Teilwertabschreibung von aktiviertem Überpreis

Ein beim Erwerb eines Grundstücks gezahlter Überpreis rechtfertigt allein keine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Vergleichswert zu einem späteren Bilanzstichtag, der Überpreis nimmt jedoch an einer aus anderen Gründen gerechtfertigten Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht.

BFH Beschluss vom 23.07.2010 – IV B 12/09 BFH NV 2010 S. 2063 f.

Begründung:

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hält zum einen die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei einem betrieblich veranlassten Überpreis eine Teilwertabschreibung vom aktivierten Überpreis möglich ist, wenn sich der Erwerb im Nachhinein als Fehlmaßnahme herausstellt, weil die Entwicklung nach dem Erwerb zu einer Senkung des Teilwerts geführt hat. Diese Rechtsfrage ist nicht in dem genannten Sinne klärungsbedürftig. Nach dem Senatsurteil vom 7. Februar 2002 IV R 87/99 (BFHE 197, 550, BStBl II 2002, 294), das auch das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung zugrunde gelegt und auf das der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) zu Recht hingewiesen hat, rechtfertigt ein beim Erwerb eines Grundstücks gezahlter Überpreis allein keine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Vergleichswert zu einem späteren Bilanzstichtag. Denn die Teilwertvermutung gilt auch bei Zahlung eines Überpreises; die Berufung auf eine Fehlmaßnahme allein im Hinblick auf die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises ist ausgeschlossen. Der Überpreis nimmt jedoch an einer aus anderen Gründen gerechtfertigten Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht. Jenem Senatsurteil lässt sich nicht entnehmen, dass die darin benannten Grundsätze nur für die dort entschiedenen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Bedeutung haben (vgl. auch Kanzler, Finanz-Rundschau 2002, 628). Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass eine Fehlmaßnahme bei Änderung der wertbestimmenden Faktoren nach Anschaffung eines Wirtschaftsguts vorliege, beanstandet sie sinngemäß die Würdigung des FG, dass sie –die Klägerin– unter den im Streitfall vorliegenden Umständen bewusst einen Überpreis vereinbart habe und eine die Teilwertabschreibung rechtfertigende Fehlmaßnahme nur insoweit vorliege, als sie aufgrund eines Irrtums über die kurzfristige Bebaubarkeit der streitbefangenen Grundstücke nicht den für Bauerwartungsland üblichen Preis bezahlt habe.

Überschusserzielungsabsicht bei Ferienwohnung

Zur Ermittlung der Überschusserzielungsabsicht bei einer auch teilweise selbstgenutzten Ferienwohnung bzw. einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung.

BFH Beschluss vom 21.06.2010 – IX B 25/10 BFHNV 2010 S. 2052f.

Begründung:

Es ist geklärt, dass bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung ohne weitere Prüfung von der Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen auszugehen ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Kläger, zugunsten des Steuerpflichtigen könne von einer ausschließlichen Vermietung ausgegangen werden, wenn er glaubhaft mache, dass er die Entscheidung über die Vermietung einem ihm nicht nahestehenden Vermittler übertragen und eine Eigennutzung vertraglich für das Gesamtjahr ausgeschlossen habe. Auch insoweit wenden sich die Kläger lediglich gegen die Beweiswürdigung des FG, wonach sich die Kläger eine Eigennutzung der Ferienwohnung vorbehalten hatten.

 

Doppelte Haushaltsführung im Wegverlegungsfall

Eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer seinen Hausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Haushalt neubegründet, um von dort aus seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können.

 BFH Urteil vom 06.05.2010 – VI R 34/09 BFHNV 2010 S. 2046 f

Begründung:

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Eine solche aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung liegt nach der geänderten Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer seinen Hausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er daraufhin in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Haushalt neubegründet, um von dort aus seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können. Der Senat verweist zur Begründung im Einzelnen auf seine Urteile vom 5. März 2009, mit denen er seine Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung in den sogenannten Wegverlegungsfällen geändert hat.

Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft

Das Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft muss aufgrund äußerer Umstände erkennbar sein, z.B. durch das Abholen der persönlichen Gegenstände aus der früheren gemeinsamen Wohnung und den Umzug in eine neue Wohnung. Die Bekundung der Trennungsabsicht genügt nicht. Die eheliche Lebensgemeinschaft wird deshalb auch dann nicht bereits während der kurbedingten Abwesenheit eines Ehegatten beendet, wenn es nach der Rückkehr tatsächlich zur Trennung kommt.

BFH Urteil vom 28.04.2010 – III R 71/07 BFH NV 2010 S. 2042 f.

Begründung:

Der Begriff der ehelichen Lebensgemeinschaft umfasst die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten. Dazu gehört die gemeinsame Erledigung der sie gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen des Zusammenlebens. Bestehen einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft beruht zwar auch auf inneren Vorgängen und persönlichen Einstellungen der Eheleute. Diese sind aber in erster Linie aufgrund objektiver Umstände, nach dem Gesamtbild der äußerlich erkennbaren Merkmale zu beurteilen, wobei dem räumlichen Zusammenleben oder einer räumlichen Trennung besondere Bedeutung zukommt.

Nach diesen Grundsätzen lebten der Kläger und die Beigeladene nicht an allen Tagen des Streitjahres 2001 dauernd getrennt. Zu Beginn dieses Jahres, als sich der Kläger außerhalb der gemeinsamen Wohnung zur Kur aufhielt, war nicht aufgrund äußerer Umstände erkennbar, dass die beiden Ehegatten die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht wieder herstellen würden. Die bloße Ankündigung der Beigeladenen im November 2000, sich vom Kläger trennen zu wollen, war für eine Beendigung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht ausreichend. Diese endete vielmehr erst, als der Kläger nach der Kur, im Januar 2001, seine persönlichen Gegenstände aus der Wohnung abholte und in eine andere Wohnung zog.

Bilanzielle Behandlung von Provisionszahlungen gemäß vertraglicher Vereinbarungen

Der Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision im Versicherungsgeschäft realisiert ist, hängt von den Vertragsgestaltungen im konkreten Einzelfall ab.

Soweit in Übereinstimmung mit den vertraglichen Vereinbarungen lediglich Provisionsvorschüsse ausgezahlt werden, dürfen diese Zahlungen den Gewinn nicht erhöhen, sondern sind als "erhaltene Anzahlungen" zu passivieren.

BFH Urteil vom 17.03.2010 – X R 28/08 BFH NV 2010 S. 2033 ff

Begründung:

Der BFH hat bereits entschieden, dass ein Provisionsanspruch, der entstanden ist, sobald der vom Versicherungsmakler vermittelte Vertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer zustande gekommen ist, stets und in vollem Umfang zu aktivieren ist. Hinsichtlich der am Bilanzstichtag von den Versicherungen bereits gezahlten Provisionen ist ebenfalls geklärt, dass für sie die gleichen Erwägungen wie für die Aktivierung von Provisionsforderungen gelten. Stellen sie Entgelt für einen bereits entstandenen Provisionsanspruch dar, sind sie gewinnerhöhend als Erlöse zu verbuchen. Sind die Zahlungen nach den Vereinbarungen hingegen lediglich als Provisionsvorschüsse zu werten, fehlt es an einer Gewinnrealisierung. Solche Zahlungen sind dann als "erhaltene Anzahlungen" nach § 266 Abs. 3 Abschn. C.3. HGB zu passivieren.

Wann der Provisionsanspruch eines Versicherungsvertreters entsteht, richtet sich –entgegen der Auffassung des FG– nach den zwischen den Versicherungen und dem Versicherungsvertreter geschlossenen Verträgen. Nach der Sonderregelung des § 92 Abs. 4 HGB, die den in § 87a Abs. 1 bis 3 HGB für Handelsvertreter enthaltenen Regelungen vorgeht, hat der Versicherungsvertreter Anspruch auf eine Provision, sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet. § 92 Abs. 4 HGB überlässt es daher der Vertragsgestaltung, welche Prämienzahlung zur Entstehung des Provisionsanspruchs führen soll. Liegen entsprechende vertragliche Vereinbarungen bezüglich der Abhängigkeit der Entstehung des Provisionsanspruchs von der Prämienzahlung vor, ist auch die Anwendbarkeit des § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB ausgeschlossen, wonach unabhängig von einer Vereinbarung der Provisionsanspruch entsteht, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

Der Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision im Versicherungsgeschäft realisiert ist, hängt von den Vertragsgestaltungen im konkreten Einzelfall ab. Die Entstehung des Provisionsanspruchs kann daher vertraglich zum Beispiel von der Zahlung der ersten Jahresprämie durch den Versicherungsnehmer, von der Zahlung einer bestimmten Anzahl von Monatsprämien oder der Zahlung der Abschlussgebühr abhängig gemacht werden. Bei mehreren Prämienzahlungen kann zudem bestimmt werden, ob sich für den Vermittler nur aus der ersten Prämienzahlung oder jeder Prämienzahlung ein Provisionsanpruch ergeben soll.

Entgegen der Auffassung des FG ist § 92 Abs. 4 HGB abdingbar. Vertraglich kann also z.B. auch ein Recht auf die Zahlung von Vorschüssen oder von Teilprovisionen –z.B. bei laufend zu leistenden Prämienzahlungen– vereinbart werden

 

Schätzungsbefugnis bei unvollständigen Buchführungsunterlagen

Liegen keine vollständigen Buchführungsunterlagen vor, sind die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen, unabhängig davon, aus welchen Gründen die erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen nicht vorgelegt werden können. Es kommt dabei nicht auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen an.

Der Steuerpflichtige hat alles in seinen Kräften Stehende und nach der Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Daran fehlt es, wenn er trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint.

BFH Beschluss vom 19.07.2010 – X S 10/10 (PKH) BFH NV 2010 S. 2017 ff

Begründung:

Die Antragsteller erheben Einwände gegen die Schätzung, die sich vor allem auf die Befugnis zur Schätzung beziehen. Soweit sie behaupten, das FA und auch das FG seien zur Schätzung nicht befugt gewesen, weil die Schätzungsbefugnis aus der von Amts wegen vereitelten Möglichkeit der Antragsteller, die notwendigen Unterlagen vorzulegen, abgeleitet werde, übersehen sie, dass nach den Feststellungen des FG bei dem Antragsteller unstreitig keine vollständigen Buchführungsunterlagen vorgelegen haben. Die Besteuerungsgrundlagen waren infolgedessen nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO im Schätzungswege festzustellen, unabhängig davon, aus welchen Gründen die erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen für Zwecke der Besteuerung nicht vorgelegt werden können; es kommt dabei nicht auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen an.

 

Beweiskraft der Buchführung; Schätzung von Besteuerungsgrundlagen

Ist die für eine formell ordnungsgemäße Buchführung geltende Vermutung ihrer sachlichen Richtigkeit widerlegt, sind die Teile der Buchführung zu korrigieren, auf die sich die sachlichen Beanstandungen beziehen. Steht dabei ein bestimmter Sachverhalt zur Überzeugung des Finanzgerichts fest, bedarf es keiner Schätzung von Besteuerungsgrundlagen.

Die Frage, wer die objektive Beweislast für das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Tatsachen trägt, ist nur dann in einem Revisionsverfahren klärungsfähig, wenn das Finanzgericht eine Sachentscheidung nach Beweislastgrundsätzen getroffen hat.

BFH Beschluss vom 13.07.2010 – V B 121/09 BFHNV 2010 S. 2015

Begründung:

Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfene Rechtsfrage, ob handschriftliche Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die wirtschaftlich absolut unwahrscheinlich sind, und deren Summe außerhalb des entsprechenden Schätzrahmens des betreffenden Betriebs liegt, ohne weitere Vergleichsrechnung der Besteuerung zugrunde gelegt werden dürfen, lässt sich ohne weiteres aus dem Gesetz (§ 158 der Abgabenordnung –AO– i.V.m. § 162 AO) beantworten. Nach § 158 AO sind die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Danach löst die –formelle– Ordnungsmäßigkeit der Buchführung die Vermutung ihrer sachlichen Richtigkeit aus.

Ist –wie im Streitfall– diese Vermutung widerlegt, ergibt sich aus der gesetzlichen Einschränkung "soweit", dass die sachlich unrichtigen Teile der Buchführung richtig zu stellen sind. Es sind also nur die Teile der Buchführung zu korrigieren, auf die sich die sachlichen Beanstandungen beziehen. Diese Korrektur darf erst dann durch eine Schätzung nach § 162 Abs. 1 bis 3 AO erfolgen, wenn und soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO), eine gezielte Korrektur also nicht möglich ist. Folglich besteht ein Vorrang der Sachverhaltsermittlung und -feststellung gegenüber einer Schätzung von Besteuerungsgrundlagen. Steht danach ein bestimmter Sachverhalt fest, bedarf es keiner Schätzung, es sind vielmehr die festgestellten Besteuerungsgrundlagen der Besteuerung zugrunde zu legen. Ob diese Besteuerungsgrundlagen "unwahrscheinlich" sind oder außerhalb eines Schätzrahmens liegen, ist ohne Bedeutung. Ebenso wenig bedarf es der Überprüfung dieser Besteuerungsgrundlagen durch eine "Vergleichsrechnung"

Die weitere Rechtsfrage, ob der Steuerpflichtige zu beweisen hat, dass handschriftliche Notizen keine Einnahmen im Rahmen seines Gewerbes sind, ist weder klärungsbedürftig noch klärbar.

Es ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass nach der sog. Beweislastgrundregel die Feststellungslast (objektive Beweislast) –bei einer nicht mehr behebbaren Ungewissheit über den Sachverhalt– für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen die Finanzbehörde und für die steuerentlastenden oder -mindernden Tatsachen den Steuerpflichtigen trifft. Da es sich bei handschriftlichen Notizen über (höhere) Einnahmen bzw. Umsätze eines Steuerpflichtigen um steuererhöhende Tatsachen handelt, träfe im Falle einer Beweislastentscheidung die Finanzbehörde die Feststellungslast (objektive Beweislast).

Schätzungsbefugnis des FA nach § 162 Abs. 5 AO

Der Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO unterliegen alle in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Diese können nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach geschätzt werden.

BFH Beschluss vom 20.07.2010 – X B 70/10 BFHNV 2010 S. 2007 ff.

Begründung:

Während nach § 162 Abs. 1 und 2 AO nur quantitative Größen, nicht aber qualitative Besteuerungsmerkmale geschätzt werden können, unterliegen der Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO alle in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Die Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO knüpft in systematischer Hinsicht nicht an die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 und 2 AO an.

Deshalb können die Besteuerungsgrundlagen nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach geschätzt werden. Innerhalb der Schätzungsbefugnis hat das FA die Frage zu beantworten, ob es im Streitfall die gesetzlichen Vorgaben eines Abzugsbetrags nach § 10f, 7i EStG vorläufig als gegeben ansieht. Falls es mit seiner Schätzung von der Steuererklärung abweichen will, muss es auch insoweit überprüfbar darlegen, aus welchem Grund die Anerkennung versagt werden soll.

Anordnung des Vorbehalts der Nachprüfung im Wege einer Änderung nach § 129 AO

Eine Unrichtigkeit ist "offenbar", wenn der Fehler bei Offenlegung des aktenkundigen Sachverhalts für einen unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich erkennbar war. In den objektivierten Erkenntnishorizont dieses Dritten sind neben dem Akteninhalt regelmäßig auch im konkreten Fall einschlägige interne Arbeits- und Dienstanweisungen einzubeziehen.

Ist die Anordnung des Vorbehalts der Nachprüfung versehentlich unterblieben und liegen insoweit die Voraussetzungen des § 129 Satz 1 AO vor, kann das FA den Bescheid unmittelbar nach § 164 Abs. 2 AO ändern.

BFH Urteil vom 01.07.2010 – IV R 56/07 BFH NV 2010 S. 2010 s. 2004 ff

Begründung:

Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.

"Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" sind einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche mechanische Versehen. Sie können beispielsweise bei Eingabe- oder Übertragungsfehlern vorliegen. So können Fehler bei Eintragungen in Eingabewertbögen für die automatische Datenverarbeitung als rein mechanische Versehen ähnliche offenbare Unrichtigkeiten sein, etwa bei einem unbeabsichtigten, unrichtigen Ausfüllen des Eingabebogens oder bei Irrtümern über den tatsächlichen Ablauf des maschinellen Verfahrens bzw. bei der Nichtbeachtung der für das maschinelle Veranlagungsverfahren geltenden Dienstanweisung, bei Verwendung falscher Schlüsselzahlen oder beim Übersehen notwendiger Eintragungen.

Auch das versehentliche Unterbleiben eines Vorbehaltsvermerks –etwa in Folge der Unterlassung der Übernahme dieses Vermerks aus der Aktenverfügung in den Bescheid oder der Nichterfassung der erforderlichen Kennziffer– stellt eine gemäß § 129 AO jederzeit zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit dar.

Ist in einem Steuerbescheid die Anordnung des Vorbehalts der Nachprüfung versehentlich unterblieben und liegen insoweit die Voraussetzungen des § 129 Satz 1 AO vor, so muss das FA den Bescheid nicht zunächst nach § 129 AO berichtigen, um ihn anschließend nach § 164 Abs. 2 AO ändern zu können. Vielmehr kann der Bescheid in diesem Fall unmittelbar nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden; diese Änderung schließt dann die Wahrnehmung der Berichtigungsmöglichkeit ein.

Bedingte Abbruchabsicht bei einem Gebäude

Wird mit Abbruch eines Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb begonnen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen.

Eine Abbruchabsicht beim Erwerb eines Gebäudes ist auch dann anzunehmen, wenn der Erwerber für den Fall der Undurchführbarkeit des geplanten Umbaus den Abbruch des Gebäudes billigend in Kauf genommen hat

BFH Urteil vom 13.04.2010 – IX R 16/09 BFHNV 2010 S. 1799 ff