Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung

Hat der Kläger zur Erledigung des gesamten Rechtsstreits einer tatsächlichen Verständigung mit der Maßgabe zugestimmt, dass Änderungsbescheide nur für zwei Streitjahre ergehen sollen, so kann ein Änderungsantrag für Streitjahre, für die nach der tatsächlichen Verständigung eine Änderung ausgeschlossen war, keinen Erfolg haben.

Es kommt insofern nicht darauf an, ob der Kläger den Antrag auf Änderung noch rechtzeitig vor Eintritt der Bestandskraft gestellt hat, weil seine Erledigungserklärung für alle Streitjahre erst wirksam werden sollte, wenn die Steuerbescheide gemäß der tatsächlichen Verständigung geändert waren.

BFH Beschluss vom 06.02.2015 – IX B 97/14 BFHNV 2015 S. 821

Sachverhalt:

Die Beteiligten hatten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 2010 den Rechtsstreit (15 K 2266/09 wegen Einkommensteuer 2003 bis 2007) übereinstimmend für erledigt erklärt. Diese Erklärungen hätten die Rechtshängigkeit insgesamt sofort beendet, obwohl der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) sich in demselben Termin verpflichtet hatte, die Einkommensteuerbescheide für 2003 und 2004 zu ändern. Zwar habe der Kläger noch vor Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2003 und 2004 erneut die Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2007 beantragt. Diese seien jedoch bereits bestandskräftig gewesen. Dem hält der Kläger entgegen, die Erledigungserklärungen hätten unter der aufschiebenden Bedingung der Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2003 und 2004 gestanden, so dass sein Antrag auf Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2007 noch hätte berücksichtigt werden müssen.

Begründung:

Der Kläger übersieht, dass er im Termin am 29. Oktober 2010 einer tatsächlichen Verständigung zugestimmt hat, die der Erledigung des gesamten Rechtsstreits dienen sollte. Das ergibt die Auslegung der im Sitzungsprotokoll dokumentierten tatsächlichen Verständigung. Die Einigung schließt dabei nicht nur die Streitjahre 2003 und 2004 ein, für die das FA eine Änderung der Einkommensteuerbescheide zugesagt hatte, sondern auch die Streitjahre 2005 bis 2007 mit der Maßgabe, dass eine Änderung der Steuerfestsetzung wegen der ursprünglich geltend gemachten Aufwendungen in diesen Jahren ausgeschlossen ist. An diese tatsächliche Verständigung ist der Kläger nach Treu und Glauben gebunden. Als Prozesserklärung kann er sie auch nicht frei widerrufen. Mit seinem Antrag auf Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2007 wollte der Kläger diese Bindung unterlaufen. Daran ist er jedoch festzuhalten.

Auf die Frage, ob das FA seinen Änderungsantrag zu Recht schon aus formalen Gründen abgelehnt hat, kommt es danach nicht an, denn der Antrag kann in der Sache keinen Erfolg haben. Die Frage, ob die in den Jahren 2005 bis 2007 nicht berücksichtigten Fahrtkosten den Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung oder den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen waren, kann nicht mehr geklärt werden, denn sie ist Gegenstand der tatsächlichen Verständigung, an die der Kläger gebunden ist.

 

Keine Pflicht zur Aktivierung eines Instandhaltungsanspruchs

Übernimmt der Pächter vertraglich die nach der gesetzlichen Regelung dem Verpächter obliegende Instandhaltungspflicht der verpachteten Sache, ist der Instandhaltungsanspruch des Verpächters auch dann nicht zu aktivieren, wenn sich der Pächter mit der Instandhaltung im Rückstand befindet.

Dies gilt auch, wenn im Fall einer Betriebsaufspaltung die Betriebsgesellschaft eine Rückstellung für die Instandhaltungsverpflichtung gebildet hat, denn es besteht bei einer Betriebsaufspaltung keine allgemeine Pflicht zur korrespondierenden Bilanzierung.

BFH Urteil vom 12.02.2015 – IV R 63/11 BFHNV 2015 S. 832

Sachverhalt:

Zwischen der Klägerin und der B-GmbH bestand eine Betriebsaufspaltung.Nach § 5 Abs. II Satz 2 des für die Streitjahre geltenden Pachtvertrags war die B-GmbH verpflichtet, die verpachteten Gegenstände auf ihre Kosten in Stand zu halten und in Stand zu setzen, und zwar einschließlich des Gebäudeäußeren und -inneren und insbesondere einschließlich der Instandhaltung und Instandsetzung von Dach und Fach der Gebäude. Nach § 7 Abs. VI des Pachtvertrags sollte die Einhaltung dieser Verpflichtung in Abständen von zwei bis fünf Jahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens überprüft werden. Die B-GmbH verpflichtete sich, die sich aus dem Gutachten ergebenden Schäden zu beseitigen. Für den Fall, dass sich bei Beendigung des Pachtvertrags ergeben sollte, dass die B-GmbH ihre Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten (im Folgenden: Instandhaltungspflichten) nicht oder nicht in dem gebotenen Umfang erfüllt hatte, war sie nach § 7 Abs. IV des Pachtvertrags zur Zahlung eines Betrags in Höhe des Instandhaltungs- und Instandsetzungsstaus verpflichtet.

Da die B-GmbH ihre Instandhaltungspflichten aus betrieblichen Gründen erst mit zeitlicher Verzögerung erfüllte, bildete sie in ihren Jahresabschlüssen Rückstellungen für noch durchzuführende Instandhaltungsmaßnahmen.

Im Anschluss an die Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Klägerin die sich aus § 5 Abs. II Satz 2 des Pachtvertrags ergebenden Instandhaltungsansprüche in Höhe der bei der B-GmbH gebildeten Rückstellungen zu aktivieren habe, und erhöhte die Gewinne der Streitjahre daher entsprechend.

Begründung:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht sind FA und FG zwar davon ausgegangen, dass die Prüfungsanordnung wirksam war und dem Erlass der angegriffenen Änderungsbescheide keine Feststellungsverjährung entgegenstand (dazu B.I.). Entgegen der Auffassung des FA und des FG war die Klägerin jedoch nicht zur Aktivierung eines Anspruchs auf Durchführung fälliger Instandhaltungsmaßnahmen verpflichtet.

Die Änderungsbescheide sind jedoch insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, als bei der Ermittlung der darin festgestellten Einkünfte von einer Aktivierungspflicht der Instandhaltungsansprüche ausgegangen wurde. Entgegen der Auffassung von FA und FG war die Klägerin zur Aktivierung eines Anspruchs auf Durchführung fälliger Instandhaltungsmaßnahmen jedoch nicht verpflichtet.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass sich die B-GmbH zu den jeweiligen Bilanzstichtagen der Streitjahre mit ihrer pachtvertraglich übernommenen Verpflichtung zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen im Rückstand befand. Streitig ist allein, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin einen entsprechenden Anspruch auf Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen aktivieren musste.

Nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) hat die Klägerin in ihren Bilanzen u.a. die ihr zuzurechnenden Wirtschaftsgüter mit den sich aus § 6 EStG ergebenden Werten

Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet der Begriff des zu aktivierenden „Wirtschaftsguts” in Anlehnung an den Begriff „Vermögensgegenstand” im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d.h. sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt, die also aus der Sicht eines potentiellen Betriebserwerbers einen eigenständigen Wert haben. Danach sind auch Forderungen zu aktivieren (vgl. § 266 Abs. 2 B.II. des Handelsgesetzbuchs –HGB–). Sie sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann dahinstehen, ob es sich bei den streitigen Instandhaltungsansprüchen der Klägerin um aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter (hier: Forderungen) handelt. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, wäre eine solche Forderung mit Null zu bewerten und daher nicht zu aktivieren.

Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Anschaffungskosten einer Forderung sind danach die Aufwendungen, die geleistet werden, um die Forderung zu erwerben.

Die Klägerin hat jedoch für den Erwerb der streitigen Instandhaltungsansprüche nichts aufgewendet. Die Instandhaltungspflicht der B-GmbH stellt sich insbesondere nicht als Teil des Pachtzinses dar, den die B-GmbH für die Gebrauchsüberlassung der Pachtsache durch die Klägerin schuldete.

Im Streitfall liegt ein Pachtvertrag i.S. des § 581 BGB vor. Nach § 581 Abs. 2, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat grundsätzlich der Verpächter dem Pächter die Pachtsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Pachtzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten (§ 581 Abs. 2 i.V.m. § 535 Abs. 2 BGB). Der Pachtzins wird danach nicht nur für die Gebrauchsüberlassung gezahlt, sondern auch dafür, dass der Verpächter die Pachtsache instand hält und die dafür erforderlichen Kosten trägt; er enthält also auch für die Deckung von Instandhaltungskosten bestimmte Anteile.

Die danach grundsätzlich dem Verpächter obliegende Instandhaltungspflicht kann allerdings –wie im Streitfall in § 5 Abs. II Satz 2 des Pachtvertrags zwischen der Klägerin und der B-GmbH erfolgt– vertraglich auf den Pächter übertragen werden. In diesem Fall wird der Pachtzins wirtschaftlich nur für die Gebrauchsüberlassung der Pachtsache, nicht aber auch für ihre Instandhaltung gezahlt. Zahlt der Pächter den Pachtzins nur für die Gebrauchsüberlassung und nicht auch für die Instandhaltung, die ihm nun selbst obliegt, sind umgekehrt dem Verpächter für den Erwerb des Instandhaltungsanspruchs keine Aufwendungen entstanden. Er erspart durch die Übertragung der Instandhaltungspflicht auf den Pächter vielmehr eigene Aufwendungen und erhält dafür in der Regel einen geringeren Pachtzins. Darin liegen aber keine Aufwendungen für den Erwerb des Instandhaltungsanspruchs. Selbst wenn es sich danach bei dem Instandhaltungsanspruch der Klägerin gegen die B-GmbH um ein Wirtschaftsgut handeln sollte, so wäre dieses jedenfalls mit Null anzusetzen und daher in der Bilanz der Klägerin nicht zu aktivieren.

Eine Aktivierungspflicht der streitigen Instandhaltungsansprüche ergibt sich für die Klägerin auch nicht daraus, dass zwischen ihr und der B-GmbH in den Streitjahren eine Betriebsaufspaltung bestand und die B-GmbH für ihre Verpflichtung zur Durchführung fälliger Instandhaltungsmaßnahmen eine Rückstellung gebildet hat. Denn es besteht im Fall einer Betriebsaufspaltung keine allgemeine Pflicht zur korrespondierenden Bilanzierung. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die hinter dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen stehende Person oder Personengruppe sich mit einem „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen” in beiden Unternehmen durchsetzt und ihren Willen dabei in beiden Unternehmen folgerichtig und frei von Widersprüchen verwirklichen muss, was Auswirkungen auf die Bilanzierung in den beiden Unternehmen haben kann. Im Rahmen der Bilanzierung sind allerdings die zwingenden handels- und steuerrechtlichen Bilanzierungsvorschriften zu beachten. Diese ermöglichen, wie dargelegt, mangels Anschaffungskosten der Klägerin als der Besitzgesellschaft keine Aktivierung des streitigen Instandhaltungsanspruchs. Deshalb ist kein Widerspruch darin zu sehen, dass die B-GmbH als Betriebsgesellschaft für die (der Höhe nach) noch ungewisse Instandhaltungsverpflichtung eine Rückstellung passiviert, in der Bilanz der Klägerin als der Besitzgesellschaft aber mangels Anschaffungskosten kein Instandhaltungsanspruch aktiviert wird.

Gewerblicher Grundstückshandel bei Übertragung von Eigentumswohnungen vor vollzogener Teilung

Überträgt ein Steuerpflichtiger fünf,wenn auch sachenrechtlich noch nicht getrennte – Eigentumswohnungen an fünf unterschiedliche Erwerber, liegen fünf Veräußerungsvorgänge vor, so dass fünf Objekte im Sinne der sog. Drei-Objekt-Grenze gegeben sind.

BFH Beschluss vom 23.02.2015 – X B 71/14 BFHNV 2015 S. 834

Begründung:

Die Klägerin sieht eine Divergenz, in dem dieser entschieden hat, selbständiges Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze sei grundsätzlich jedes selbständig veräußerbare und nutzbare Immobilienobjekt (Grundstück, grundstücksgleiches Recht oder Recht nach dem Wohnungseigentumsgesetz –WEG–), und zwar unabhängig von seiner Größe, seinem Wert und anderen Umständen. Hierbei folge nach ständiger Rechtsprechung die selbständige Veräußerbarkeit grundsätzlich der sachenrechtlichen Qualifizierung. Der BFH stelle damit –so die Klägerin– auf die sachenrechtliche Teilung eines Objekts ab. Da bei der Teilung eines Mehrfamilienhauses nach dem WEG deren sachenrechtliche Wirksamkeit erst mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher eintrete, wie sich aus § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG ergebe, habe sie unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung lediglich ein Objekt veräußert. Demgegenüber gehe das FG ausdrücklich davon aus, dass jede der im Zeitraum von Dezember 1996 bis März 1997 verkauften Wohnungen ein Objekt im Sinne der sogenannten Drei-Objekt-Grenze sei, obwohl im Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge sachenrechtlich nur ein ungeteiltes Gesamtobjekt vorgelegen habe.

Die Klägerin übersieht bei ihrem Vorbringen, dass sich die beiden Sachverhalte in einem –wesentlichen– Punkt unterscheiden. Die Klägerin des zitierten Vorverfahrens veräußerte einem Käufer ein Grundstück kurz vor Fertigstellung der noch zu errichtenden Häuser, wobei sie sich verpflichtete, diese schlüsselfertig zu errichten und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem WEG zu beschaffen. In dieser Divergenzentscheidung musste der BFH damit die Frage beantworten, wie der Kaufgegenstand eines Vertrages im Hinblick auf die Rechtsprechungsgrundsätze zum gewerblichen Grundstückshandel zu beurteilen ist.

Auf den in diesem Urteil entscheidungserheblichen Rechtssatz, der im Übrigen vom BFH dadurch ergänzt wurde, dass die dem Grundsatz nach an das bürgerliche Recht anknüpfende Bestimmung des „Objekts” allerdings durch wirtschaftliche Gesichtspunkte unter Beachtung der Verkehrsanschauung geprägt wird, kommt es im Streitfall indes aus den folgenden Erwägungen nicht an.

Vorliegend veräußerte die Klägerin nach Einholung der Abgeschlossenheitsbescheinigung fünf –wenn auch sachenrechtlich noch nicht getrennte– Eigentumswohnungen an fünf unterschiedliche Erwerber. Damit sind fünf Veräußerungsvorgänge gegeben, die sich zwangsläufig auf fünf unterschiedliche Objekte beziehen müssen. Inwieweit bereits alle sachenrechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der veräußerten Eigentumswohnungen erfüllt wurden, ist für die Frage der Nachhaltigkeit der Veräußerungsaktivitäten der Klägerin unerheblich, da nicht auf das dingliche Rechtsgeschäft im Sinne des Veräußerungsbegriffs des § 16 des Einkommensteuergesetzes, sondern auf das obligatorische Geschäft abzustellen ist.

Damit sind im Streitfall aufgrund der in der Zeit von Dezember 1996 bis März 1997 abgeschlossenen notariellen Kaufverträge fünf Eigentumswohnungen und damit fünf Zählobjekte übertragen worden.

In einer weiteren Entscheidung stellt der BFH fest, die durch das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze indizierte innere Tatsache der bedingten Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs könne vornehmlich durch Gestaltungen des Steuerpflichtigen widerlegt werden, die in zeitlicher Nähe zum Erwerb (bzw. zur Bebauung oder Erschließung) stünden und eine Veräußerung innerhalb eines Zeitrahmens von etwa fünf Jahren erschweren oder unwirtschaftlicher machen würden. Dies könne z.B. eine langfristige Finanzierung oder eine langfristige Vermietung bzw. Verpachtung sein, wenn diese sich im Falle einer Veräußerung voraussichtlich ungünstig auswirkten oder zusätzliche finanzielle Belastungen auslösten.

Anders als die Klägerin meint, ist das FG zur Begründung seiner Entscheidung von der vorgenannten BFH-Rechtsprechung ausgegangen. Das Gericht hat nicht nur die BFH-Urteile genannt, sondern es hat die dargestellten Rechtssätze auf den zu entscheidenden Einzelfall angewendet, wenn auch mit einem von der Auffassung der Klägerin abweichenden Ergebnis.

Das FG hat im Streitfall indes entscheidend und zu Recht bei der Prüfung der Voraussetzungen der Drei-Objekt-Grenze auf den Abschluss der notariellen Kaufverträge im Dezember 1996 und März 1997 abgestellt, so dass die Frage des Zeitpunkts der sachenrechtlichen

Liebhaberei bei Rechtsanwaltstätigkeit

Die Beantwortung der Frage, ob eine alleinerziehende Mutter ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht ausübt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und kann nicht allgemein in einem Revisionsverfahren entschieden werden.

BFH Beschluss vom 03.02.2015 – III B 37/14 BFHNV 2015 S. 857 f.

Sachverhalt:

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erzielte in den Streitjahren (2008 bis 2010) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Darüber hinaus arbeitete sie selbständig als Rechtsanwältin. Aus dieser Tätigkeit machte sie für das Jahr 2000 sowie für die Jahre 2002 bis 2010 Verluste geltend, die sich jährlich auf Beträge zwischen 315,23 EUR und 8.313,17 EUR beliefen.

Die Klägerin gab für die Streitjahre zunächst keine Steuererklärungen ab. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) schätzte daher die Besteuerungsgrundlagen und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch und Klage. Im Verlauf des Klageverfahrens legte sie Steuererklärungen vor. Das FA erließ daraufhin geänderte Einkommensteuerbescheide. Dabei berücksichtigte es die erklärten Verluste aus der Rechtsanwaltstätigkeit nicht. Die Klage, die sich nunmehr gegen die Änderungsbescheide richtete, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verneinte eine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg und wird deshalb durch Beschluss zurückgewiesen. Die von der Klägerin vorgebrachten Zulassungsgründe wurden entweder nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise vorgebracht oder liegen nicht vor.

Die Klägerin hat im Streitfall keine abstrakte Rechtsfrage herausgestellt, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Ob die Verluste, die eine alleinerziehende (Pflege-)Mutter aus ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin erzielt, mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden können oder ob diese Verluste wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht steuerlich unbeachtlich sind, ist eine Frage des Einzelfalls und kann nicht allgemein in einem Revisionsverfahren entschieden werden. Das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht bei einer Tätigkeit als Rechtsanwalt war Gegenstand eines BFH-Urteils. Mit diesem Urteil hat sich die Klägerin in der Beschwerdebegründung nicht auseinandergesetzt. Aus ihm geht hervor, dass die Finanzgerichte als Tatsachengerichte die Umstände des Einzelfalls anhand der vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätze würdigen und darüber entscheiden müssen, ob eine Tätigkeit als Rechtsanwalt mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird oder nicht. Weshalb diese Grundsätze bei einer als Rechtsanwältin tätigen (Pflege-)Mutter nicht oder nur eingeschränkt gelten sollen, geht aus dem Vorbringen der Klägerin nicht hervor und ist auch –trotz des Hinweises auf Art. 6 GG und Art. 12 GG– nicht ersichtlich.

  1. b) Die Klägerin hat in der Beschwerdebegründung längere Passagen aus dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2014, 39 wiedergegeben. Eine Divergenz hat sie damit noch nicht dargelegt. Aus ihrem Vorbringen geht nicht hervor, dass die beiden FG-Entscheidungen einander widersprechende Rechtssätze enthalten. Der Hinweis darauf, dass in dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2012, 39 das Gesellschafter von Immobilien-Vorratsgesellschaften betrifft, eine Gewinnerzielungsabsicht bejaht worden sei, nicht aber im Streitfall, genügt nicht.

Schließlich hat die Beschwerde auch insoweit keinen Erfolg, als die Klägerin als Verfahrensmangel die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, weil das FG bei seiner Gewinnprognose nicht ihren Vortrag beachtet habe, wonach sie ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin mindestens bis zum 77. Lebensjahr ausüben wolle.

Das FG hat bei der Prüfung eines möglichen Totalgewinns aus der Rechtsanwaltstätigkeit der Klägerin das Jahr 2024 als das letzte Jahr einer solchen Tätigkeit angesehen. In diesem Jahr wird die Klägerin im Erlebensfall 71 Jahre alt sein. Das FG hat das Jahr 2024 als zeitliche Grenze herangezogen, weil die Klägerin im Schreiben an das FG vom 16. August 2013 angegeben hatte, dass sie „voraussichtlich bis mindestens” bis zum Jahr 2024 als Rechtsanwältin tätig sein wolle. Das FG hat somit eine berufliche Tätigkeit der Klägerin als Rechtsanwältin bis zu einem Lebensalter unterstellt, das weit oberhalb der üblichen Altersgrenze liegt.

Allein deshalb, weil die Klägerin in einem an das FA gerichteten Schreiben vom 31. Mai 2013 behauptet hatte, dass sie mindestens bis zum Jahr 2030 und somit bis zu ihrem 77. Lebensjahr tätig sein wolle, brauchte das FG seine Gewinnprognose nicht bis zu diesem Jahr auszudehnen und zu unterstellen, dass die Klägerin im fortgeschrittenen Alter als Anwältin wirtschaftlich erfolgreicher sein werde als in jüngeren Jahren.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht darin zu sehen, dass das FG den Angaben der Klägerin nicht gefolgt ist. Denn aus dem Verfahrensgrundsatz des rechtlichen Gehörs ergibt sich kein Anspruch darauf, dass das Gericht einen Verfahrensbeteiligten „erhört”, sich also seinen rechtlichen Ansichten oder seiner Sachverhaltswürdigung anschließt.

Verjährenlassen von Forderungen als verdeckte Gewinnausschüttung vGA

Der Verzicht auf Forderungen kann als Beitrag zur Sanierung eines Unternehmens ausschließlich betrieblich veranlasst sein und schließt dann die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung aus.

Auf die Beantwortung der als rechtsgrundsätzlich bedeutsam geltend gemachten Frage, ob auch das Verjährenlassen von Forderungen als konkludenter Forderungsverzicht und damit Sanierungsbeitrag gewertet werden kann, kommt es nicht an, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung bereits deswegen vorliegt, weil der behauptete Sanierungsbeitrag nicht Gegenstand einer klar und eindeutig im Voraus getroffenen Vereinbarung (Sonderanforderungen bei beherrschenden Gesellschaftern) war.

BFH Beschluss vom 09.02.2015 – I B 32/14 BFHNV 2015 S. 862

Sachverhalt:

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, stellt u.a. Drucksachen her. Ihre Gesellschafter sind zu je 50% A und B. Diese sind in demselben Verhältnis an der C-GmbH beteiligt. Aus Lieferverträgen standen der Klägerin erhebliche Ansprüche gegen die C-GmbH zu. Diese leistete jedoch keine Zahlungen. Schließlich buchte die Klägerin ihre Forderungen mit der Begründung erfolgswirksam aus, dass, worüber kein Streit besteht, mittlerweile Verjährung eingetreten sei. Zu einer vergleichbaren Verjährung der Ansprüche gegenüber der C-GmbH war es bereits zwei Jahre zuvor gekommen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) behandelte die Ausbuchung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Seines Erachtens hätte ein ordentlicher Geschäftsleiter dafür Sorge getragen, dass nicht erneut Forderungen verjähren.

Begründung:

Indes geht aus der Beschwerdebegründung selbst hervor, dass das FG in den Urteilsgründen das Hauptargument der Klägerin, wonach die Forderungen aus betrieblichen Gründen nicht im Prozesswege geltend gemacht worden seien, als nicht überzeugend gewürdigt hatte. Mit den betrieblichen Gründen war ersichtlich das Vorbringen der Klägerin angesprochen, wonach der Verzicht auf die prozessuale Durchsetzung ein Beitrag zur Sanierung eines Geschäftskunden gewesen sei, dessen Weiterarbeit habe sichergestellt werden müssen.

Während das FG Rheinland-Pfalz einen rechtsgeschäftlich zwischen Gläubiger und Schuldner vereinbarten Teilverzicht auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zu beurteilen hatte, geht es im Streitfall um das einseitige Nichtgeltendmachen von Forderungen vor dem zivilrechtlichen Verjährungsstichtag. Die Klägerin behauptet zwar, dass darin ein konkludenter Verzicht zu erkennen sei. Das versteht sich ohne nähere Darlegungen aber nicht von selbst. Denn im Verzicht ist regelmäßig ein Erlassvertrag i.S. des § 397 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu erblicken (vgl. Erman/E. Wagner, BGB, 14. Aufl., § 397 Rz 1). Es handelt sich damit um eine ausgehandelte rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner. Ein solcher Erlass kann, wenn er –regelmäßig im Zusammenwirken mit anderen Gläubigern– in der Absicht ausgesprochen wird, den Schuldner geschäftlich und finanziell gesunden zu lassen, als –dann betrieblich veranlasste– Sanierungsmaßnahme zu beurteilen sein (vgl. Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 1200). Im Streitfall hat das FG gerade nicht festgestellt, dass dem –wiederholten– Nichtergreifen verjährungsunterbrechender Maßnahmen ein vergleichbarer rechtsgeschäftlicher Erklärungsinhalt zukam. Weder der Schuldner noch andere Gläubiger waren Teil einer wie auch immer gearteten Sanierungsvereinbarung, die vor dem Hintergrund einer substantiiert aufgeklärten wirtschaftlichen Situation des Schuldnerunternehmens getroffen wurde.

Soweit die Klägerin der Rechtsfrage rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, ob ein Sanierungsbeitrag nur dann anzunehmen sei, wenn dieser durch eindeutige Erklärung eines Verzichts erfolge, oder ob ein Sanierungsbeitrag infolge einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ebenfalls dann anzunehmen sei, wenn dieser durch Nichtgeltendmachung und Eintritt der Verjährung einer Forderung gegenüber dem Schuldner erfolge, fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit

Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es nicht allein darauf an, ob das Verjährenlassen von Forderungen als konkludenter Forderungsverzicht und damit Sanierungsbeitrag gewertet werden kann. Die Annahme einer vGA muss in Anbetracht der beherrschenden Stellung von A und B und ihrer gleichgerichteten Interessen bereits unter dem Gesichtspunkt ernstlich erwogen werden, dass der behauptete Sanierungsbeitrag nicht Gegenstand einer klar und eindeutig im Voraus getroffenen Vereinbarung war. (zu den Sonderanforderungen beim formellen Fremdvergleich vgl. etwa Wilk in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 8 KStG Rz 144). Dazu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.

Keine Steuerermäßigung bei Vermietung von Räumen an Prostituierte zum Zwecke der Prostitution

Es ist geklärt, dass die Vermietung von Räumen an Prostituierte zum Zwecke der Ausübung der Prostitution keine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Vermietung von zur kurzfristigen Beherbergung bereitgehaltenen Wohn- und Schlafräumen i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG darstellt.

BFH Beschluss vom 21.01.2015 – XI B 88/14 BFHNV 2015 S. 864

Sachverhalt:

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erzielte im Besteuerungszeitraum 2010 u.a. Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen in zwei Gebäuden in …. Die Räume in diesen Wohnungen wurden gegen Entgelt an Prostituierte zum Zweck der Ausübung der Prostitution überlassen. Die Mietverträge waren als „kurzfristig” bezeichnet, auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnten von beiden Parteien mit einer Frist von einer Woche gekündigt werden. Die Miete betrug zwischen 135 EUR und 150 EUR pro Tag und war täglich in bar an die Klägerin zu entrichten.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2010 erklärte die Klägerin die Einnahmen aus der Vermietung der Wohnungen als Umsätze zum ermäßigten Steuersatz von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).

Begründung:

In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die Vermietung an Prostituierte zum Zweck der Ausübung ihres Gewerbes keine Vermietung von zur kurzfristigen Beherbergung bereitgehaltenen Wohn- und Schlafräumen i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ist.

Soweit die Klägerin vorbringt, „beim Vorlesen des Falles” durch den Berichterstatter habe der Beisitzer Herr X die Augen geschlossen, und sie damit die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts gemäß § 119 Nr. 1 FGO rügen wollte, wäre diese Rüge nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Ein Gericht ist nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn ein Richter während der mündlichen Verhandlung schläft und deshalb wesentlichen Vorgängen nicht folgt. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann im Allgemeinen jedoch erst dann angenommen werden, wenn sichere Anzeichen für das Schlafen wie beispielsweise tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder eindeutige Anzeichen von fehlender Orientierung gerügt. Denn ein Richter kann dem Vortrag während der mündlichen Verhandlung auch mit (vorübergehend) geschlossenen Augen und geneigtem Kopf folgen. Deshalb muss derjenige, der sich darauf beruft, ein Gericht sei wegen eines in der mündlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, konkrete Tatsachen vortragen, welche eine Konzentration des Richters auf wesentliche Vorgänge in der mündlichen Verhandlung ausschließen.

Zum Gutglaubensschutz beim Vorsteuerabzug

Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO bestehen in der Beurteilung der Rechtsfrage, ob mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH der Leistungsempfänger im Festsetzungsverfahren zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, wenn er auf die Angaben des Lieferanten in der Rechnung vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen.

BFH Beschluss vom 18.02.2015 – V S 19/14 BFH NV 2015 S. 866

Sachverhalt:

Die Antragstellerin, Klägerin und Revisionsklägerin (Antragstellerin) –eine 1995 gegründete GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer A ist– handelte in den Streitjahren 2007 und 2008 mit Kraftfahrzeugen.

Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die den Voranmeldungszeitraum 2007 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis Juni 2008 umfasste, gelangte die Prüferin ausweislich des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichtes vom 29. Januar 2010 zu folgenden Feststellungen:

Bisher als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an die Firma „…” (B) in Spanien behandelte Umsätze seien steuerpflichtig, was zu Mehrsteuern in Höhe von 84.475,71 EUR im Jahr 2007 und 605.377,24 EUR in den Voranmeldungszeiträumen Januar bis Juni 2008 führe. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung X-Stadt seien die betroffenen Fahrzeuge tatsächlich nicht nach Spanien verbracht, sondern im Inland weiter vermarktet worden. Zudem seien Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D GmbH (D) in Höhe von 86.130,67 EUR (2007) und 311.159,33 EUR (Januar bis Juni 2008) nicht abziehbar, weil es sich bei dieser Firma um eine „Scheinfirma” gehandelt habe, die unter ihrer Rechnungsanschrift keinen Sitz gehabt habe.

Im Rahmen einer weiteren, nunmehr die Voranmeldungszeiträume Juli bis Dezember 2008 umfassenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Antragstellerin in diesem Zeitraum Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D in Höhe von 397.690,83 EUR geltend gemacht hatte, die ebenfalls nicht abziehbar seien.

Begründung:

Nach diesen Maßgaben bestehen im Streitfall insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, als das FA darin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der D versagt hat.

Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reicht für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung (grundsätzlich) nicht aus. Zwar kann nach den Umständen des Einzelfalls auch die Angabe eines „Briefkastensitzes” mit postalischer Erreichbarkeit als Anschrift, die die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllt, genügen . Unter welchen besonderen Umständen die Angabe einer Anschrift mit nur postalischer Erreichbarkeit als zutreffende Anschrift für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung ausreichend sein könnte, ist höchstrichterlich aber insoweit geklärt, als es jedenfalls bei einer GmbH, die –wie hier die D– in großem Umfang mit Kfz handelt, nicht ausreicht, wenn sich unter der in der Rechnung angegebenen Anschrift keine eigenen Geschäftsräume, sondern lediglich eine nicht in Anspruch genommene Telefonleitung und eine Briefempfangsstelle befinden.

Unentschiedenheit oder Unsicherheit besteht dagegen in der Beurteilung der Rechtsfrage, ob mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. Urteile Mahagében und Dávid, C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373; Maks Pen EOOD, C-18/13, EU:C:2014:69) der Leistungsempfänger zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, wenn er auf die Angaben des Lieferanten vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen. Insoweit könnte die Antragstellerin –obgleich § 15 UStG den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht vorsieht und Vertrauensschutzgesichtspunkte deshalb grundsätzlich nicht bei der Steuerfestsetzung, sondern im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gemäß §§ 163, 227 AO berücksichtigt werden können  zum Vorsteuerabzug berechtigt sein (vgl. auch FG Münster in EFG 2014, 395, nach dem –entgegen der Vorentscheidung– die Angabe eines Scheinsitzes dem Vorsteuerabzug nicht entgegensteht, wenn sich für den Leistungsempfänger keine Zweifel an der in der Rechnung angegebenen Anschrift hätten ergeben müssen).

Nach Auffassung des Sächsischen FG (Beschluss vom 4. März 2014 4 V 297/13, juris) bestehen Zweifel daran, ob der Vorsteuerabzug ausschließlich mit der Begründung versagt werden kann, dass es sich bei der angegebenen Rechnungsanschrift um einen sog. „Scheinsitz” handelt und damit die erforderliche „zutreffende” Anschrift des leistenden Unternehmers in der Rechnung fehlt. Das FG Berlin-Brandenburg hält es für ernstlich zweifelhaft, dass allein wegen einer (objektiv) fehlerhaften Anschrift im Abrechnungsdokument der Vorsteuerabzug versagt werden kann (Beschluss vom 3. April 2014 7 V 7027/14. EFG 2014 S. 1445).

Angesichts dieser ungeklärten Rechtslage ist die beantragte AdV zu gewähren, soweit das FA den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid versagte. Ist –wie hier– die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen grundsätzlich nicht im summarischen Beschlussverfahren zu entscheiden; die Klärung muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Im Übrigen bestehen an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide keine ernstlichen Zweifel. Bei den in den Rechnungen an die B abgerechneten Umsätzen hat es sich um steuerpflichtige Lieferungen gehandelt; die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) liegen nicht vor.

Gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a) steuerfrei. Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a Abs. 1 UStG u.a. voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dabei hat der Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) beleg- und buchmäßig nachzuweisen.

Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 131 und 138 MwStSystRL. Gemäß Art. 131 MwStSystRL wird auch die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung „unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen”. Nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt. Die Antragstellerin hat die von ihr für die Lieferung der Fahrzeuge beanspruchte Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.

In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, soll der Unternehmer den Nachweis hierüber gemäß § 17a Abs. 2 UStDV durch das Doppel einer Rechnung nach §§ 14, 14a UStG (Nr. 1), durch einen handelsüblichen Beleg (Nr. 2), durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (Nr. 3) sowie in den Fällen der Beförderung des Gegenstandes durch den Abnehmer, durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern (Nr. 4), führen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts –wie die Antragstellerin sinngemäß vorbringt– unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird. Das ist hier nicht der Fall. Denn nach den Feststellungen des FG ist der Verbleib der

Die betreffenden Lieferungen sind auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei. Die Frage des Gutglaubensschutzes stellt sich –wovon das FG zutreffend ausgegangen ist– erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nachgekommen ist. Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt. Im Streitfall fehlt es an einem belegmäßigen Nachweis des Bestimmungsorts, weil dieser –wie vorstehend unter II.2.d aa ausgeführt– nicht ohne weiteres mit der Unternehmensanschrift des B gleichgesetzt werden kann.

Steuerfreie Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegepersonen in den eigenen Haushalt

Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für die Aufnahme von Pflegepersonen in einen Haushalt über Tag und Nacht als Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gewährt werden, sind auch dann eine steuerfreie Beihilfe zur Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG, wenn die Betreuung über privatrechtliche Institutionen durch Verträge mit den Erziehungsstellen abgewickelt wird und im Rahmen dieser Vertragsbeziehungen die öffentlichen Mittel von den Institutionen an die Erzieher –wie im Streitfall für die Aufnahme von ein bis zwei Pflegekindern– ausgezahlt werden.

Die Auffassung, bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern sei die Pflege regelmäßig nicht als erwerbsmäßig anzusehen und diene deshalb unmittelbar der Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG (BMF-Schreiben vom 20. November 2007 IV C 3-S 2342/07/0001, BStBl I 2007, 824 zur Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII), ist nicht zu beanstanden.

Privathaushalte der Erzieher sind keine Einrichtungen i.S. des § 34 SGB VIII, für die keine steuerfreien Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG in Betracht kommen.

Sonstige betreute Wohnformen i.S. des § 34 SGB VIII sind nur gegeben, wenn sie als Einrichtung einen institutionalisierten Rahmen für die Betreuung bieten; dazu gehören nicht lediglich angemietete Wohnungen oder die bloße Überlassung von Wohnraum wie z.B. eines Zimmers im Haushalt der betreuenden Person.

BFH  Urteil vom 5.11.2014, VIII R 29/11

Begründung (BFH):

Mit Urteil vom 5. November 2014 VIII R 29/11 hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Leistungen, die von einer privatrechtlichen Institution für die Aufnahme von Pflegepersonen in einen Haushalt über Tag und Nacht gewährt werden, als Beihilfe zur Erziehung nach § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind. Voraussetzung ist, dass die Zahlungen zumindest mittelbar aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für die unmittelbare Förderung der Erziehung der Pflegepersonen geleistet werden.

Im Streitfall hatte die als Erzieherin tätige Klägerin in ihren Haushalt bis zu zwei fremde Pflegekinder aufgenommen und dafür ein Tageshonorar zuzüglich einer Sachkostenpauschale aufgrund einer Honorarvereinbarung mit einer Firma erhalten, die im Bereich der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe für die zuständige Stadtverwaltung die Unterbringung von Jugendlichen in Heimen, Einrichtungen sowie in Familienhaushalten organisiert und für jeden zu betreuenden Jugendlichen bestimmte Beträge aus öffentlichen Haushaltsmitteln erhält.

Das Finanzamt berücksichtigte die Honorarzahlungen als steuerbare Einnahmen und rechnete sie der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin zu. Die Klägerin war dagegen der Auffassung, die Einnahmen seien als Beihilfe zur Erziehung nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos.

Der BFH ist der Auffassung der Klägerin gefolgt und hat die Steuerfreiheit der bezogenen Leistungen für die Aufnahme der Pflegekinder bejaht. Die Zahlungen sind als Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG, die zur unmittelbaren Förderung der Erziehung (von Jugendlichen) bewilligt wurden, anzusehen.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder –in Abgrenzung zur (erwerbsmäßigen) Betreuung sog. Kostkinder– regelmäßig dazu bestimmt, zu Gunsten der in den Haushalt der Pflegeeltern dauerhaft aufgenommenen und wie leibliche Kinder betreuten Kinder und Jugendlichen “die Erziehung unmittelbar zu fördern”. Die im Streitfall gewährten Leistungen waren auch i.S. des § 3 Nr. 11 EStG uneigennützig. Denn mit der Zahlung der Pflegegelder war keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt. Die Zahlungen ähneln damit Zahlungen, die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhalten.

Auch wenn die Leistungen im Streitfall über Dritte gezahlt werden, handelt es sich um öffentliche Mittel, d.h. aus einem öffentlichen Haushalt stammende und danach verausgabte Mittel, da über die Mittel nur nach Maßgabe haushaltsrechtlicher Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle unterliegt.

Nachweis der Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen nach § 64 EStDV

Die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen setzt im Falle von psychotherapeutischen Behandlungen und der medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung eines an einer Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen voraus, dass die in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV normierten Nachweise erbracht werden.

Diese Nachweise können nicht durch andere Unterlagen ersetzt werden.

BFH Urteil vom 15.1.2015, VI R 85/13

Begründung:

Nach § 33 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten –ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung– dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl.

Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf. Eine derart typisierende Behandlung von Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden also medizinisch indiziert sind.

Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch –SGB V–) hat der Steuerpflichtige durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung). In den abschließend geregelten Katalogfällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) zu führen.

Ein solcher qualifizierter Nachweis ist auch im Streitjahr bei krankheitsbedingten Aufwendungen für psychotherapeutische Behandlungen und die medizinisch erforderliche auswärtige Unterbringung eines an Legasthenie oder einer anderen Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen zu erbringen.

Verdeckte Gewinnausschüttung durch Kauf eines Grundstücks

Die Übernahme der Kaufpreiszahlung für ein vom alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH erworbenes Grundstück durch die GmbH kann eine verdeckte Gewinnausschüttung sein.

BFH Urteil vom 21.10.2014, VIII R 32/12

Begründung:

Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil im Sinne einer bei ihr eintretenden Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht  Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.

Der bei der Kapitalgesellschaft eintretende Vermögensnachteil muss danach “eine Vermögensminderung im Sinne einer Verminderung des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG” sein. Demgegenüber liegt ein Vermögensvorteil beim Gesellschafter immer dann vor, wenn dieser über ein bestimmtes, messbares Gut in Geld oder Geldeswert verfügen kann.Für die Feststellung einer vGA unerheblich ist dagegen, ob die Kapitalgesellschaft, handelnd durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, erkannt hat, dass sie durch ihre Handhabung vGA bewirkt hat. Denn weder die Absicht der Kapitalgesellschaft, den Gewinn verdeckt zu verteilen, noch eine Einigung darüber, dass der Vorteil aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zugewendet wird, gehören zu den Voraussetzungen der vGA.

Ist der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer –wie im Streitfall der Kläger– ein beherrschender, kann die Vermögensminderung schon dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA in diesen Fällen beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt.

Ob Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Gesellschafter oder dessen Angehörige als Aufwendungen im Rahmen eines zwischen Gesellschaft und Angehörigen bestehenden Vertragsverhältnisses oder als vGA zugunsten dieses Gesellschafters zu erfassen sind, ist nach der Rechtsprechung zur Vermeidung steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere danach zu beurteilen, ob der jeweilige Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist.

Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85 und 88 AO sowie § 76 Abs. 1 FGO. Der Fremdvergleich ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch zwischen GmbH und Gesellschafter oder dessen Angehörigen stattgefunden hat. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich im Einzelfall um eine vGA handelt. Die entsprechende Würdigung obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz. Verstößt die Gesamtabwägung weder gegen Erfahrungssätze noch gegen die Denkgesetze, so ist der BFH daran gebunden.

Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des FG, nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs könne die behauptete Darlehensvereinbarung zwischen der GmbH und dem Kläger deshalb nicht als fremdüblich anerkannt werden, weil weder der Kläger noch die GmbH im Streitjahr oder in den Folgejahren den Vertrag vereinbarungsgemäß –hinsichtlich vereinbarter Zinsen sowie hinsichtlich der Tilgung– durchgeführt hätten, nicht zu beanstanden.