Vorlage an das BVerfG durch den BFH der die Zinsschranke für verfassungswidrig hält

Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 4h EStG 2002 i.d.F. des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung i.V.m. § 8 Abs. 1 und § 8a KStG 2002 i.d.F. des UntStRefG 2008 gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.

BFH Entscheidung vom 14.10.2015, I R 20/15

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob die sog. Zinsschranke aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist (Beschluss vom 14. Oktober 2015 I R 20/15).

Betrieblich veranlasste Zinsaufwendungen sind entsprechend dem sog. Nettoprinzip grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar. Hiervon abweichend ordnet § 4h des Einkommensteuergesetzes (bei Körperschaften i.V.m. § 8a des Körperschaftsteuergesetzes) eine Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen an, die den Zinsertrag übersteigen.

Dieser sog. negative Zinssaldo ist nicht abziehbar, soweit er 30 % des „operativen“ Gewinns (heute: verrechenbares EBITDA) übersteigt (sog. Zinsschranke). Der nichtabziehbare Aufwand ist in die folgenden Wirtschaftsjahre regelmäßig vorzutragen. Die Zinsschranke steht dem Betriebsausgabenabzug allerdings nicht entgegen, wenn der negative Zinssaldo des Unternehmens weniger als drei Millionen Euro beträgt oder die Eigenkapitalquote des konzernangehörigen Unternehmens diejenige des Konzerns um nicht mehr als 2 % unterschreitet (sog. Eigenkapital-Escape) oder bei Kapitalgesellschaften keine sog. schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt.

Den Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes begründet der BFH damit, dass die Zinsschranke das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Ertragsteuerrechts nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen verletzt. Sie missachte das objektive Nettoprinzip, da nicht mehr das Nettoeinkommen der Besteuerung zugrunde gelegt werde. Das Abzugsverbot rechtfertige sich mangels folgerichtiger Umsetzung auch weder durch den vom historischen Gesetzgeber angeführten Zweck der Eigenkapitalstärkung noch durch das Ziel der Sicherung des deutschen Steuersubstrats. Gleiches gelte für das Anliegen, unkalkulierbare Steuerausfälle zu vermeiden.

 

Im Streitfall wurde die Zinsschranke bei der zu einem inländischen Konzern gehörenden Kapitalgesellschaft, die in der Immobilienbranche tätig ist, angewandt und der Betriebsausgabenabzug nach Maßgabe der Zinsschranke begrenzt; der zum Ende des ersten Streitjahres festgestellte Zinsvortrag entfiel darüber hinaus im Folgejahr infolge einer betriebsbezogenen Umstrukturierung. Die Steuerbelastung in diesem “reinen Inlandsfall” (keine Finanzierung aus dem Ausland) wertet der BFH aus den vorgenannten Gründen als gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragsteuerrechtlichen Nettoprinzips, der auch nicht durch den Aspekt der Missbrauchsverhinderung gerechtfertigt werden könne.

 

Bereits in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2013 I B 85/13 hatte der BFH in einem summarischen Verfahren Zweifel an der Verfassungskonformität der Zinsschranke geäußert. Dazu hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 13. November 2014 einen sog. Nichtanwendungserlass angeordnet. Das BMF begründete dies insbesondere mit den “Gefahren für die öffentlichen Haushalte”

Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig ?

Das Niedersächsisches Finanzgericht hält den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig.

Niedersächsisches Finanzgericht  21. August 2013, 7 K 143/08

Begründung (FG):

Aufgrund der verschiedenen Anrechnungsvorschriften bei der Festsetzung der Einkommensteuer – z.B. bei ausländischen Einkünften (§ 34c EStG) bzw. bei der Gewerbesteuer (§ 35 EStG) – wird Solidaritätszuschlag in unterschiedlicher Höhe bei gleichgelagerten Sachverhalten festgesetzt. Hierfür liegt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ein sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht vor. Damit verstößt die Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Das Niedersächsische Finanzgericht hatte in diesem Verfahren bereits mit Beschluss vom 25.11.2009 dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob das SolZG gegen die Finanzverfassung und gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen verstößt. Das BVerfG hatte diese Vorlage allerdings für unzulässig erklärt und deshalb keine materiell-rechtliche Prüfung vorgenommen (BVerfG, Beschluss vom 08.09.2010 – Az.: 2 BvL 3/10). Der Vorlagebeschluss des 7. Senats vom heutigen Tage stützt sich nunmehr auf die oben dargestellten neuen rechtlichen Erwägungen.

 

Bundesfinanzhof legt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vor

Der BFH hält § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) für verfassungswidrig, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt sind und einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang aufweisen. Die Verfassungsverstöße führen teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die Steuerpflichtige, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt werden.   

Die Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III im Jahr 2009 ist nicht verfassungswidrig.

BFH Entscheidung vom 27.9.2012, II R 9/11

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 27. September 2012 II R 9/11 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2009 geltenden Fassung (ErbStG) i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG -) verfassungswidrig ist.

Dem Verfahren liegt die Besteuerung eines Erbanfalls im Jahre 2009 zugrunde. Der Kläger war zu 1/4 Miterbe seines Onkels. Im Nachlass befanden sich Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils am Nachlass belief sich auf 51.266 EUR. Unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 20.000 EUR und eines Steuersatzes von 30 % setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360 EUR fest.

Der BFH teilt nicht die Ansicht des Klägers, die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a. Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) sei verfassungswidrig (Rz. 69 bis 77). Nach Auffassung des BFH ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als Erwerber der Steuerklasse III. Art. 6 Abs. 1 GG beziehe sich nur auf die Familie als Gemeinschaft von Eltern und Kindern, nicht aber auf Familienmitglieder im weiteren Sinn wie etwa Geschwister oder Abkömmlinge von Geschwistern (Rz. 72).

Der BFH ist jedoch der Auffassung, dass § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der auf den 1. Januar 2009 zurückwirkenden Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22. Dezember 2009 deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen.

Im Einzelnen stützt der BFH seine Vorlage auf folgende Gesichtspunkte:

1. Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran stelle eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar (Rz. 82 bis 94). Es könne nicht unterstellt werden, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährde (siehe Gutachten des wissenschaftlichen Beirats beim BMF 01/2012; Rz. 89 ff.); es gehe weit über das verfassungsrechtlich Gebotene und Zulässige hinaus, Betriebsvermögen ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die Leistungsfähigkeit des Erwerbers freizustellen, und zwar auch dann, wenn die für eine Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden seien oder – ggf. im Rahmen einer Stundung der Steuer – ohne weiteres beschafft werden könnten (Rz. 87).

Der Begünstigungsgrund „Arbeitsplatzerhalt“ erweise sich als nicht tragfähig, weil weit mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte hätten (Rz. 48) und schon deshalb nicht unter die „Arbeitsplatzklausel“ fielen und ferner das Gesetz Gestaltungen zulasse, die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, dass es für die Gewährung des Verschonungsabschlags auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten im Ergebnis nicht auf die Entwicklung der Lohnsummen und somit auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme (Rz. 143 bis 148 mit Beispielen).

2. §§ 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf (Rz. 95 bis 142). Sie ermöglichten es Steuerpflichtigen, durch rechtliche Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfülle, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben. Es unterliege weitgehend der Dispositionsfreiheit des Erblassers oder Schenkers, Vermögensgegenstände, die ihrer Natur nach im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung gehalten würden, zu steuerbegünstigtem Betriebsvermögen zu machen (Rz. 97, 98). Die Bestimmungen hinsichtlich des sog. Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) seien nicht geeignet, risikobehaftetes und deshalb zu begünstigendes Betriebsvermögen von weitgehend risikolosem und daher nicht begünstigungswürdigem Betriebsvermögen abzugrenzen, und widersprächen auch dem Folgerichtigkeitsgebot. So könne bei entsprechender Gestaltung der unschädliche Anteil des nicht begünstigungswürdigen Verwaltungsvermögens sowohl bei der Regelverschonung (85 % Befreiung) als auch bei der Optionsverschonung (100 % Befreiung) deutlich über 90 % des gesamten Betriebsvermögens betragen (Rz. 104 bis 116 mit Beispielen in Rz. 105 ff. und Rz. 113 ff.). Ferner gehörten Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten nicht zum Verwaltungsvermögen, sodass ein Anteil an einer GmbH oder GmbH und Co. KG, deren Vermögen ausschließlich aus solchen Forderungen bestehe (z.B. sog. "Cash-GmbH), durch freigebige Zuwendung oder von Todes wegen erworben werden könne, ohne dass Erbschaftsteuer anfalle (Rz. 117 bis 130).

3. Die zusätzlich zu den Freibeträgen des § 16 ErbStG anwendbaren Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen führten dazu, dass die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei (Rz. 149 bis 156).

Die Verfassungsverstöße führten – so der BFH – teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden.

Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer verfassungswidrig?

Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 3 SolZG 1995 n.F. insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als Auszahlungen des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5 KStG 2002 i.d.F. des SEStEG die Bemessungsgrundlage zum Solidaritätszuschlag nicht mindern und § 3 SolZG 1995 n.F. oder eine andere Vorschrift auch nicht die Festsetzung eines Anspruchs auf ein Solidaritätszuschlagguthaben anordnet  .

BFH Entscheidung vom 10.8.2011, I R 39/10

Erläuterung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es den allgemeinen Gleichheitssatz und die Grundsätze rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes verletzt, dass die Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthabens weder die Bemessungsgrundlage zum Solidaritätszuschlag mindert noch ein Anspruch auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagguthabens besteht (Beschluss vom 10. August 2011 I R 39/10).

Bis Ende 2000 wurden die von Kapitalgesellschaften einbehaltenen und nicht ausgeschütteten Gewinne mit (zuletzt) 40 % besteuert. Zusätzlich wurde hierauf der Solidaritätszuschlag erhoben. Wurde der Gewinn später ausgeschüttet, reduzierte sich die Körperschaftsteuer auf (zuletzt) 30 % und der Solidaritätszuschlag minderte sich. Ab 2001 löste das sog. Halbeinkünfteverfahren das Anrechnungsverfahren ab. Die Gewinne der Körperschaften werden seither nur noch mit einem einheitlichen Körperschaftsteuersatz von zunächst 25 % und nunmehr 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag belastet. Damit den Kapitalgesellschaften ihr Körperschaftsteuerminderungspotential erhalten bleibt, wurde das Ende 2000 mit Thesaurierungssteuer belastete verwendbare Eigenkapital der Kapitalgesellschaften in ein Körperschaftsteuerguthaben umgewandelt, das während einer Übergangszeit von ursprünglich 15 Jahren (später 18 Jahren) unter grundsätzlicher Beibehaltung des bisherigen Anrechnungsverfahrens abgebaut werden konnte. Beschlossen die Kapitalgesellschaften die Ausschüttung dieses Kapitals, verringerte sich zugleich die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag.

Mit Wirkung ab 2007 änderte sich das Gesetz. Die Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthabens wurde aus dem Veranlagungsverfahren gelöst. Die Körperschaften haben nunmehr innerhalb eines Auszahlungszeitraumes von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresbeträgen. Auf den Solidaritätszuschlag wirkt sich dies im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage nicht mehr aus.

Letzteres ist nach Auffassung des BFH verfassungswidrig. Es würden diejenigen Steuerpflichtigen benachteiligt, die im Vertrauen auf die ursprüngliche Regelung davon abgesehen hätten, durch Gewinnausschüttungen ihr Körperschaftsteuerguthaben anzufordern. Ein sachlicher Grund für diese Benachteiligung sei nicht ersichtlich. Die vom Gesetzgeber angeführten Gründe für die Änderung des Körperschaftsteuergesetzes – Missbrauchsabwehr, Verwaltungsvereinfachung, Vorhersehbarkeit der finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte – rechtfertigten die nachteilige Änderung für den Solidaritätszuschlag nicht. Bestätige der Gesetzgeber durch eine bestimmte Regelung für einen Übergangszeitraumes die Fortdauer des bisherigen Rechts, setze er einen besonderen Vertrauenstatbestand. Eine Änderung dieser Regelung zu Lasten der Steuerpflichtigen sei nur zulässig, wenn erhebliche Gründe des Gemeinwohls dies geböten. Solche Gründe seien nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung ist für alle Kapitalgesellschaften bedeutsam, die Ende 2006 aus der Zeit des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens noch über ein Körperschaftsteuerguthaben verfügen.

 

Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig?

Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 11 GrEStG in der im Jahre 2001 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgängen i.S. des § 8 Abs. 2 GrEStG, für die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 2 und 3 BewG in der im Jahre 2001 geltenden Fassung zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet.

BFH Entscheidung vom 2.3.2011, II R 23/10

Erläuterung des BFH:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 2. März 2011 II R 23/10 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen, weil er von der Verfassungswidrigkeit des Ansatzes der nur noch für die Grunderwerbsteuer (GrESt) maßgeblichen Grundbesitzwerte als Ersatz-Bemessungsgrundlage überzeugt ist.

Die GrESt wird nach einem einheitlichen Steuersatz für sämtliche Erwerbsvorgänge erhoben. Im Regelfall bestimmt sich die Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nach dem Wert der Gegenleistung. In den Ausnahmefällen des § 8 Abs. 2 des GrEStG, zu denen u.a. die praktisch bedeutsamen Grundstücksübergänge aufgrund von Umwandlungen sowie Anteilsvereinigungen und -übertragungen gehören, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den Grundbesitzwerten. Diese werden nach §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) gesondert ermittelt. Das BVerfG hatte diese Bewertungsvorschriften im Jahr 2006 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig beanstandet, weil sie zu zufälligen und willkürlichen Bewertungsergebnissen führten. Diesen verfassungswidrigen Zustand hat der Gesetzgeber ab 2007 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer beseitigt und durch neue Bewertungsregeln ersetzt, hierauf aber für die GrESt verzichtet.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine US-amerikanische Gesellschaft, alle Anteile an einer deutschen GmbH erworben, zu deren Vermögen in Deutschland gelegene Grundstücke gehörten. Für diese Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) wurde gegenüber der Klägerin GrESt auf der Grundlage der für die Grundstücke der GmbH festgestellten Grundbesitzwerte festgesetzt. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des BFH ist die weitere Anwendung der §§ 138 ff. BewG für die GrESt verfassungswidrig, weil sie aufgrund des einheitlichen Steuersatzes der GrESt zu willkürlichen und zufälligen Besteuerungsergebnissen führten und daher mit dem Gleichheitssatz unvereinbar seien.

Erhöhung der Biersteuersätze durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 verfassungswidrig

Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 2 Abs. 2 BierStG 1993 i.d.F. des Art. 15 HBeglG 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 3076) mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar ist.

BFH Entscheidung vom 15.2.2011, VII R 44/09

Erläuterung des BFH:

Mit Beschluss vom 15. Februar 2011 VII R 44/09 hat der VII. Senat des Bundesfinanzhofs eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt, ob die Erhöhung der Biersteuer durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen ist.

Mit Wirkung ab dem Jahr 2004 wurden die gestaffelten und ermäßigten Biersteuersätze angehoben, die unabhängigen Brauereien mit einer Gesamtjahreserzeugung von weniger als 200.000 hl Bier gewährt werden. Die Biersteuermengenstaffel dient dem Schutz der in Deutschland besonders stark ausgeprägten mittelständischen Brauereiwirtschaft. Die Erhöhung der Biersteuer war zusammen mit einer Vielzahl anderer Maßnahmen in einem Papier vorgeschlagen worden, das eine Arbeitsgruppe unter Leitung der damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück ausgearbeitet und im September 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Das sog. Koch/Steinbrück-Papier enthielt eine umfangreiche Liste von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen, deren Abbau zur Haushaltskonsolidierung beitragen sollte. Der Gesetzgeber setzte diese Vorschläge durch Verabschiedung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 um. Wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 2 BvR 758/07 in Bezug auf die Kürzung der in § 45a Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes festgelegten Finanzhilfe entschieden hat, genügte die Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens. Insbesondere beanstandete das BVerfG, dass die Kompetenzen des Vermittlungsausschusses überschritten worden seien.

Durch die Vorlage erhält das BVerfG erstmals die Gelegenheit, zur formellen Verfassungsmäßigkeit einer durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten steuerrechtlichen Vorschrift Stellung zu nehmen. Dabei kann es die Nichtigkeit der Norm feststellen oder eine zeitlich begrenzte Fortgeltung bis zu einer gesetzlichen Neuregelung anordnen, wie es dies beim Personenbeförderungsgesetz getan hat. Inzwischen hat der Gesetzgeber zum 1. April 2010 das Biersteuergesetz 1993 neu gefasst und dabei die durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 angehobenen Biersteuersätze unverändert gelassen.

Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers verfassungswidrig

Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 6. Juli 2010 – 2 BvL 13/09
 

Erläuterungen:

Mit dem Jahressteuergesetz 1996 wurde in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG 
die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ausschließlich 
betrieblich oder beruflich genutzte häusliche Arbeitszimmer als 
Betriebsausgaben oder Werbungskosten erstmals eingeschränkt. Eine 
Ausnahme vom grundsätzlich geregelten Verbot des Abzugs solcher 
Aufwendungen galt danach dann, wenn die betriebliche oder berufliche 
Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und 
beruflichen Tätigkeiten betrug oder wenn für die betriebliche oder 
berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Eine 
unbeschränkte Abzugsmöglichkeit war darüber hinaus nur noch zugelassen, 
wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und 
beruflichen Tätigkeit bildete. Das Bundesverfassungsgericht hat in 
seinem Urteil vom 7. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 297) die 
Verfassungsmäßigkeit dieser Einschränkung bejaht. 
 
Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 wurde die Abzugsmöglichkeit weiter 
eingeschränkt. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG erlaubt den Abzug der 
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der 
Ausstattung nur noch, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der 
gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Kläger des 
Ausgangsverfahrens, der beruflich als Hauptschullehrer tätig ist, nutzte 
täglich für zwei Stunden ein ausschließlich beruflich genutztes 
häusliches Arbeitszimmer. Die von ihm beantragte Zuweisung eines 
Arbeitsplatzes in der Schule zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts 
war vom Schulträger abgelehnt worden. Das Finanzamt ließ die vom Kläger 
in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 geltend gemachten 
Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unberücksichtigt. Die 
deswegen vor dem Finanzgericht erhobene Klage führte zur Vorlage des 
Finanzgerichts. 
 
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit einer Mehrheit 
von 5:3 Stimmen entschieden, dass die Neuregelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 
Nr. 6b EStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit die 
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann von der 
steuerlichen Berücksichtigung ausgeschlossen sind, wenn für die 
betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur 
Verfügung steht. Der Gesetzgeber ist danach verpflichtet, rückwirkend 
auf den 1. Januar 2007 durch Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b 
EStG den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Gerichte und 
Verwaltungsbehörden dürfen die Vorschrift im Umfang der festgestellten 
Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht mehr anwenden, laufende 
Verfahren sind auszusetzen. 
 
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: 
 
Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt vom Einkommensteuergesetzgeber 
eine an der finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichtete hinreichend 
folgerichtige Ausgestaltung seiner Belastungsentscheidungen. Die für die 
Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle 
Leistungsfähigkeit bemisst sich unter anderem nach dem objektiven 
Nettoprinzip. Danach sind betrieblich oder beruflich veranlasste 
Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der 
Bemessungsgrundlage abziehbar. Benachteiligende Ausnahmen von dieser 
Belastungsgrundentscheidung des Einkommensteuergesetzgebers bedürfen 
eines besonderen sachlichen Grundes, um den Anforderungen des 
allgemeinen Gleichheitssatzes zu genügen. 
 
Daran fehlt es hier. Die im Gesetzgebungsverfahren angeführten 
fiskalischen Gründe sind nicht geeignet, die Neuregelung vor dem 
allgemeinen Gleichheitssatz zu rechtfertigen. Das Ziel der 
Einnahmenvermehrung stellt für sich genommen keinen hinreichenden 
sachlichen Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Ausgestaltung 
einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen dar. Denn dem Ziel 
der Einnahmenvermehrung dient jede, auch eine willkürliche steuerliche 
Mehrbelastung. 
 
Darüber hinaus verfehlt die Neuregelung das Gebot einer hinreichend 
realitätsgerechten Typisierung, soweit Aufwendungen für das häusliche 
Arbeitszimmer auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn für die 
betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur 
Verfügung steht. Denn der Mangel eines alternativen Arbeitsplatzes, der 
sich durch die Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers ohne 
weiteres nachweisen lässt, liefert eine leicht nachprüfbare 
Tatsachenbasis für die Feststellung der tatsächlich betrieblichen oder 
beruflichen Nutzung und damit die Möglichkeit einer typisierenden 
Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre. Dagegen ist die Ermittlung und 
Bestimmung der nach der Neuregelung vom Abzugsverbot ausgenommenen 
Kosten eines Arbeitszimmers, das den „qualitativen“ „Mittelpunkt“ der 
gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet, offenkundig 
aufwendig und streitanfällig. Gemessen an den Zielen des Gesetzes - 
Vereinfachung, Streitvermeidung und Gleichmäßigkeit der Besteuerung - 
wird das Abzugsverbot, soweit es die Fallgruppe „kein anderes 
Arbeitszimmer“ betrifft, den Anforderungen einer realitätsgerechten 
Typisierung daher nicht gerecht. 
 
In Erweiterung der verfassungsrechtlichen Prüfung hat das 
Bundesverfassungsgericht jedoch entschieden, dass die Ausdehnung des 
Abzugsverbotes nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, 
soweit davon nunmehr auch Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer 
erfasst sind, das zu mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder 
beruflichen Tätigkeit ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt 
wird. Der Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers ist allenfalls ein 
schwaches Indiz für dessen Notwendigkeit, wenn dem Steuerpflichtigen von 
seinem Arbeitgeber ein weiterer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt 
wird. Es fehlt zudem an leicht nachprüfbaren objektiven Anhaltspunkten 
für die Kontrolle der Angaben des Steuerpflichtigen zum Umfang der 
zeitlichen Nutzung des Arbeitszimmers. 
 

 

 

Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines diesem zugrunde liegenden Gesetzes (hier: ErbStG)

Ein mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer dem angefochtenen Steuerbescheid zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift begründeter Antrag auf AdV ist abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles dem Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt, ohne dass es einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bedarf.

BFH Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zu entscheiden, ob die Vollziehung eines Steuerbescheids, durch den das Finanzamt Schenkungsteuer für die nach Inkrafttreten der Änderungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 ausgeführte Schenkung eines Geldbetrags festgesetzt hat, wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelung auszusetzen ist.

Der BFH lehnte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) ebenso wie bereits in erster Instanz das Finanzgericht München ab.

Zur Begründung führte der BFH aus, eine auf ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer dem angefochtenen Steuerbescheid zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift gestützte AdV setze jedenfalls unter den besonderen Umständen des Streitfalls ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes voraus. Bei der Prüfung, ob ein solches Aussetzungsinteresse bestehe, sei dieses mit den gegen die Gewährung von AdV sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Im Streitfall komme dem öffentlichen Interesse am Vollzug des ErbStG der Vorrang zu, weil die vom Steuerpflichtigen angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung des ganzen Gesetzes führen würden und die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen seien. Da sich die festgesetzte Steuer auf lediglich knapp 20 % des dem Steuerpflichtigen zugewendeten Geldbetrags belaufe, sei ihm die (vorläufige) Entrichtung der Steuer ohne weiteres zumutbar. Auf die Frage, ob das ErbStG in der gegenwärtig geltenden Fassung verfassungsgemäß ist, brauchte der BFH danach nicht einzugehen.

Hamburgisches Zweitwohnungsteuergesetz: Verfassungswidrige Benachteilung der Kleinfamilie von Mutter und Kind

Der Senator für Finanzen der Freien und Hansestadt Hamburg wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG dadurch gegen Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass er eine aus einem alleinerziehenden Elternteil und seinem noch in der Schulausbildung befindlichen Kind bestehende Familie nicht erfasst.

BFH Beschluss vom 16. Dezember 2009 II R 67/08

Erläuterungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Beschluss vom 16. Dezember 2009 II R 67/08 den Senator für Finanzen der Freien und Hansestadt Hamburg aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Damit wird ihm die Gelegenheit gegeben, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das Hamburgische Zweitwohnungsteuergesetz (HmbZWStG) dadurch gegen gegen das Grundgesetz (GG) verstößt, dass die Zweitwohnung eines Alleinerziehenden von der Steuer erfasst wird, während Zweitwohnungen von verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft lebenden Eltern von der Zweitwohnungsteuer ausgenommen sind.

Nach § 1 HmbZWStG unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung in Hamburg der Zweitwohnungsteuer, wobei nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbZWStG als Zweitwohnung eine Wohnung aufzufassen ist, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung im Sinne des Hamburgischen Meldegesetzes dient. Nach § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gelten die Abs. 1 und 2 der Vorschrift nicht für Wohnungen, die eine verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Person, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehe- oder Lebenspartner lebt, aus überwiegend beruflichen Gründen innehat, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb Hamburgs belegen ist.

Im konkreten Fall ging es um eine alleinerziehende Mutter und ihre noch in der Schulausbildung befindliche Tochter, deren gemeinsame Hauptwohnung außerhalb Hamburgs lag. Die Mutter unterhielt aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung in Hamburg. Als nicht verheiratete Person konnte sie die Vergünstigung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG nicht in Anspruch nehmen.

Der BFH stellt klar, dass Art. 6 Abs. 1 GG auch die aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehende Gemeinschaft schützt. Dieser Schutz betrifft die Familie vorrangig als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, zu der nach der vorläufigen Sicht des BFH auch die schulische Ausbildung gehört. Deshalb stellt sich aus Sicht des Gerichts die Frage, ob eine Regelung, nach der vergleichbare verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Personen begünstigt werden, während eine aus einer Mutter und einem noch in der Schulausbildung befindlichen Kind bestehende Familie ausgeschlossen wird, mit der Verfassung vereinbar ist.

FG Münster hält Solidaritätszuschlag für verfassungsgemäß

Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hält den Solidaritätszuschlag für das Jahr 2007 für verfassungsgemäß (Urteil vom 8. Dezember 2009, 1 K 4077/08 E).

Der Senat teilt damit nicht die Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts, das dem Bundesverfassungsgericht jüngst die Frage der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlages für das Jahr 2007 vorgelegt hat.

Es sei höchstrichterlich geklärt, dass eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG nicht nur befristet erhoben werden dürfe; die Erhebung des Solidaritätszuschlags sei unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.

Zudem könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bedarf für die Erhebung des Solidaritätszuschlages im Jahr 2007 gedeckt gewesen sei. Die im sog. Solidarpakt II vorgesehene Absenkung der Ergänzungszuweisungen an die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestätige, dass die Kosten der deutschen Einheit, die tragendes Motiv des Gesetzgebers zur Einführung des Solidaritätszuschlages gewesen seien, als begrenzt eingeschätzt würden. Ihre Deckung könne, auch wenn der Zeitraum als langfristig zu bezeichnen sei, durch die Erhebung der Ergänzungsabgabe erfolgen.