steuerberatungsleistungen geeinigt, eine zwischen ihnen geltende Gewinnverteilung beschlossen und diese Vereinbarungen in den Streitjahren auch tatsächlich vollzogen.

Eine gewerbliche Mitunternehmerschaft zwischen V und S besteht im Streitfall selbst dann, wenn der zwischen ihnen stillschweigend geschlossene Gesellschaftsvertrag bürgerlich-rechtlich unwirksam ist.

Zugaben als abzugsfähige Betriebsausgaben – Abgrenzung zu Geschenken

Zugaben als abzugsfähige Betriebsausgaben – Abgrenzung zu Geschenken

BFH Urteil vom 12.10.2010, I R 99/09

Begründung:

Der Geschenkbegriff des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/ 1997 entspricht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dem Begriff der bürgerlich-rechtlichen Schenkung (z.B. BFH-Urteil vom 18. Februar 1982 IV R 46/78, BFHE 135, 206, BStBl II 1982, 394; Senatsurteil vom 23. Juni 1993 I R 14/93, BFHE 171, 521, BStBl II 1993, 806, m.w.N.). Eine Schenkung ist nach § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die Zuwendung –für den Empfänger erkennbar– nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht (vgl. Senatsurteile vom 20. August 1986 I R 29/85, BFHE 147, 525, BStBl II 1987, 108; vom 4. Februar 1987 I R 132/83, BFH/NV 1988, 352).

Zugaben im Sinne der ZugabeVO sind Waren oder Leistungen, die neben einer Hauptware (-leistung) ohne besondere Berechnung angeboten, angekündigt oder gewährt werden, wobei der Erwerb der Nebenware vom Erwerb der Hauptware abhängig ist und hierbei ein innerer Zweckzusammenhang in der Weise besteht, dass die Nebenware mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware angeboten wird und wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Für den zweckbedingten inneren Zusammenhang der Zugabe mit dem Hauptgeschäft (Akzessorietät) ist ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Hauptgeschäfts und der Gewährung der Nebenleistung nicht erforderlich; immer jedoch muss der Abschluss des Hauptgeschäfts konkret im Raum stehen und die Zugabe auslösen (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1988, 352, m.w.N.; BFH-Urteil in BFHE 172, 434, BStBl II 1994, 170).

Nach den vorstehenden Maßgaben halten die Erwägungen, mit denen das FG das Vorliegen von Zugaben –und damit die Verneinung von Geschenken– im Streitfall begründet hat, den Gegenrügen des FA stand.

 

 

Besteuerung im Abzugsverfahren bei im Ausland ansässigem Unternehmer

Besteuerung im Abzugsverfahren bei im Ausland ansässigem Unternehmer, hier Haftungsvoraussetzungen für Umsatzsteuer

BFH  Urteil vom 8.9.2010, XI R 15/08

Begründung:

Gemäß § 18 Abs. 8 Nr. 1 UStG i.V.m. §§ 51, 54 UStDV hat der Leistungsempfänger –sofern er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist (§ 51 Abs. 2 Satz 1 UStDV)– "für Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers" die Steuer von der Gegenleistung einzubehalten, anzumelden und an das für ihn zuständige FA abzuführen. Nach § 55 UStDV haftet der Leistungsempfänger für die nach § 54 UStDV anzumeldende und abzuführende Steuer.

Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat.

 

Sachbezug i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG auch bei Warenbezug aus allen Warengruppen

Sachbezug i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG auch bei Warenbezug aus allen Warengruppen

BFH Urteil vom 11.11.2010, VI R 26/08

Begründung:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war arbeitsvertraglich verpflichtet, ihren Arbeitnehmern neben dem Gehalt verschiedene Zusatzleistungen zu erbringen, so auch "einen regelmäßigen Gutscheins-, Waren- oder Dienstleistungsbezug nach Wunsch des Arbeitnehmers" im Wert von 44 EUR. Der Arbeitnehmer konnte bis zum 30. November eines Jahres bestimmen, welche konkreten Waren, Dienstleistungen oder Gutscheine er im Folgejahr beziehen mochte. Sollte der vereinbarte Wert überschritten worden sein, war der Arbeitnehmer zur anteiligen Rückzahlung an die Klägerin verpflichtet. Der Arbeitnehmer konnte sich auch für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen einer Tankstelle entscheiden.

Steuerpflichtiger Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, zu dem alle im Rahmen dieser Einkunftsart zufließenden Einnahmen in Geld oder Geldeswert gehören (§ 8 Abs. 1 EStG), sind auch Sachbezüge. Diese bleiben nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG allerdings außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 EUR (ab 2004) im Kalendermonat nicht übersteigen. Solche Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ob Sachbezüge vorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, nämlich auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen danach, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Kann der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, liegen daher Sachbezüge i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vor.

Die von der Klägerin ausgegebenen Tankkarten berechtigten die Arbeitnehmer lediglich, bei der Vertragstankstelle T auf Kosten der Klägerin Waren zu beziehen. Dagegen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Arbeitnehmer der Klägerin statt der bei T beziehbaren Güter "aus allen Warengruppen" im Wert von bis zu 44 EUR auf Grundlage der überlassenen Tankkarten auch eine Geldleistung in Höhe von 44 EUR beanspruchen konnten. Kann indessen der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber lediglich den Bezug der Sache beanspruchen, liegen nach der Rechtsprechung des Senats, auf die hier Bezug genommen wird (Urteil vom 11.11.2010 in der Sache VI R 27/09, zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen), Sachbezüge i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vor. Da im Streitfall die Sachbezüge jeweils die gesetzlich vorgesehene Wertgrenze nicht überschritten hatten, bleiben sie nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG außer Ansatz. Der Lohnsteuerhaftungsbescheid ist daher aufzuheben

Vorsteuerabzugsrecht einer GmbH aus den Bauerrichtungskosten eines ihren Gesellschafter-Geschäftsführern für private Wohnzwecke überlassenen Gebäudes

Hat eine GmbH in den Jahren 1998 bis 2000 auf ihrem Betriebsgrundstück ein Gebäude errichtet, das sie teilweise unternehmerisch nutzt und teilweise ihren Gesellschafter-Geschäftsführern unentgeltlich für deren private Wohnzwecke überlässt, kann der GmbH ein Vorsteuerabzugsrecht aus den Bauerrichtungskosten zustehen.

Die Vereinbarung einer Nutzungsüberlassung von Wohnraum im Rahmen eines Mietvertrages oder eines Anstellungsvertrages gilt dagegen umsatzsteuerrechtlich regelmäßig als steuerfreie Vermietung und schließt den Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Bauerrichtungskosten aus.

BFH Urteil vom 12.1.2011, XI R 9/08

Begründung:

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug u.a. ausgeschlossen für Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

Errichtet ein Unternehmer ein Gebäude, das zu Zwecken seines Unternehmens und zu seinen privaten Wohnzwecken genutzt werden soll, hat er die Wahl, ob der privat genutzte Teil "für die Anwendung der Sechsten Richtlinie zu seinem Unternehmen gehören soll oder nicht" (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2003, I-4101, BStBl II 2004, 378, Rz 40, m.w.N.). Entscheidet er sich für die Zuordnung des Gegenstandes zum Unternehmen, sind die Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten grundsätzlich sofort und vollständig abziehbar (Rz 41 des Urteils). Dieses Recht auf den sofortigen Abzug der vollständigen Vorsteuerbeträge korrespondiert mit der Verpflichtung, die Mehrwertsteuer auf den Betrag der Ausgaben für die Verwendung des Gegenstandes gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zu zahlen (Rz 43 des Urteils).

In dem Urteil "Seeling" (Slg. 2003, I-4101, BStBl II 2004, 378) hat der EuGH entschieden, dass entgegen der Auffassung der deutschen Regierung die Nutzung der Wohnräume durch den Unternehmer keine steuerfreie Vermietung i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ist. Bei der privaten Nutzung der Wohnung durch den Steuerpflichtigen liege keine Vermietung vor, weil es nicht nur an der Zahlung eines Mietzinses, sondern auch an wirklichen Vereinbarungen über die Dauer des Nutzungsrechts und über das Recht, die Wohnung in Besitz zu nehmen und andere von ihr auszuschließen, fehle.

Die bei einer natürlichen Person als Unternehmer bestehende Rechtslage bezüglich der Nutzung von Wohnräumen in einem Gebäude des Unternehmers unterscheidet sich von derjenigen im Fall der Nutzung von Wohnräumen durch die Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in einem Gebäude, das der GmbH gehört. Denn während der Einzelunternehmer mit sich selbst keine Verträge schließen kann, ist dies bei einer GmbH und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern anders.

Dies gilt auch bei der im Anstellungsvertrag vereinbarten Überlassung einer Wohnung durch eine GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer. Insoweit kann für die Nutzungsüberlassung einer Wohnung grundsätzlich nichts Anderes gelten als für die Überlassung eines PKW zur privaten Nutzung. Hier entspricht es sowohl der Rechtsprechung des I. Senats des BFH (vgl. Urteil vom 17. Juli 2008 I R 83/07, BFH/NV 2009, 417) als auch derjenigen des VI. Senats (vgl. Urteil vom 23. April 2009 VI R 81/06, BFHE 225, 33, BFH/NV 2009, 1313, unter II.3.), dass bei einer Regelung der Nutzung im Anstellungsvertrag in der Regel Sachlohn anzusetzen und damit keine unentgeltliche Leistung anzunehmen ist. Im Einklang damit ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in der Überlassung von Fahrzeugen zur privaten Nutzung an Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses eine entgeltliche unternehmerische Nutzung zu sehen.

Die unentgeltliche Nutzung eines einer GmbH gehörenden Wohnhauses durch ihre Gesellschafter in deren Eigenschaft als Anteilseigner betrifft den nichtunternehmerischen Bereich der GmbH, da sie damit nicht eine auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit ausübt. Wird ein der GmbH gehörendes Wohnhaus ausschließlich unentgeltlich durch die Gesellschafter zu deren privaten Wohnzwecken genutzt, ist es nicht für Zwecke der besteuerten Umsätze der GmbH angeschafft worden. Da in diesem Fall auch keine sog. gemischte Nutzung vorliegt, kann auch kein Zuordnungswahlrecht bestehen. Ein Vorsteuerabzug ist von vornherein ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen von § 15 Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind.

 Soll hingegen das Wohngebäude teilweise auch für unternehmerische Zwecke genutzt werden, ist damit eine gemischte Nutzung beabsichtigt. Denn die privaten Wohnzwecke der Gesellschafter einer GmbH sind unternehmensfremde Zwecke i.S. des Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. oben unter II.2.). Der GmbH steht das Wahlrecht zu, das gesamte Gebäude ihrem unternehmerischen Bereich zuzuordnen und einen vollständigen Vorsteuerabzug geltend zu machen.

Ringweise Anteilsveräußerungen und -erwerbe zur Verlustnutzung im Gesellschafterkreis grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch

Die verlustbringende Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG an einen Mitgesellschafter ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 AO, weil der Veräußerer in engem zeitlichen Zusammenhang von einem anderen Mitgesellschafter dessen in gleicher Höhe bestehenden Gesellschaftsanteil an derselben Gesellschaft erwirbt.

BFH Urteil vom 7.12.2010, IX R 40/09

Erläuterungen:

Die verlustbringende Veräußerung eines im Privatvermögen gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteils an einen Mitgesellschafter ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Veräußerer in engem zeitlichen Zusammenhang von einem anderen Mitgesellschafter dessen in gleicher Höhe bestehenden Gesellschaftsanteil an derselben Gesellschaft erwirbt.

So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 7. Dezember 2010 IX R 40/09 im Fall einer im Jahr 2000 gegründeten GmbH, die fast ausschließlich mit Aktien am neuen Markt handelte und deren Vermögen sich aufgrund der negativen Börsenentwicklung drastisch minderte. Vor diesem Hintergrund veräußerten die Gesellschafter der GmbH im Jahr 2001 ihre jeweilige Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Verlust reihum an einen Mitgesellschafter und erwarben zeitgleich wieder eine Beteiligung in gleicher Höhe von einem jeweils anderen Gesellschafter. Die jeweils erklärten Verluste aus der Veräußerung erkannten weder Finanzamt noch Finanzgericht wegen Gestaltungsmissbrauchs gemäß § 42 der Abgabenordnung an.

Dem folgte der BFH nicht: Nach § 17 EStG steht es dem Steuerpflichtigen frei, ob, wann und an wen er seine Anteile an der GmbH veräußert. Liegt keine der gesetzlich ausdrücklich geregelten Verlustabzugsbeschränkungen vor, sind Veräußerungsverluste entsprechend dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Es ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Gesellschafter im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung wiederum Anteile an derselben GmbH in gleichem Umfang von einem Mitgesellschafter erwirbt. Diese Vorgänge heben sich nämlich nicht auf. Vielmehr ändert sich durch den erneuten Anteilserwerb die steuerrechtliche Ausgangslage: Bei einer späteren Veräußerung dieser Anteile oder bei einer Liquidation der GmbH ist der Gewinn oder Verlust unter Berücksichtigung der niedrigeren Anschaffungskosten zu ermitteln.

Kein Vorsteuerabzug beim Beteiligungsverkauf

Beratungsleistungen, die ein Industrieunternehmen bezieht, um eine Beteiligung steuerfrei zu übertragen, stehen im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Anteilsübertragung und berechtigen auch dann nicht zum Vorsteuerabzug, wenn das Unternehmen mittelbar beabsichtigt, den Veräußerungserlös für seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu verwenden.

Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen begründet eine Geschäftsveräußerung hinsichtlich des Unternehmensvermögens der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, wenn alle Anteile an der Gesellschaft übertragen werden.

Werden nicht alle Gesellschaftsanteile, aber Anteile an einer Organgesellschaft veräußert, kommt eine Geschäftsveräußerung in Betracht, wenn zumindest eine die finanzielle Eingliederung ermöglichende Mehrheitsbeteiligung übertragen wird und der Erwerber seinerseits beabsichtigt, eine Organschaft zu der Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, zu begründen.

BFH Urteil vom 27.1.2011, V R 38/09

Erläuterung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zeitgleich drei Grundsatzurteile zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. In allen drei Entscheidungen (s. hierzu auch PM Nr. 18 und 19) betont der BFH, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur besteht, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet. Es muss sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringt und die entweder steuerpflichtig oder wie z.B. Ausfuhrlieferungen einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind demgegenüber unerheblich.

Das Urteil vom 27. Januar 2011 V R 38/09 betrifft den Fall eines Industrieunternehmens, das im Allgemeinen steuerpflichtige Umsätze ausführt, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, und daneben eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft steuerfrei veräußert. Strittig war, ob das Unternehmen aus den Beratungsleistungen, die es für die Beteiligungsveräußerung bezogen hat, im Hinblick auf seine allgemeine Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt war oder ob dieses Recht aufgrund der Steuerfreiheit der Beteiligungsveräußerung nicht in Anspruch genommen werden kann.

Der BFH verneinte den Vorsteuerabzug. Nach Auffassung des BFH besteht der maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zur steuerfreien Beteiligungsveräußerung. Dass das Industrieunternehmen die Beteiligung veräußerte, um den hierdurch erzielten Erlös für seine steuerpflichtige Umsatztätigkeit zu verwenden, rechtfertigt als nur mittelbar verfolgter Zweck keine abweichende Beurteilung.

Beiträge des Arbeitgebers i.S. des § 3 Nr. 63 EStG

Finanzierungsanteile der Arbeitnehmer, die in dem Gesamtversicherungsbeitrag des Arbeitgebers an eine Pensionskasse enthalten sind, sind als Arbeitgeberbeiträge nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.

Für die Qualifizierung einer Zahlung als Beitrag des Arbeitgebers i.S. des § 3 Nr. 63 EStG ist die versicherungsvertragliche Außenverpflichtung maßgeblich. Es kommt dagegen nicht darauf an, wer die Versicherungsbeiträge finanziert, d.h. wer durch sie wirtschaftlich belastet wird.

BFH Urteil vom 9.12.2010, VI R 57/08

Kein Vorsteuerabzug beim Betriebsausflug

Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG 1999 zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (Änderung der Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn er mit dieser Entnahme mittelbar Ziele verfolgt, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Der Unternehmer ist aus Leistungen für Betriebsausflüge, die ausschließlich und unmittelbar dem privaten Bedarf des Personals i.S. von § 3 Abs. 9a UStG 1999 dienen, im Regelfall auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er mittelbar beabsichtigt, durch den Betriebsausflug das Betriebsklima zu verbessern. Anders ist es nur, wenn es sich im Verhältnis des Unternehmers zum Betriebsangehörigen um eine sog. Aufmerksamkeit handelt.

BFH Urteil vom 9.12.2010, V R 17/10

Leitsatz

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zeitgleich drei Grundsatzurteile zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. In allen drei Entscheidungen (s. hierzu auch PM Nr. 17 und 19) betont der BFH, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur besteht, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet. Es muss sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringt und die entweder steuerpflichtig oder wie z.B. Ausfuhrlieferungen einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind demgegenüber unerheblich.

 

Das Urteil vom 9. Dezember 2010 V R 17/10 betrifft die Frage des Vorsteuerabzugs bei Betriebsausflügen durch Unternehmer, die –wie der Steuerberater des Streitfalls– nach ihrer allgemeinen Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Bei Betriebsausflügen besteht eine Freigrenze von 110 Euro je Arbeitnehmer, bei deren Einhaltung eine private Mitveranlassung typisierend verneint wird. Der Unternehmer ist dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, ohne dass eine Entnahme zu versteuern ist.

Übersteigen die Aufwendungen für den Betriebsausflug die Freigrenze von 110 Euro, ist von einer Mitveranlassung durch die Privatsphäre der Arbeitnehmer auszugehen. Nach der bisherigen Rechtsprechung war der Unternehmer dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, hatte aber eine Entnahme zu versteuern. Diese Rechtsprechung hat der BFH jetzt aufgegeben. Anders als bisher besteht bei Überschreiten der Freigrenze für den Unternehmer kein Anspruch auf Vorsteuerabzug mehr; dementsprechend unterbleibt die bisherige Entnahmebesteuerung. Maßgeblich ist hierfür, dass sich Entnahme für unternehmensfremde Privatzwecke und Leistungsbezug für das Unternehmen gegenseitig ausschließen. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, das Betriebsklima zu fördern, ändert hieran nichts. Die neue Rechtsprechung kann sich beim Bezug steuerfreier Leistungen wie z.B. Theaterbesuchen als vorteilhaft erweisen. Die Sache wurde an das Finanzgericht zur Aufklärung weiterer Umstände des Einzelfalls zurückverwiesen.