Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes bei Darlehen zwischen Ehegatten

Gewährt der Steuerpflichtige seinem Ehegatten ein Darlehen zur Anschaffung einer fremdvermieteten Immobilie und erzielt er hieraus Kapitalerträge, ist die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige auf den von ihm finanziell abhängigen Ehegatten bei der Gewährung des Darlehens einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

Der Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG, da er nicht an das persönliche Näheverhältnis der Ehegatten anknüpft, sondern auf der finanziellen Abhängigkeit des Darlehensnehmers vom Darlehensgeber beruht.

BFH Urteil vom 28.1.2015, VIII R 8/14

Begründung BFH):

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 28. Januar 2015 VIII R 8/14 erstmals entschieden, dass die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 25 % (sog. Abgeltungsteuersatz) nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG bei der Gewährung von Darlehen zwischen Ehegatten aufgrund eines finanziellen Abhängigkeitsverhältnisses ausgeschlossen ist.

Der Kläger gewährte seiner Ehefrau fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung und Renovierung einer fremd vermieteten Immobilie. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass die Ehefrau weder über eigene finanzielle Mittel verfügte noch eine Bank den Erwerb und die Renovierung des Objekts zu 100 % finanziert hätte und sie daher auf die Darlehensgewährung durch den Kläger angewiesen war. Das Finanzamt besteuerte die hieraus erzielten Kapitalerträge des Klägers mit der tariflichen Einkommensteuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz sei nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ im Sinne des Gesetzes seien.

Der BFH bestätigte diese Auffassung: Zwar sei bei verfassungskonformer Auslegung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ein lediglich aus der Ehe abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen (vgl. Urteile des VIII. Senats vom 29. April 2014 VIII R 9/13, VIII R 35/13 und VIII R 44/13, PM Nr. 59/14). Jedoch sei die Ehefrau bei der Aufnahme der Darlehen von dem Kläger als Darlehensgeber (absolut) finanziell abhängig gewesen, so dass ein Beherrschungsverhältnis vorliege, das gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG zum Ausschluss der Anwendung des gesonderten Tarifs für Kapitaleinkünfte führe.

Der Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes verstößt nach Auffassung des BFH in diesem Fall weder gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da er nicht an das persönliche Näheverhältnis der Ehegatten anknüpft, sondern auf der finanziellen Abhängigkeit des Darlehensnehmers vom Darlehensgeber beruht. Die Anwendung des allgemeinen Steuertarifs führt hier zu keiner Ungleichheit, sondern stellt im Hinblick auf die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit durch den Ausschluss von Mitnahmeeffekten eine größere Gleichheit her.

Abgeltungssteuersatz bei Darlehen zwischen Angehörigen

Die Privilegierung der Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nach § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 25 % besteuert werden, gegenüber anderen progressiv besteuerten Einkunftsarten ist verfassungsgemäß.

Die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 EStG ist nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 AO sind. Diese einschränkende Auslegung des Ausschlusstatbestands entspricht dem Willen des Gesetzgebers und ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.

Gewährt der Steuerpflichtige seinen Abkömmlingen ein Darlehen zur Anschaffung einer fremdvermieteten Immobilie und ist der Darlehensvertrag nach dem Maßstab des Fremdvergleichs der Besteuerung zugrunde zu legen, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder der Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles bei dem Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge ein sog. Gesamtbelastungsvorteil entsteht

BFH  Urteil vom 29.4.2014, VIII R 9/13

Begründung:

Jedoch ist im Streitfall der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 EStG nicht nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger als Gläubiger und die Klägerin und Kinder als Schuldner der Kapitalerträge einander nahestehende Personen im Sinne dieser Vorschrift waren.

Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG gilt der gesonderte Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG nicht für Kapitaleinkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge einander nahestehende Personen sind. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die Anwendung dieses Ausnahmetatbestandes in seinen Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 1-S 2252/08/10004 (BStBl I 2010, 94) und vom 9. Oktober 2012 IV C 1-S 2252/10/10013 (BStBl I 2012, 953) –jeweils Rz 134– für das Streitjahr in verfassungskonformer Rechtsfortbildung dahingehend eingeschränkt, dass der Abgeltungsteuersatz nur dann ausgeschlossen sein soll, wenn die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen..

Nach dem Wortsinn fallen unter den Begriff der “nahestehenden Person” alle natürlichen und juristischen Personen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Hierzu gehören auch Angehörige i.S. des § 15 AO, da bei diesem Personenkreis bereits das auf der Verwandtschaft, dem Verlöbnis oder der Eheschließung beruhende Näheverhältnis auf eine enge Bindung schließen lässt.

Diese weite Auslegung des gesetzlichen Tatbestands widerspricht jedoch dem Willen des Gesetzgebers, den er in der Gesetzesbegründung zu § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zum Ausdruck gebracht hat. Danach soll ein Näheverhältnis nur dann vorliegen, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat (BTDrucks 16/4841, S. 61). Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit oder Ehe abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen.

Eine sachliche Rechtfertigung für den Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes für Angehörige i.S. des § 15 AO ergibt sich auch nicht aus einem Gesamtbelastungsvorteil, der entstehen kann, wenn die Entlastung des Darlehensnehmers durch den Schuldzinsenabzug höher ist als die steuerliche Belastung des Darlehensgebers. Eine solche Vorstellung von der Familie als einheitlichem “Bilanzraum” beruht auf unzutreffenden Voraussetzungen; denn abgesehen von der durch die Regelung der Unterhaltspflichten (§§ 1360 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs) bedingten “Unterhaltsgemeinschaft” begründen Ehe und Familie als solche bei der Einkünfteermittlung keine Vermögensgemeinschaft (vgl. BVerfG-Entscheidungen in BVerGE 13, 290; vom 20. März 1963  1 BvL 20/61, BVerfGE 15, 328; in BVerfGE 26, 321). Das “nahe persönliche Verhältnis” führt nicht notwendig oder typischerweise zu einer Wirtschaftsgemeinschaft oder einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, durch die Familienangehörige in die Rolle unselbständiger “Strohmänner” gedrängt würden

“Aufgabeaufwendungen” als vergebliche Werbungskosten

Das für eine Entlassung aus der Haftung gegenüber einem Darlehensgläubiger geleistete Entgelt kann als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sein, wenn es der Steuerpflichtige aufwendet, um sich aus einer gescheiterten Immobilieninvestition zu lösen und so die Höhe der vergeblich aufgewendeten Kosten zu begrenzen.

BFH Urteil vom 21.11.2013 – IX R 12/12 BFHNV 2014 S. 834 f.

Begründung:

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen sind, bei der sie erwachsen. Auch “vergebliche” Aufwendungen können als Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige –nachdem er das Scheitern seiner Investition erkannt hat– etwas aufwendet, um sich aus der vertraglichen Verbindung zu lösen und damit die Einkünfteerzielung zu beenden.

Nach diesen Maßstäben ist die von dem Beigeladenen geleistete Zahlung als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Dem Beigeladenen ist Aufwand in Höhe von 625.000 EUR entstanden, um die im Kauf des Immobilienobjekts liegende gescheiterte Investition zu beenden und so die Höhe der vergeblich aufgewendeten Kosten –der als Werbungskosten grundsätzlich berücksichtigungsfähige rückständige Zinsaufwand aus dem zur Finanzierung der Herstellungskosten der Immobilie aufgenommenen Darlehen belief sich zu diesem Zeitpunkt auf über 1.000.000 EUR zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Prüfung, in welchem Verhältnis die Darlehensgläubigerin die geleistete Zahlung auf Zinsschuld und/oder Darlehensschuld verrechnet hat.

Entgegen der Auffassung des FG wird dieser Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht durch den Umstand überlagert, dass der Beigeladene im Rahmen der mit der Darlehensgläubigerin getroffenen Vereinbarung die Verpflichtung eingegangen ist, bei einer Veräußerung des Immobilienobjekts mitzuwirken. Denn die spätere, zu diesem Zeitpunkt allenfalls beabsichtigte Veräußerung der Immobilie steht vorliegend in keiner Beziehung zu den im Streitfall zu beurteilenden Aufwendungen.

Da das angefochtene Urteil diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Die der Höhe nach unstreitigen Aufwendungen von 625.000 EUR sind als weitere (Sonder-)Werbungskosten des Beigeladenen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin zu berücksichtigen.

Steuerpflicht von Zinsen aus Lebensversicherungen

Dient ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, dazu, ein bereits früher zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts aufgenommenes Darlehen umzuschulden, so ist das i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2002 schädlich, wenn die Valuta des Umschuldungsdarlehens höher ist als die Restschuld des umzuschuldenden Darlehens und der übersteigende Betrag zur Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet wird, der eine Verzinsung des Bausparguthabens vorsieht.

BFH Urteil vom 12.10.2011, VIII R 30/09

Begründung:

Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrages nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können.

Die Ansprüche aus den beiden Versicherungsverträgen des Klägers haben nach dem 13. Februar 1992 zur Sicherung eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten des Klägers bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind. Bei fremdfinanzierter Auffüllung eines Bausparvertrages sind sowohl die damit in Zusammenhang stehenden Schuldzinsen als auch die Bausparguthabenzinsen grundsätzlich bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und nicht bei denen aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.

Da es sich bei den Lebensversicherungen des Klägers weder um Direktversicherungen handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG) noch die Ansprüche aus den Lebensversicherungen der Besicherung eines betrieblich veranlassten Darlehens (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG) dienen, kann die Steuerpflicht nur entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt voraus, dass das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist, und dass die ganz oder zum Teil zur Tilgung oder Sicherung verwendeten Ansprüche aus Versicherungsverträgen nicht die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigen. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.

Dadurch, dass ein Teilbetrag von 20.000 EUR des Darlehens B nicht direkt zur Ablösung des bei der X-Bank aufgenommenen Darlehens eingesetzt worden ist, sondern unmittelbar auf den vom Kläger und seiner Ehefrau bei der Bausparkasse abgeschlossenen Bausparvertrag, der eine Verzinsung des Bausparguthabens mit 3 % jährlich vorsah, eingezahlt wurde, ist dieser Teilbetrag zur Begründung einer Forderung des Klägers und seiner Ehefrau gegenüber der Bausparkasse verwendet worden. Das allein führt bereits zur Steuerschädlichkeit.

Bilanzierung eines „Bearbeitungsentgelts“ für einen Kredit

Für ein vom Darlehensnehmer bei Abschluss des Kreditvertrags (hier: öffentlich gefördertes Darlehen) zu zahlendes "Bearbeitungsentgelt" ist kein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, wenn das Entgelt im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nicht (anteilig) zurückzuerstatten ist. Etwas anderes gilt aber, wenn das Darlehensverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass diese Kündigung in den Augen der Vertragsparteien mehr ist als nur eine theoretische Option.

BFH Urteil vom 22.6.2011, I R 7/10

Erläuterung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22. Juni 2011 I R 7/10 entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer ein bei Vertragsschluss zu leistendes einmaliges Entgelt ("Bearbeitungsentgelt") für ein betriebliches Darlehen sofort in voller Höhe steuermindernd absetzen kann.

Ein sofortiger Abzug ist danach möglich, wenn der Darlehensnehmer das gezahlte Entgelt nicht zurückverlangen könnte, falls der Darlehensvertrag vorzeitig beendet wird. Anders ist es aber, wenn die besagte vorzeitige Vertragsbeendigung ganz unwahrscheinlich ist, etwa weil vereinbart wurde, dass der Darlehensvertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Dann hat der Darlehensnehmer das Bearbeitungsentgelt mithilfe sog. aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auf die gesamte Laufzeit des Darlehens zu verteilen und kann es nur in jährlichen Teilbeträgen steuermindernd absetzen.

Der vom BFH entschiedene Fall betraf öffentlich geförderte Darlehen, die ein Unternehmen zur Finanzierung eines Möbelhauses aufgenommen hatte.

 

Unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungskosten dienende Darlehen trotz Vorfinanzierung durch Eigenmittel

Darlehen aus Policendarlehen dienen auch dann i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungskosten, wenn ein Teil dieser Kosten vor Eingang der Darlehensvaluta auf dem Konto des Steuerpflichtigen aus anderen Mitteln bezahlt wird, der Steuerpflichtige aber bei Veranlassung dieser Zahlung berechtigt von einer Gutschrift der Darlehensvaluta spätestens im Zeitpunkt der Zahlung ausgehen kann.

BFH Urteil vom 9.2.2010, VIII R 21/07

Begründung:

Die auf sie aufgenommenen Policendarlehen stehen dem Abzug der Versicherungsaufwendungen als Sonderausgaben aber dann entgegen, wenn die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen nicht –wie von § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG vorausgesetzt– der Sicherung von Darlehen dienen, die selbst "unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines (zur Einkünfteerzielung bestimmten) Wirtschaftsgutes dienen". Diese Voraussetzung ist grundsätzlich nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten für das Wirtschaftsgut –wie hier die Grunderwerbsteuer für die Eigentumswohnung– bereits vor Eingang der Darlehensvaluta aus Eigenmitteln zahlt. Denn dann dient die später eingehende Darlehensvaluta denkgesetzlich nicht mehr unmittelbar  der Finanzierung der Anschaffungskosten, sondern füllt die für die Anschaffungskosten vorab verwendeten anderweitigen Mittel wieder auf. Diese Beurteilung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, nach der Darlehen nicht der Finanzierung der Anschaffung eines Vermietungsobjekts dienen, soweit dessen Anschaffungskosten aus Eigenmitteln getragen worden sind.

Allerdings geht der Senat angesichts des begrenzten Zwecks der Regelung, bestimmte Finanzierungsmodelle zu vermeiden (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 55 ff.), davon aus, dass die Merkmale "unmittelbar und ausschließlich" in § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG eine kurzfristig vor Gutschrift der Darlehensvaluta erfolgende Vorfinanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts aus Eigenmitteln zulassen.

Steuerpflicht von Zinsen aus Lebensversicherungen; steuerschädliche Darlehensverwendung

Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlt, auf dem auch andere Zahlungseingänge verbucht werden und erfolgt über dieses Konto nicht nur die Anschaffung des Wirtschaftsguts, für welches das Darlehen aufgenommen wurde, sondern werden darüber auch andere Zahlungen geleistet, so erfüllt das Darlehen bereits wegen der Vermischung der Darlehensmittel mit anderen Geldbeträgen nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG.

Wird ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.

BFH Urteil vom 24. November 2009 VIII R 29/07

Begründung:

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG sind Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, steuerpflichtig. Von dieser Steuerpflicht begründet Satz 2 der Vorschrift eine Ausnahme für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Da es sich bei der Lebensversicherung des Klägers nicht um eine Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG) und auch der Sonderfall des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nicht gegeben ist (Besicherung betrieblich veranlasster Darlehen nicht länger als drei Jahre), kann die Steuerpflicht nur entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Daran mangelt es im Streitfall. Denn die zwischen den Beteiligten allein umstrittene Frage, ob das durch die Lebensversicherung abgesicherte Darlehen "unmittelbar und ausschließlich" der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Windenergieanlage gedient hat, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz zu verneinen.

 

 

Keine nachträglichen Anschaffungskosten für eine mittelbare Beteiligung

Die Gewährung von Darlehen an eine Gesellschaft, an welcher der Anteilseigner nur mittelbar beteiligt ist, führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der (unmittelbaren) wesentlichen Beteiligung.

BFH Urteil vom 25.02.2009 IX R 28/08 BFHNV 2009 S 1416 ff

Begründung:

Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste.

Nach diesen Maßstäben führt ein Verlust der Darlehen, die der Kläger der E2-GmbH gewährt hat, nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten für seine Beteiligung an der E1-GmbH. Die Gewährung der Darlehen an die E2-GmbH hat auch nicht zu verdeckten mittelbaren Einlagen in die E1-GmbH geführt, da sie das bilanzierungsfähige Vermögen der E2-GmbH nicht vermehrt haben.

Rechnungsabgrenzung bei Zinszuschuss für die Aufnahme eines Darlehens

Der kapitalisiert ausgezahlte Zinszuschuss für die Aufnahme eines langjährigen Kapitalmarktdarlehens ist passiv abzugrenzen.

Der Rechnungsabgrenzungsposten ist ratierlich über die gesamte Darlehenslaufzeit und je nach Ausgestaltung des Darlehensvertrages linear oder degressiv aufzulösen.

Bei vorzeitiger Sondertilgung des Darlehens ist der Passivposten im Verhältnis der Sondertilgung zu dem Gesamtdarlehensbetrag aufzulösen.

BFH Urteil vom 24. Juni 2009 IV R 26/06

Aufteilung der Anschaffungskosten bei gemischt genutztem Grundstück

Nimmt der Steuerpflichtige Darlehen zur Finanzierung je unterschiedlicher Grundstücksteile auf, die eigenständige Wirtschaftsgüter bilden, scheitert der Zuordnungszusammenhang zu einzelnen Grundstücksteilen aber, weil die Valuten sämtlicher Darlehen auf ein Girokonto fließen, von dem dann der Steuerpflichtige den gesamten Kaufpreis an den Verkäufer überweist, so sind die entstandenen Schuldzinsen grundsätzlich nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen aufzuteilen.

Dies gilt nicht, wenn die Parteien des Kaufvertrags den Kaufpreis in anderer Weise auf die erworbenen Wirtschaftsgüter aufgeteilt haben und dieser Maßstab auch steuerrechtlich bindend. In diesem Fall ist der Kaufpreis nach dem Verhältnis des auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Kaufpreises zum Gesamtkaufpreis aufzuteilen und die entstandenen Schuldzinsen in Höhe des hiernach auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Anteils abzuziehen.

Ausnahme hiervon stellen Vereinbarungen zum Schein oder missbräuchliche Gestaltungen dar.

BFH Urteil vom 1. April 2009 IX R 35/08