Zum Informationsaustausch zwischen Finanzamt und Staatsanwaltschaft bei Verdacht auf Schmiergeldzahlungen

Begründen Tatsachen den Verdacht einer Tat, die den Straftatbestand einer rechtswidrigen Zuwendung von Vorteilen i.S. des § 299 Abs. 2 StGB erfüllt, so ist die Finanzbehörde ohne eigene Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung in Betracht kommt, verpflichtet, die erlangten Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.
Das Recht auf “informationelle Selbstbestimmung” und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebieten es nicht, da das FA vor der Übermittlung der den Tatverdacht begründenden Tatsachen prüft, ob hinsichtlich der festgestellten Zuwendungen Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist oder Verwertungs- bzw. Verwendungsverbote vorliegen.
Ein Verdacht i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG, der die Information der Strafverfolgungsbehörden gebietet, besteht, wenn ein Anfangsverdacht im Sinne des Strafrechts gegeben ist. Es müssen also zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Tat nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 1 EStG vorliegen.

BFH Beschluss vom 14. Juli 2008 VII B 92/08

Erläuterung:
In Zeiten der Ausspionierung durch Videoüberwachung, der Abhöraffären und des Handels mit Bankdaten ist der Anspruch auf Schutz der Persönlichkeitsrechte, insbesondere des Rechts auf “informationelle Selbstbestimmung“, wieder deutlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten. In diesem Zusammenhang spielen Informationsrechte und -pflichten der Finanzverwaltung eine zentrale Rolle, steht doch das Steuergeheimnis als Garant der Verschwiegenheit der kenntnisreichen Finanzbehörden auf dem Spiel.
Wenig bekannt sind allerdings die mannigfachen Durchbrechungen des Steuergeheimnisses, die im Rahmen der Verfolgung von Steuerstraftaten oder anderen gravierenden Delikten unabdingbar oder in sonstigen Fällen vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen sind.
Zu dieser letzten Gruppe gehört die Verpflichtung der Finanzbehörden, den Strafverfolgungsbehörden Tatsachen mitzuteilen, die den Verdacht rechtswidriger Schmiergeldzahlungen begründen. Im Rahmen umfangreicher Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in den 90er Jahren hatte der Gesetzgeber den bis dahin möglichen Abzug solcher Zahlungen als Betriebsausgaben abgeschafft und die wechselseitige Informationspflicht der Finanzverwaltung und der Strafverfolgungsbehörden in die Regelung aufgenommen (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 Einkommensteuergesetz).
Diese Mitteilungspflicht war Gegenstand eines Antrags auf einstweilige Anordnung, mit dem ein Unternehmen dem Finanzamt (FA) untersagen lassen wollte, die Staatsanwaltschaft über Zahlungen zu informieren, die es in der Vergangenheit in Höhe von 10 v.H. des Wertes der bestellten Waren an den Einkäufer eines maßgeblichen Kunden geleistet hatte. Zwar wurde nicht in Abrede gestellt, dass die Zahlungen geflossen waren, um weiterhin die bevorzugte Berücksichtigung als Lieferant des Kunden sicherzustellen. Die Antragstellerin war aber Meinung, dass die Mitteilung unterbleiben müsse, weil die in der Betriebsprüfung gewonnenen Erkenntnisse mangels entsprechender Belehrung nicht strafrechtlich verwertet werden dürften und außerdem inzwischen Strafverfolgungsverjährung eingetreten sei.

Das Finanzgericht und auf die Beschwerde hin der Bundesfinanzhof (BFH) wiesen den Antrag zurück. Der BFH betont in seinem Beschluss vom 14. Juli 2008 VII B 92/07, dass der Wortlaut der einschlägigen Bestimmung das FA verpflichte, Tatsachen, die den Verdacht einer Korruptionstat begründeten, der Staatsanwaltschaft mitzuteilen. Einen Spielraum, der eine selbständige Prüfung erlaube, ob eine strafrechtliche Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft überhaupt in Betracht komme oder von vornherein ausgeschlossen sei, räume die Vorschrift der Finanzbehörde nicht ein. Die Prüfung, ob eine Strafverfolgung einzuleiten sei, obliege allein den Strafverfolgungsbehörden. Die Herrschaft der Staatsanwaltschaft über das Ermittlungsverfahren müsse auch im Verhältnis zur Finanzbehörde gelten. Selbst in einem offensichtlich strafverfolgungsverjährten Fall stelle die Offenbarung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Steuerpflichtigen dar, denn in einem solchen Fall habe dieser keine Ermittlungen der an Recht und Gesetz gebundenen Staatsanwaltschaft zu befürchten.

Sonderbetriebsvermögen – keine quotale Begrenzung

Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers ist nicht von dessen Beteiligungsquote an der Personengesellschaft begrenzt.

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 11.7.2008, IV B 121/07

Erläuterung:
Auszugehen ist hierbei davon, dass einem Mitunternehmer nicht fremde –nämlich von der Gesellschaft erzielte– Einkünfte zugerechnet werden; vielmehr erzielt er –gleich einem Einzelunternehmer– originär eigene betriebliche Einkünfte (Anteile an Gewinn und Verlust) und unterscheidet sich von einem Einzelunternehmer nur dadurch, dass er seine Tätigkeit nicht alleine, sondern zusammen mit den anderen (Mit-)Unternehmern in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit ausübt.

Die Erläuterungen des Großen Senats des BFH verdeutlichen zugleich, dass eine auf den Umfang der Beteiligung des Grundstückseigentümers an der das Grundstück nutzenden (gewerblichen) Personengesellschaft quotal beschränkte Qualifikation des Grundstücks als Sonderbetriebsvermögen nicht in Betracht kommen kann.

Abgrenzung Zuschuss oder Entgelt für Leistungsaustausch

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 22.7.2008, V B 34/07
Begründung:
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften –EuGH– setzt die Annahme einer Leistung gegen Entgelt –und damit eines steuerbaren Umsatzes i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG– das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und einer empfangenen Gegenleistung voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.
Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer können nicht steuerbarer Zuschuss oder Entgelt für eine Leistung sein. In Fällen, in denen eine Person des privaten Rechts die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts übernimmt und im

Zusammenhang damit Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung (“Zuschuss”) verknüpft ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor.
Dagegen sind Zahlungen, durch die lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein-politischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll, kein Entgelt für eine steuerbare Leistung.

Umsätze eines ambulanten Pflegedienstes durch Gestellung von Haushaltshilfen steuerfrei

Umsätze, die eine Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen durch Gestellung von Haushaltshilfen i.S. des § 38 SGB V erzielt, sind, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG erfüllt sind, steuerfrei.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 30.7.2008, XI R 61/07

Begründung:
Mit Urteil vom 22. April 2004 V R 1/98 (BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849) hatte der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass ein ambulanter Pflegedienst, der Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung gegenüber pflegebedürftigen Personen erbringt, mit seinen Einnahmen von der Umsatzsteuer befreit ist, wenn er als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist. Daran schließt nun das Urteil an und erweitert die Steuerbefreiung auf die Umsätze, die ein solcher Pflegedienst als sog. Haushaltshilfe im Sinne des § 38 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) durch die Versorgung und Betreuung von Kindern erzielt, weil der den Haushalt führende Elternteil hierzu krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.
Damit ist der BFH nicht der Auffassung des Finanzamts gefolgt, wonach nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit seien, die der ambulante Pflegedienst unmittelbar gegenüber dem erkrankten Elternteil erbringt. Er hat das damit begründet, dass die Versorgung und die Betreuung kleiner oder selbst hilfsbedürftiger Kinder eng mit der Pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung des erkrankten und pflegebedürftigen Elternteils verbunden ist und nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Rs. Kinderopvang Enschede die Einnahmen aus der Kinderbetreuung nach Gemeinschaftsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Eltern dazu nicht in der Lage sind (Urteil vom 9. Februar 2006 Rs. C-415/04 Slg. 2006. I-1385).

Beginn der Versendung

Eine Lieferung gilt auch dann bei Beginn der Versendung in einem anderen Mitgliedstaat als dort ausgeführt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG), wenn die Person des inländischen Abnehmers dem mit der Versendung Beauftragten im Zeitpunkt der Übergabe der Ware nicht bekannt ist, aber mit hinreichender Sicherheit leicht und einwandfrei aus den unstreitigen Umständen, insbesondere aus Unterlagen abgeleitet werden kann (Änderung der Rechtsprechung).

Dem steht nicht entgegen, dass die Ware von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Erwerber herausgegeben wird.

BFH Urteil vom 30. Juli 2008 XI R 67/07

Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist in Großbritannien ansässig. Sie lieferte im Streitjahr 1998 Waren an den in Deutschland ansässigen Abnehmer HS, indem sie diese aus Großbritannien durch Einschaltung eines Spediteurs in das Inland transportierte.

Aufgrund einer Bestellung des HS vom 6. April 1998 beauftragte die Klägerin die Spedition M, die Ware in das Inland nach X zu befördern. Der Speditionsauftrag erfolgte unter der Referenz “Ship to hold Our Ref 980422 HS”. Empfänger der Sendung war die D-GmbH, eine Schwestergesellschaft der Klägerin. Mit Schreiben vom 8. April 1998 beauftragte die Klägerin die D-GmbH, die Ware erst nach einer gesondert zu erteilenden Freigabe an HS zu übergeben. Nach Bezahlung der Ware durch HS erteilte die Klägerin die Freigabe gegenüber der D-GmbH, die die Ware im Anschluss hieran an HS übergab.

Begründung:
Nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG gilt die Lieferung im Fall der Beförderung oder Versendung des gelieferten Gegenstands durch den Lieferer, den Abnehmer oder durch einen von diesen beauftragten Dritten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung “an den Abnehmer” oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Daraus folgt, dass der Abnehmer bei Beginn der Versendung oder Beförderung feststehen muss. Die Versendung beginnt gemäß § 3 Abs. 6 Satz 4 UStG mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten. Danach muss im Falle der Versendung der Abnehmer bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Liefergegenstands feststehen.

Dient die “shipment on hold”-Klausel darüber hinaus dazu, die Kaufpreiszahlung zu sichern, führt dies im Übrigen nur dazu, dass der Lieferung der Charakter einer Nachnahmelieferung zukommt. Auch bei einer Versendungslieferung per Nachnahme, bei der die Übergabe an den Abnehmer davon abhängt, dass dieser den Kaufpreis entrichtet, gilt die Lieferung bereits an dem Ort als ausgeführt, an dem die Ware an den Beauftragten übergeben wird, ohne dass der Vorbehalt der Kaufpreiszahlung dem entgegensteht.

Denn bereits bei der Übergabe an die Spedition und damit bei Beginn der Versendung stand fest, dass HS Abnehmer der Lieferungen ist. Dies ergibt sich aus den unstreitigen Gesamtumständen, insbesondere aus der Übergabe der von HS zuvor bestellten Ware an die Spedition sowie aus der in zeitlichem Zusammenhang mit dieser Übergabe erfolgten Weisung an die D-GmbH, die zu ihr transportierte Ware nach einer gesondert zu erteilenden Freigabe an HS herauszugeben. Unerheblich ist demgegenüber, ob der Spedition M bereits bei Beginn der Beförderung in Großbritannien bekannt war, dass die Ware über die ihr als Empfänger benannte D-GmbH letztlich an HS zu übergeben war.

Regelmäßige Arbeitsstätte bei einem Kunden

Die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers ist keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. bzw. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG. Die Vorschriften kommen demnach auch dann nicht zur Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Kunden des Arbeitgebers längerfristig eingesetzt ist.

BFH Urteil vom 10. Juli 2008 VI R 21/07
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 13. September 2006 3 K 1343/05

Begründung:
Regelmäßige Arbeitsstätte ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb.

Die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers ist keine regelmäßige Arbeitsstätte. Die Vorschriften kommen demnach auch dann nicht zur Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Kunden des Arbeitgebers längerfristig eingesetzt ist
Kunden

Aufwendungen für eine Direktversicherung als Betriebsausgabe bei Ehegatten

Wird in einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten (ggf. auch zwischen einer Personengesellschaft und dem Ehegatten eines Gesellschafters) ein Teil des bis dahin bestehenden angemessenen Lohnanspruchs in einen Direktversicherungsschutz umgewandelt ohne Veränderung des Arbeitsverhältnisses im Übrigen (sog. echte Barlohnumwandlung), sind die Versicherungsbeiträge betrieblich veranlasst und regelmäßig ohne Prüfung einer sog. Überversorgung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.6.2008, VIII R 68/06

Erläuterung:
Aufwendungen für die Direktversicherung eines Arbeitnehmers stellen Betriebsausgaben dar, wenn sie betrieblich veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG).

Handelt es sich bei der aus dem Versicherungsvertrag bezugsberechtigten Person um den Ehegatten des Arbeitgebers, ist Abzugsvoraussetzung zum einen, dass das Arbeitsverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen ist, und zum anderen –in negativer Abgrenzung–, dass die Aufwendungen für die Alterssicherung nicht auf privaten Erwägungen beruhen. Ob dies der Fall ist, ergibt eine Gesamtwürdigung der betrieblichen Verhältnisse des zuwendenden Arbeitgebers. Danach begründen Zukunftssicherungsleistungen im Rahmen eines berücksichtigungsfähigen Arbeitsverhältnisses Betriebsausgaben, wenn die zugrunde liegende Verpflichtung ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist; ferner fordert die Rechtsprechung, dass ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Steuerpflichtige eine solche Versorgung bei vergleichbaren Tätigkeits- und Leistungsmerkmalen auch einem familienfremden Arbeitnehmer gewährt haben würde.
Dieselben Rechtsgrundsätze gelten auch bei Arbeitsverhältnissen zwischen einer Personengesellschaft und dem Ehegatten eines Gesellschafters, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft beherrscht.

Handys als unentgeltliche Zuwendung

Die kostenlose Abgabe von Handys durch den Vermittler von Handyverträgen ist als unentgeltliche Zuwendung gem. § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 3 UStG umsatzsteuerpflichtig.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Außensenate Karlsruhe, Urteil vom 17. Juni 2008 1 K 21/05 – vorläufig nicht rechtskräftig (Az. des BFH: XI 5 13/08 ).EFG 2008 S. 1498 ff

Begründung:
Die Klin. hat die Mobilfunkgeräte jedenfalls unentgeltlich i. S. des § 3 Abs. 1lb Satz 1 Nr. 3 UStG an Kunden zugewendet. Der Abschluss des Mobilfunkvertrags auf Vermittlung der Klin. ist keine Gegenleistung des Kunden an die Klin. Die späteren Zahlungen des Kunden an den Mobilfunkanbieter sind Zahlungen an diesen für dessen Dienstleistungen. Der Kunde zahlt nichts für das überlassene Mobilfunkgerät. Die Min. erhält keinerlei Zahlung vorn Kunden. Entscheidend ist nach der Rspr. des EuGH dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem Rechtsverhältnis, d. h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält, denn die Entrichtung der Gegenleistung für Lieferungen oder sonstige Leistungen kann auch durch einen anderen als den Leistungsempfänger (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG), also durch einen Dritten – hier den Mobilfunkanbieter – erfolgen. Die Provisionszahlungen, die die Klin. vom Mobilfunkanbieter bekommen hat, sind jedoch nicht in vertraglicher Abhängigkeit mit der Ausgabe des Geräts an den Kunden verbunden worden. Es mag sein, dass der Kunde bei einer unentgeltlichen Abgabe des Geräts bereit ist, sich längerfristig an den Mobilfunkanbieter zu binden, was eine höhere Provision für die Klin. auslöst. Daraus kann man jedoch keine Gegenleistung des Kunden oder des Mobilfunkunternehmens für die Abgabe des Geräts ableiten.

Kein ermäßigter Umsatzsteuertarif auf Leistungen eines Car-Sharing-Vereins

Die entgeltliche Überlassung von Kfz durch einen “Carsharing”-Verein an seine Mitglieder unterliegt dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 und nicht dem ermäßigten Steuersatz nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG .

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.6.2008, V R 33/05

Begründung:
Mit Urteil vom 12. Juni 2008 V R 33/05 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die entgeltliche Überlassung von Kraftfahrzeugen durch einen “Carsharing”-Verein an seine Mitglieder dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) und nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegt.
Der BFH ging in seiner Entscheidung davon aus, dass die Tätigkeit eines Carsharing-Vereins im Rahmen des Umweltschutzes grundsätzlich gemeinnützig sein kann. Er betonte aber zugleich, dass sich aus der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nicht zwingend die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf entgeltliche Leistungen des Vereins ergibt. Auch wenn bei der Erbringung entgeltlicher Leistungen gemeinnützige Zwecke verfolgt werden, sei vielmehr der Regelsteuersatz anzuwenden, wenn Leistungen im Rahmen eines sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Anders sei es nur, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb als Zweckbetrieb anzusehen sei.
Dies setze aber insbesondere voraus, dass der steuerbegünstigte Zweck nur durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erreicht werden könne. Im Hinblick auf dieses Erfordernis verneinte der BFH die Anwendung des ermäßigten Umatzsteuersatzes, da der steuerbegünstigte Zweck des Umweltschutzes auch durch andere Mittel als Carsharing erreicht werden könne.

Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen eines Rechenzentrums gegenüber Kreditinstituten

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.6.2008, V R 32/06
Begründung:
Mit Urteil vom 12. Juni 2008 V R 32/06 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) zu der für die Bankenpraxis bedeutsamen Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen Dienstleister beim sog. “Outsourcing” gegenüber Banken umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen können.
Im Streitfall ging es um die Leistungen eines Rechenzentrums, das für Banken Datenverarbeitungsleistungen erbrachte, die von den Banken insbesondere für Zwecke des steuerfreien Überweisungsverkehrs genutzt wurden.
Dabei verarbeitete das Rechenzentrum Datensätze und nahm Prüfungen vor, die sich auf die Kontodaten des Überweisenden wie z.B. Kontostand oder Kreditlinie, die Kontonummer und den Name des Begünstigten, die Bankleitzahl der Empfängerbank und das Bestehen besonderer Überweisungssperren bezogen. Stand der Überweisung kein Hinderungsgrund entgegen, veranlasste das Rechenzentrum die Abbuchung vom Konto des Überweisenden und die Weiterleitung an die Bank des Begünstigten.

In seinem Urteil betont der BFH die Bedeutung der vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entwickelten Grundsätze zur Erbringung steuerfreier Leistungen im Banken- und Finanzbereich. Danach könnten steuerfreie Bank- und Finanzdienstleistungen nicht nur durch Banken und Finanzinstitute, sondern auch durch Dienstleister wie z.B. Rechenzentren gegenüber Banken oder Finanzinstituten erbracht werden. Erforderlich sei hierfür, dass die jeweilige Leistung als eigenständiges Ganzes die spezifischen und wesentlichen Funktionen der steuerfreien Bank- oder Finanzdienstleistung erfülle. Das Betreiben eines automatisierten Überweisungssystems könne danach Gegenstand einer steuerfreien Leistung sein.
Gleichwohl hielt der BFH die Leistungen des Rechenzentrums in dem von ihm zu entscheidenden Streitfall für steuerpflichtig, da das Rechenzentrum gegenüber den Banken auch steuerpflichtige Leistungen allgemeiner Art erbracht hatte und der steuerfreie Leistungsbereich nicht hinreichend klar von den unstrittig steuerpflichtigen Leistungen abgegrenzt werden konnte.