Beschränkte Steuerpflicht bei nicht im Inland lebende Arbeitnehmer

Besteuerung von nachträglichen Lohnzahlungen an einen Arbeitnehmer der nicht mehr im Inland seinen Wohnsitz unterhält.

FG Düsseldorf 28.01.2016, 16 K 3444/14 L

Sachverhalt:

Die Klägerin hatte für ihre Angestellte Frau A Lohnsteuer einbehalten. Frau A war seit dem 9.2.2009 bei der Klägerin beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag wurde mit Wirkung zum 31.3.2012 aufgelöst. Sie gab in diesem Zusammenhang am 23.12.2011 ihren Wohnsitz im Inland auf, nachdem sie bereits zum Ende des Jahres 2011 von der Arbeit freigestellt worden war.

Sie trug vor, das laufende Gehalt für die ersten drei Monate des Jahres 2012 dürfe ganz überwiegend nicht der Besteuerung unterworfen werden, da sie, die Klägerin, zu dieser Zeit in Deutschland keine Tätigkeit (mehr) ausgeübt oder verwertet habe. Die Abfindung gehöre zwar gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu den inländischen Einkünften, aber sie sei zum Ausgleich des Verlustes zukünftiger Einnahmen gezahlt worden. Damit habe sie Versorgungscharakter und sei gemäß der Verständigungsvereinbarung mit Großbritannien vom 8.11.2011 dort zu versteuern. Die im Januar (10.500 Euro) und im März (2.500 Euro) gezahlten Tantiemen beträfen deutsche und britische Arbeitstage und seien daher aufzuteilen (zur Berechnung vgl. Anlage 1 zur Klageschrift).

Begründung:

Die streitgegenständlichen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit unterlagen nur teilweise der inländischen Besteuerung, so dass die Lohnsteueranmeldungen unzutreffend sind. Zwar sind sämtliche Einnahmen, also laufendes Gehalt, Tantiemen und Abfindung, beschränkt steuerpflichtige Einkünfte der beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmerin. Jedoch sind nach Art. 14 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Großbritannien und Nordirland 2010 die Einkünfte grundsätzlich in dem Ansässigkeitsstaat (hier: Großbritannien) zu besteuern. Anders verhält es sich, wenn die Arbeit in dem anderen Staat, hier Deutschland, ausgeübt wird, was in den Monaten ab Januar 2012 aber nicht der Fall war.

Werden als Lohn zu qualifizierende Einnahmen, wie hier, zu einem Zeitpunkt gezahlt, zu dem die Arbeit nicht (mehr) ausgeübt wird, bleibt es, wenn die Zahlungen nicht für die zuvor im Inland ausgeübte Tätigkeit erfolgt, bei der Grundregel der Versteuerung im Ansässigkeitsstaat (hier: Großbritannien). Folgerichtig gehen die Beteiligten davon aus, dass das laufende Gehalt und die Tantiemen nur insoweit der inländischen Besteuerung unterliegen, als sie auf Zeiten der Ausübung der Tätigkeit der Arbeitnehmerin im Inland entfallen. Über die getroffene Aufteilung haben sich die Beteiligten in nicht zu beanstandener Weise in der mündlichen Verhandlung tatsächlich verständigt.

In Bezug auf die Abfindung findet eine Besteuerung vollständig im Ansässigkeitsstaat statt, da die Abfindung nicht ‚für‘ ausgeübte Arbeit, sondern für entgehende zukünftige Einnahmen gezahlt wird. Hieran ändert auch die zwischen den Vertragsstaaten am 8.11.2011 geschlossene Verständigungsvereinbarung  nichts, da die hier zu beurteilende Abfindung Versorgungscharakter i.S. dieser Verständigung hat und es deshalb auch unter Beachtung der Verständigungsvereinbarung bei der Zuständigkeit des Ansässigkeitsstaates verbleibt. Inwieweit derartige Verständigungsvereinbarungen die Gerichte binden, kann deshalb dahingestellt bleiben.

Daher begegnet die von der Klägerin begehrte Änderung der Lohnsteueranmeldungen ihrem Umfang nach keinen Bedenken.

Der Änderung der Lohnsteueranmeldungen in dem zuvor beschriebenen Umfang steht aus verfahrensrechtlicher Sicht insbesondere die Regelung in § 41 c Abs. 3 Satz 1 EStG zum Lohnsteuerabzugsverfahren in seiner für das Streitjahr geltenden Fassung nicht entgegen.

Nach § 168 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) steht eine Steueranmeldung (§ 41 a EStG: Lohnsteueranmeldung) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) gleich, ist also jederzeit änderbar. Diesbezüglich ergeben sich aus dem Lohnsteuerabzugsverfahren im Übrigen keine Einschränkungen.

hat der Arbeitgeber alsbald nach Ablauf des Besteuerungszeitraumes das Lohnkonto des Arbeitnehmers abzuschließen und sodann eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung zu erstellen und zu übermitteln sowie dem Arbeitnehmer einen Ausdruck auszuhändigen. Dem Wortlaut des § 41 c Abs. 3 EStG ist zu entnehmen, dass danach eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nur bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung zulässig und eine Erstattung von Lohnsteuer an den Arbeitnehmer nach Ablauf des Kalenderjahres nur noch im Wege des Lohnsteuer-Jahresausgleichs (§ 42 b EStG) durch den Arbeitgeber möglich ist. Die letztgenannten Vorschriften beschäftigen sich mit dem Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie mit der Lohnsteuerbescheinigung, nicht jedoch mit der eigentlichen Entrichtungsschuld des Arbeitgebers, also mit dem Verhältnis zwischen Arbeitgeber als Entrichtungsschuldner und Finanzbehörde, das sich in dem Steuerbescheid „Lohnsteueranmeldung“ manifestiert. Im Hinblick auf die Lohnsteueranmeldungen verbleibt es deshalb bei der eingangs festgestellten jederzeitigen Änderbarkeit.

Der hierzu geäußerten Verwaltungsauffassung in H 41c.1 der Lohnsteuerrichtlinien „Änderung des Lohnsteuerabzuges“, eine Erhöhung der Lohnsteuer-Entrichtungsschuld sei unter den Voraussetzungen des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO auch nach der Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung zulässig, und der Arbeitnehmer sei auf § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 b) i.V.m. Satz 7 EStG (Antragsveranlagung) bzw. auf § 50 d Abs. 1 Satz 2 EStG analog (Erstattungsantrag) verwiesen, kann nicht gefolgt werden. Aus dem Gesetz ergibt sich jedenfalls keine Einschränkung der Änderbarkeit von Lohnsteueranmeldungen ausschließlich mit dem Ziel der Erhöhung der Entrichtungsschuld. Eine vertretene Auffassung , dass eine Änderung der Lohnsteuer zu Gunsten des Arbeitgebers nach § 164 AO (nur) dann möglich sein soll, wenn der Arbeitnehmer Geld veruntreut hat und der Arbeitgeber die Lohnsteuerbescheinigung berichtigt.

Das Gericht sieht sich durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt. Der BFH hat festgestellt, dass (sogar) der Arbeitnehmer aus eigenem Recht die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers anfechten kann und dieses Anfechtungsrecht wegen der unterschiedlichen Bedeutung von Lohnsteuer-Anmeldung und Lohnsteuer-Bescheinigung davon unberührt ist, dass der Arbeitnehmer nach der Übermittlung der Lohnsteuer-Bescheinigung eine Änderung dieser Bescheinigung nicht mehr verlangen kann. Die Lohnsteuer-Anmeldung stehe einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Der BFH hat, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Änderung der Festsetzung der Lohnsteuer-Entrichtungsschuld unter den Voraussetzungen des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO auch nach Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41 c Abs. 3 EStG) zulässig ist. Eine Einschränkung, wie sie hierzu im BMF-Schreiben vom 7.11.2013, BStBl I 2013, 1474, getroffen wird, ist der Entscheidung des BFH nicht zu entnehmen.

Dem stehen auch das Urteil des BFH wonach nach Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung der Arbeitnehmer deren Berichtigung nicht mehr verlangen kann, , wonach der Lohnsteuerabzug nach Abschluss des Lohnkontos nicht mehr geändert werden kann, nicht entgegen.

Anfechtung der Lohnsteuer-Anmeldung durch Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer kann die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers anfechten. In diesem Fall ist der Arbeitgeber beizuladen.

Beschluss vom 7.8.2015, VI B 66/15

Begründung:

Der Senat hat schon im Urteil in BFHE 109, 502, BStBl II 1973, 780 zur notwendigen Beiladung des Arbeitgebers im Fall der Anfechtung durch den Arbeitnehmer die Besonderheit betont, dass sich in derartigen Konstellationen nicht der Adressat des angefochtenen Verwaltungsakts selbst, der Arbeitgeber, sondern ein Dritter, der Arbeitnehmer, gegen den Verwaltungsakt wendet. In diesen Fällen muss der Stellung des Adressaten des Bescheids, hier des Arbeitgebers, insoweit entsprochen werden, als er zum Verfahren des Dritten notwendig beizuladen ist. Dies gilt für das Anfechtungsbegehren, den Bescheid als rechtswidrig aufzuheben, in gleicher Weise wie für das Feststellungsbegehren, dass der Bescheid rechtswidrig gewesen wa

Telefoninterviewer als Arbeitnehmer

Die Frage, ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. In diese Gesamtwürdigung ist auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden .

Diese Gesamtwürdigung ist als eine im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar. Allerdings ist die Gesamtwürdigung materiell-rechtlich fehlerhaft, wenn die Tatsacheninstanz die maßgeblichen Umstände nicht vollständig oder ihrer Bedeutung entsprechend in ihre Überzeugungsbildung einbezieht.

BFH Urteil vom 18.6.2015, VI R 77/12

Begründung:

Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 38 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und abzuführen hat. Zum Arbeitslohn rechnen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Gemäß § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Unter Beachtung dieser Bestimmung beurteilt sich die Frage, wer Arbeitnehmer ist, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die im Rahmen dieser Würdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse für die Abgrenzung Bedeutung haben können und im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Diese Indizien stehen allerdings nicht für sich allein. Denn in die Würdigung ist insbesondere auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind.

Vereinbaren die Vertragsparteien eine Vergütung auf der Basis von Erfolgshonoraren, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass kein lohnsteuerrechtlich erhebliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, sofern diese Vereinbarung den tatsächlichen Verhältnissen nicht widerspricht. Diesen Umstand hat das FG nur unzureichend berücksichtigt. Das FG hat ein Unternehmerrisiko der Interviewer damit verneint, dass die Klägerin faktisch “ein begrenzt variables Stundenhonorar” gezahlt habe. Eine solche Würdigung verkennt indessen bereits, dass Stundenhonorare auch im Rahmen von selbständigen und gewerblichen Tätigkeiten durchaus üblich sind. So rechnen etwa selbständig tätige Handwerker ihre Leistungen regelmäßig auf Stundenbasis ab und auch selbständig tätige Rechtsanwälte stellen Honorare auf Stundenbasis in Rechnung. Die Erwägung des FG, ein maßgebliches Unternehmerrisiko sei nicht darin zu sehen, dass es die jeweiligen Interviewer nach Maßgabe des Rahmenhonorars in der Hand gehabt hätten, durch mehr Befragungen pro Zeiteinheit ihr Honorar zu steigern, berücksichtigt nicht hinreichend, dass auch andere zweifelsohne selbständig Tätige ihre Einkünfte ebenfalls nur durch entsprechend zügigere oder zusätzliche Arbeit steigern können, etwa wenn es branchen- oder ortsübliche Stundenhonorarsätze gibt.

Nicht nachvollziehbar ist die Würdigung des FG, nach der das festgestellte Risiko eines möglichen Honorarausfalls bei einem Interviewabbruch kein Unternehmerrisiko darstelle. Denn ein möglicher Honorarausfall entspricht der typischen wirtschaftlichen Situation eines selbständig Tätigen, findet sich dagegen praktisch nicht bei Arbeitnehmern. Das mithin gegebene Unternehmerrisiko entfällt auch nicht dadurch, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz in rund 90 % der Fälle die Interviews zu Ende geführt worden waren. Denn dies bedeutet zugleich, dass in 10 % der Fälle das Honorar ausgefallen war und es damit zu einem für Arbeitnehmer untypischen Vergütungsausfall kam.

 

Rechtsfehlerhaft hat das FG im Rahmen seiner Würdigung des Merkmals Unternehmerrisiko auch nicht die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, dass dann, wenn –wie im hier gegebenen Streitfall– Auftragnehmer im Falle einer Erkrankung oder Urlaubsabwesenheit keine Aufträge ausführen und keine Einnahmen erzielen können, typischerweise keine Arbeitnehmertätigkeit vorliegt. Entsprechendes gilt, wenn die Mitarbeiter –wie im Streitfall– darüber hinaus sogar die Möglichkeit hatten, Aufträge abzulehnen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden Mitarbeiter von dieser Möglichkeit in großem Umfang Gebrauch gemacht haben. Entscheidend ist vielmehr, ob sich dies aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt und diese so tatsächlich auch vollzogen werden.

Des Weiteren lässt sich ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen der Auffassung des FG nicht daraus ableiten, dass die Interviewer nach der Rahmenvereinbarung ausschließlich im Rahmen einer Nebentätigkeit, also in nur geringem zeitlichen Umfang arbeiten sollten. Denn der Umfang des wirtschaftlichen Risikos richtet sich nicht nach dem Verhältnis der tatsächlichen zu der maximal möglichen gesamten Wochen- oder Monatsarbeitszeit; dementsprechend trägt auch ein ganztägig Beschäftigter nicht allein deshalb ein Unternehmerrisiko, weil er in Vollzeit tätig ist. Es ist im Streitfall auch nichts dazu festgestellt, dass die Klägerin arbeitgeberähnlich ein wirtschaftliches Risiko der Interviewer aufgefangen hätte. Zudem spricht ein geringer zeitlicher Umfang einer Tätigkeit nach der Rechtsprechung des Senats eher für eine selbständige als für eine nichtselbständige Tätigkeit, weil in den Fällen, in denen der Auftragnehmer jeweils nur kurz mit dem Betrieb des Auftragsgebers in Berührung kommt, die Eingliederung in den Betrieb fehlen kann.

Auch die Würdigung, dass die Nichtgewährung von Sozialleistungen, insbesondere die Nichtgewährung von Lohnfortzahlungen im Urlaubs- und im Krankheitsfall nicht für die Selbständigkeit der Interviewer spreche, weil die Interviewer nur in Teilzeit im Rahmen einer Nebentätigkeit beschäftigt gewesen seien, findet in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats keine Grundlage. Vielmehr hat der erkennende Senat die Merkmale Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen und Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall als Merkmale, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen, beurteilt.

Zurechnung eines von einem Arbeitgeber geleasten PKW beim Arbeitnehmer

An einer nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bewertenden Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs zu privaten Fahrten durch den Arbeitgeber fehlt es, wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist.

BFH Urteil vom 18.12.2014, VI R 75/13

Begründung:

Es entspricht mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung, dass die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss. Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zwingend entweder mit der 1 %-Regelung oder mit der Fahrtenbuchmethode zu bewerten.

Die zwingend vorgeschriebene Anwendung der Bewertungsvorschrift kann nicht durch Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden. Vom Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß gezahlte Nutzungsvergütungen sind gegebenenfalls von den nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ermittelten Werten in Abzug zu bringen. Denn insoweit fehlt es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers.

Entsprechendes gilt für Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines betrieblichen PKW. Entstehen einem Steuerpflichtigen für ein fremdes Wirtschaftsgut, das er zur Einkünfteerzielung nutzt, Anschaffungs- oder Herstellungskosten, kann er diesen Aufwand nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 EStG wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts behandeln und Absetzung für Abnutzung (AfA) für das Nutzungsrecht “wie ein materielles Wirtschaftsgut” vornehmen. Die AfA ist auf der Grundlage der voraussichtlichen Gesamtdauer des Nutzungsrechts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu schätzen. Ein derartiger Fall liegt auch bei Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten eines Dienstwagens vor, weil der Steuerpflichtige seinen Aufwand zur Erzielung von als Arbeitslohn zu bewertenden geldwerten Vorteilen und gegebenenfalls zu beruflich veranlassten Reisen tätigt.

Eine solche Überlassung eines betrieblichen Kfz i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 EStG liegt allerdings nicht vor, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Dies ist zuvörderst der Fall, wenn der Arbeitnehmer Eigentümer des Fahrzeugs ist. Das Fahrzeug ist aber auch dann dem Arbeitnehmer zuzurechnen, wenn er über dieses Fahrzeug wie ein wirtschaftlicher Eigentümer oder als Leasingnehmer verfügen kann. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Voreigentümer oder der Leasinggeber ein fremder Dritter oder der Arbeitgeber ist. Dem Arbeitnehmer ist das Fahrzeug dann zuzurechnen, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug aufgrund einer vom Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsbeziehung, etwa einem Leasingvertrag, überlässt. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber selbst Leasingnehmer ist und das Fahrzeug seinem Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Unterleasingverhältnisses übergibt.

Eine solche vom Arbeitsvertrag unabhängige Sonderrechtsbeziehung, auf der die Fahrzeugübertragung gründet, kann auch dann vorliegen, wenn die Beteiligten diese nicht schriftlich vereinbart haben. Entscheidend ist, dass nach den tatsächlichen Umständen der Arbeitnehmer im Innenverhältnis gegenüber seinem Arbeitgeber die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Leasingnehmers hat, er also ein in Raten zu zahlendes Entgelt zu entrichten hat und ihn allein die Gefahr und Haftung für Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache treffen. In einem solchen Fall sind mögliche, aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Vorteile nicht nach der speziellen Bewertungsnorm des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen, wie sie entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung etwa für die Erfassung von Rabatten gelten, zu bewerten.

 

Besteuerungsrecht an Abfindungszahlung an einen im Inland wohnenden, aber in Frankreich tätigen Arbeitnehmer

Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich ermöglicht –infolge seines von Art. 15 Abs. 1 OECD-MustAbk abweichenden Wortlauts– kein deutsches Besteuerungsrecht für eine Abfindungszahlung, die eine im Inland ansässige Person von ihrem bisherigen französischen Arbeitgeber aus Anlass der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses erhält. Das Besteuerungsrecht gebührt vielmehr Frankreich als Tätigkeitsstaat.

BFH Urteil vom 24.7.2013, I R 8/13

Entgeltliche Sachzuwendung an Arbeitnehmer

Gewährt der Arbeitgeber gegen Lohneinbehalt Erntehelfern Unterkunft, ist seine Leistung steuerpflichtig.

BFH Urteil vom 08.08.2013 – V R 7/13 BFHNV 2013 S. 1952 f.

Begründung:

Wie das FG zu Recht entschieden hat, sind die Leistungen des Klägers bei der Überlassung von Unterkunft an die Erntehelfer steuerbar und steuerpflichtig. Der Kläger hat durch die Gewährung von Unterkunft gegen Lohneinbehalt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG entgeltliche Leistungen an die Erntehelfer erbracht. Der nach dieser Vorschrift erforderliche Leistungsaustausch ergibt sich daraus, dass der Lohneinbehalt zu Lasten des Erntehelfers wie eine Zahlung durch diesen wirkt.

Bestätigt wird dies durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 29. Juli 2010, C-40/09, Astra Zeneca UK (Slg. 2010, I-7505 Rdnr. 30). Danach erbringt der Arbeitgeber eine Sachleistung gegen Entgelt an seine Arbeitnehmer, wenn diese anstatt ihre gesamte Vergütung in bar zu erhalten, auf einen Teil dieser Vergütung im Austausch gegen die Sachleistung verzichten müssen.

Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG "die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen".

Eine Vermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG liegt aufgrund richtlinienkonformer Auslegung vor, wenn der Vermieter dem Mieter das Recht einräumt, einen Gegenstand auf bestimmte Zeit gegen Vergütung so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Kläger im Streitfall den Erntehelfern jeweils das für eine Vermietung charakteristische Besitzrecht eingeräumt hat. Denn selbst wenn von einer nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung auszugehen wäre, sind die Leistungen des Klägers zumindest nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig.

Nicht steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG u.a. "die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält". Diese Regelung beruht unionsrechtlich auf Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach sind insbesondere die "Gewährung von Unterkunft nach den gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Hotelgewerbes oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern" von der Steuerfreiheit für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ausgeschlossen.

§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG unterscheidet sich vom Grundtatbestand des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG nur durch die an den Mietgegenstand zu stellenden Anforderungen, bei dem es sich um zur kurzfristigen Beherbergung bereitgehaltene Wohn- und Schlafräume handeln muss. Besteuerungssystematisch ist § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG daher ein Ausnahmetatbestand zu § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Dementsprechend ist z.B. die auf Dauer angelegte Vermietung möblierter Wohn- und Schlafräume nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei, da dann im Hinblick auf das Zeitelement die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht vorliegen.

Dies entspricht der EuGH-Rechtsprechung. Nach dem EuGH-Urteil ist die Dauer der Beherbergung –bei der Überlassung "vollständig möblierter und mit Kochgelegenheiten ausgestatteter Zimmer", bei der der Vermieter "für die Gestellung und Reinigung der Bettwäsche sowie für die Reinigung der Flure, Treppenhäuser, Bäder und WCs" zu sorgen hat– ein geeignetes Kriterium für die Unterscheidung zwischen der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe (als steuerpflichtigem Umsatz) einerseits und der Vermietung von Wohnräumen (als befreitem Umsatz) andererseits, da sich die Beherbergung im Hotel u.a. gerade bezüglich der Verweildauer von der Vermietung eines Wohnraumes unterscheidet. Daher ist eine langfristige Vermietung von Räumlichkeiten trotz der zusätzlichen Überlassung von Einrichtungsgegenständen und der Erbringung von Reinigungsleistungen bei einer Laufzeit von mindestens sechs Monaten als Vermietung in vollem Umfang steuerfrei.

Im Streitfall waren die Leistungen des Klägers nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig. Entgegen seiner Auffassung kommt es für die Steuerpflicht nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG auf die (beabsichtigte) Dauer der Nutzungsüberlassung zur Beherbergung, nicht aber auf andere Voraussetzungen an. Der Kläger kann sich hiergegen auch nicht auf das Unionsrecht berufen, da die Dauer der Beherbergung nach dem EuGH-Urteil Elisabeth ein geeignetes Kriterium für die Unterscheidung zwischen der steuerpflichtigen Gewährung von Unterkunft zur steuerfreien Vermietung ist.

Im Übrigen ist nicht nach der Person des Leistungsempfängers zu differenzieren, so dass auch die Vermietung an das eigene Personal unter den allgemeinen Voraussetzungen von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig ist. Auch beim eigenen Personal handelt es sich insoweit nach der Rechtsprechung des BFH um "Fremde", da dieser Begriff nur der Abgrenzung von Logierbesuchen von Verwandten und Freunden dient.

 

EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten und zum Leistungsbezug durch mehrere Empfänger

Bestimmt sich der von der EuGH-Rechtsprechung bei der Auslegung des Begriffs für "Zwecke seiner besteuerten Umsätze" i.S. von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG als maßgeblich erachtete direkte und unmittelbare Zusammenhang

– nach dem objektiven Inhalt der vom Steuerpflichtigen bezogenen Leistung (hier: Tätigkeit eines Strafverteidigers, damit eine natürliche Person nicht strafrechtlich verurteilt wird) oder

– nach dem Entstehungsgrund der bezogenen Leistung (hier: wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen, bei der angeblich eine Straftat durch eine natürliche Person begangen wurde)?

Falls es auf den Entstehungsgrund ankommt: Ist ein Steuerpflichtiger, der eine Leistung zusammen mit einem Angestellten in Auftrag gibt, gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zum vollen oder nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt und welche Anforderungen bestehen bei Bezug einer Leistung durch mehrere Empfänger an die Rechnungserteilung gemäß Art. 22 Abs. 3 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG?

BFH Entscheidung vom 22.12.2011, V R 29/10

Erläuterung BFH:

Vorlagebeschluss: Vorsteuer aus Strafverteidigerkosten

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 V R 29/10 hat der BFH beim EuGH angefragt, ob ein Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich zur Erlangung von Aufträgen möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, aus den zur Abwehr dieser Vorwürfe angefallenen Strafverteidigungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Der EuGH ist zuständig für die Auslegung des hier zu berücksichtigenden Unionsrechts. Für den Vorsteuerabzug spricht, dass die möglicherweise strafbaren Handlungen dazu dienten, die steuerpflichtige Umsatztätigkeit des Unternehmens zu fördern. Dagegen könnte angeführt werden, dass die Leistungen der Strafverteidiger unmittelbar nur den persönlichen Interessen der Beschuldigten dienten. Das Interesse des Unternehmens an der Straffreiheit seines Inhabers und seiner Mitarbeiter könnte dann als nur mittelbarer Zusammenhang für den Vorsteuerabzug unbeachtlich sein. Geklärt werden soll auch, wer bei einer Beauftragung durch mehrere Auftraggeber (hier: Beschuldigter und Unternehmen) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Bemessungsgrundlage bei einer verbilligten Lieferung von Zeitungen an Arbeitnehmer

Liefert ein Verlag seine Zeitungen verbilligt an seine Arbeitnehmer nach Hause, liegen Lieferungen auf Grund des Dienstverhältnisses i.S. von § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG vor. Diese Umsätze werden nach dem marktüblichen Entgelt (regulärer Abonnementpreis) bemessen, wenn dieses die nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG ermittelten Selbstkosten unterschreitet.

BFH Urteil vom 19.6.2011, XI R 8/09

Begründung:

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die verbilligte Lieferung von Zeitungen an die Arbeitnehmer der Klägerin der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG unterliegt. Die Vorentscheidung geht ferner zutreffend davon aus, dass die im Streitfall nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG anzusetzenden Selbstkosten höher sind als die regulären Abonnementpreise und das FA deshalb zu Recht in dem angefochtenen Bescheid Letztere als Bemessungsgrundlage angesetzt hat.

Die Zahlungen der Arbeitnehmer an die Klägerin waren Entgelt für die Lieferung von Zeitungen. Es bestand ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Es handelt sich bei dem Entgelt in Höhe (nur) der Zustellgebühr auch nicht etwa um eine nur symbolische Vergütung ohne Entgeltcharakter. Ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht, ist für das Vorliegen eines Leistungsaustausches unerheblich. Unerheblich ist insoweit ferner die mit der Zeitungslieferung an die Arbeitnehmer verfolgte Zielsetzung der Klägerin.

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf Überlegungen von Widmann (Deutsches Steuerrecht 2009, 1061) die Zahlungen der Arbeitnehmer in Höhe der Zustellgebühr nicht als Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, sondern als nicht steuerbaren Zuschuss ansieht, vermag der Senat ihr nicht zu folgen. Selbst nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin käme ein nicht steuerbarer Zuschuss nur in Betracht, wenn sie mit der verbilligten Abgabe der Arbeitnehmerabonnements ganz überwiegend eigenbetriebliche Zwecke verfolgt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall.

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer oder deren Angehörige auf Grund des Dienstverhältnisses ausführt, der Mindestbemessungsgrundlage, wenn die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG das durch den Arbeitnehmer entrichtete Entgelt übersteigt. Nach der Rechtsprechung des BFH sind für die –hier mangels eines Einkaufspreises vorzunehmende– Bemessung des Umsatzes nach den Selbstkosten alle diejenigen Kosten maßgebend, mit denen die Kostenrechnung des Unternehmens belastet wird

Der Zweck der Vorschrift ist es, einen Steuerpflichtigen, der für den privaten Bedarf seines Personals einen Gegenstand entnimmt oder eine Dienstleistung erbringt, weitgehend einem Endverbraucher, der einen solchen Gegenstand oder eine Dienstleistung gleicher Art erwirbt, gleichzustellen. Danach ist der Ansatz der Selbstkosten als Bemessungsgrundlage dann nicht mehr vom Zweck der Vorschrift gedeckt, wenn dadurch die Umsatzsteuer für die verbilligten Lieferungen oder Leistungen eines Unternehmers an seine Arbeitnehmer höher wäre als für vergleichbare Umsätze mit sonstigen Endverbrauchern. Deshalb ist für den Fall, dass die Selbstkosten den Marktpreis übersteigen, der Umsatz nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen.

 

Werbungskostenabzug für Verzicht auf Darlehensforderung des Arbeitnehmers gegen Arbeitgeber

Auch wenn ein Darlehen aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden war, kann der spätere Verzicht darauf durch das zugleich bestehende Arbeitsverhältnis veranlasst sein und dann insoweit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen, als die Darlehensforderung noch werthaltig ist.

BFH Urteil vom 25.11.2010, VI R 34/08

Erläuterung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25. November 2010 VI R 34/08 entschieden, dass auch dann, wenn der geschäftsführende Kleingesellschafter seiner GmbH ein Darlehen aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt hat, der spätere Verzicht darauf durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein kann und dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt, soweit die Darlehensforderung noch werthaltig ist.

In dem vom BFH entschiedenen Streitfall war der Kläger als Geschäftsführer an seiner Arbeitgeberin, einer GmbH, mit rund 5 % beteiligt. Die GmbH ließ sich von ihren Gesellschaftern, darunter auch dem Kläger, im November 2000 für einen beabsichtigten Börsengang Liquiditätshilfedarlehen gewähren. Nachdem der Börsengang gescheitert war und die GmbH Kapital benötigte, forderten die Großgesellschafter mit Nachdruck und unter Hinweis auf die sonst drohende Insolvenz und Arbeitsplatzverluste, dass die verbliebenen Kleingesellschafter auf ihre Gesellschafterdarlehen verzichteten. Darauf verzichtete der Kläger im März 2001 auf seine Darlehensrückzahlungsansprüche über 160.000 DM. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung machte der Kläger den Darlehensverlust zunächst erfolglos als Werbungskosten mit der Begründung geltend, den Verzicht zur Rettung seines Arbeitsplatzes erklärt zu haben.

Der BFH war zwar wie das Finanzgericht (FG) der Auffassung, dass die Darlehensgewährung selbst nicht den Werbungskostenabzug rechtfertigen könne, weil sie nicht dem Arbeitsverhältnis, sondern dem Gesellschafterverhältnis des Klägers zuzuordnen sei. Er schloss es aber nicht aus, dass der vom Kläger später erklärte Verzicht auf das Darlehen tatsächlich zur Rettung des Arbeitsplatzes erklärt worden sei. Es liege nahe, dass das FG im sich jetzt anschließenden zweiten Rechtsgang zu dieser Würdigung komme. Dann müsse geprüft werden, welchen Wert die Darlehensforderung des Klägers im Zeitpunkt des Verzichts noch gehabt habe. Denn nur in dieser Höhe seien dem Kläger dann Aufwendungen entstanden, die zum Abzug als Werbungskosten berechtigten.

Zuflusszeitpunkt bei Gutschrift von Beteiligungskapital

Wird Arbeitnehmern auf Beteiligungskonten Beteiligungskapital gutgeschrieben, ist Zufluss von Arbeitslohn bereits im Zeitpunkt der Gutschrift anzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer langfristig in der Verwendung der gutgeschriebenen Beträge beschränkt sind.

BFH Urteil vom 11.02.2010 – VI R 47/08 BFH NV 2010 S. 1094 ff.

Begründung:

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass die gutgeschriebenen Beträge einen geldwerten, der Entlohnung dienenden Vorteil darstellen.

Arbeitslohn, der –wie im Streitfall– nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei. Der Anspruch auf die Leistung begründet noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben. Ein Vorteil ist dem Arbeitnehmer erst dann zugeflossen, wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt. So ist mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, der Zufluss eines geldwerten Vorteils erst in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem versprochenen Vorteil verschafft.

Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Jedoch kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist bei den Arbeitnehmern ein Zufluss des jeweils gutgeschriebenen Beteiligungskapitals i.S. von § 11 Abs. 1 EStG im Zeitpunkt der Gutschrift zu bejahen.

Die Arbeitnehmer haben in der "Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung" der Gutschrift auf den Beteiligungskonten zugestimmt. In der Überlassung der fälligen und verdienten Beträge liegt wirtschaftlich eine Vorausverfügung, die nicht anders behandelt werden kann als die Auszahlung und die Wiedereinzahlung auf die Beteiligungskonten. Zwar sind die Arbeitnehmer im Streitfall langfristig in der Verwendung der gutgeschriebenen Beträge beschränkt. Dies steht jedoch dem Zufluss nicht entgegen. Denn auch im vergleichbaren Fall des Erwerbs von Aktien zum verbilligten Kurs steht dem Zufluss nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperr- bzw. Haltefrist die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußern kann.